Lage in der ersten Septemberhälfte
[Ohne Datum]
Analyse vom 1. bis 15. September 1953 [Nr. 1/53]
Die Lage in Industrie und Verkehr
Anfang September stand in den Betrieben die Note der SU zur Deutschlandfrage1 und das sowjetisch-deutsche Kommuniqué2 im Vordergrund der Diskussionen. Die Mehrheit der Arbeiter, besonders in den Betrieben mit guter Parteiarbeit, stimmte der Note der SU und dem Kommuniqué zu. Viele Delegationen sprachen den sowjetischen Dienststellen ihren Dank aus und in vielen Fällen wurden zustimmende Resolutionen verfasst. Die freudige Zustimmung fand in einer ganzen Reihe Produktionsverpflichtungen und hohen Produktionsleistungen ihren Ausdruck.
Ein großer Teil der Arbeiter sieht in der Freundschaftstat der SU eine große wirtschaftliche Hilfe für die DDR. Im Allgemeinen wird damit von den Belegschaften die Erwartung für die Erhöhung des Lebensstandards verbunden. Die Arbeiter betrachten das Entgegenkommen der SU als wesentlich für die Entspannung der internationalen Lage und zur Lösung der deutschen Frage. Die Minderheit unter den Belegschaften, die unter dem Einfluss feindlicher Elemente steht, sprach sich ablehnend aus und verbreitete hauptsächlich RIAS-Parolen, wie die Kriegsgefangenenlüge über die SU, unwahre Behauptungen über die Reparationsleistungen und verstärkte Hetze gegen die Oder-Neiße-Friedensgrenze. Die Partei und Massenorganisationen sind diesen Argumenten wirksam entgegengetreten. Unter den Arbeitern der Wismut AG herrschten starke Diskussionen über die Bildung der gemischten sowjetisch-deutschen Gesellschaft. Dabei wurden Bedenken geäußert, dass die bisher zustehenden Vergünstigungen verlustig gehen könnten. Ähnliche Diskussionen gab es auch in den SAG-Betrieben, wo Befürchtungen laut wurden, dass nach Übernahme dieser Betriebe in Volkseigentum keine Arbeit mehr für die Belegschaften vorhanden sei.3
Die Arbeiter zeigten starkes Interesse am Ausgang der Wahl zum westdeutschen Bundestag. Oft wurden damit Hoffnungen verknüpft, dass nach der Wahl die Einheit Deutschlands schneller erreicht wird. Viele hofften auf einen Sieg der demokratischen Kräfte, besonders der SPD. Wenige zeigten Interesse an einem Sieg Adenauers.
Am Tage nach der Wahl wurde wenig von fortschrittlichen Kräften diskutiert, im Gegensatz zu den feindlichen Elementen und RIAS-Hörern, welche bereits am ersten Tage nach der Wahl feindliche Diskussionen führten, unsere Partei teilweise beschimpften und oft von baldiger »Befreiung« sprachen. Die feindlichen Elemente traten stärker als bisher in Erscheinung. Nachdem das Ergebnis der Wahl4 den Arbeitern bekannt wurde, waren sie überrascht, enttäuscht und oft verärgert. Die negativen Diskussionen verstärkten sich, denn die Aktivität der Partei war noch zu schwach und der feindlichen Agitation wurde zu wenig entgegengetreten. Oft waren Genossen erschüttert, deprimiert und mutlos.
Diese Lage nützte der Gegner restlos aus und er begann vielfach, in offener Form seine feindlichen Argumente zu verbreiten. Die Gegner erklärten, dass bei einer Wahl in der DDR die SED die gleiche Niederlage wie die KPD erleiden würde. Durch die Aufklärung in der Presse und im Rundfunk erkannten nach einigen Tagen viele fortschrittliche Arbeiter einen großen Teil der wirklichen Ursachen, die zu dem schlechten Wahlergebnis führten und damit begann auch in vielen Betrieben die Aufklärung der Belegschaften durch die Genossen. Das Ausmaß der Diskussionen und das Verhältnis der positiven zu den negativen Meinungen über das Wahlergebnis sind in den Betrieben sehr unterschiedlich. Weit verbreitet ist die Meinung, dass die Fehler der Partei und Regierung und die zahlreichen Republikflüchtigen, welche in Westdeutschland gegen die DDR und die fortschrittlichen Kräfte agitiert haben, wesentlich zu dem schlechten Wahlergebnis beigetragen haben und dass in der gesamtdeutschen Politik nur mit der schnellen Erhöhung des Lebensstandards in der DDR eine wichtige Voraussetzung für die Wiedervereinigung Deutschlands geschaffen werden kann. Gegen Ende der Berichtszeit standen wieder wirtschaftliche Fragen im Mittelpunkt des Interesses.
Wie zu erwarten war, hatte das Wahlergebnis dem Gegner einen Auftrieb gegeben und er hat nach der Wahl seine Tätigkeit gegen die Betriebe der DDR verstärkt. Mithilfe des RIAS versucht der Gegner die Forderung nach sogenannten »freien Wahlen in ganz Deutschland« und besonders »freie Wahlen in der DDR« zu popularisieren. In Sendungen gegen den FDGB erklärt man, »der Streik besteht in der Verweigerung der Beitragszahlung an den FDGB«. Der FDGB sei keine Arbeitervertretung. Der RIAS versucht die Arbeiter abzuhalten von Protestaktionen gegen die Adenauerpolitik. Er propagiert, die Arbeiter sollen gegen die Entlassungen von Paketabholern5 stimmen oder solchen Versammlungen fernbleiben. Sie sollen geplanten Produktionssteigerungen mit Protest entgegentreten und eine Erhöhung ihrer Löhne fordern. Im Bergbau sollen [die Arbeiter] die Beteiligung an Wettbewerben und Sondereinsätzen verweigern, Förderpläne sollen sie nicht erfüllen.
Der Gegner hat in Westberlin eine neue Zentrale zur Organisierung der Feindarbeit in den Betrieben der DDR gebildet, die sich »Komitee des 17. Juni« nennt.6 Durch Hetzbriefe versucht der Gegner die Arbeiter zum »Widerstand gegen die Regierung« zu bewegen. Durch Flugblätter über den faschistischen Putsch will er die Arbeiter in Gegensatz zur Partei bringen. Weitere Feindtätigkeit tritt durch Gerüchte in Erscheinung über einen angeblich neuen »Tag X«.7 Es sind auch Anzeichen vorhanden, die Arbeiter in den Betrieben von der Partei zu isolieren. In einigen Betrieben verschiedener Bezirke lassen sich die Arbeiter auf keine politischen Diskussionen ein. Auch in Versammlungen üben sie starke Zurückhaltung (Schweigeparole des RIAS).
Nach dem 6.9.1953 wurde festgestellt, dass Arbeiter, die mit Interzonenpass in Westdeutschland waren, nach ihrer Rückkehr negativ in den Betrieben diskutierten und die Verhältnisse in Westdeutschland verherrlichten. Dadurch verstärkten sich in verschiedenen Fällen die negativen Stimmungen. In der ersten Septemberwoche wurde in den Betrieben noch über die Verhaftung der Interzonenreisenden in Westdeutschland diskutiert.8 Viele hatten erfahren, dass es sich dabei um einen organisierten Wahleinsatz der FDJ handelt. Der Gegner nutzte diese missglückte Aktion für seine Hetze gegen die Partei und gegen unsere Presse aus. Trotz der Protestversammlungen gegen die Verhaftungen wurde diese Aktion oft abgelehnt, auch von fortschrittlichen Menschen, wegen der sehr schlechten Organisation. Der Einfluss des Gegners machte sich durch vereinzelte Forderungen des Rücktritts der Regierung bemerkbar. Auch verstärkte sich die Tendenz, politischen Diskussionen auszuweichen und die Teilnahme an Versammlungen zu vermeiden. In den Betrieben, wo viele Umsiedler arbeiten, wurde stark gegen die Oder-Neiße-Friedensgrenze gehetzt.
In der zweiten Septemberwoche verstärkte sich die ablehnende Haltung zur Politik unserer Regierung. Der Gegner versucht die Losung von sogenannten »freien Wahlen« unter den Belegschaften zu verbreiten. Es machten sich auch in einer Reihe Betriebe feindliche Einstellungen gegen neue Aktivistenvorschläge und gegen Versammlungen über Betriebskollektivverträge bemerkbar. Es werden auch Forderungen laut, dass die Gehälter abgebaut werden sollen. In Betrieben, wo sich durch Einschränkung des Stromverbrauches Nachtschichten notwendig machen, gibt es oft Schwierigkeiten mit den Arbeitern, welche die Nachtschicht ablehnen.
Nach dem 6.9.1953 ist auch ein verstärktes provokatorisches Auftreten einzelner feindlicher Elemente festzustellen. In letzter Zeit bemerkt man in einigen Fällen, dass Forderungen der Arbeiter mit Drohungen verbunden werden. Vielfach ist auch unter den Bauarbeitern noch eine schlechte Stimmung wegen geringer Lohnzahlung. Dies führt zu Kündigungen und Aufnahme von neuen Arbeitsverhältnissen in Privatbetrieben.
Trotz der Erfolge in der Aufklärung über die Paketprovokation9 beteiligen sich noch viele Arbeiter aus Berlin und den Randgebieten am Abholen der Pakete. Eine ganze Reihe wurde deshalb entlassen. In den Betrieben jedoch, wo die Partei nur eine schwache Aufklärung durchführte, gelang es nicht, Resolutionen gegen die Paketabholer durchzubringen, deshalb wurden auch in einer Reihe von Betrieben die Entlassungen der Paketabholer in den Versammlungen abgelehnt. In der Woche nach dem 6.9.1953 verstärkte sich die aggressive Haltung gegen die Maßnahmen zur Unterbindung der Paketprovokation besonders in den Kreisen um Berlin. Es kam zu Vorfällen wie im Bezirk Potsdam, wo die Arbeiter vom Bahnhof Seddin die VP daran hindern wollten, Paketkontrollen durchzuführen. Vielfach werden die Paketabholer in den Betrieben unterstützt, trotzdem lehnt die Mehrheit der Arbeiter in den Bezirken die Paketprovokation ab.
Die Auswirkungen der feindlichen Propaganda zeigen sich in der immer noch andauernden Nichtbezahlung der FDGB-Beiträge. Als Begründung wird oft angeführt, dass der FDGB nicht die Rechte der Arbeiter vertritt, verschiedentlich wegen Nichtbezahlung der Überstunden oder wegen versprochener Lohnerhöhung. Es gibt auch Beispiele, wie im Eisenhüttenkombinat Stalinstadt, wo Neuaufnahmen für den FDGB gemacht wurden und die Bauarbeiter ihre Beiträge nachzahlen aufgrund der guten Aufklärungsarbeit der Partei.
Nach dem 6.9.1953 zeigte sich in Privatbetrieben, z. B. in den Bezirken Halle, Erfurt und Rostock, dass viele Arbeiter aus dem FDGB austreten, ja sogar einzelne Belegschaften ihren Austritt erklärt haben. Begründet wird dies damit, dass sich der FDGB nicht um die Forderungen der Arbeiter in den Privatbetrieben kümmert. Sie fordern besonders den gleichen Lohn wie in volkseigenen Betrieben und das Werksküchenessen.
Im Walzwerk Hettstedt zahlen viele Arbeiter keine Beiträge mehr, sie wollen »erst mal sehen, was noch kommt«. Oft gibt es Unstimmigkeiten über die Höhe der FDGB-Beiträge und in Einzelfällen Erscheinungen, dass höhere Beiträge nach Gutdünken von den Arbeitern selbst festgesetzt werden. Vielfach wird Kritik an den FDGB-Funktionären geübt, weil sie sich wenig bei den Arbeitern sehen lassen und das ganz besonders in der Wismut AG.
Im Mansfeld-Kombinat »Wilhelm Pieck« und im »Otto Brosowski« Schacht im Bezirk Halle ist seit dem 17.6.1953 in der Produktion ein Leistungsrückgang zu verzeichnen, der immer noch anhält. Auch im RAW Schlauroth wurde festgestellt, dass ein Teil der Arbeiter bewusst langsam arbeitet und Lohnausfall durch betrügerische Manipulation verhindert. Ähnliche Auswirkungen der Feindpropaganda zeigen sich im VEB Wirkmaschinenbau Karl-Marx-Stadt (RIAS-Parole Langsamarbeiten).
In der ersten Hälfte der Berichtszeit wurden noch vier kleine Streiks durchgeführt wegen Nichtbezahlung der täglichen Fahrgelder, Lohnforderungen und Forderung einer Zusatzlebensmittelkarte. Verschiedentlich zeigt sich in den Betrieben bei der Stellung von Forderungen, dass diese unter dem Einfluss feindlicher Propaganda erhoben werden, wie z. B. die Forderung nach Wegfall der Gehälter für Parteisekretäre, Abschaffung des Betriebsschutzes, Aufhebung der Fahrkartensperre nach Berlin.10
Nach dem 6.9.1953 sind wieder in einigen Fällen Forderungen in Betrieben gestellt worden, die mit Drohungen verbunden waren. Zum Beispiel in einer Schuhfabrik im Bezirk Halle drohen die Arbeiter mit Kündigung und Arbeitsniederlegung wegen zu geringem Lohn. Das Gleiche ist auf einer Baustelle des Heilstättenkombinats im Bezirk Erfurt der Fall. Im Kreisbauhof Prenzlau/Neubrandenburg drohen die Dacharbeiter mit Streik wegen der mangelnden Versorgung mit Arbeitskleidung. Ähnliche Drohungen werden auch bei Forderungen nach höherem Lohn ausgesprochen. Im Mansfeld-Kombinat »Wilhelm Pieck« drohen die Kumpel mit einem neuen 17. Juni, weil sie die steuerfreien Schnapszuteilungen nicht mehr wie vorher erhalten, sondern die Verteilung jetzt nach der Gesamtplanerfüllung und nicht mehr nach der Erfüllung der Normen durchgeführt wird.
In der ersten Septemberhälfte wurde die Entlarvung der Provokateure in den Betrieben weiter durchgeführt. Dabei sind in der Farbenfabrik Wolfen/Halle fünf Angehörige der Intelligenz als Provokateure entlarvt worden. Die dabei in den Versammlungen geführten Diskussionen zeigten eine feindliche Einstellung der Arbeiter gegenüber der Intelligenz. In den Tagen danach wurden Gerüchte im Betrieb verbreitet, dass die Entlassung der Intelligenz erst beginnt. Damit wollte man Unruhe unter der Intelligenz hervorrufen.
Die Entlarvung der Provokateure und Paketabholer wird in der Wismut AG durch die gute Vorbereitungsarbeit der Partei mit Zustimmung der Mehrheit der Belegschaften durchgeführt. Ähnlich verhält es sich auch in anderen Betrieben. Ähnliche Auswirkungen der Feindpropaganda zeigen sich im VEB Wirkmaschinenbau Karl-Marx-Stadt. In Cottbus hat die Entlarvung der Provokateure dazu beigetragen, dass die feindlichen Diskussionen in den Betrieben zurückgehen. Im Bezirk Dresden waren in mehreren Betrieben bei der Entlarvung der Provokateure Teile der Belegschaften mit der Entlassung der Provokateure nicht einverstanden. Zum Beispiel in der Kunstseide »Siegfried Rädel« stimmten nur zwei Drittel der Anwesenden für die Entlassung der Provokateure.
Bei guter Arbeit der Partei, besonders in den Fällen, wo der Feind offensiv bekämpft wird, zeigt sich immer wieder, dass die Arbeiter in den Betrieben unsere Politik begreifen und die Partei an Einfluss gewinnt. Dafür gibt es Beispiele in den Wismut-Betrieben. Der Gegner gewinnt oft die Oberhand in der Diskussion in den Betrieben, wenn es wie nach dem 6.9.1953 der Partei nicht sofort gelingt, die Genossen der BPO zur Zerschlagung der feindlichen Argumente einzusetzen.
Das hat der Gegner nach der Wahl am 6.9.1953 restlos ausnutzen können zur Verbreitung seiner feindlichen Argumente unter den Belegschaften. Es kommt jetzt in den Betrieben darauf an, dass die Mitglieder der BPO aktiver werden, die Agitation verstärkt wird und die Funktionäre mehr mit den Arbeitern in Verbindung treten. In den letzten Tagen zeigt sich verschiedentlich eine gute Aktivität der BPO wie z. B. in einigen Kreisen im Bezirk Halle. Es zeigen sich aber auch eine ganze Reihe Schwächen und unzureichende Agitation in vielen Bezirken. Ernsthafte Anzeichen von feindlicher Tätigkeit werden auch sichtbar im BKW »Glückauf«, Kreis Hoyerswerda, wo 20 % der Mitglieder keine Parteibeiträge mehr bezahlen, und im Bezirk Rostock, wo verschiedentlich Austritte aus der SED erfolgen.
Feindliche Einflüsse zeigen sich auch im Bezirk Cottbus, wo man nicht mit den angeblich zu hohen Parteibeiträgen einverstanden ist. Oft werden von den Arbeitern die Presse und der Rundfunk kritisiert, jetzt besonders wegen der Berichterstattung vor den Wahlen über Westdeutschland. Sie sind der Meinung, dass ihnen kein richtiges Bild über die Verhältnisse in Westdeutschland vermittelt worden ist.
Zahlreiche Mängel an Material, Ersatzteilen, Rohstoffen, Kohle, Strom und Mängel in der Arbeitsorganisation in den Betrieben wirken sich oft nachteilig auf die Produktion und die Planerfüllung, aber vielfach auch auf die Stimmung der Belegschaften aus, da diese Mängel in vielen Fällen eine Verminderung des Lohnes nach sich ziehen. Das führt dann oft zu Unzufriedenheit, mangelnder Arbeitsmoral und -disziplin und zu negativen Diskussionen über den neuen Kurs. Dies wird von feindlichen Gruppen zur Hetze gegen die Partei und Regierung ausgenutzt. Die Arbeiter glauben vielfach, es ändert sich nichts, weil auf die Mängel zu langsam reagiert wird.
Auch der Ersatzmangel11 in den RAW führt zu Stillständen der so dringend benötigten Waggons. In letzter Zeit macht der Arbeitskräftemangel in volkseigenen und privaten Baubetrieben Schwierigkeiten. Daran scheitern teilweise auch Bauvorhaben der örtlichen Industrie. Viel Unzufriedenheit herrscht auch über den Mangel an Arbeitskleidung und teilweise über unrichtige Prämienverteilung. Viele Frauen fordern die Wiedereinführung des Haushaltstages.12 Trotz dieser Mängel zeigt sich in vielen Betrieben, dass man mit den Schwierigkeiten fertig wird, die Produktion einen planmäßigen Verlauf nimmt und Erfolge erzielt werden.
Die Leipziger Messe
Durch die Messe ist die Stimmung der Arbeiter und Angestellten der Schwerpunktbetriebe im Bezirk Leipzig positiv beeinflusst worden. Das reichliche Angebot an guten Waren sind [sic!] mit Anlass gewesen, dass über die Messe allgemein positiv gesprochen wurde. In den abgeschlossenen Handelsverträgen sieht man einen Erfolg der Politik unserer Regierung. Während noch vor der Messe das Interesse mehr bei der technischen Intelligenz und den Angestellten vorhanden war, aber weniger bei den Arbeitern, änderte sich diese Einstellung nachdem die ersten Delegationen in die Betriebe zurückkehrten. Sehr erfreut waren die Arbeiter über das reichliche Angebot an HO-Waren, doch wurde dabei in fast allen Leipziger Betrieben die Frage gestellt: »Bleibt es auch so nach der Messe oder soll dies nur Reklame gegenüber dem Ausland und Westdeutschland sein?«
Die in- und ausländischen Meinungen auf der Messe waren allgemein positiv, nur in einzelnen Fällen negativ, indem behauptet wurde, dass alles, was gezeigt wurde, nur Propaganda sei. Die Westdeutschen waren erstaunt über die Erfolge in der DDR und über das große Lebensmittelangebot, denn vor der Messe war in Westdeutschland versucht worden, durch Hetzte gegen die DDR die Besucher von der Leipziger Messe abzuhalten. Misstrauen gab es bei Kaufleuten aus der DDR, die der Meinung waren, dass die Nachfrage nach den ausgestellten Waren nicht befriedigt werden kann. Von Westdeutschen wurde bemängelt, dass die Lieferungen zum großen Teil erst ab 1954 erfolgen können und zu wenige Verträge über Fischlieferungen aus Hamburg abgeschlossen wurden. Es zeigt sich, dass die westdeutschen Handelsvertreter gewillt sind, den Ost-West-Handel zu fördern.
Die Lage in Handel und Versorgung
Trotz der Verbesserungen der Versorgungslage sind in der Berichtszeit noch eine ganze Reihe ernster Mängel bestehen geblieben und auch einige neue dazu gekommen. Die größten Mängel bestehen in der Versorgung der Bevölkerung mit Hausbrandkohle, aber auch für die Industrie, für das Handwerk und die Bauern wirkt sich der Mangel an Kohlen nachteilig aus.
In der 2. Hälfte der Berichtszeit macht sich verschiedentlich eine Knappheit an Kartoffeln bemerkbar, hervorgerufen durch die ungleichmäßige Verteilung und verstärkt durch die feindlichen Gerüchte, welche behaupten, dass eine Kartoffelknappheit besteht und diesen Winter nur jeder 1½ Ztr. zum Einkellern erhält. Das hatte vielerorts zur Folge, dass Kartoffeln gehamstert wurden.
In der Belieferung mit Lebensmitteln wird beim Verkauf an die Bevölkerung in verschiedenen Fällen festgestellt, dass die Butter ranzig ist und die Margarine nicht die vorgeschriebene Haltbarkeit aufweist. In der letzten Zeit war vereinzelt eine Knappheit von Frischfleisch festzustellen, bei Fisch und Fischkonserven ist die Warenverteilung ungleichmäßig, sodass an einigen Stellen ein Mangel entsteht und in anderen Bezirken sich die Waren stauen. Vereinzelt wird auch Unzufriedenheit durch Preiserhöhungen von Fleisch und Wurst in Gläsern, wie z. B. bei der HO in den Kreisen Annaberg und Schwarzenberg, hervorgerufen.
Verschiedentlich herrscht Knappheit an Zucker und in einzelnen Fällen ist ein Mangel an Hülsenfrüchten, Öl, Marmelade, Kunsthonig, Margarine und Butter zu verzeichnen. Die reichliche Obst- und Gemüseernte sowie die Importlieferungen verursachten in manchen Bezirken ein höheres Angebot als die Verkaufsorgane abnehmen können, wodurch Bauern und Gärtner verärgert sind.
Bei den Industriewaren zeigt sich vielfach eine schlechte Warenverteilung, z. B. bei Fahrrädern, Einweckgläsern usw., die an der einen Stelle zu haben sind und in anderen Bezirken fehlen. Vielfach wird auch die Qualität bei Fahrrädern, Radios, Uhren usw. bemängelt. Es gibt auch Beispiele, dass Sommertextilien und -schuhe nicht verkauft werden können, wie z. B. im Kreis Auerbach (HO Wismut), weil die DHZ noch keine Preise angegeben hat.
Im Allgemeinen muss man feststellen, dass viele Mängel in der Versorgung der Bevölkerung auf die schlechte Organisation und Warenverteilung im Handel zurückzuführen sind. Verschiedentlich herrscht auch Unzufriedenheit bei den Mitgliedern der Konsumgenossenschaften, die nicht einverstanden sind mit den Rückvergütungen, welche nur zwischen 1–2,6 % gezahlt werden, wogegen 3 % Rückvergütung zugesichert waren.
Die Lage in der Landwirtschaft
Anfang September wurde auf dem Lande die Note der SU und die sowjetisch-deutschen Vereinbarungen diskutiert und allgemein begrüßt. Dies kam teilweise auch durch Selbstverpflichtungen zum Ausdruck. Die Aufklärung war verhältnismäßig schwach. Die negativen Meinungen und feindlichen Argumente traten nicht stark in Erscheinung.
Am Ende der 1. September Woche machte sich das Interesse auf dem Lande für die Wahlen in Westdeutschland stärker bemerkbar. Die meisten hatten mit dem Sturz Adenauers und mit einer SPD-Mehrheit gerechnet.
Groß war die Enttäuschung unter den fortschrittlichen Menschen, den Landarbeitern, den Bauern in den LPG und den werktätigen Bauern, den Arbeitern der MTS und den Funktionären der Organisationen und Genossenschaften. Das Ergebnis der Wahl wurde als Gefahr für die Einheit Deutschlands und für die Erhaltung des Friedens gewertet. Viele Teile der Landbevölkerung blicken mit Besorgnis in die Zukunft. Dies besonders wegen der verstärkten Kriegsgefahr und weil viele keine Hoffnung mehr haben, dass eine friedliche Vereinigung Deutschlands zustande kommt. Unter der Landbevölkerung herrschte die Meinung vor, dass das betrügerische Wahlsystem die Hauptursache für das schlechte Wahlergebnis war und begünstigt worden ist durch die Fehler unserer Regierung und die damit verbundene Republikflucht.
Die feindlichen Elemente haben schon bei Beginn der Diskussionen die Parolen verbreitet, dass die Einheit Deutschlands nur durch den Amerikaner und sogenannte »freie Wahlen« geschaffen werden könnte. Damit verbindet man oft die Aufforderung, solange die Ablieferung der Produkte zurückzuhalten.
Gegen Ende der Berichtszeit stand das Interesse für die wirtschaftlichen Geschehnisse wieder im Vordergrund. Zu den politischen Fragen machte sich wieder eine abwartende Haltung bemerkbar.
Der Hauptangriff des Gegners richtete sich gegen die planmäßige Erfüllung der Ablieferung landwirtschaftlicher Produkte. Trotz Wühlarbeit ist es im Republikmaßstab nicht gelungen, die Erfüllung des Ablieferungsplanes zu vereiteln. Dem Gegner gelang es nur örtlich Schwierigkeiten zu bereiten, die aber im Ganzen gesehen überwunden worden sind.
Die Gegner verbreiteten Gerüchte, dass man die Wahl abwarten müsse, da dann eine Sollermäßigung käme, und auch eine Währungsreform stünde bevor. Es wurden vielfach Forderungen gestellt, das Soll herabzusetzen, da es zu hoch sei. In einigen Gegenden forderte man in der Ablieferung eine Gleichstellung mit den Bauern der LPG. Oft wurde erklärt, man wolle nur 50 % der Ablieferung erfüllen. Später wurde die Forderung für Sollherabsetzung damit begründet, dass bei einer 100%igen Ablieferung die Futtergrundlage gefährdet sei. Oftmals wurde auch argumentiert, dass die Ernte schlecht sei.
Verstärkt wurde der Widerstand gegen die Ablieferung noch durch die Propaganda der feindlichen Agenturen und besonders des RIAS. Die feindlichen Argumente gipfelten in der Forderung der sogenannten »freien Wirtschaft«. Trotzdem sind die Fälle, wo man nicht planmäßig abgeliefert und das Getreide bewusst noch nicht gedroschen hat, bis jetzt Einzelfälle geblieben. Verschiedentlich fordern die Großbauern eine Gleichstellung mit den LPG und den Kleinbauern in der Frage der Zuteilung von Düngemitteln. Besonders dort, wo die Großbauern konzentriert sind, versuchen sie alles in ihrem Interesse zu beeinflussen.
Ein besonderes Angriffsziel der feindlichen Propaganda sind die LPG. Gegenüber dem Monat August, wo aus einigen Bezirken Auflösungserscheinungen einzelner LPG gemeldet wurden, sind in der Berichtszeit nur noch in einem Teil der Bezirke diese Erscheinungen in geringem Umfang vorhanden. Die Ursache dieser Erscheinung ist nicht nur die feindliche Propaganda, sondern oft Arbeitskräftemangel, schlechte Arbeitsauffassung, mangelnde Arbeitsorganisation und unzureichende Unterstützung durch die MTS. Oft auch fehlt die Unterstützung durch die örtliche Parteiorganisation im Bezirk.
In einer Reihe LPG wie z. B. im Bezirk Magdeburg gibt es große finanzielle Schwierigkeiten. In letzter Zeit kommt es auch zu Austritten aus den LPG wegen Unzufriedenheiten bei der Verteilung der Produkte oder weil einige der Meinung sind, als Einzelbauer aufgrund des neuen Kurses mehr Unterstützung zu haben und deshalb mehr Vorteile als ein Mitglied der LPG. Bei Stall- und Wohnungsbauten leiden die LPG auch oft unter mangelhafter Unterstützung durch die staatlichen Verwaltungen. Gegen Ende der Berichtszeit zeigte sich in verschiedenen Bezirken eine erhebliche Festigung der LPG.
Die MTS sind den Anforderungen nicht immer gewachsen, z. T. auch, da ihr Maschinenpark und die landwirtschaftlichen Geräte nicht ausreichend sind und ständig Ersatzteile fehlen. Der Mangel an Ersatzteilen führt oft dazu, dass Maschinen längere Zeit ausfallen, was viel zu Missstimmungen führt. Ebenfalls entstanden diese Missstimmungen unter der Belegschaft der MTS durch die hohen Prämienzahlungen an leitende Angestellte gegenüber den teilweise ungenügenden Prämien für gute Traktoristen.
Starke Mängel machten sich noch bei Beginn des Monats September in der Erfassung und beim Aufkauf von landwirtschaftlichen Produkten bemerkbar. Die VEAB nahm Gemüse, Kartoffeln und Obst in einer ganzen Reihe von Fällen nicht ab oder nur in ungenügendem Maße, was zur Missstimmung und zu Verlusten führte.
Von den Bauern wird teilweise angeführt, dass sie keine Samen für den Zwischenfruchtanbau erhalten, dass ihnen Kunstdünger und Futtermittel fehlen. Besondere Verärgerung besteht bei den Bauern über die Stromabschaltungen und über die mangelhafte Kohlenversorgung sowie den ungenügenden Verkauf von Industriewaren auf dem Lande.
In der ersten Woche der Berichtszeit sind [sic!] in verschiedenen Bezirken, besonders Frankfurt/Oder, großer Schaden durch Schweinepest entstanden.
Während der Berichtszeit gab es zwei kleine Streiks wegen wirtschaftlichen Forderungen. Eine Reihe Brände, besonders in den Bezirken Frankfurt und Neubrandenburg, die zum großen Teil in der ersten Septemberwoche lagen, lassen eine feindliche Tätigkeit vermuten. In Einzelfällen wurden auch landwirtschaftliche Maschinen beschädigt bzw. Teile entwendet.
Übrige Bevölkerung
Unter der nicht in der Industrie und Landwirtschaft arbeitenden Bevölkerung wurde am Anfang des Monats noch vielfach zustimmend, teilweise auch hoffnungsfroh über die Note der SU zur Deutschlandfrage und das sowjetisch-deutsche Kommuniqué diskutiert. Die negativen Elemente, besonders aus den bürgerlichen Kreisen und unter den Umsiedlern, verbreiteten dagegen die gleichen feindlichen Meinungen wie in den Betrieben. Dabei trat ganz besonders in den Vordergrund die Hetze gegen die Oder-Neiße-Friedensgrenze und vielfach auch Hetze gegen die SU im Zusammenhang mit den Kriegsgefangenen.
Über die von vielen mit Spannung erwartete Wahl war nach Bekanntwerden des Ergebnisses die Überraschung groß und die negativ eingestellten Elemente triumphierten. Die Argumente waren die gleichen wie in den Betrieben. Besonders trat noch in Erscheinung, dass außer den bürgerlichen Kreisen mitunter auch in der katholischen Bevölkerung negativ über das Wahlergebnis diskutiert wurde.
Gegen Ende der Berichtszeit wurde viel über die Mängel in der Versorgung gesprochen. Die Gerüchte über Kartoffelknappheit verursachten Hamstereinkäufe. Außer den Mängeln in der Versorgung mit Lebensmitteln und Industriewaren ist in vielen Bezirken die Brennstoff-Frage ein Thema, worüber Unzufriedenheit herrscht. Man bemängelt auch die schlechte Qualität der Briketts.
Die vielfach noch durchgeführten Stromsperren dienen ebenfalls den gegnerischen Elementen, in der Bevölkerung die Zweifel am neuen Kurs zu verstärken. Oft wurden die Beschlüsse der Regierung nur als Propaganda bezeichnet.13 Allgemein wurde von einer notwendigen Preissenkung in der HO gesprochen.
Die Zahl der Personen, die sich in Westberlin Bettelpakete holten, ist nicht mehr so hoch wie bei der vorhergehenden Aktion. Es gibt jedoch einzelne Gemeinden im Bezirk Frankfurt, wo sich seit Beginn der Paketprovokation 90 % der Einwohner Pakete aus Westberlin verschafft haben. Auch bei Rückgabe der Pakete an Westberliner Erwerbslose im demokratischen Sektor von Berlin14 gab es einige negative Diskussionen unter der Ostberliner Bevölkerung, die erst durch den Einsatz von Agitatoren zerschlagen wurden. Die Nachfrage nach Fahrkarten hat stark nachgelassen. Viele finden andere Wege, um sich diese Pakete zu verschaffen.
In letzter Zeit zeigt sich in verschiedenen Fällen eine besondere Aggressivität gegenüber der VP bei Paket-Kontrollen. Dies führte auf den Bahnhöfen Fürstenberg und Hoppegarten zur Missbilligung durch verschiedene Gruppen. Besonders krass trat dies in Fürstenwalde und Fredersdorf15 auf, wo man offensiv gegen die VP bei der Paketkontrolle vorging. Auch in Potsdam werden die Diskussionen gegen die Abnahme von Paketen immer heftiger.
Vielfach muss in den Bezirken die Aktivität der Partei, der Nationalen Front und der Massenorganisationen verstärkt werden, um in persönlichen Diskussionen den negativen Meinungen entgegenzutreten und gleichzeitig die Bevölkerung aufzuklären. Die Aktivität der fortschrittlichen Kräfte ist zum großen Teil noch ungenügend und die Aufklärungslokale sind nicht besetzt.
In verschiedenen Bezirken werden auch Kundgebungen und Versammlungen von der Bevölkerung schlecht besucht, was auf Interesselosigkeit, Unzufriedenheit und die abwartende Haltung im Allgemeinen zurückzuführen ist. Die Mitarbeit der bürgerlichen Parteien lässt viel zu wünschen übrig. Oft zeigen sich feindliche Tendenzen.
Nach den bisher unvollständig vorliegenden Informationen über die 1. Hälfte des September ist die Zahl der Rückkehrer und Zuwanderer gegenüber den republikflüchtigen Personen prozentual noch etwas gesunken.
Feindtätigkeit
Im Allgemeinen zeigte die Feindtätigkeit in der ersten Septemberwoche nur eine leichte Verstärkung gegenüber dem Monat August. Nach dem 6. September machte sich jedoch eine beträchtliche Aktivität des Gegners bemerkbar, die bis zum Ende der Berichtszeit anhielt.
In der ersten Woche waren die Schwerpunkte in der Verbreitung von Flugblättern hauptsächlich im demokratischen Sektor von Berlin, Bezirk Frankfurt/Oder, Karl-Marx-Stadt und Potsdam zu verzeichnen. Dazu kamen in der zweiten Septemberwoche als Schwerpunkte die Bezirke Cottbus und Gera. Auch in den Bezirken Dresden, Neubrandenburg, Halle, Rostock, Schwerin und Suhl ist gegenüber der ersten Woche ein höherer Anfall von Flugblättern und Hetzschriften festzustellen. Bemerkenswert ist, dass die Flugblätter hauptsächlich mit Ballons verbreitet worden sind und deshalb an verschiedenen Stellen in größeren Mengen gefunden worden. So gelangte nur ein Teil der Flugblätter unter die Bevölkerung. Der überwiegende Teil dieser Flugblätter stammt von der NTS,16 die übrigen von dem SPD-Ostbüro,17 KgU,18 FDP19 und »Freiheitliche Juristen«.20
Im Wismut Gebiet sind auch kirchliche Hetzschriften mit Ballons gefunden worden. Teilweise gelangten auch Hetzbriefe, Drohbriefe und gefälschte Rundschreiben an die Bevölkerung, darin versucht wird, das Vertrauen der Bevölkerung zur Regierung zu untergraben. Oft wird zum offenen Widerstand gegen die Regierung aufgefordert. An die LPG ergingen Aufforderungen, um die Bauern zum Austritt aus denselben zu bewegen, sie von der Erfüllung des Ablieferungssolls abzuhalten und Verwirrung über die Kreditgewährung herbeizuführen. Einige Briefe gingen an Genossen und Funktionäre der Partei, worin versucht wird, die Partei zu zersetzen. Des Weiteren wird Feindmaterial versandt an Funktionäre und Mitglieder bürgerlicher Parteien, Mitglieder des FDGB, FDJ und DFD.
Durch Verbreitung von Gerüchten über den kommenden Tag »F«21 oder der baldigen Einführung der Westmark versucht der Gegner, die Bauern von der planmäßigen Ablieferung ihrer Produkte abzuhalten. Durch die verschiedensten Gerüchte (neuer Tag »X«,22 Entlassungen in den Betrieben, angeblich unzureichende Kartoffeleinkellerungsmengen), versucht der Gegner unter die Bevölkerung Verärgerung und Unruhe zu bringen und die Arbeitsfreudigkeit zu hemmen.
Der »RIAS« konzentriert sich besonders in seiner Hetze auf die Verbreitung von Beispielen und Argumenten, die zur Senkung der Produktion in der Industrie dienen sollen. Weiterhin versucht er durch seine Hetze das Vertrauen der Werktätigen zur Partei und Regierung zu untergraben.
Seit Ende der ersten Septemberwoche versucht der Gegner durch eine Reihe Terrorfälle fortschrittliche Menschen einzuschüchtern. In dieser Zeit wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt in einigen Fällen Genossen der Partei und Volkspolizei niedergeschlagen oder bedroht und zwei sowjetische Soldaten durch Methylalkohol vergiftet. Im Bezirk Potsdam wurden in drei verschiedenen Orten Volkspolizisten angegriffen und niedergeschlagen. Im Bezirk Cottbus wurde ein Volkspolizist überfallen und misshandelt. In Themar/Suhl wurde der Bürgermeister niedergeschlagen, und in einigen Fällen wurde die VP bei der Paket-Kontrolle in den Randgebieten um Berlin bedroht. Außerdem wurde in Leipzig ein FDJ-Heim demoliert.
Auf dem Lande gab es überwiegend in der ersten Septemberwoche Brände, wo die Vermutung besteht, dass die Ursachen in der Tätigkeit des Feindes zu suchen sind. Dabei wurden in neun Fällen LPG, VEG, VdgB oder Gemeindeeigentum betroffen. In Wildenfels, Bezirk Karl-Marx-Stadt, ist ein Klubhaus der Wismut abgebrannt. In vereinzelten Fällen werden auch Beschädigungen von Maschinen in der Industrie und Landwirtschaft festgestellt. Bei den Bränden liegen die Schwerpunkte im Bezirk Frankfurt/Oder und Neubrandenburg.
Die feindliche Hetze, die vom Gegner unter allen Bevölkerungsschichten, besonders aber in der Industrie und Landwirtschaft, in den Geschäften, Lokalen und Straßen, betrieben wird, ist ein entscheidender Teil der feindlichen Tätigkeit. Gerade nach dem 6.9.1953 fühlen sich die feindlichen Elemente wieder besonders stark. Sie treten oftmals provozierend und frech auf und versuchen systematisch das Vertrauen der Bevölkerung zur Regierung und zum neuen Kurs zu untergraben.