Stimmung zur Preissenkung bei der HO
26. Oktober 1953
Sonderinformation [Information Nr. 5/53]
Stimmen zur HO-Preissenkung
Aus den bekannt gewordenen Stimmen über die HO-Preissenkung ist zu ersehen, dass die übergroße Mehrheit der Bevölkerung zu dieser Preissenkung1 große Freude äußert. Für alle kam sie völlig überraschend, da man nach der Steuersenkung erst Ende des Jahres bzw. Anfang nächsten Jahres mit einer Preissenkung rechnete.
Der Übertragung der Rede des Genossen Otto Grotewohl am 24.10.1953 durch den demokratischen Rundfunk und der Herausgabe der Extrablätter am 25.10.1953 wurde sehr starkes Interesse entgegengebracht. In einigen Orten kam es anlässlich der Verkündung der Preissenkung zu spontanen Kundgebungen, so fand sich z. B. in den Gemeinden Tauchlitz-Nickelsdorf und Crossen/Gera die Bevölkerung in Gaststätten zusammen und äußerte hier ihre Freude und Zustimmung zu diesem Schritt unserer Regierung. Im Klubhaus des Stahlwerkes Silbitz/Gera wurde ebenfalls die Preissenkung gefeiert und die versammelten Arbeiter brachten Hochausrufe auf unsere Regierung.
Einen plötzlichen Stimmungsumschwung konnte man besonders bei Großveranstaltungen erkennen, wo die Bekanntgabe dieser Preissenkung erfolgte, so z. B. in Eisenach/Erfurt, wo am 24.10.1953 ein Sängertreffen stattfand. Hier waren ca. 1 000 Personen aus der DDR und 500 aus Westdeutschland anwesend. Die Gäste und die Einwohner gaben ihre volle Zustimmung zur Entwicklung des neuen Kurses. Ähnlich war es auch am 24.10.1953 in Güstrow/Schwerin, wo eine Großkundgebung anlässlich der Gründung der Stadt durchgeführt wurde. Auch die Studenten der ABF in Jena/Gera begrüßten die Mitteilung über die Preissenkung durch lang anhaltenden Beifall anlässlich eines Wohnheimballes im Nollendorfer Hof.2 Im Verlaufe des Sonntags kam es vor den Schaufenstern der HO und des Konsums, wo bereits die neuen Preise angebracht waren, zu starkem Andrang. Überall herrschte eine freudige Stimmung.
Seit Verkündung der Preissenkung war diese überall fast nur noch das einzige Gesprächsthema. Dabei brachte man allgemein zum Ausdruck, dass diese Preissenkung zeigt, dass unsere Regierung es ehrlich meint mit der Verbesserung der Lebenslage aller Werktätigen und ihren Worten auch Taten folgen lässt; dass diese Preissenkung nicht eine Auswirkung des 17.6. war, sondern ein Ergebnis des neuen Kurses. In verschiedenen Fällen geht man aus diesem Grunde bereits Produktionsverpflichtungen ein, damit unsere Regierung den neuen Kurs noch schneller verwirklichen und weitere Preissenkungen erlassen kann.
Von Geschäftsleuten, Handwerkern und Verkäufern wird Freude geäußert, dass sie jetzt noch besser in der Lage sind, die Wünsche der Käufer zu erfüllen. Besondere Dankbarkeit bringen die Rentner in ihren Diskussionen zum Ausdruck, dass auch sie in der Lage sind jetzt etwas im HO zu kaufen. Einige Personen äußern Befürchtungen, dass evtl. nicht genügend Ware vorhanden ist.
Personen aus Westdeutschland, die zzt. in der DDR weilen, erklären, dass sie erstaunt sind, dass kurz nach einer Steuersenkung3 noch eine Preissenkung erfolgt. Sie sagen weiterhin, dass die täglichen Bedarfsgüter in der DDR bedeutend billiger sind wie in Westdeutschland. Dazu einige Stellungnahmen:
Hausfrau aus Röderau/Dresden: »Für uns alleinstehende Frauen mit Kindern ist die Steuersenkung und die Preisherabsetzung eine Hilfe, wie sie noch nie da war.«
Wagenführer bei den Cottbuser Verkehrsbetrieben: »Das ist ja eine große Sache, darüber muss man sich ja freuen. Vorige Woche Lohnsteuersenkung und jetzt Preissenkung. Das ist eine gesunde Entwicklung. Hier sieht man, dass unser Weg des neuen Kurses der richtige ist.«
Arbeiter, parteilos, aus Löbau: »Ich muss sagen, dass die Regierung den neuen Kurs gut verwirklicht. Ich hatte nicht erwartet, dass jetzt schon eine HO-Preissenkung kommt.«
Hausfrau aus Meißen: »Ich kann es gar nicht fassen, dass eine Preissenkung erfolgte. Jetzt werden die Arbeiter mit noch mehr Lust zur Arbeit gehen wie bisher.«
Arbeiter Papierfabrik Großenhain: »Ich freue mich über die Preissenkung, denn es kommt darin unsere Leistung in den vergangenen Monaten zum Ausdruck. Ich war der Meinung, dass in diesem Jahr keine Preissenkung mehr erfolgt. Umso mehr freue ich mich.«
Arbeiter in der Textima Oelsnitz/Karl-Marx-Stadt, parteilos, Umsiedler: »Hier sehen wir wieder, dass unsere Regierung bemüht ist, den Lebensstandard der Werktätigen zu erhöhen und den neuen Kurs schnell zur Durchführung zu bringen.«
Weber in den Hänsel-Werken Forst/Cottbus: »Es ist ganz gewaltig, was die Regierung für die neue Preissenkung getan hat, jeder kann es am eigenen Leibe verspüren. Hier ist jedem geholfen.«
Mittelbauer, Kreis Plauen/Karl-Marx-Stadt: »Ich selbst traute nicht so richtig dem neuen Kurs und allem, was in den Zeitungen geschrieben wurde, jetzt leuchtet mir schon vieles ein. Wenn jetzt der neue Kurs so eingehalten wird, dann wird es schon hinhauen.«
Hausfrau aus Zwickau: »Ich freue mich außerordentlich über die Preissenkung und hatte sie jetzt nicht erwartet. Ich glaube bestimmt, dass die Arbeiter in Westdeutschland nun bald erkennen müssen, wo es sich besser leben lässt. Während bei uns, wo eine Arbeiterregierung herrscht und die SU uns unterstützt, wir uns eine bessere Zukunft aufbauen können, führt der Weg Adenauers in den Krieg, denn, wo der Amerikaner die Hand im Spiel hat, gibt es immer Not und Elend.«
Hausfrau aus Wittenberge/Schwerin: »Die neue Preissenkung ist der Ausdruck des neuen Kurses von Partei und Regierung. Hier muss jeder sehen, dass unsere Regierung nicht nur mit Worten spricht, sondern diesen auch Taten folgen lässt.«
Arbeiter aus Plauen, parteilos: »Durch diese neue Preissenkung wird bewiesen, dass der neue Kurs nicht nur auf dem Papier steht, sondern in die Tat umgesetzt wird, wir wollen aber nicht vergessen, dass wir nur weitere Preissenkungen erhalten können, wenn wir mehr Waren produzieren.«
Arbeiter aus Unterwellenborn, parteilos: »Wenn unsere Regierung schon jetzt in der Lage ist eine so gewaltige Preissenkung durchzuführen, was wird sie dann erst im Jahre 1954 alles durchführen. Ich zweifle jetzt nicht mehr daran, dass es uns bis Juni 1954 besser gehen wird als den Arbeitern in Westdeutschland.«
Hausfrau aus Dresden: »Die Preissenkung kam völlig überraschend und sie ist nicht die Auswirkung des 17.6., sondern es kommt darin die Erhöhung der Produktionsleistungen der Werktätigen zum Ausdruck. Das ist der Weg des neuen Kurses, und in Westdeutschland können die Werktätigen sehen, dass die Welt auch ohne Kapitalisten bestehen kann. Die Senkung der Preise ist ein weiterer Schritt zur Einheit Deutschlands.«
Elektromonteur aus dem Trafo-Werk Dresden: »Aufgrund der großen Preissenkung, die von allen Werksangehörigen begrüßt wurde, haben wir ein Danktelegramm an unseren Präsidenten und den Ministerpräsidenten abgesandt, in dem wir uns verpflichteten, den Planrückstand aufzuholen, trotz der Schwierigkeiten, und Waren bester Qualität herzustellen.«
Arbeiter der Großkokerei Lauchhammer/Cottbus: »Wir Produktionsarbeiter waren sehr erfreut über die Preissenkung und verfassten eine Resolution, den Produktionsplan 1953 bis zum 21. Dezember vorfristig zu erfüllen. Wir riefen die Belegschaft des Braunkohlenwerkes ›Friedenswacht‹ auf, uns die notwendigen Briketts zur Verfügung zu stellen.«
Arbeiter der Maschinenbrigade der Großkokerei Lauchhammer: »Aus Anlass der Preissenkung haben wir uns verpflichtet, unsere Norm um 10 % zu erhöhen.«
Ofenwärter der Fabrik II Großkokerei Lauchhammer: »Mich freut die Preissenkung außerordentlich und ich habe nur noch den einen Wunsch, dass wir genügend Rohkohle guter Qualität zur Verarbeitung erhalten, damit wir durch noch größere Leistungen in der Produktion der Regierung unseren Dank sagen können.«
LPG-Bäuerin, parteilos, aus Uenze/Schwerin: »Durch die neue Preissenkung kann sich jede Hausfrau viel mehr Ware kaufen. Ich werde meine ganze Kraft einsetzen, um unsere Regierung zu unterstützen.«
Geschäftsinhaber Stoff- und Kurzwarengeschäft in Oelsnitz/Karl-Marx-Stadt: »Die Preissenkung bringt uns gewaltige Arbeit, aber wir werden es gern tun. Sehen wir doch darin einen wirtschaftlichen Aufschwung für die ganze Bevölkerung.«
Arbeiter EMW Eisenach/Erfurt: »Diese Preissenkung ist enorm. Wer hätte nur an diese Plötzlichkeit gedacht. Hoffentlich ist auch genügend Ware vorhanden.«
Verkäufer in Eisenach/Erfurt: »Jetzt macht es wieder Spaß hinter dem Ladentisch zu stehen, denen drüben wird es einen tüchtigen Schlag versetzt haben.«
Selbstständiger Handwerksmeister Sebnitz/Dresden: »Wir stellen uns gern die ganze Nacht hin, denn wenn die Ware billiger ist, können wir auch mehr verkaufen, es ist gut, dass diese Preissenkung endlich kam.«
Hausfrau aus Parchim/Schwerin: »Die Preissenkung vor Weihnachten ist ja prima, die Hauptsache ist nur, dass auch genügend Ware vorhanden ist.«
Rentner aus Bobersen/Dresden: »Über die Lohnsteuersenkung habe ich mich nicht gerade gefreut, da sie uns nicht geholfen hat. Durch die Preissenkung erkennt man aber, dass unsere Regierung für alle Menschen einen besseren Lebensstandard schaffen will.«
Rentner aus Oederan/Karl-Marx-Stadt, parteilos: »Uns Rentner hat die Regierung nicht vergessen. Erst Erhöhung der Rente und jetzt die Preissenkung, dadurch können wir auch etwas in der HO kaufen.«
Tischler aus Westdeutschland: »Als ich vor einigen Tagen von Westdeutschland nach Dresden kam, war ich etwas enttäuscht. Die Schaufenster sind nicht so gefüllt wie bei uns in Westdeutschland. Jedoch habe ich nach einigen Tagen feststellen müssen, dass die Waren, welche man zum täglichen Leben benötigt, viel billiger sind als bei uns. Als ich gestern von der HO-Preissenkung erfuhr, wollte ich es erst gar nicht glauben. Hier erkennt man gleich, dass die Regierung etwas für die Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung übrig hat.«
Es gibt jedoch auch einige negative Äußerungen über die Preissenkung. Diese zeigen, dass diese Personen versuchen ihren Ärger auf verschiedene Art und Weise zum Ausdruck zu bringen. Während einige den Kauf der Extrablätter ablehnen, da »diese Sache ihnen [sic!] nichts angeht« sagen andere, dass dies »nur ein Propagandatrick für die Parteiwahlen der SED« sei. Weiter erklären sie, dass die Regierung »zur Preissenkung gezwungen wurde, weil sonst wieder Tumult losgegangen wäre«. Ebenfalls erklärte man noch, dass die prozentuale Herabsetzung der Preise bei Fleischwaren zu wenig sei; dass man unter der Hand Textilien erhöht hat und nun eine angebliche Preissenkung durchführe.
Hausfrau aus Zschornau/Dresden: »Für diesen Quatsch (Extrablatt) gebe ich nichts aus.«
Hausfrau aus Kamenz/Dresden: »Diese Sache (Preissenkung) geht mich nichts an, ich gehe in die Kirche und habe kein Interesse dafür.«
Einwohner aus Görlitz: »Diese Preissenkung ist nur ein Propagandatrick für die bevorstehenden Parteiwahlen der SED.«
Sohn eines Sägewerksbesitzers in Meschwitz/Dresden: »Die Regierung wurde gezwungen eine Preissenkung durchzuführen, damit nicht wieder ein Tumult unter dem Volke entsteht.«
Einwohner aus Eisenach/Erfurt: »Die Fleischwaren hätte man mehr als 10 % senken müssen aufgrund der bisher hohen Preise.«
Hausfrau aus Oelsnitz/Karl-Marx-Stadt: »Dass wir eine HO-Preissenkung haben ist ja schön, aber die Margarine wird nur um 25 % gesenkt und kostet immer noch 3,00 DM, man hätte sie ruhig um 50 % senken müssen.«
Inhaber einer Autoschlosserei: »Die Textilien hat man erst unter der Hand erhöht und jetzt spricht man großzügig von einer Preisherabsetzung.«