Direkt zum Seiteninhalt springen

Tagesbericht

14. Juli 1953
Information Nr. 1013

Stimmung der Bevölkerung

Wie bekannt wurde, gibt es zzt. in Halle sechs Schwerpunktbaustellen. Die Stimmung dort ist höchst merkwürdig und liegt im Folgenden begründet: Die Arbeiter üben ihre Tätigkeit aus nach der Parole »Arbeite langsam«. Über die politische Lage und den neuen Kurs der Partei und Regierung schweigt man sich aus. Es ist festzustellen, dass eine sture und abwartende Haltung an der Tagesordnung ist. Wenn die Arbeiter aufgrund unbefriedigender Arbeitsleistungen von ihren Polieren angesprochen werden, so geben sie zu verstehen, dass sie sich nichts sagen lassen und abwarten, da es ja sowieso noch anders käme. Die Diskussionen, die geführt werden, sprechen davon, dass man die [sic!] Regierung nicht trauen kann und der Partei. Sehr oft hört man, die alte KPD mit Ernst Thälmann müsse wieder erstehen und auf der anderen Seite brüsten sich die alten SPD-Mitglieder ihrer »Weitsichtigkeit«.

Wie aus dem Sprengstoffwerk I in Schönebeck bekannt wird, lässt auch dort die Stimmung der Belegschaft sehr zu wünschen übrig. Im Werk wird dahingehend diskutiert, dass bisher von den versprochenen Erleichterungen nur sehr wenig zu spüren ist und dass vor allem die Preise in der HO noch nicht gesenkt wurden. Weiterhin ist bei der Intelligenz durch den Wegfall der Intelligenzkarten eine Unzufriedenheit festzustellen.

Man diskutiert in der Form, dass, wenn der Regierungsbeschluss vom vorigen Jahr, der eine Gehaltserhöhung der Intelligenz von 100 bis 200 % vorsah,1 realisiert worden wäre, gegen den Entzug der Intelligenzkarten2 nichts einzuwenden gewesen wäre. Da aber der größte Teil nur eine Erhöhung von 5 bis 10 % erhalten hat, wird der Entzug der Intelligenzkarten als eine Verschlechterung der finanziellen Lage gewertet. Unzufriedenheit der Arbeiter herrscht darüber, dass noch immer ein Mangel an Margarine, Kohle und Arbeitsschutzkleidung zu verzeichnen ist. Im Allgemeinen wird im Werk die Meinung vertreten, dass man erst einmal abwarten will, wie die Regierung ihr Versprechen hält. Im Werk kursieren unter anderem Gerüchte, dass in Berlin einige Betriebe in den Sitzstreik getreten sein sollen.

Am 10.7.1953 fand in Brandenburg eine Kundgebung statt, an der sich ca. 7 000 Personen beteiligten. Davon waren ca. 75 % Angestellte und nur 25 % Arbeiter, dazu muss noch bemerkt werden, dass 600 Personen mit einem Sonderzug aus Potsdam kamen. Die Stimmung beim Aufmarsch und während der Demonstration war zurückhaltend und abwartend. Begeisterung trat erst ein, als nach der Kundgebung Kulturveranstaltungen gebracht wurden und besonders dann, als das sowjetische Kulturensemble auftrat. Als schlecht war die Organisation der Kundgebung zu bezeichnen. Die Lautsprecheranlagen bzw. die Übertragung war äußerst schlecht, dazu kommt noch, dass der Straßenverkehr während der Kundgebung in vollem Betrieb war, sodass die am Rand oder am Ende des Platzes stehenden Leute die Worte des Genossen Wandel nicht verstehen konnten. Viele Personen haben den Platz verlassen. Gegenüber der Großkundgebung am 1. Juli 1953 in Potsdam war die Beteiligung und auch die Begeisterung in Brandenburg schlecht. Die Anwesenden sind mit dem Referat des Genossen Wandel nicht mitgegangen, sondern bildeten mehrere kleine Gruppen, die sich über private Dinge unterhielten. Es erweckte den Eindruck, dass viele nur aus Neugierde an der Kundgebung teilgenommen haben. Einige FDJ-lerinnen äußerten nach der Kundgebung, dass sie nicht teilgenommen hätten, aber sie mussten ja. Auch nach der Kundgebung und der Kulturveranstaltung ließen sich die Personen wenig in politische Diskussion ein.

Da in den letzten Tagen das Gerücht, dass in Berlin und anderen Städten der Sitzstreik ausgebrochen war, kursierte, konnte nach dem Ursprung dieses Gerüchtes forschend eindeutig festgestellt werden, dass dieses vom Nordwestdeutschen Rundfunk in den Nachrichten gebracht wurde.

Es erscheint wichtig darauf hinzuweisen, dass in der gesamten Republik und im demokratischen Sektor Berlins das Gerücht verbreitet wird, dass Anfang August 1953 eine neue Aktion zu erwarten sei. So äußern sich:

[Vorname Name 1] aus Schmölln: »Denkt ihr denn, dass nun Ruhe eintritt, es geht weiter, glaubt ja nicht, dass die Dinge abgetan sind. Im August werdet ihr alle aufgehängt.« (Gemeint sind Funktionäre.)

[Name 2] aus Gnoien, Kreis Teterow: [Name 2] sprach zu den Bauern in der Form, dass sie keine Milch mehr abliefern sollten. »Wartet nur noch vier Wochen ab, dann werdet ihr was erleben.«

[Name 3], wohnhaft in Eisleben: »Der 17. Juni wird wieder kommen, aber noch ein bisschen schlimmer. Lang wird es nicht mehr dauern.«

Wie aus der HV Landmaschinenbau3 bekannt wird, war am 9.7.1953 eine Delegation von fünf Mann als Gewerkschaftsvertreter in die HV Landmaschinenbau gekommen. Grund ihres Kommens war die Ungewissheit des weiteren Produktionsprogramms im VEB Mähdrescherwerk Weimar. Da den Kollegen bekannt wurde, dass die Mähdrescher nicht gebaut werden, hatten sie Sorgen, was wird nun mit dem Werk. Sie schilderten die Stimmung der Belegschaft und zeigten auf, dass ein großer Teil der Arbeiter des Werkes nicht mehr das Vertrauen zu den Ministerien hat, da sie viele Versprechungen erhielten und keine wurden eingehalten. Auch das letzte Versprechen, einen größeren4 Mähdrescher bauen zu können, konnte nicht eingehalten werden.

Charakteristisch dafür ist nach Aussagen der Kollegen, dass einzelne Kollegen sogar Wetten (z. B. um eine Runde Bier) abgeschlossen hätten, ob der Mähdrescher gebaut wird oder nicht. Da das Werk Weimar Beschäftigte aus rund 230 Orten des Bezirkes beschäftigt, ist die Stimmung der Belegschaft ausschlaggebend für den gesamten Kreis um Weimar (ca. 50 km Umkreis). Vermutlich wird das Werk Weimar in diesem Ministerium verbleiben und zur Hauptverwaltung Lok- und Waggonbau kommen. Zu bemerken ist, dass die Kollegen anhand einer Statistik (Produktivität pro Kopf) aufzeigten, dass sie zzt. wieder auf einem Stand angelangt sind, der sich ungefähr mit der Produktivität vom Jahr 1948 gleichsetzen lässt und somit von einem Aufbau und Vorwärtsschreiten doch für das Werk keine Rede mehr sein kann.

In einer Unterhaltung mit Angestellten und Ingenieuren des Ministeriums für Transportmittel- und Landmaschinen[bau] äußern diese:

An der Lösung der Ersatzteilfrage wird seit Jahren gearbeitet. Es ist schon sehr viel darüber geschrieben und noch mehr darüber geredet worden. Das Problem ist äußerst schwierig und wird sich zur vollen Zufriedenheit wahrscheinlich nie lösen lassen. Trotzdem muss meines Erachtens aber eine gründliche Änderung auf diesem Gebiet erfolgen. Es ist bekannt, dass große Schwierigkeiten bei der Ersatzteilversorgung nach dem Ausland bestehen.

Es ist kurzsichtig, ins Ausland Lkw, Pkw, Motorräder, Fahrräder usw. zu verkaufen, ohne die Gewähr dafür zu haben, diese Fahrzeuge laufend und schnell mit Ersatzteilen versorgen zu können und einen entsprechenden Kundendienst bzw. technischen Dienst in diesen Ländern zu unterhalten. In vielen Unterhaltungen mit Vertretern Schwedens, Finnlands, Polens usw. wurde immer besonders über die Schwerfälligkeit unserer Ersatzteillieferungen geklagt und mitgeteilt, dass man aus Westdeutschland und der USA Ersatzteile in wenigen Tagen erhält und bei uns Monate vergehen. Ein typischer Fall. Omnibusse Polens; wo außer aufgetretenen technischen Mängeln die Schwierigkeiten in der Ersatzteilfrage so weit gingen, dass man uns 30 Fahrzeuge wieder zur Verfügung stellen wollte. Warum sind keine Ersatzteile da? Unsere Produktionspläne sehen neue Fahrzeuge vor und auch die Fertigung von Ersatzteilen, letztere sind wertmäßig beauflagt. In der bisherigen Planpraxis waren die Produktionspläne niemals mit dem Materialkontingenten in der richtigen Proportion. Das Material langte meist nicht einmal für die neuen Fahrzeuge, geschweige denn für die Ersatzteile und dies vor allem in den Engpasspositionen.

Jedes Jahr gibt es z. B. drei Kampagnen in der Schlepperersatzteilproduktion und meist wird [sic!] dann das ZK und sämtliche nur denkbaren Stellen eingeschaltet, um die Teile noch termingerecht zu bringen. Da werden Kampfstäbe gebildet, Sonderbevollmächtigte ernannt und wirklich kostspielige Aktionen durchgeführt, aber fast turnusmäßig wiederholt sich die Situation im nächsten Jahr. Ist denn5 die Saumseligkeit oder der schlechte Wille der HV oder die Uneinsichtigkeit der Betriebe schuld daran? Die Ersatzteilfrage ist in erster Linie eine Materialfrage und eine Frage der mangelhaften Pläne, d. h. eine schlechte Bilanzierung des Produktionsplanes mit dem Materialplan. Daran ändert sich nichts, wenn man dort und da auch subjektive Mängel feststellen muss. Ein Plan ist nicht erfüllbar, wenn er nur zur Hälfte mit Materialkontingenten abgedeckt ist, daran hilft auch nichts, wenn der gute Rat gegeben wird »Ihr müsst eben um das Material kämpfen«. »Kämpfen schon, aber nicht bei 50%iger Materialzuweisung, wo eine 100%ige Produktion verlangt wird.« (So äußern sich die Angestellten des Ministeriums.)

Es sind dann entweder die Materialverbrauchsnormen falsch oder man will bewusst die Tatsache nicht real sehen oder aber einen falschen Plan verteidigen. Es ist ein Unding, neue Schlepper zu produzieren und die alten, d. h. z. B. die im Vorjahr gebauten, nicht mit den erforderlichen Ersatzteilen versorgen zu können. Was für die Schlepper gesagt, gilt auch für die anderen Fahrzeuge. Hinzu kommt, dass die Schlepper teilweise unglaublich misshandelt werden. Bei einem Besuch mehrerer MTS-Stationen im Oderbruch (MTS Seelow, MTS Sachsendorf und MTS Kienitz) in diesem Frühjahr hat man Zustände angetroffen, die einem wehtun. Kettenschlepper bis über die Laufräder im Schlamm, ohne die Möglichkeit die Maschinen täglich abspülen zu können, muss zu Ersatzteilforderungen führen, die wirtschaftlich nicht zu vertreten sind und das beste Fabrikat in Misskredit bringen. Hier sollte man lieber statt [in] neue Schlepper zu investieren, die Investitionen für eine Hofpflasterung verwenden, um wenigstens die Schlepper einmal säubern und gründlich abschmieren zu können. Zur Frage der falschen Pläne gehören auch die immer wieder schlechten Bedarfspläne, die ebenfalls fast jedes Jahr die gleichen Eigenschaften aufweisen, nämlich dass sie nicht mit der nötigen Sorgfalt und Sachkenntnis erstellt werden. Eine Ingenieur äußerte: »Ich bin der Ansicht, dass man auf diesem Gebiet aber auch auf allen anderen Plangebieten die Arbeit der staatlichen Plankommission gründlich untersuchen sollte und eine Änderung dieser Arbeit erreichen muss, wenn die Arbeit der Fachministerien besser werden soll.«

In Diskussionen mit Angestellten des Ministeriums der Finanzen bringen diese zum Ausdruck, dass Lohnfondsüberschreitungen Folgen von Materialschwierigkeiten sind. Die Höhe des auszuzahlenden Lohnes richtet sich nach der Produktion. Also, wenn viel produziert worden ist, kann entsprechend Lohn ausgezahlt werden. Der im Plan vorgesehene Lohn kann jedoch auch gezahlt werden, wenn nichts produziert wird. Nun kommt es vor, dass aufgrund von Materialschwierigkeiten der Betrieb 14 Tage nicht produzieren kann. Den Arbeitern werden trotzdem 90 % gezahlt. In den noch verbleibenden 14 Tagen des Monats wird nun in drei Schichten gearbeitet und so wird der Plan im Monat doch noch erfüllt. Dadurch, dass erst 90 % gezahlt wurden ohne zu produzieren und dann durch die Nacht- und Sonntagszuschläge bei dem 3-Schichtensystem, reicht der im Plan vorgesehene Lohn nicht aus. Es ist also eine Lohnfondsüberschreitung zu verzeichnen.

Die DNB zahlt das über den Plan gehende Geld nicht aus. Sie äußern sich: »Auf der einen Seite entstanden die Materialschwierigkeiten bei der Regierung und auf der anderen Seite die Nichtzahlung des vollen Lohnes, auch eine Maßnahme der Regierung. In der Mitte steht der Arbeiter, der unter beiden zu leiden hat.« Bezug nehmend auf einen Artikel in der »Deutschen Finanzwirtschaft« Nr. 12,6 dass die Deutsche Notenbank gerade diese sehr wichtige Kontrolle doktrinär ausübt, lässt sich verallgemeinern. In unserem Ministerium (so äußern sich die Angestellten) liegen einige Beispiele, in denen durch die Maßnahmen der DNB die Arbeiter eine beträchtliche Zeit auf einen Teil ihres Lohnes warten müssen. Unter den Arbeitern brachen verständlicherweise Unruhen aus. Die DNB wurde in einem Schreiben darauf hingewiesen (Anfang Juni). Dass die DNB davon weiß, ist der Beweis, dass sie eine entsprechende Anordnung erlassen hat, den Lohn auch dann zu zahlen, wenn der Lohnfonds überschritten wird. Unverständlich ist aber, dass diese Maßnahmen nur bis 10. Juli 1953 gelten. D. h. also, dass durch die alte bürokratische Maßnahme im Juni und später wiederum die Arbeiter auf einen Teil ihres Lohnes warten müssen, wenn der Lohnfonds in einem Betrieb überschritten wird.

Die DNB sperrte die Kredite, weil den Betrieben die außerplanmäßigen Verluste 1952 nicht voll erstattet worden sind. Ihr war bekannt, dass laut Ministerratsbeschluss nur 75 % der außerplanmäßigen Verluste 1952 erstattet werden sollten.7 Sie verlangte von den Fachministerien, die Restbeträge den Betrieben zuzuführen. Eine Maßnahme und Forderung, die vollkommen irreal ist. Durch die Kreditsperre, die man nur als bürokratische Maßnahme bezeichnen kann, brachte man die Betriebe in Zahlungsschwierigkeiten, die sich in Verzugszinsen und Konventionalstrafen auswirkte, die wiederum einen neuen, außerplanmäßigen Verlust nach sich zogen. In der Besprechung aller kaufmännischen Leiter der Fachministerien im MdF am 9.7.1953 kam wiederum zum Ausdruck, dass die DNB ihre Kontrollmaßnahmen nach den Buchstaben ausführt, ohne die lebendige Wirtschaft zu berücksichtigen.

Als Beispiel wird aufgezeigt, dass durch die Verkürzung der Produktion des Maschinenbaus usw. hohe Überplanbestände bestehen. Als der Hauptabteilungsleiter Lehmann (MdF) das Mitglied des Direktoriums des DNB, Dr. Züntsch, fragte, ob sich die Deutsche Notenbank [mit] diese[n] Überplanbestände[n] auseinandergesetzt habe, antwortete dieser mit »Nein«. »Wir müssen erst angesprochen werden.« Die Antwort der kaufmännischen Leiter war darauf ein leises Gelächter und einzelne Diskussionen.

Der Leiter der Abteilung Planung, Genosse Kahlert, VEB Gaselan, brachte zum Ausdruck, dass die Termine, die durch die zuständigen Ministerien den Betrieben erteilt werden, zu kurz sind. Der Arbeitsstil der Ministerien hat sich darin nicht geändert. Schon immer krankten die Betriebe daran, dass die Ministerien bis auf den letzten Moment warten und dann kategorisch fordern: »Ihr müsst, ihr müsst.« Nur dadurch kann es geschehen – und er meint hierin liegt der Hauptfehler –, dass die Betriebe oftmals ihren Plan ändern müssen, weil alle Aufstellungen fehlerhaft sind. Jeder kleine Fehler, der im Betrieb gemacht wird, muss sich in der höheren Ebene stärker auswirken. Dasselbe wiederholt sich jetzt wieder. Nachdem im Betrieb bekannt geworden ist, dass die Planauflage geändert wird aufgrund der Maßnahmen der Regierung, wird vonseiten des Betriebes versucht, dass das Ministerium bekannt gibt, welche Perspektive der Betrieb haben wird. Jetzt gibt man aber dem Betrieb wieder einen so kurzen Termin, dass das Resultat nur annähernd festliegen kann, es müssen wieder Fehler eintreten. Der Planungsleiter bestätigt, dass das nicht bloß in Gaselan so ist, sondern auch in anderen Betrieben dieselben Erscheinungen zu verzeichnen sind.

Als gute Lösung für den Betrieb bezeichnet er, dass jetzt vonseiten der Ministerien verlangt wird [zu melden], wie weit die Aufträge, die annulliert wurden, fertiggestellt wurden, wo dann entschieden werden soll, ob diese Arbeiten noch beendet werden können. Dadurch werden dem Staat Millionen von Mark gerettet werden.

Arbeiterdelegationen bei Staatsanwälten

Am 13.7.1953, gegen 14.00 Uhr, besuchte eine Delegation aus der Waggonfabrik Ammendorf den Bezirksstaatsanwalt und verlangte Einsichtnahme in die Akte Arno Klemichen,8 welcher anlässlich der Ereignisse am 17.7.1953 als Provokateur auftrat und beim Umstürzen eines Wagens der VP aktiv beteiligt war. Der Bezirksstaatsanwalt verwies sie zu den Staatsanwälten Neubert und Dirl, mit denen die Delegation auch über den Vorgang verhandelte.

Bei der Delegation handelte es sich um Mitglieder der BPO und AGL. Zu Beginn der Unterhaltung hatte dieselbe einen aggressiven Ausdruck, verlief jedoch später ruhig und schlicht. Die Delegation nahm selbst an einer Verhandlung teil und war mit der Beweisführung und dem Urteil einverstanden.9 Besondere Vorkommnisse gab es nicht.

Eine weitere Delegation aus dem Leuna-Werk Merseburg bestand aus dem 1. Sekretär der Partei Hertel10 und elf weiteren Personen, welche beim Staatsanwalt Neubert vorsprachen und Auskunft haben wollten über den Spionagevorgang »Otto« (7 Personen).11 Diesen Personen trauten sie die begangenen Verbrechen nicht zu. Weiter wollten sie einen von den Verurteilten sehen, warum, wurde bis jetzt noch nicht in Erfahrung gebracht. Nach einer ca. 1½ Stunden dauernden Unterhaltung mit dem Staatsanwalt Neubert wurde die Delegation von der Richtigkeit der gefällten Urteile überzeugt, womit sie sich zufrieden gab und ohne besondere Zwischenfälle nach Leuna zurückfuhr.

Stimmung von Rückkehrern in das Gebiet der DDR

Dem Ministerratsbeschluss vom 11.6.195312 folgend, kehrten am 13.7.1953 insgesamt 194 Personen in das Gebiet der DDR zurück. Davon kommen 17 Personen aus Westdeutschland erstmalig in die DDR und baten um Aufnahme. Im gleichen Zeitraum wurden 126 Personen republikflüchtig. Anhand dieser Zahlen ist ersichtlich, dass nach dem Ministerratsbeschluss die Zahl der Rückkehrer ständig die Zahl der flüchtigen Personen bei Weitem übertrifft. Es ist festzustellen, dass sich die Zahl der Rückkehrer im Laufe der Zeit ständig erhöht, während die Zahl der Flüchtlinge seit dem Ministerratsbeschluss im Durchschnitt die Gleiche geblieben ist.

Von den zurückgekehrten Personen wurden in Form einer zwanglosen und freundschaftlichen Unterhaltung elf Personen über die Stimmung der Flüchtlinge in Westdeutschland und Westberlin sowie über ihre Eindrücke in der DDR befragt. Diese Personen setzen sich aus sieben Arbeitern, zwei Bauern und zwei Geschäftsleuten zusammen. Aufgrund der Angaben dieser Personen kann Folgendes berichtet werden:

1. Aufnahme des Ministerratsbeschlusses bei den Flüchtlingen in Westdeutschland und Westberlin sowie bei den Rückkehrern

Bei den befragten Personen kam überall zum Ausdruck, dass den Anstoß zu ihrer Rückkehr der Ministerratsbeschluss vom 11.6.1953 gegeben hat. Viele dieser Rückkehrer hatten schon lange vorher den Wunsch in die DDR zurückzukehren, wagten dies jedoch wegen der zu erwartenden Strafe nicht.

Die befragten Personen sprachen sich deshalb ausschließlich positiv für den Ministerratsbeschluss aus. Nach ihren Angaben wurde der Beschluss bei den Flüchtlingen in Westdeutschland und Westberlin teils freudig und teils mit Misstrauen aufgenommen. Viele der Flüchtlinge bringen diesem Beschluss noch nicht das volle Vertrauen entgegen und nehmen deshalb noch eine abwartende Haltung ein. Ablehnend verhalten sich nur diese Personen, die in der DDR ein Verbrechen begangen haben und aufgrund dessen nicht den Mut zur Rückkehr finden. Diese Elemente versuchen, auch andere schwankende Flüchtlinge zu überreden und ganz und gar von der Rückkehr abzuhalten.

So äußerte der Rückkehrer [Name 4, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1928, wohnhaft in Badeborn, der wegen eines Rückstandes in seiner Ablieferung im März 1953 die Republik verlassen hatte ([Name 4] ist Bauer): »Während meines Aufenthaltes im Westen war ich in München, Detmold und anderen Orten, wo ich durch Gelegenheitsarbeit meinen Lebensunterhalt fristen musste. Ich selbst wollte zum Grenzschutz, als ich aber feststellte, dass ich mich auf sieben Jahre verpflichteten sollte, mit der Zusatzklausel, nie mehr in das Gebiet der DDR zurückzukehren, entschloss ich mich unverzüglich wieder in die DDR zurückzukehren.«

2. Stimmung der Flüchtlinge und Hemmungen bei ihrer Rückkehr

Aufgrund der Angaben der befragten Personen konnte festgestellt werden, dass die Stimmung der Flüchtlinge in Westdeutschland und Westberlin meist missmutig und gedrückt ist. Jedoch ist dies in den verschiedenen Flüchtlingslagern überall anders. In einigen Flüchtlingslagern überwiegt die Stimmung der Flüchtlinge, die dem Ministerratsbeschluss Glauben schenken und nun zurückkehren wollen. In anderen Lagern überwiegt wieder die Stimmung der Personen, die sich durch die Hetze von westlicher Seite aus verblenden ließen und dem Beschluss kein Vertrauen entgegenbringen. Dort wird es den Personen, die wieder zurückkehren wollen, bei ihrer Rückkehr sehr schwer gemacht. Es wird jedoch bei Befragungen immer wieder hervorgehoben, dass über die wirkliche Durchführung der Beschlüsse in den Lagern nichts Genaues bekannt ist.

So sagte der Rückkehrer [Name 5, Vorname], dass die Stimmung unter den Flüchtlingen eine abwartende ist. Er ist der Meinung, dass noch viele Republikflüchtige zurückkehren werden, wenn sich herumgesprochen hat, dass diese wieder in ihre alten Rechte eingesetzt werden. Weiterhin führte er aus, dass Hemmungen oder Bedenken über die Rückkehr von denjenigen Personen geäußert werden, welche sich strafbare Handlungen zuschulden kommen ließen.

3. Agitation und Maßnahmen von westlicher Seite aus, die eine Rückkehr in die DDR verhindern soll

Es wurde verschiedentlich berichtet, dass der RIAS sowie die Presse in Westdeutschland und Westberlin gegen eine Rückkehr der Flüchtlinge hetzt und versucht, diese von der Rückkehr abzuhalten. Fast alle bisher befragten Personen brachten zum Ausdruck, dass in ihrem Lager, wo sie sich aufhielten, das Gerücht umging, dass sie sofort nach ihrer Rückkehr in der DDR festgenommen und verschleppt würden. Solche und ähnliche Gerüchte sind in allen Flüchtlingslagern in Westdeutschland und Westberlin zu verzeichnen.

In letzter Zeit wurde wiederholt berichtet, dass man versucht, durch Referenten, die in die Flüchtlingslager geschickt werden, die Flüchtlinge von einer Rückkehr in die DDR abzuhalten. Im Lager Reinickendorf, wo sich überwiegend Jugendliche befinden, fordert die Lagerleitung sowie die Stummpolizei13 von diesen eine Bescheinigung von ihren Eltern zwecks Zustimmung über den Verbleib in Westberlin. Diese Jugendlichen werden dann nach Westdeutschland gebracht. Oftmals erhalten die Flüchtlinge bei ihrer Rückkehr den DPA nicht wieder ausgehändigt. Es wurde auch berichtet, dass den Personen, die im Besitz von Ausweisen waren, diese an der Grenze von den Zöllnern abgenommen wurden.

Weiterhin wurde von einigen befragten Personen geäußert, dass sie, um ganz sicher zu gehen, einige Rechtsanwälte in Westdeutschland bzw. Westberlin wegen ihrer Rückkehr befragten. Von diesen Rechtsanwälten wurde ihnen übereinstimmend von einer Rückkehr in die DDR abgeraten.

Bei einer Aussprache äußerte der Rückkehrer [Name 5, Vorname], Folgendes: »In dem Lager Kuno-Fischer-Straße,14 indem ich meine personellen Erledigungen tätigte, wurde vonseiten des RIAS sowie auch durch Referenten versucht, eine Rückkehr in die DDR zu verhindern. Sonst wurden mir keine Schwierigkeiten bereitet, lediglich mein DPA wurde einbehalten.«

4. Durchführung der Maßnahmen des Ministerratsbeschlusses bei Rückkehrern

Sämtliche befragten Personen äußerten sich sehr zufriedenstellend über ihre Aufnahme in der DDR und ihre Behandlung vonseiten der Behörden. Schwierigkeiten traten bei den befragten Personen nicht auf. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass sonstige Beschwerden über bürokratisches Verhalten der Behörden und dergleichen vorgebracht wurden. Unter den befragten Personen befinden sich zwei Bauern, diese wollen alle beide ihre Gehöfte nicht zurückhaben.

Der Landwirt [Name 4, Vorname] aus Badeborn, brachte zum Ausdruck, dass er den Wunsch habe, in der MTS als Traktorist zu arbeiten, diesem Wunsch wurde auch stattgegeben. Der Neusiedler [Name 6, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1926, wohnhaft in Cramonshagen, Kreis Schwerin, der seine Wirtschaft als Mitglied der LPG bewirtschaftet hat, will diese nach seiner Rückkehr in die DDR ebenfalls nicht wiederhaben. [Name 6] wird eine Entschädigung erhalten. Sonst brachten die befragten Personen zum Ausdruck, dass sie sehr zufrieden über ihre Rückkehr in die DDR sind.

Maßnahmen des Feindes

Vor dem EAW J. W. Stalin, Zweigstelle Rummelsburg, sind ca. 40 Flugblätter in deutscher und russischer Sprache gefunden worden. Weiterhin wurden im Bezirk Lichtenberg ca. 400 bis 500 und im Bezirk Friedrichshain 1 500 Flugblätter, ebenfalls in deutscher und russischer Schrift, gefunden. Es wird vermutet, dass diese Flugblätter durch Ballons abgeworfen wurden, da sie über den ganzen Bezirk verstreut lagen.

Es wurde in Erfahrung gebracht, dass, beginnend mit dem heutigen Tage, viele Funktionäre der SED durch die Post Feindmaterial der KgU15 zugeschickt erhalten. Bei diesem Material handelt es sich um den Abdruck einer angeblichen Ansprache des Leiters der KgU, Ernst Tillich, an die Deutschen in der Sowjetzone. Dieses Hetzblatt besteht aus drei zusammengefalteten Blättern in Postkartengröße, beschäftigt sich mit der üblichen Hetze und mahnt zum Aushalten. Besondere Forderungen: Entlassungen aller politischen Gefangenen und Auflösung des Staatssicherheitsdienstes als Fundament der Diktatur.

Bericht über den Ablauf des Versuches eines vom Westen her organisierten Grenztreffens am Schlagbaum Herbartswind-Rottenbach. Der Versuch, Massen der Bevölkerung an der Zonengrenze zu versammeln, basiert auf einem Brief einer Frau [Name 7] aus Coburg an den Bürgermeister von Eisfeld. In dem Brief bittet sie, das früher dort üblich gewesene Sängertreffen an der Grenze durchzuführen. Selbstverständlich wurde von hiesiger Seite nicht darauf eingegangen und was vom Westen veranlasst wurde, ergibt sich aus dem nachstehenden Bericht:

Am 5.7.1953, gegen 13.10 Uhr, hatten sich dort ca. 2 000 Menschen aus dem Westen angesammelt. Nachdem der Gesangsverein Rottenbach den Sängergruß und zwei Lieder gesungen hatte, hielt der Bürgermeister von Rottenbach eine Rede. Er gedachte der Opfer des 17. Juni. Weiterhin brachte er zum Ausdruck, dass sie ihre Brüder und Schwestern hinter dem eisernen Vorhang nicht vergessen haben und sie alle Mittel zur Anwendung bringen, um sie von dem Terrorregime zu befreien. Zu diesem Zweck war ein Lautsprecher aufgestellt worden. Sinngemäß brachte der 2. Redner, der vermutlich der Landrat von Coburg war, dasselbe zum Ausdruck. Es gingen viele Menschen nach Rottenbach zurück, als die Redner mit Politik begannen. Der größte Teil der Menschenmenge stand bis 16.00 Uhr am Schlagbaum. Bis 18.00 Uhr kamen und gingen die Menschen Westdeutschlands. Insgesamt waren ca. 3 000 Menschen dort.

Gegen 15.30 Uhr erschien ein amerikanisches Aufklärungsflugzeug, welches ca. 25 Minuten um und in der Nähe des Schlagbaumes kreiste und vermutlich Aufnahmen machte. Außerdem waren während des sogenannten Sängertreffens amerikanische Besatzungssoldaten mit Funkwagen zugegen. Weiterhin waren ca. 20 Angehörige des Bundesgrenzschutzes anwesend.

Nachdem der 1. Sekretär des SED-Kreisleitung Hildburghausen, Genosse Jäger, am Zehn-Meter-Streifen16 eintraf, wurde er von den Versammelten mit vollem Namen angesprochen. Man bezeichnete ihn als Lump, Verbrecher, Gauner usw. Man sagte ihm: »Warte nur wenn es anders kommt, wirst Du am ersten aufgehängt.« Eine männliche Person sagte gegen 15.00 Uhr: »Jetzt reißen wir den Stacheldraht ab und schlagen die Friedensverteidiger in die Flucht.« Die Menge stimmte mit ein, doch wagte sich niemand an den Stacheldrahtzaun heranzugehen. Zum Teil sah man, dass man den Grenzpolizisten zuwinkte, zum anderen auch durch Zeichen und Rufe eine feindliche Einstellung bekundete.

Gegen 19.30 Uhr standen nur noch drei Zivilisten und drei Angehörige des Bundesgrenzschutzes am Schlagbaum. Unsere Grenzpolizei hatte sich gegen 18.30 Uhr zurückgezogen, was zur Folge hatte, dass sich die Menschen schnell von der Grenze absetzten. Wie bereits erwähnt, waren während dieser Zeit keine Zwischenfälle zu verzeichnen.

Rundschreiben der Industriegewerkschaft Post- und Fernmeldewesen:

Aus Magdeburg wird über ein von der Industriegewerkschaft Post- und Fernmeldewesen herausgegebenes Rundschreiben mitgeteilt. Dieses Rundschreiben wurde von dem hauptamtlichen stellvertretenden Vorsitzenden der Industriegewerkschaft Post- und Fernmeldewesen, Hetscher, Walter,17 geb. am [Tag, Monat] 1912, Beruf: Klempner, Mitglied der SED seit 1946, wohnhaft in Magdeburg, [Straße, Nr.], und vom Sekretariatsmitglied der IG Post- und Fernmeldewesen, Genossen Jensch, verfasst und an alle Betriebsgewerkschaftsleitungen der Post herausgegeben.

Dieses Rundschreiben wurde von den Instrukteuren der IG Post- und Fernmeldewesen, Genossen Held, und von dem Kollegen [Name 8] sowie von dem Leiter der Deutschen Post, Bezirksdirektion Magdeburg, Genossen Serneck, und dem Leiter der Kaderabteilung, Genossen Müller, ohne eine Diskussion darüber zu führen, zur Kenntnis genommen.

Abschrift des Rundschreibens:

An die Betriebsgewerkschaftsleitungen der Ämter des Bezirks – je besonders – Tgb.-Nr. 322

Werte Kolleginnen, werte Kollegen!

In den bisher durchgeführten Betriebsversammlungen unseres Bezirkes kam zum Teil mit Recht die Unzufriedenheit unserer Werktätigen zum Ausdruck. Man kann sagen, dass die gestellten Forderungen zum Teil begründet sind. Aus den Versammlungen heraus haben wir folgende Forderungen, Vorschläge entgegengenommen, die wir sofort an den Zentralvorstand sowie an das Ministerium weitergeleitet haben.

Im Bezirk Magdeburg wurden folgende Forderungen gestellt:

I. Allgemeine Forderungen:

  • 1.

    Senkung der FDGB-Beiträge um 50 %

  • 2.

    Senkung der Preise für Ferienplätze

  • 3.

    Allgemeine Fahrpreisermäßigungen für Urlaubsreisen (33 1/3 %)

  • 4.

    Herabsetzungen der Entlohnung bei der KVP

  • 5.

    Belieferung der Handelsorganisationen mit Fahrradreifen für Draht- und Wulstfelgen und Ersatzteilen

  • 6.

    Verkauf von Mangelware in der HO nicht nur18 vormittags, sondern auch nachmittags für die Werktätigen

  • 7.

    Wegfall der Kartengruppen D und E19

  • 8.

    Wegfall der Kartendifferenzierung bei der Versorgung mit Brennmaterial

  • 9.

    Wegfall der Schwerpunkt- und Intelligenzverkaufsstellen

  • 10.

    Veränderung des Rundfunkprogramms und des Zeitungsinhaltes

  • 11.

    Volle Belieferung der Fleischmarken mit Wurst entsprechend des Markenwertes

  • 12.

    Qualitative Verbesserung der Arbeitskleidung und Trikotagen

  • 13.

    Mehr Zuweisung von Wohnungen an Postkollegen

  • 14.

    Aufhebung der Bezahlung nach Ortsklassen

  • 15.

    Revidierung der Intelligenzgehälter

  • 16.

    Aufhebung des Sperrgebietes

  • 17.

    Mindestrente erhöhen auf 80 DM

  • 18.

    Allgemeine Preissenkung

II. Forderungen der Kollegen an das Ministerium für Post- und Fernmeldewesen

  • 1.

    Lohnerhöhung für Fernmeldebau, Paketannahme, Zeitungsausteiler, Eilboten, Kraftfahrer, Sortierdienst, Bahnpostfahrer, Schlosser, Handwerker, BFt-Kräfte und Abfertigung nach Gehaltsgruppe V

  • 2.

    Herausgabe des WLK20

  • 3.

    Verbesserung sowie Lieferung der Dienstkleidung

  • 4.

    Überprüfung der Tätigkeitsmerkmale des BKV

  • 5.

    Bessere Versorgung der Fernmelde- und Postämter mit Material

  • 6.

    Einführung des Tages der Post

  • 7.

    Urlaubserhöhung auf 18 Tage

  • 8.

    Treueurlaub für langjährige Dienstzeit

  • 9.

    Angleichung der Entlohnung für Reinemachefrauen an Bahn und Verwaltung

  • 10.

    Mittelzuweisung für Arbeitsschutz- und Dienstkleidung

  • 11.

    Die administrativ betriebene Neuregelung des Fernmeldewesens und die damit verbundene Auflösung der Fernmeldeämter und Bildung von vereinigten Post- und Fernmeldebetrieben sofort einzustellen

  • 12.

    Die auf Ämterebene bewährte Trennung von Post- und Fernmeldebetrieben ist im Hinblick auf die überragende politische und ökonomische Bedeutung des Fernmeldewesens zur Erreichung einer besseren Arbeitsproduktivität und einer fortschrittlichen Technik folgerichtig über die BPF bis zum Ministerium für Post- und Fernmeldewesen durchzuführen und mit dem Einsatz eines Staatssekretärs für das Fernmeldewesen abzuschließen

  • 13.

    Haushaltstag21 für alle Frauen mit eigenem Haushalt

  • 14.

    Wegfall der 36-stündigen Freizeit. Herstellung des alten Dienstplanes und Zahlung der 50 % Sonntagszuschlag, auch für Zeitungsträger

  • 15.

    Zurückziehung der Einführung des Feldzuges für strenge Sparsamkeit, 20 % Verwaltungsangestellte sowie 2,7 % Produktionsarbeiter, da in den Betrieben der Acht-Stunden-Tag gefährdet ist

  • 16.

    Mehr Urlaubs- und Krankenvertreter als bisher

  • 17.

    Einführung des Kindergeldes

  • 18.

    Arbeitsanzüge und Arbeitsschuhe für Bau und Zusteller

  • 19.

    Wegfall des Prämiensystems und des Leistungslohnes

  • 20.

    Bei Todesfall, Hochzeit und Umzug drei Tage Freizeit und nicht nur einen

  • 21.

    Aufhebung der Kontrollpunkte

  • 22.

    Die Kollegen fordern eine eigene Fachzeitschrift, unentgeltlich, wöchentlich zweimal

  • 23.

    Wegfall der Bezahlung der Mütze der Fernmeldebauhandwerker

  • 24.

    Für Fernmeldebauhandwerker keine Magermilch, sondern Vollmilch

  • 25.

    Ausgabe von Milchkarten für die Kollegen des Betriebes, damit die Milch frisch zur Verfügung steht und nicht im sauren Zustand abgenommen werden muss

  • 26.

    Höhere Bezahlung der Poststellenverwalter

  • 27.

    Sofortige Ausgabe der restlichen 1½ % des D-Fonds22

  • 28.

    Bau verlangt höhere Entschädigung für Privatfahrräder, die im Dienst benutzt werden

Die anderen Forderungen, die auf der Bezirks- und Betriebsebene gelöst werden müssen, werden von uns aus mit der Bezirksdirektion und mit den Betriebsleitern der betreffenden Betriebe selbst abgesprochen.

Vorschläge wurden unterbreitet:

  • 1.

    Die Dienstbekleidung auf zwei Jahre festzulegen. Im 1. Jahr eine Winterkleidung, im 2. Jahr eine Sommerbekleidung

  • 2.

    Für die Zustellung von Diensträdern 55 % Frauenräder zu liefern

  • 3.

    Aufhebung der Vorschriften über die strenge Kontenbindung in den Betriebsplänen und größere Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit der Betriebe

  • 4.

    Aufhebung des Einspruchsrechtes der Deutschen Notenbank bei Abweichung von der geplanten Lohnsumme, soweit nicht Fehler oder Verstöße größeren Umfanges festgestellt [werden], die es ermöglichen, auch unvorhergesehene Ausgaben bis zur Höhe von 5 % zu decken (Jahreskosten)23

  • 6.

    Anerkennung der Deutschen Post als Verwaltungs- oder Dienstleistungsbetrieb, Herauslösung aus der Gruppe der Produktionsbetriebe

  • 7.

    Staffelung des Erholungsurlaubes nach Beschäftigungsdauer und Lebensalter

  • 8.

    Wegfall des Absatzes 2 unter § 10 der 3. Durchführungsbestimmung zur Verordnung der Wahrung der Rechte der Werktätigen und über die Regelung der Entlohnung der Arbeiter und Angestellten24

  • 9.

    Wegfall der Berechnung der Durchschnittsbezüge für den Erholungsurlaub, wenn sich für die Beschäftigten eine Verminderung der Bezüge ergibt

Werte Kolleginnen und Kollegen!

Der Bezirksvorstand der Industriegewerkschaft Post- und Fernemeldewesen nimmt die Aufgabe ernst und wird sich mit aller Kraft dafür einsetzen, damit endlich einmal in den Postbetrieben eine Klarheit geschaffen wird.

Wir haben auf das Schärfste den Zentralvorstand darauf hingewiesen, dass er mit aller Härte, wenn es im Rahmen der Möglichkeiten besteht, beim Ministerium für Post- und Fernmeldewesen sich durchzusetzen hat, da unsere Werktätigen nicht mehr mit Worten befriedigt werden können, sondern nur durch Taten.

Wir nehmen an, dass wir in eurem Sinn gehandelt haben, wenn wir immer wieder den Zentralvorstand davon [sic!] hinweisen, dass er dafür sorgen soll, dass das Ministerium für Post- und Fernmeldewesen bis Ende des Monats Juli eine konkrete Aufklärung den Betrieben geben muss und zwar über folgende Punkte:

  • 1.

    Was wurde unternommen, um die Forderungen zu verwirklichen?

  • 2.

    Was kann zurzeit verwirklicht werden?

  • 3.

    Was kann später verwirklicht werden (konkret)?

  • 4.

    Was kann überhaupt nicht verwirklicht werden? (Mit einer genauen Begründung, warum nicht.)

Am Monatsende werden wir diese Forderungen von uns aus kontrollieren. Sollten diese Forderungen beim Ministerium keine Beachtung gefunden haben, werden wir als Bezirksvorstand andere Schritte unternehmen. Wir nehmen an, dass ihr jetzt feststellt, dass wir eure Forderungen an die entsprechenden Stellen weitergeleitet haben, die wir in einer ausführlichen Form behandelt haben.

Mit gewerkschaftlichen Gruß | gez. Hetscher

Es wurde veranlasst, dass sämtliche Rundschreiben sofort durch die Bezirksleitung der Partei eingezogen werden.

Durch die Westpresse sowie durch den RIAS wurde am 13.7.1953 bekannt gemacht, dass ab 14.7.1953 für die Bewohner des demokratischen Sektors im Bezirk Kreuzberg und zwar in der Oranienstraße ein Verkauf von Lebensmitteln stattfinden wird zu Preisen, die im Verhältnis 1: 1 mit Ostgeld bezahlt werden können.25 Diese erste Verkaufsaktion fand heute Morgen in der Oranienstraße statt. Geleitet wurde sie vom Kreuzberger Bürgermeister Kressmann.26 Dieser wurde dann auch von den aus dem demokratischen Sektor zum Einkauf nach dort gekommenen Frauen umringt. Ihm wurden Fragen gestellt wie z. B.:

Frage: »Was wird aus unseren Grundstücken?«

Antwort Kressmann: »Die holen wir uns einfach wieder, lasst man erst die Ernte zu Ende sein.«

Frage (einer älteren Frau): »Warum habt ihr Nuschke27 nicht gegen Linse28 ausgetauscht?«

Antwort Kressmann: »Was sollen wir mit denen, die holen wir uns sowieso alle.«

Frage: »Wann wird Berlin wieder vereinigt?«

Antwort Kressmann: »Die Vereinigung wird noch in diesem Jahr stattfinden.«

Zum Verkauf im Verhältnis 1: 1 gelangten an drei Hökerwagen Kirschen, Tomaten und Gurken und an einem Wagen Milch. Ein Pfund Kirschen [kostete] DM 0,75. Das Obst wurde nur an Bewohner des demokratischen Sektors ausgegeben, wobei bestimmte Straßenzüge aufgerufen wurden. An den Wagen standen ca. 300 Käufer, die offen gegen die Regierung der DDR schimpften und in ihren Reden eine besonders niederträchtige Handlungsweise an den Tag legten.

Besonders traten dort zwei offensichtliche Schlägertypen hervor, die sofort jeden mit Prügel bedrohten, der nur in irgendeiner Form positiv für den demokratischen Sektor respektive für die DDR auftrat. Besonders der eine [von] diesen beiden mit bayerischem Dialekt tritt sehr rabiat auf und beschimpft jede positive Äußerung mit »Russenknecht« und »SED-Spitzel«.

In der Oranienstraße wurde noch bekannt gegeben, dass heute um 18.00 Uhr Apfelsinen zum Verkauf kommen und dass morgen Kartoffeltag ist. Weiter wurde verlautet, dass der Dampfer mit den angekündigten Lebensmitteln von Amerika noch unterwegs ist. In den nächsten Tagen wird die Hilfsmaßnahme verstärkt fortgesetzt. Es wurde betont, dass diese die letzte Hilfe für Ostberlin vor der Vereinigung sei. Gegen 13.00 Uhr war das Obst ausverkauft.

Es wird in Erfahrung gebracht, dass in den Westsektoren der Gegner dazu übergeht, Besuchern aus dem Ostsektor oder Einwohnern des Westsektors, die in den demokratischen Sektor rübergehen, Flugblätter und Hetzschriften zur Mitnahme in die Hände [zu] drücken.29 Es konnte festgestellt werden, dass die »Tarantel«,30 der »Telegraf-Wochenspiegel«31 und eine weitere Hetzschrift, »100 Kasperiolen«,32 ausgegeben werden. Da diese Hetzschriften bunt illustriert sind, fallen besonders die naiven Frauen auf diese Dinge herein, lasen sie in der Elektrischen und gaben sie dann sofort weiter.

Zur Lage der Versorgung der Bevölkerung

Im Bezirk Potsdam treten Mängel bei der Belieferung von Nahrungsmitteln in Erscheinung, wo Einzelhändler bei der Belieferung benachteiligt werden, wodurch die Versorgung der Bevölkerung erschwert wird. So ergab eine Überprüfung der Lebensmittelgeschäfte (HO, Konsum und Einzelhandel) am 7.7.1953 in Potsdam, dass in sämtlichen HO-Geschäften alle Nahrungsmittel außer Zucker und Fettstoff vorhanden waren, während in den Einzelhandelsgeschäften Nährmittel, Marmelade, Kunsthonig, Gries, Graupen, Teigwaren, Kartoffelmehl, Pudding und Käse fehlte. Die Einzelhändler beschwerten sich, dass die Belieferung durch die DHZ zu langsam vor sich geht. Dadurch treten auch Versorgungsschwierigkeiten bei der Bevölkerung ein.

Weiterhin tritt [sic!] noch in der Holz- und Kohlenversorgung in der Gemeinde Schmergow, Bezirk Potsdam, Schwierigkeiten in Erscheinung, da diese Gemeinde sehr holzarm ist.

Anlage 1 vom 14.7.1953 zur Information Nr. 1013 (1. Expl.)

Information Nr. 1013a: Die evangelische Kirche in der DDR

Die Kirche hat in der Geschichte eine nicht unbedeutende Rolle gespielt. Dies ist auch noch heute der Fall und dies darf in keiner Weise verkannt werden. Zur Zeit der Monarchie war die Kirche ein Anhängsel des Staates. Sie hatte durch den Staat Schutz und nutzte seine Organe zur Erreichung ihrer Ziele und Machenschaften aus. Dieselbe Wechselwirkung war wiederum vom Staat zur Kirche vorhanden. Die Kirche war sozusagen der Staat im Staate und sie selbst bezeichnete sich als das »Gewissen des Staates«. Von diesen Prinzipien ist die Kirche auch heute in keiner Weise abgewichen. Sie fordert nach wie vor von dem Staate Schutz für eine »Freie Entwicklung« und die Benutzung der Staatsmacht für ihre Ziele. Dies fordert sie auch von unserem demokratischen Staat.

Durch ihre bisherige Entwicklung ist die Kirche eng mit dem Großgrundbesitzer, dem Junker und den Großkapital verbunden, und sie vertritt stärker denn je die Interessen des Imperialismus: Der jetzige Vorsitzende der Disziplinarkammer, ein gewisser Herr von Arnim,33 der in der Leitung der EKD ist, hat Ende 1945 in der Kirchenleitung eine Verordnung beantragt, wonach allen enteigneten Großgrundbesitzern in der damaligen Ostzone eine entsprechende Rente durch die Kirche bezahlt werden soll. Diese Rente wurde verschiedenen Großgrundbesitzern gebilligt, bis sie ihre Positionen, wie Aufkauf von Gütern usw., wieder gefestigt hatten.

Die Haltung der Kirche während der Nazizeit ist charakteristisch für eine Einschätzung derselben. Der Faschismus war der Kirche durchaus recht. Sie bejahte nur nicht das Verhalten der Faschisten zur Kirche selbst. Durch die Errichtung der Staatskirche der Faschisten, der Deutschen Christen, war die Macht der evangelischen Kirche in Gefahr geraten und dagegen kämpfte die Kirche in einem jahrelangen Kirchenkampf. Wenn dieser mitunter recht heftig entbrannte, so war es größtenteils nicht der Wille der Kirchenleitung, sondern die ehrliche antifaschistische Einstellung vieler Geistlicher. Klar ist dabei erwiesen, dass die Kirche dabei in keiner Weise die Wurzel des Faschismus antastete: So wurde z. B. der Führer der Deutschen Christen Bischof Hossenfelder34 in keiner Weise belangt. Die Freizügigkeit der Besatzungsmächte über die eigene Durchführung der Entnazifizierung innerhalb der Kirche wurde von dieser dazu ausgenutzt, diese innerhalb der Kirche zu verhindern.

Sehr interessant zur Analyse der Politik der Kirche ist die Entwicklung nach 1945: Nach dem Sturz des Faschismus in Deutschland erhielt die Kirche durch die Besatzungsmächte alle Freiheiten zugebilligt. Die Kirche erhielt praktisch dadurch Freiheiten, die sie vordem nicht besessen hat, und dies nutzte sie besonders intensiv und mit Geschick aus. Vornehmlich die evangelische Kirche in Deutschland.

Die Entwicklung begann im Oktober 1945 in Treysa.35 Die allgemeine Verwirrung und Demoralisierung der Massen wurde durch die evangelische Kirche dazu ausgenutzt, in aller Ruhe und Verschwiegenheit ein Machtorgan aufzubauen, was sie dann später entscheidend einsetzen konnte. In Berlin [und] Brandenburg rief der Bischof Dibelius36 einige vorher ausgewählte Pfarrer zusammen und erklärte vor diesen die zukünftige Politik der Kirche und ließ sich von ihnen zum Bischof von Berlin-Brandenburg und zum Vorsitzenden der evangelischen Kirche ausrufen. Dies in aller Stille und Heimlichkeit und entgegen der sonst in der evangelischen Kirche rechtlich verankerten Wahlordnung.37

Dibelius, ein ausgesprochener Feind der Demokratie und treuer Verfechter der Pläne des amerikanischen Imperialismus, trieb nur bis heute seine skrupellose Politik unter dem Deckmantel der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland). Er wandte sich völlig ab von der [von der] evangelischen Kirche verfolgten Politik. Er war bestrebt eine Diktatur in der Kirche aufzubauen und alle durch die Jahrhunderte-Entwicklung der Kirche eingegangenen demokratischen Gepflogenheiten und ihre Verfechter auszurotten.

Er baute innerhalb der Kirche eine Hierarchie auf, die wesentlich der der katholischen Kirche näher kam. Um seine autokratischen Bestrebungen durchsetzen zu können, setzte er nur ihm ergebene Pfarrer ein. Als Führer der BK (Bekennende Kirche) war es ihm nun egal, ob sie nun früher Faschisten waren oder nicht. Nur ihm nicht zusagende Geistliche wurden durch irgendeinen Vorwand oder durch die Entnazifizierung ihrer Tätigkeit beraubt. Äußerlich wurde ein Burgfrieden mit der katholischen Kirche geschaffen. Es änderte sich auch das Verhältnis zu den Sekten (Religionsgemeinschaften). Während man sie vorher erbittert bekämpfte, zog man sie nun38 als ihre Verbündeten heran. Ihr Ziel war weitsichtig. Die breiten Massen von einem kommenden Fortschritt (Kommunismus) abzuhalten und die Positionen so aufzubauen, um der fortschreitenden Entwicklung in der DDR Einhalt gebieten zu können.

Mit den Machtbestrebungen von Dibelius entwickelte sich auch eine breite Opposition innerhalb der Kirche. Schon die Tagung in Treysa zeigt, dass auch noch andere Ansichten vorhanden waren: Bei den Ausführungen von Niemöller39 kritisierte dieser sehr scharf die Hilfe der evangelischen Kirchenleitung bei der Errichtung der Faschistenherrschaft. Er verlangte die Bestrafung der verantwortlichen Mitglieder der damaligen Kirchenleitung, auch wenn sie keine PG40 waren, da ihr Verhalten noch schlimmere Folgen hatte, als einige PG in der Kirche. Weiter sagte er, dass daraus die Kirche ihre Lehren ziehen müsse und nie mehr eine Behörde des Staates werden dürfe. Der Bischof Dr. Wurm,41 der Initiator der damaligen Tagung, betonte besonders, dass die evangelische Kirche eine Institution werden müsse, die über ganz Deutschland wirkt. (Mit dieser patriotischen Bemäntelung sicherten sie sich vor irgendwelchen Eingriffen bei der Durchsetzung ihrer imperialistischen Politik, da ja dann ein Eingriff in die evangelische Kirche als ein Schlag gegen eine Institution hingestellt werden kann, die die Einheit Deutschlands »symbolisiert«.)

Dass die EKD rein die Interessen des USA-Imperialismus durch[zu]setzen versucht, zeigt ihre Verankerung in der Ökumene (eine internationale Organisation der evangelischen Kirche aller Länder der Welt, wo die Vertreter der USA tonangebend sind). Der Vertreter der EKD ist Bischof Lilje,42 der der Herausgeber des Evangelischen Kirchenblattes in Deutschland ist,43 wo in übelster Weise die DDR und SU verleumdet werden.

Zwischen der evangelischen und kath. Kirche besteht in der jetzigen Lage eine Gemeinsamkeit in Bezug auf das eine Ziel, Kampf gegen die Demokratie, gegen die SU und des Weltfriedenslager. Der Papst sowie Dibelius sind sich in dieser Beziehung völlig einig: Anlässlich des letzten Katholikentages in Westberlin beherbergte Dibelius einen Vertreter des Papstes aus Rom in seinem bischöflichen Daluege-Palais in Dahlem44 äußerst45 und gab den Katholiken zur Eröffnung die Marienkirche frei.

Die Jahre 1945 bis 1948 nutzte die EKD aus, um ihre Position zu festigen und eine breite Ausgangsbasis zur Störung unseres demokratischen Neuaufbaues zu schaffen. Bemerkenswert ist dabei, dass die Gliederungen sowie Vereine und Organisationen, wie die Äußere Mission, Innere Mission, das Gustav-Adolf-Werk, der Evangelische Bund, Evangelische Frauenhilfe und Männerhilfe, die Evangelischen Jugendverbände (besonders Junge Gemeinde und Evangelische Studentengemeinschaft) sowie das Evangelische Hilfswerk, die vor 1945 nur lose der evangelischen Kirche angehörten, jetzt unmittelbar durch die Leitung der EKD angeleitet werden und durch die Institutionen der EKD ihre unmittelbaren Auftraggeber haben und somit ihre zum Teil vorhandene Selbstständigkeit völlig verloren haben. Sie unterliegen somit völlig der Autokratie der EKD.

Durch das weitverzweigte Netz von Organisationen und Gliederungen der EKD ist sie in der Lage, auf alle sozialen Schichten der Bevölkerung Einfluss auszuüben und für alle Institutionen des demokratischen Staates ein Gegengewicht zu schaffen. Z. B. wurde durch den Evangelischen Frauendienst eine große Kampagne geführt gegen die Durchführung des Gesetzes zum Schutze der Frau und ihre Gleichberechtigung im Staate. Das Evangelische Hilfswerk nutzt als Betreuerin vieler sog. »Flüchtlingslager« deren Elend zur Hetze gegen die DDR aus.

Ihren Einfluss auf die breitesten Schichten der Bevölkerung erweiterte die evangelische Kirche durch die Schaffung sog. Akademien, derer es in der DDR vier gibt (Meißen, Jena, Wittenberg, Berlin). Das Ziel der Akademien ist es, aus allen Schichten der Bevölkerung eine Laienelite zu schaffen und sie zur aktiven Gegnerschaft gegen unsere demokratische Ordnung zu erziehen. In den von den Akademien durchgeführten Tagungen werden alle Probleme unserer gesellschaftlichen Entwicklung unter dem Blickpunkt religiös getarnter feindlicher Gegenagitation und Stützung der klassenfeindlichen Elemente erfasst:

Vom 7. bis 12.1.1953 fand in Sachsen-Anhalt eine Tagung der evangelischen Akademie mit dem Thema »Der Bauer in der Zeitwende« in Wittenberg statt. Von den geistlichen Rednern wurde u. a. Folgendes ausgeführt: Infolge der durch Zwang entstandenen Genossenschaften wird eine große Hungersnot kommen. Diese von den Kommunisten gemachten Genossenschaften wollen die Bauern nicht und Gott auch nicht. Gott will eine wahre Genossenschaft, da der ganze Acker Gott gehört. Im Frühjahr wird der Herr Jesu kommen und es verkünden und allen Enteigneten und den Verzweifelten und denen, die in die Genossenschaften gezwungen wurden, das Land und alle Güter zurückzugeben [sic!]. Die rote Macht, der Kommunismus, hat die Planwirtschaft aus dem Osten gebracht und auch die [sic!] Bauern das Soll auferlegt. Nun seid ihr nicht mehr frei und steht unter Last, Not und Elend, seid der Verzweiflung nahe und leidet. Gott, der Herr, Jesu Christi, weiß dies alles, er wird euch aus diesem Übel erlösen.

Weiter heißt es: Viele Höfe werden von den Bauern verlassen. Die Pfarrer werden von diesen Flüchtlingen aufgesucht und sie sollen entscheiden, ob man den Hof verlassen soll oder nicht.

Wir können die biblische Geschichte mit unseren Verhältnissen vergleichen. Der Staatshalter Pilatus in Rom ist bei uns Tschuikow46 in Berlin, die Auspressenden sind die Zöllner, hier die Besatzungsmacht.

Auch die Ermordung der Galiläer können wir auf unsere Verhältnisse übertragen. Der Zorn Gottes richtete sich damals gegen die Regierung, dass wird auch heute sein. Bei uns herrscht kein Recht, es wird ohne Gesetz gerichtet, nur die Politik ist vorherrschend. Keine Freiheit ist vorhanden und jeder macht sein eigenes Gesetz, also regiert der Teufel, also brauchen wir eine andere Regierung.

Diese evangelischen Akademien wenden sich bei den Einladungen an jeweils bestimmte Schichten der Bevölkerung und legen auch die Tagungsorte in den jeweiligen Bereich (z. B. Bauerntagung nach Wittenberg, Tagung mit Arbeitern nach Mansfeld). Dabei verwenden sie alle nur denkbaren Methoden. Z. B. hieß es in einem Einladungsbrief an einen Arbeiter: »Sehe zu, dass du für diese Tagung Urlaub nimmst. Sollte dir dazu der Urlaub zu schade sein, dann wende dich an deinen Pfarrer, der dir sagen wird, was du machen sollst, um auch so von der Arbeitsstelle fernbleiben zu können.«

Einen besonderen [sic!] Augenmerk legte die Kirche auf den Einfluss der Jugend. Geschickt versuchte die durch die Junge Gemeinde die Arbeit der FDJ zu unterminieren und lahmzulegen. Während der Entlarvungskampagne durch unsere Regierung wurde die Junge Gemeinde von der Kirchenleitung aufgefordert, ihren »Kampf« mit verstärkten Mitteln fortzusetzen:

In einem Brief an alle Glieder der Jungen Gemeinde sowie deren Eltern, der von Dibelius verfasst wurde (28.4.1953), heißt es u. a.: »Die Kirche wird diesen zweiten Kampf mit Gottes gnädiger Hilfe bestehen, wie sie den ersten bestanden hat.« (Gemeint ist der Kampf gegen die Hilterkirche.) »Die Arbeit der Jungen Gemeinde geht weiter. Erpresste Unterschriften aber haben vor Gott niemals Gültigkeit« usw.

Während der Periode der Entlarvung der Feinde der DDR innerhalb der Kirche wurde im Auftrage der Kirchenleitung eine wilde Hetze gegen die DDR getrieben und die durch die Justizorgane entlarvten Anhänger oder Würdenträger der Kirche wurden als Märtyrer hingestellt.

Ausschlaggebend über die weitere Beurteilung der Kirche ist ihr jetziges Verhalten zu den Ministerratsbeschlüssen vom 11.6.195347 und den Ereignissen am 17. und 18.6.1953. Der Beschluss des Ministerrates hat in der Kirche einen großen Widerhall gefunden. Folgende Analyse kann für das Verhalten der Geistlichkeit gegeben werden:

1. Die Kirchenleitung und ein großer Teil der Geistlichkeit [be]trachtet diesen Beschluss als einen vollen Sieg der Kirche. Bischof Dibelius brachte am 14.6.1953 in einem Gottesdienst in der Christopherus-Kirche in Berlin-Friedrichshagen zum Ausdruck, dass sein Dank nicht der Regierung gilt, sondern dem Allmächtigen Gott, der die Regierung zu diesen Maßnahmen veranlasst hat (viele weitere Beispiele können dafür noch erbracht werden).

Wie Dibelius die auf der Absprache getroffenen Abkommen einhalten will, zeigt sein Ausspruch in einem Gottesdienst in der Friedrichskirche am 10.5.1953 in Potsdam: »Darum haben wir als Christen das verbriefte Recht zu sagen, dass die Weltanschauung des Materialismus, die heute von allen Dächern verkündet wird, von der Kirche Jesu Christi nie angewandt werden kann.«

2. Ein weiterer Teil der Geistlichen betrachtet die Beschlüsse des Ministerrates als unehrlich und als Falle für die Kirche. Dazu äußerten sich z. B.:

Am 11. Juni 1953 erklärte ein Superintendent zu den Beschlüssen des Politbüros, dass das wohl die Auswirkungen vom Hohen Kommissar der SU sei[en].48 Aber das Ziel gegenüber der Kirche ist klar, es ist jetzt nur Aufschub. Es ist wahrscheinlich ungünstig, jetzt die geplanten Maßnahmen gegen die Kirche durchzuführen. Auch der Weltfriedensrat hätte sich nach der Lage der Ostkirche erkundigt. Es geschieht nichts mit Rücksicht auf die Kirche, sondern nur aus politischen Erwägungen. Es sei so, wie der Oberkonsistorialrat Andler,49 Berlin, immer sagt: »Gott hat wieder mal den Fuß zwischen die Tür gestellt, sodass sie nicht zugeschlagen werden konnte.«

Des Weiteren gibt es einzelne Geistliche, die trotz der Vergünstigung[en], die jetzt der Kirche durch den Staat gewährt wurden, noch nicht zufrieden sind und sofort noch erweiterte Forderungen stellen. So äußerte sich z. B. der Landesbischof von Thüringen50 zum Vorsitzenden des Rates des Kreises Eisenach, Genossen Mertel: »Ich bin nicht zufrieden in Bezug auf die Maßnahmen zur Abhaltung des Religionsunterrichtes in den Schulen.« Er fordert aufgrund der Unterredung des Ministerpräsidenten mit Vertretern der Kirche ab sofort die Zulassung des Religionsunterrichtes an den Schulen morgens um acht Uhr. Falls diese Forderung nicht erfüllt wird, wird er abends in der Kirche dazu Stellung nehmen.

3. Ein weiterer nicht unbedeutender Teil von Geistlichen nutzte diesen Beschluss des Ministerrates sogar dazu aus, offen gegen unsere Regierung zu hetzen und eine feindliche Stellung zu diesen Maßnahmen der Regierung einzunehmen. Dazu gehören auch viele Geistliche, die geschickter sind und ihre Meinung verbergen oder sie entsprechend verschleiern.

Am 16.6.1953 äußerte ein Superintendent: Die neuesten Ereignisse bedeuten allerlei. Der Kasernenbau wird eingestellt, der Weiterbau in Lauchhammer wird eingestellt,51 Sport und Technik aufgelöst,52 Ulbrichts Rede wird eingezogen,53 der ganze Fünf-Jahres-Plan wird umgestellt. Das ist der Bankrott der ganzen bisherigen Politik.

Ähnlich ist das Verhalten der Kirchenleitung und ihrer Institutionen zu den Ereignissen am 17. und 18.6.1953. Der Kirche ihr Bestreben war es, dass man ihr seitens der Regierung der DDR nicht etwa den Vorwurf machen könnte, evtl. als Mithelfer der Urheber der faschistischen Provokation hingestellt zu werden oder mit den Organisatoren dieser Provokation identifiziert zu werden.

Durch den Bischof Noth54 aus Dresden wurde vom Landeskirchenamt an alle Bezirkskirchenämter, Superintendenten und an die Innere Mission die Anleitung gegeben, alle Christen und evangelisch-lutherischen Landeskirchen zur Ruhe und Ordnung aufzurufen und sich von den Demonstrationen fernzuhalten. Vor allem aber sollte das Kugelkreuz nicht als Herausforderung getragen werden.

Die Kirchenleitung war sogar bestrebt, dass die Geistlichkeit sich zu den politischen Ereignissen nicht äußern soll. Dazu äußerte sich Pfarrer Herrmann aus Potsdam: Er kann sich nicht äußern, die Kirchenleitung hätte den Pfarrern verboten, zu den politischen Dingen Stellung zu nehmen, allerdings würden alle Angriffe auf das Eigentum der Kirche abgelehnt werden.

Diesem äußeren loyalen Verhalten der Kirche, ihrer Würdenträger und aktiven Anhänger stehen genügend Beispiele gegenüber, die aufzeigen, dass große Teile der Kirche mit den faschistischen Provokationen übereinstimmen. In allen Bezirken der DDR haben sich einzelne Repräsentanten der Kirche als offene Feinde der DDR entpuppt und sich aktiv an Provokationen, Massenaufwiegelungen und der Betreibung von Boykotthetze beteiligt.

Am 17.6.1953, gegen 17.30 Uhr, erfolgte in Bad Tennstedt eine Demonstration mit Transparenten, die durch ca. zehn bis zwölf Personen begonnen wurde. Die mitgeführten Transparente waren wie folgt beschriftet: »Freiheit für Zeiss« (Mühlenbesitzer), »Wir fordern eine Steuerreform«, »Wir fordern eine neue Regierung«. Die Transparente wurden von einigen Fuhrunternehmern getragen. Dieser Demonstrationszug erreichte innerhalb einer Stunde eine Stärke von ca. 250 Menschen. Hinter den Transparenten marschierte als erster der Superintendent Werner55 aus Bad Tennstedt. Auf dem Rathausplatz war diese Menge auf ca. 500 Menschen angewachsen. Als erster Redner ergriff der Pfarrer Werner das Wort und sagte u. a.: »Es lebe die Freiheit.« Weiter: »Es ist Zeit, die Regierung abzulösen.« Und die Menge sprach danach den Vers des Deutschlandliedes im Chor. Im Anschluss sagte ein Mitglied der LDP, wir müssen uns der Diktatur der SED entziehen. Zum Schluss dankte der Pfarrer für den Mut der Menschen und stimmte das Lied an »Nun danket alle Gott …«

Bei den offenen Provokationen vonseiten der Kirche traten besonders aktiv die Führer der »Jungen Gemeinde« sowie eine große Zahl von Mitgliedern auf. Bei Demonstrationen traten wiederholt Gruppen von Angehörigen der »Jungen Gemeinde« auf. So u. a. bei der Stürmung der Kreisleitung Görlitz-Stadt. Angehörige der »Jungen Gemeinde« waren auch aktiv bei dem Überfall auf das Gefängnis in Görlitz-Stadt und der gewaltsamen Befreiung der Häftlinge beteiligt.56 Von den Angehörigen der »Jungen Gemeinde« wurde festgestellt, wer von den Häftlingen [von] der »Jungen Gemeinde« [war] und, diese wurden mit bereitgestellten Autos weggebracht.

Jedoch wie aus Kirchenkreisen zu entnehmen ist, wird der Sieg der Kirche gar nicht so feststehend hingestellt. In Wahrheit ergriff die Kirche die Möglichkeit, um ein Abkommen mit unserer Regierung zu erzielen, da sie selbst zur Erkenntnis gekommen war, dass sie den von ihr vom Zaune gebrochenen »Kirchenkampf« keinesfalls erfolgreich überstehen konnte.

Hier sind einige der großen Schwierigkeiten genannt, die zzt. in der Kirche vorhanden sind.

1. Die Verhandlungen von Ministerpräsident Otto Grotewohl mit einigen fortschrittlichen Pfarrern57 brachten die Kirchenleitung noch mehr in Gefahr, dass die Regierung unter Umgehung der Kirchenleitung selbst mit der Pfarrerschaft verhandeln und ein Abkommen erzielen könnte. (Der Plan 3 000 Pfarrer zu einer Tagung nach Leipzig einzuladen.) Der Widerstand der Geistlichkeit gegen das autoritäre Terrorregime der Kirchenleitung war bedrohlich angewachsen und konnte durch Verhandlungen mit der Regierung erheblich gestärkt werden.

2. Der Innenminister der DDR hat mit seinem Einspruch gegen die Rechtmäßigkeit der EKD (gemeint ist die juristische Namensgebung der EKD, die immer noch auf den Gesetzen der »Altpreußischen Union« basiert und demnach mit den Gesetzen der DDR nicht in Einklang zu bringen ist)58 diese in eine sehr ernste Lage gebracht und bei der konsequenten Durchführung dieses Einspruches läuft die Kirchenleitung der EKD Gefahr, von unserer Regierung nicht mehr als rechtmäßig anerkannt zu werden.

3. Durch die Entlarvung der staatsfeindlichen Umtriebe der Jungen Gemeinde wurden ebenfalls andere Gliederungen und Organisationen der EKD in Bezug auf ihre antidemokratische Tätigkeit entlarvt und eine Einengung derselben Institutionen und Entlarvung durch den Staat befürchtet. (Durch die Maßnahmen gegen die Junge Gemeinde sind Zustände und Verhältnisse der Inneren Mission und des Hilfswerkes ans Licht gekommen, die dem Staat genügend Handhaben zu einer generellen Überprüfung der gesamten sogenannten kirchlichen Werke gegeben hätten.)

4. Die Finanzlage der Kirche war durch die durchaus mit Recht erfolgten Kürzungen der staatlichen Zuschüsse äußerst angespannt und dadurch gefährdet. Sie musste darum auch beigegeben, [sic!] zumal sie heute nicht mehr im gleichen Maße wie früher unbeobachtet Gelder transferieren kann, ohne dass sie hierfür vom Staat zur Rechenschaft gezogen würde.

5. Durch die einschneidenden Maßnahmen der Regierung, wie z. B. der Exmatrikulation verschiedener Studenten (besonders Theologie-Studenten), kam die Kirche in Bezug auf ihren theologischen Nachwuchs in eine akute Gefahr.

6. Die Kirchenleitung befürchtete, dass die Missstände zwischen der Leitung der Kirche und der Pfarrerschaft auf die Dauer dem Kirchenvolk nicht verborgen bleiben konnten. Hier sei nochmals auf das innere Verhältnis der Kirchenleitung der EKD und deren Beziehung zur Pfarrerschaft hingewiesen:

Der Vorsitzende der EKD Bischof Dibelius: Er ist ein durchtriebener Feind der Demokratie und des Weltfriedenslagers.59 Folgende Beispiele beweisen es: 1926 schrieb er in »Deutschlands Zukunft«:60 »In eine durch die Maschine entseelte Kultur des christlichen Abendlandes stößt das neue Heidentum vor, das in Sowjetrussland zu einem Faktor staatlicher Macht geworden ist.« 1937 schrieb er in seinem Buch, »Wir rufen Deutschland zu seinem Gott« u. a. Folgendes: »Unser Staat hat den Bolschewismus in Deutschland vernichtet und hat die Arbeiterfrage geklärt. Unser Staat hat das Volk vereinigt und einen neuen Weg im Leben des Volkes aufgezeigt. Nur unser Staat war dafür [sic!] fähig und zu dieser Idee muss sich unsere Kirche bekennen.«61

Nach 1945 trat D. erneut in den Vordergrund und hetzte gegen das Potsdamer Abkommen, gegen die Politik der SMA und SED. Am 3.1.1946 sagte D. in einer Berliner Kirche vor versammelten Pfarrern: »Die Russen sind unsere Gegner, sie sind stark und wir müssen sehr vorsichtig sein. Besonders dann, wenn wir unsere Gedanken schriftlich niederlegen.«

Auf seiner England-Amerika-Reise, November 1952, benutzte er ebenfalls die Gelegenheit in der übelsten Art und Weise zu hetzen.

Aus dem obengenannten Beispiel ist die Haltung Dibelius’ eindeutig ersichtlich. Er hat sich nach 1945 unter schwerstem Missbrauch der demokratischen Kirchenverfassung in die Spitze der EKD gesetzt und erhält die Macht über die Gemeinden und Pfarrer durch ein feinmaschiges Netz von Artikeln und Paragraphen aufrecht und unterbindet damit jede ernsthafte Opposition. Er ist derjenige, der den Charakter der Evangelischen Kirche als Volkskirche völlig beseitigt hat und stattdessen eine Hierarchie nach katholischem Muster aufgebaut hat. Seine Leute brachte er in alle Vertrauensstellungen.

Dem autokratischen Bestreben Dibelius’ steht in der EKD eine schon bereits entfaltete starke Opposition entgegen. Diese besteht zunächst einmal in der Kirchenleitung selbst durch die prominenten Vertreter von Niemöller, Heinemann,62 Grüber,63 Held,64 Wilm65 und andere. Zu diesen Vertretern der EKD wäre zu sagen, dass sie jedoch für Dibelius nicht die gefährlichste Opposition darstellen, aber dem Weltfriedenslager Unterstützung zukommen ließen und wiederum Handlungen begingen, die darauf schließen lassen, dass sie mit Dibelius konform gehen.

Eine zur Kirchenleitung oppositioneller Pfarrer [gehörende Person] gibt dazu folgende Meinung zum Ausdruck: Diese Hierarchie ist in ihrer vollkommenen Kirchenpolitik schamlos genug, der DDR gegenüber wie ein Schmierenschauspieler mit den jeweils von ihr für geeignet gehaltenen Verkleidungen aufzutreten. Sie hat in ihrem Ensemble auch »Friedenskämpfer« wie Dr. Heinemann, Dr. Ehlers,66 Pastor Niemöller, Propst Grüber und andere: Held, Wilm etc. Immer wieder wird dann die Platte aufgelegt, dass die Kirche die einzigste Klammer für Gesamtdeutschland sei und dass eine Trennung der Kirche von unübersehbarem Schaden für den Kampf um die Einheit Deutschlands und den Frieden sein würde. Dabei wird in geradezu zynischer Frechheit an den Innenminister geschrieben, dass67 unangenehme Maßnahmen der Staatsregierung »den Friedenskämpfern wie Niemöller, Grüber, Heinemann, Held und Wilm lähmend in den Rücken fallen würden«. Grüber, Wilm, Heinemann, Ehlers haben bereits ihr wahres Gesicht gezeigt. Das es auch bei Niemöller noch eine Demaskierung geben wird, bedarf keines Wortes.

Nach außen hin bekämpfen sie sich, wenn es sein muss, mit bitteren und scharfen Worten und fahren dann miteinander als liebe »Brüder« in die Welt hinaus (z. B. Dibelius und Niemöller nach Griechenland). Es kann auch nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, dass die Kirchenleitung trotz aller Differenzen im letzten Grunde einig und fest nach Westen gegen den Osten ausgerichtet sind [sic!] und, wenn es entscheidend darauf ankommt, zusammenstehen [sic!]. Auch Niemöller gehört in den festen Block hinein.

Es sei hierzu abschließend darauf hingewiesen, dass zur Hierarchie die gesamte Kirchenleitung, die Kirchenverwaltung, die Bischöfe, Generalsuperintendenten und vor allem auch die Superintendenten gehören. Neben bzw. in dieser Hierarchie steht die unbedingte Macht der sog. Bekenntniskirche, die mit ihren »Bruderräten« jeden Geistlichen ebenso wie jeden Funktionär der Hierarchie fest an die [sic!] Kandare hat und amtlich, seelsorglich, politisch, wirtschaftlich und familiär »betreut«. Das alles meint Dibelius, wenn er triumphierend ausruft, dass er dafür gesorgt habe, dass die Kirche von innen her nicht gefährdet werden könne.

Zu Pastor Niemöller wäre noch zu sagen, dass er sich in der letzten Zeit besonders wegen des Vorgehens gegen die Junge Gemeinde aus dem Friedenslager zurückgezogen hat. Jedoch ist er jetzt sehr stark beeindruckt von dem Wechsel des Kurses der Regierung der DDR und tritt wieder begeistert für das Friedenslager ein. Wie es auch sei, so hat die Richtung Niemöller einen nicht unbedeutenden Anhang in der Kirche und muss größtmöglich zur Verhinderung eines neuen Krieges unterstützt werden.

Dibelius hält mit seiner Diktatur alle ihm untergebenen in Schach. Die Landesbischöfe und Superintendenten, die fast ausschließlich aus Bekenntnisleuten zusammengesetzt sind, helfen ihm, diese Diktatur nach unten auszuüben. Besonders aktive Anhänger ist [sic!] der Propst Böhm,68 Generalsuperintendent Krummacher,69 Landesbischof Meiser,70 Oberkonsistorialrat Andler und ein gewisser Präsident von Arnim. Eine der stärksten und zu beachtendsten Oppositionen in der EKD ist der Freie Konvent mit seinem Sitz in Berlin.71 Dieser führt einen ernsthaften Kampf gegen die Hierarchie von Dibelius und gibt allen oppositionellen Kräften in Deutschland Auftrieb. In den Zusammenkünften dieses Freien Konvents wird über die kirchliche Situation diskutiert. In ihm vereinen sich ca. 200 Geistliche. Auf den Tagungen des Konvents sind jeweils Pfarrer aus West und Ost vertreten. Zur Einschätzung desselben werden folgende Auszüge wiedergegeben:

So wurden in einem Konvent am 5.9.1952 darüber diskutiert, dass ein Pfarrer in Oldenburg gegen die Kirchenleitung geklagt hatte, indem er sagte, dass die Kirchenleitung ungesetzlich sei, da sie sich selbst eingesetzt habe aufgrund einer Notverordnung aus der Nazizeit. Auch in Westberlin wurden ähnliche Prozesse gegen die Kirchenleitung geführt, in diesem Zusammenhang bedauerten die Pfarrer, dass es in der DDR kein Verwaltungsgericht gäbe, bei denen die Pastoren gegen die Kirchenleitung klagen könnten. Es wird weiter darauf hingewiesen, dass die Kirchenleitung jetzt sehr energisch gegen alle Pastoren vorgeht, die nicht spuren. Es wäre wohl nötig, die Erwägung zu ziehen, ob nicht eine Stelle geschaffen werden könnte, bei der die gegen Dibelius und die Kirchenleitung eingestellten Personen einen juristischen Schutz finden könnten. Darum hätten alle Pastoren Angst und keiner traut sich etwas gegen die Kirchenleitung zu unternehmen. Am Schluss der Tagung wurde eingehend über die Ziele des Freien Konvents gesprochen. Es wurde herausgestellt, dass die autoritäre Kirchenleitung beseitigt werden muss, um eine Synode zu schaffen, die in freier Wahl von den Gemeinden gewählt wird. Diese solle dann die Kirchenbehörde schaffen, die demokratisch die Kirche leitet. Zu diesem Zweck sollen zunächst die Pastoren und dann die kirchlich interessierten Leute aufgeklärt werden. Die Vertreter der DDR brachten die Befürchtungen zum Ausdruck, dass sie im Falle einer offenen Opposition gegen die Kirchenleitung sofort ihre Stellung verlieren, da sie die Regierung der DDR nicht in ihrem Kampfe unterstützt. Als z. B. im Jahre 1951 die Landesregierung Brandenburg erklärte, ihre staatlichen Zuschüsse nur an die Kirchenleitung im demokratischen Sektor von Berlin oder in der DDR zu zahlen und damit die Kirchenleitung aufforderte, ihre Leitung nach dem demokratischen Sektor oder in die DDR zu verlegen und dass disziplinierte (bestrafte) Pfarrer in Zukunft ihre Gehälter aus den vom Staat gebilligten Zuschüssen an die Kirche weiter erhalten, war unter den Pfarrern eine abwartende Haltung zu erkennen.72 (Die Finanzlage der Kirche damals73 zeigt, dass sie damals schon begann, auf den Beschluss einzugehen und zum Teil im demokratischen Sektor übersiedelten.) Durch den Beschluss der Regierung der DDR wurde dieser Vorschlag der Landesregierung Brandenburg jedoch abgelehnt und die Pfarrer hielten dies für eine große Schwäche der Regierung und bekannten sich mehr denn je zur Kirchenleitung.

Am 12.6.1953 versammelten sich die Vertrauensmänner des Freien Konvents und diskutierten über die Lage. Ihre Meinung war, dass die Maßnahmen der Regierung von ihnen gebilligt werden, da nun die Vorsichtigen nicht mehr sagen können: »Wir dürfen der Kirchenleitung nicht in den Rücken fallen, sondern müssen auf ihren Kampf Rücksicht nehmen! Jetzt hat die Kirchenleitung keinen Kampf mehr und der Freie Konvent kann ohne Rücksicht vorgehen.« Sie berichteten weiter, dass nun die Kirchenleitung beabsichtigt, schärfer gegen die oppositionellen Pfarrer vorzugehen, und sagten über Dibelius: Dibelius hat während einer Einweihung einer Kirche im französischen Sektor zu dem anwesenden französischen Stadtkommandanten gesagt: »Die Pfarrer müssen gehorsam sein.«

Diese Opposition gegen die autoritäre Kirchenleitung nimmt eine nicht unbedeutende Breite ein, wenn sich auch viele dazu noch nicht offen bekennen: Bischof Müller74 nahm z. B. am 12.4.1953 auf einer stattfindenden Synode seiner Kirchenprovinz in Magdeburg dazu Stellung, dass75 die Kanzelabkündigung[en] (darin war Hetze gegen die DDR enthalten) wider Erwarten von den meisten Pfarrern nicht vorgenommen worden sind.76 Dass viele Pfarrer kein willfähriges Werkzeug der Kirchenleitung sein wollen, zeigt, dass der Hirtenbrief von Bischof Dibelius vom 26.4.195377 aus einer Analyse von fünf Bezirken, in denen 524 Gottesdienste stattfanden, in 330 Kirchen trotz der Anordnung nicht zur Verlesung kam.

Weitere Beispiele beweisen, dass es viele Geistliche gibt, die innerlich zur Regierung stehen, jedoch immer noch Angst vor der Kirchenleitung haben: So erschien Pfarrer Niedlich78 aus Lunow, Kreis Eberswalde, nach Beendigung des Gottesdienstes beim Bürgermeister und erklärte, dass er den Hirtenbrief verlesen musste, sich aber verpflichtet fühle, innerhalb des Nationalen Aufbauwerkes mitzuarbeiten, um damit seine bejahende Haltung zur DDR zu dokumentieren.

Durch den Beschluss vom 11.6.1953 durch die Regierung der DDR und durch die Ereignisse vom 17.6.1953 wurde bewiesen, dass ein nicht unbedeutender Teil von Pfarrern schon fest im Weltfriedenslager steht.

Superintendent Dr. Günter Jacob,79 Cottbus: »Durch den Ministerratsbeschluss sind alle unsere Forderungen erfüllt, wir wollen nichts anderes, als dass sich alle Maßnahmen auf dem Boden der Verfassung bewegen. Die Verfassung der DDR ist gut und wir können uns keine bessere wünschen. Durch den Ministerratsbeschluss ist die Einheit Deutschlands sehr nahe gerückt.«

Pfarrer Gleue80 aus Suhl: »Unsere Regierung hat immer bewiesen, dass sie sich für die Erhaltung des Friedens einsetzt. Sie sind für den Weg des Verhandelns, dies bewies die Aussprache mit Kirche und Regierung. Die Provokationen von Westberlin müssen von jedem ehrlichen Menschen auf das Schändlichste verurteilt werden.«

Inwieweit nutzt nun die EKD die jetzige Situation aus und was beabsichtigt sie nun:

1. Agitatorisch stellt sie das Abkommen zwischen Regierung und Kirche81 als einen vollen Sieg der Kirche hin und versucht, aufgrund des nach ihrer Meinung vorhandenen »Waffenstillstandes« ihre Institutionen, Gliederungen und Organisationen zu stärken, um einen nach ihrer Meinung evtl. bevorstehenden neuen »Kirchenkampf« gewappneter und geschlossener entgegentreten zu können. (Stärkung der Jungen Gemeinde, des Evangelischen Studentenbundes und der Inneren Mission usw.)

2. Versucht sie die Großzügigkeit unserer Regierung auszunützen und in geschickter Weise Forderungen für sie zu stellen. Dabei geht sie zur Taktik über mit verschiedenen Institutionen der Regierung selbst in Verbindung zu treten, um das loyale Verhalten der Staatsfunktionäre gegenüber der Kirche für sie zweckdienlich auszunutzen, engeren Kontakt und Einblick in verschiedene Regierungsstellen zu bekommen:

Am 6.7.1953 erbat sich die evangelische Kanzlei unter Führung eines Herrn Granzow82 eine Unterredung mit dem Staatssekretär des Ministeriums der Finanzen. Die evangelische Kirche beantragte dabei, dass die Kirchenbeamten von der Sozialversicherungspflicht befreit werden müssten, da Leistungen von diesem Personenkreis nie in Anspruch genommen worden sind. Weiterhin wurde beantragt, dass der Kirche gestattet wird, die Lohnsteuerkarten selbst auszuwerten, um die Höhe der Kirchensteuer selbst festzulegen. Sie bat ferner, dass die Abgabeverwaltung angewiesen wird, der Kirche gegenüber zuvorkommender zu sein.

Die Vertreter der Kirche erklärten, dass sie erfreut sind über die pünktliche Zahlung der Staatsleistungen, andererseits sich aber nicht einverstanden erklären können, mit der 30%igen Kürzung. Weiterhin beantragten sie die Wiederaufnahme der Zahlung durch die Gemeinden, die seit dem 1.1.1953 durch ein Urteil des Obersten Gerichts der DDR aufgehoben worden sind. Weiterhin geht die Kirche dazu über, das Eigentum ihrer Organisationen auf die Kirchen zu übertragen. In diesem Falle bittet sie um Befreiung der Grunderwerbsteuer.

3. Den von ihr bezeichneten »Sieg« nutzt sie jetzt aus, um gegen ihre eigenen Geistlichen ein verschärftes Kirchenregiment wieder einzuführen: Der Fall des Pfarrers Rpsch83 sowie des Pfarrers Erich84 beweisen, dass die Kirchenleitung verschärft gegen ihre oppositionellen Geistlichen vorgeht, indem sie diese Pfarrer aufgrund ihres Alters in den Ruhestand versetzt, aber in Wirklichkeit ihre oppositionelle Haltung die wahren Hintergründe sind.

Einer [sic!] in Opposition stehender Pfarrer macht zu der jetzigen Taktik der Kirchenleitung folgenden Vorschlag:

  • 1.

    Nach außen hin gewissenhafte Erfüllung der getroffenen Abmachungen unter Vermeidung jeden Konfliktes.

  • 2.

    Vermeidung jeder unmittelbaren Verhandlung mit der Kirchenleitung.

  • 3.

    Vermeidung jeder vertraglichen Abmachung oder Konzessionierung oder Bindung des Staates nach irgendeiner Richtung, in kleinen Angelegenheiten sollte man fünf gerade sein lassen.

  • 4.

    Wo sich festere Abmachungen als notwendig nicht umgehen lassen, sollte man sich geflissentlich der Formel: »bis auf Weiteres« bedienen (oder »vorläufige jederzeit widerrufliche Regelung«).

  • 5.

    Im Übrigen sich bei allem auf die Verfassung der DDR beziehen.

  • 6.

    Genaueste Beobachtung der kirchlichen Betätigung. Schwerere Vorkommnisse sind sofort der Kirchenleitung der zuständigen Landeskirche mitzuteilen, damit sie für Abstellung sorgt und ein Eingreifen des Staates sich erübrigt.

  • 7.

    Bei allen Disziplinierungen sollte der Staat sehr wachsam sein und sofort durch amtliche Anfrage der betreffenden zuständigen Kirchenleitung sich vergewissern, dass keine politischen Maßregelungen vorliegen, da die Kirche nicht berechtigt ist, ihr Disziplinarverfahren auf politische Angelegenheit[en] auszudehnen. Dem kirchlichen Disziplinarrecht unterliegen nur rein kirchliche Angelegenheiten. Hier sollte der Staat keinen Zweifel lassen, dass er derartige Verfahren nicht nur als ungesetzlich, sondern als einen eklatanten Bruch der Grotewohl-Abmachung behandeln müsste.

  • 8.

    Genaue Beobachtungen darüber, dass die Kirche in allen ihren Organen die Abmachungen des Grotewohl-Abkommens einhält85 und somit »sich jeder verfassungswidriger Eingriffe und Einwirkungen in das wirtschaftliche und politische Leben enthält.«86

Schlussfolgernd muss Folgendes hervorgehoben werden

1. Innerhalb der Regierung der DDR muss eine zentrale Stelle geschaffen werden, die für die Politik der Kirche und des Staates zur Kirche allein maßgebend ist und an die sich die Vertreter der EKD, d. h. der Kirchenleitung, zu wenden haben, wenn sie in irgendwelchen Dingen mit der Regierung verhandeln wollen. (Dabei ist zu beachten, dass diese Stelle von einem verantwortlichen bewussten Genossen zu leiten ist, der mit den entsprechenden Mitarbeitern in der Lage ist, die Verordnungen der Regierung in Bezug auf die Kirche strengstens durchzuführen und der Regierung die Gewähr bietet, dass die Kirche keinerlei ungesetzliche Schritte unternimmt.)

2. Die bereits vorhandene Opposition in der Kirche muss stärker denn je beachtet werden und die durch einige Würdenträger betriebene imperialistische Politik müssen [sic!] durch die Widersprüche, die in der EKD selbst bestehen, isoliert werden. Dabei macht es sich notwendig, die [sic!] oppositionellen Geistlichen einen stärkeren Rückhalt zu geben und die Opposition [in] der EKD auch in Westdeutschland bedeutend zu erweitern.

(Hier bleibt die Frage offen, inwieweit die oppositionellen Pfarrer eine juristische und materielle Unterstützung bekommen können. Dies müsste durch eine organisatorische Vereinigung wie z. B. der Freie Konvent selbst geschehen und die Regierung der DDR müsste für solche Pfarrer nur insoweit mit Recht eintreten, wie die Kirchenleitung bei Disziplinierung von Pfarrern gültige Gesetze und Regeln der DDR verletzt.)

3. Es ist klar erkennbar, dass die EKD ihren Schwerpunkt jetzt auf die Gewinnung breiter Teile der Jugend und der Arbeiter legen wird, da sie durch die in der letzten Zeit in diesen Schichten der Bevölkerung breitgemachte Missstimmung [diese] als günstigen Nährboden gefunden hat. Deshalb ist eine verstärkte Arbeit der Partei der Arbeiterklasse und ihrer Massenorganisation, besonders der FDJ, unbedingt erforderlich. (Besonders die Oberschulen, Universitäten sind dabei zu beachten.)

Anlage 2 vom 14.7.1953 zur Information Nr. 1013 (1. Expl.)

Information Nr. 1013b: Übersicht über die Löhne der hauptamtlichen Angestellten der BGL und AGL und Löhne der Arbeiter in drei wichtigen Betrieben

1. Buna

1. Vorsitzender der BGL – 1 200 DM

2. Vorsitzender der BGL – 900 DM

Wettbewerb – 800 DM

Kulturarbeit – 700 DM

Arbeitsversorgung – 700 DM

Arbeit und Löhne – 800 DM

Technische Kräfte

Buchhalter – 490 DM

1. Sekretärin – 384 DM

2. Sekretärin – 350 DM

[AGL]

1. AGL-Vorsitzender – 600 DM

2. AGL-Vorsitzender – 500 DM

3. AGL-Vorsitzender – 600 DM

4. AGL-Vorsitzender – 500 DM

5. AGL-Vorsitzender – 550 DM

6. AGL-Vorsitzender – 500 DM

7. AGL-Vorsitzender – 500 DM

8. AGL-Vorsitzender – 550 DM

9. AGL-Vorsitzender – 500 DM

10. AGL-Vorsitzender – 550 DM

Durchschnittsverdienst der

Lohngruppe I – bei 119 Eingestuften – 183 DM

Lohngruppe II – bei 447 Eingestuften – 226 DM

Lohngruppe III – bei 2 787 Eingestuften – 280 DM

Lohngruppe IV – bei 2 658 Eingestuften – 343 DM

Lohngruppe V – bei 3 397 Eingestuften – 404 DM

Lohngruppe VI – bei 1 118 Eingestuften – 445 DM

Lohngruppe VII – bei 324 Eingestuften – 503 DM

Lohngruppe VIII – bei 59 Eingestuften – 520 DM

Monatslöhner: 1 072 Eingestufte = 264 DM

2. Lowa Ammendorf, Waggonfabrik:

1. BGL-Vorsitzender – 800 DM

2. Vorsitzender – 650 DM

Hauskassiererin – 430 DM

Arbeit und Löhne – 600 DM

AGL

Zehn Beschäftigte mit einem Durchschnittsverdienst von 550 DM

Die Eingestuften [Anzahl] nach:

Lohngruppe I – 27 – Durchschnittsverdienst: 213 DM

Lohngruppe II – 188 – Durchschnittsverdienst: 249 DM

Lohngruppe III – 1 040 – Durchschnittsverdienst: 303 DM

Lohngruppe IV – 759 – Durchschnittsverdienst: 307 DM

Lohngruppe V – 2 154 – Durchschnittsverdienst: 390 DM

Lohngruppe VI – 318 – Durchschnittsverdienst: 411 DM

Lohngruppe VII – 66 – Durchschnittsverdienst: 404 DM

Lohngruppe VIII – 64 – Durchschnittsverdienst: 425 DM

Der Durchschnittsverdienst von Zeitlöhnern beträgt: 289 DM.

EKB Bitterfeld:

1. BGL-Vorsitzender – 900 DM

2. BGL-Vorsitzender – 800 DM

Weitere zwölf Angehörige der BGL haben einen Durchschnittsverdienst zwischen 500 DM und 600 DM.

  1. Zum nächsten Dokument Tagesbericht

    15. Juli 1953
    Information Nr. 1014

  2. Zum vorherigen Dokument Tagesbericht

    13. Juli 1953
    Information Nr. 1012