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Aufklärung von Feindhandlungen am 13.8.1971

[ohne Datum]
Information Nr. 825/71 über die Aufklärung von im Zusammenhang mit dem 13. August bekannt gewordenen Feindhandlungen in der DDR

Als Täter für das in der Information Nr. 815/71 aufgeführte Anbringen einer Hetzlosung an der Wandzeitung des VEB Schilderwerk Beutha, Bezirk Karl-Marx-Stadt, wurde am 14.8.1971 der [Name 1, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1933, wohnhaft Beutha, [Straße, Nr.], beschäftigt als Spritzer im VEB Schilderwerk Beutha, ermittelt.

Der [Name 1] gibt über das Motiv seiner Handlung an, dass er damit seine Ablehnung der Sicherungsmaßnahmen vom 13.8.1961 zum Ausdruck bringen wollte. Er habe diese Losung weiter deshalb angebracht, um »die Menschen aufzufordern, sich ebenfalls gegen die an der Mauer begangenen Verbrechen zu stellen«.

Gegen den [Name 1] wurde ein EV mit Haft gemäß § 106 des StGB (Staatsfeindliche Hetze)1 eingeleitet.

Am 14.8.1971 wurden die Täter [Name 2, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1954, wohnhaft 1017 Berlin, [Straße, Nr.], beschäftigt als Kochlehrling in der HO-Gaststätte »Ratskeller«, Rathausstraße; [Name 3, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1953, wohnhaft 1055 Berlin, [Straße, Nr.], beschäftigt wie [Name 2] und Sebekow, Harry,2 geboren [Tag, Monat] 1952, wohnhaft 1055 Berlin, [Straße, Nr.], beschäftigt wie [Name 2], festgenommen, da sie gemeinschaftlich handelnd mittels eines Druckkastens ca. 700 Hetzflugblätter (20 × 2 cm) mit dem Text »10 Jahre Schüsse an der Mauer – Friedenspolitik der DDR« hergestellt hatten, wovon sie in den Nachtstunden des 12.8.1971 bzw. in den Abendstunden des 13.8.[1971] ca. 300 bis 400 Exemplare im Stadtgebiet von Berlin (z. B. U-Bahnhöfe, Rathausstraße Nähe Bowlingzentrum, Centrum-Warenhaus, Fußgängertunnel am Alexanderplatz, S-Bahnhof Friedrichstraße, Wohngebäude und Hausbriefkästen im Bezirk Prenzlauer Berg) verbreiteten.

Als Initiator trat der [Name 2] in Erscheinung, der auch das für die Herstellung der Hetzflugblätter erforderliche Material beschaffte.

Der [Name 2] hatte zunächst ohne Beihilfe der beiden anderen Täter am 12.8.1971 ca. 20 Hetzflugblätter »Arbeiter wacht auf aus dem Herrschaftstraum« (20,5 × 7,5 cm) hergestellt und in verschiedenen U-Bahnhöfen abgelegt (siehe Information Nr. 815/71).

Da diese Hetzflugblätter nach Meinung der beiden anderen Täter nicht deutlich auf den 13.8. hinwiesen, einigte man sich schließlich auf den vorher angeführten Text.

Wie die Täter über die Ursachen für ihre staatsfeindlichen Handlungen äußerten, wollten sie damit zum Ausdruck bringen, dass der 13. August kein Tag zum Feiern, sondern zum Nachdenken sei.

Der Beschuldigte [Name 2] insbesondere war darüber hinaus der Auffassung, dass man etwas gegen die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR tun müsse, da »die Arbeiter in der DDR keine Macht hätten und nur Kleinbürger und Intellektuelle die Entwicklung bestimmen würden«.

Zu den Familienverhältnissen der drei Täter ist bisher Folgendes bekannt:

Der Vater des Beschuldigten [Name 2] ist Offizier der Kriminalpolizei der VPI Berlin-Friedrichshain, die Mutter ist als Arbeiterin im Fleischkombinat Berlin tätig.

Die Eltern von [Name 3] (Mutter und Stiefvater) sind parteilos und als Arbeiter in Berliner Betrieben tätig. Der leibliche Vater lebt in Westberlin.

Der Beschuldigte Sebekow lebt bei seiner Großmutter [Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben].

Der Vater hat 1960 die DDR illegal verlassen. (S. ist seit einem Jahr inoffiziell für das Kommissariat I der VPI Berlin-Mitte tätig.)

Gegen die drei Beschuldigten wurden Haftbefehle erwirkt und EV gemäß § 106 StGB eingeleitet.

Das Schwergewicht der weiteren Untersuchung wird insbesondere darauf gelegt, noch stärker Motiv und Zielstellung der Täter herauszuarbeiten.

Am 15.8.1971 wurde durch BVG-Angehörige festgestellt, dass an der Bekanntmachungstafel des Pausenraumes an der Busendstelle der Linie 45 in Berlin-Weißensee mit Kreide folgende Hetzlosung geschmiert war: »Ein Hoch dem 13. August – in 10 Jahren 85 Tote«.

Hinweise auf den Täter liegen bisher noch nicht vor.

  1. Zum nächsten Dokument Mobilmachungsübung »Prüffeld 71«

    17. August 1971
    Information Nr. 827/71 über Mängel und Schwächen in der politisch-militärischen Führungs- und Leitungstätigkeit der Kommandeure des Militärbezirkes III während der Mobilmachungsübung »Prüffeld 71«

  2. Zum vorherigen Dokument Versuchte Flugzeugentführung am 13.8.1971 (II)

    [ohne Datum]
    Information Nr. 823/71 über die versuchte Flugzeugentführung einer Maschine der Interflug, Typ AN 24, Kennzeichen DM-SBA, durch einen Bürger der DDR am 13. August 1971