Tagesbericht
26. September 1953
Information Nr. 1078
Die Lage in Industrie, Verkehr, Handel und Landwirtschaft
a) Industrie und Verkehr
Diskussionen über die 16. Tagung des ZK sind nach Meldungen aus den Bezirken gering. Die Stimmung in den Betrieben richtet sich nach der jeweiligen Aktivität der BPO. So diskutiert die Belegschaft des Hochofens IV der Sinteranlage und der Granulieranlage des EK »J. W. Stalin«, [Bezirk] Frankfurt, im Allgemeinen positiv über die Beschlüsse der 16. Tagung. Auch im Kombinat Espenhain/Leipzig wurde von der zweiten Schicht [der] Abt. C die 16. Tagung positiv aufgenommen und sie erhöhte freiwillig ihre Norm. Dem gegenüber wird von verschiedenen Kollegen des Kaliwerkes »Thomas Müntzer«, Kreis Worbis/Erfurt, die Politik unserer Partei angezweifelt, da der Staatssekretär Winkler1 zur Belegschaft sprechen wollte und er dann nicht erschien.
Verschiedentlich ist eine starke Zurückhaltung bei politischen Diskussionen bzw. Gleichgültigkeit durch die Kollegen zu bemerken. So z. B. im VEB »Heinrich Rau«2/Potsdam, wo nur wenige an den Versammlungen zur Wahl der Delegierten für die Konferenz zum Betriebskollektivvertrag teilnahmen. Auch im EKM Kompressorenwerk Gera tritt unter der Arbeiterschaft eine Gleichgültigkeit auf, die sich hemmend auf die Erfüllung des Produktionsplanes auswirkt. Im LEW und SW Hennigsdorf weicht man Diskussionen aus, da man befürchtet, bei falschen Äußerungen verhaftet zu werden.
In mehreren Betrieben besteht eine schlechte Stimmung unter den Belegschaften. Die Ursachen dazu sind sehr verschieden. Dazu einige der wichtigsten Beispiele: So war im Sternradio Rochlitz/Karl-Marx-Stadt durch Materialschwierigkeiten (Lautsprecher und Drehkondensatoren fehlen) keine Bandarbeit möglich, und die Kollegen mussten stundenlang auf das nächste Arbeitsstück warten. Im IFA-Horch-Werk Zwickau bestehen ebenfalls Stockungen im Produktionsablauf durch Materialschwierigkeiten. Dadurch verschlechterte sich der Lohn der Arbeiter. Auch im VEB Schuhwerk Motor Weißenfels/Halle traten Stockungen durch Produktionsumstellungen ein. Im VEB ELMO Werk Dessau/Halle besteht eine sehr schlechte Stimmung, da bei der Auszahlung der Prämien nur ein kleiner Teil Produktionsarbeiter berücksichtigt worden [ist]. Viele Kollegen erhielten 5,00 DM Prämien, die sie mit dem Bemerken ablehnten, »wir wollen kein Trinkgeld«.
Im EKM Finow/Frankfurt liegt der Grund der schlechten Stimmung am Fehlen von Arbeit. Ursache ist der Ausfall eines E-Ofens. In der Konsum-Mineralwasserfabrik/Berlin ist die Ursache die schlechte Leitung des Betriebes. Durchgeführte Neubauten zur Erleichterung der Arbeit werden nicht in Betrieb genommen (Paternoster, Füllautomat, Etikettiermaschine, Rohranlage). Unzufriedenheit besteht im VEB Messgerätewerk Quedlinburg/Halle und in dem VEB Sägewerk Grimmen/Schwerin über zu hohe Normen. So sagt ein Schlosser des Messgerätewerkes: »Der neue Kurs ist wieder vorbei. Der 17.6.1953 hat noch nicht ganz gewirkt, denn es geht schon wieder los mit den Normerhöhungen. Wir Arbeiter werden da nicht mitmachen.« Ein Arbeiter vom Sägewerk sagt: »Im ganzen Betrieb gärt es schon wieder. Ich wundere mich nicht, wenn wieder ein neuer 17.6. kommt. Die haben uns die Normen schon wieder so hoch gesetzt.«
Trotzdem das Gipswerk Sperenberg/Potsdam sein Plansoll 1953 durch große Stromsperren (täglich 8 Std.) nicht schafft, besteht eine zuversichtliche Stimmung. Dies ist auf eine gute Partei- und Gewerkschaftsarbeit zurückzuführen. Eine schlechte Parteiarbeit dagegen besteht im VEB Steinkohlenwerk Freital/Dresden, wo ca. 50 % der Genossen versuchen, sich vom Parteilehrjahr zu drücken. So sagte z. B. ein Genosse der »Paul-Berndt-Grube«: »Ich habe keine Zeit, am Parteilehrjahr teilzunehmen. Lass mich mit deiner Diskussion in Ruhe, ich schlafe doch im Unterricht immer ein.« Auch in der Garage Ronneburg, Wismut AG, ist die Parteiarbeit schlecht, so wird [es] jetzt keine politische Wochenübersicht mehr gegeben. Der Wunsch dafür besteht auch vonseiten der Parteilosen. Die BPO und BGL hat jedoch noch nicht die Initiative ergriffen. Im VEB Funkwerk Berlin-Köpenick beschwert man sich verschiedentlich, dass sich der Parteisekretär nicht im Betrieb sehen lässt. Trotz Einladung bei den Produktionsbesprechungen der Werksleitung war die Partei und BGL noch niemals anwesend.
Durch schlechte Arbeitsorganisation im Stahlwerk Riesa sind Verluste von 400 000 DM entstanden. Im Ferrolegierungswerk Lippendorf/Leipzig sind durch Stromabschaltungen des Landesverteilers Produktionsausfälle von 13 138,50 DM entstanden.
In einigen Betrieben (»Thälmannkombinat« Suhl, »August Bebel« Werk/Zella-Mehlis) will ein Teil Kollegen keine FDGB-Beiträge mehr zahlen, da ca. 1 000 DM Fehlbetrag bei den Kassierern vorhanden sind. Sie verlangen fristlose Entlassung der Schuldigen. Gleichzeitig kritisieren sie den FDGB-Kreisvorstand, weil er keine Kassenkontrollen durchgeführt hatte. Im Fischkombinat Saßnitz zahlen die Arbeiter wieder FDGB-Beiträge. Ein Teil jedoch nur 1,00 DM statt 5,00 DM.
b) Handel und Versorgung
Die im Kreis Luckenwalde/Potsdam angelieferten 9,5 t Fleischkonserven finden keinen Absatz. Die Haltbarkeit der Konserven ist bis Anfang Oktober garantiert, und es besteht die Gefahr des Verderbens.
Um den Hamstereinkäufen vorzubeugen und das Schlangestehen nach Kartoffeln abzuschaffen, werden im Kreis Oranienburg/Potsdam beim Einkauf von Kartoffeln Vermerke auf die Einkellerungsscheine gemacht. In Zeitz und Sangerhausen/Halle sowie Niemegk/Potsdam fehlen die notwendigen Waggons, um den Transport der Kartoffeln ordnungsgemäß durchzuführen. Bei der VEAB Rehna/Schwerin lagern ca. acht Waggons Äpfel, für die angeblich keine Absatzmöglichkeiten vorhanden sind. Es besteht die Gefahr, dass diese verderben.
Aus Halle wird berichtet, dass aufgrund der teilweise mangelhaften Warenstreuung die Landbevölkerung äußert, sie bei der Durchführung des neuen Kurses nicht zu vergessen.
c) Landwirtschaft
Im Kreis Wittstock/Potsdam wurde durch den Einsatz von Brigaden ein besseres Ablieferungsergebnis erzielt. Dabei wurde festgestellt, dass einzelne Großbauern sich sträuben, ihrer Ablieferungspflicht nachzukommen, was in Äußerungen und Handeln gegenüber den Erfassern zum Ausdruck kommt. So werden z. B. die Erfasser in Sewekow vom Hof gejagt, bedroht und als Diebe und Strolche bezeichnet. Ein anderer Großbauer äußerte sich: »Nehmt doch alles weg, wie ihr es schon einmal getan habt.«
Aus Neubrandenburg wird berichtet, dass LPG und werktätige Einzelbauern positiv über den neuen Kurs der Partei und Regierung diskutieren. So äußerte sich z. B. ein werktätiger Bauer aus Vinnerow:3 »Wenn jetzt ein Erfasser kommt, so geschieht die Verhandlung im Sinne gegenseitiger Achtung, früher kam ich mir immer wie ein Schwerverbrecher vor.«
Missstimmung unter den Bauern im BHG-Bereich Hessen und Zilly/Magdeburg herrscht darüber, dass 300 Ztr. Rindermischfutter bei der BHG restlos verdorben sind, sie aber nichts zu füttern hatten. Laut Anweisung des Staatssekretariats für Erfassung und Aufkauf in Berlin durfte das Rindermischfutter erst verkauft werden, wenn sich Ansätze des Verderbens zeigen.
Ein Teil der Bauern aus Kaltenheim4/Suhl ist empört über die Prämienzahlung an den Bürgermeister. So wird zum Ausdruck gebracht: »Wir müssen abliefern und die Bürgermeister stecken die Prämien ein.«
Aus Magdeburg wird bekannt, dass bei der Hackfruchternte ein starker Arbeitskräftemangel zu verzeichnen ist (besonders in LPG), wodurch die Gefahr besteht, dass nicht alle Kartoffeln vor dem Frost geerntet werden können.
Ersatzteilschwierigkeiten, die zum Teil Ausfall der Maschinen zur Folge haben, was sich wiederum auf die Arbeit auswirkt, sind in folgenden MTS zu verzeichnen: MTS Burgwerben/Halle (für Binder und Düngerstreuer), MTS Passow/Schwerin (für Kartoffelroder und Schatzgräber), in der MTS Semlow/Rostock sind 17 Traktoren (IFA »Pionier«) bereits ausgefallen.
Stimmung der übrigen Bevölkerung
Wie aus vorliegenden Berichten zu ersehen ist, werden von der Bevölkerung hauptsächlich wirtschaftliche Fragen diskutiert. So werden anhaltende negative Diskussionen über durchgeführte Stromabschaltungen, die zum überwiegenden Teil mit dem neuen Kurs unserer Partei und Regierung in Verbindung gebracht werden, aus den Bezirken Potsdam, Halle, Dresden und Rostock berichtet. Besonders nimmt die Unzufriedenheit der Bevölkerung im Kreis Jüterbog/Potsdam zu, da neben den Stromabschaltungen auch Gassperren vorgenommen werden. Aus Dresden wird berichtet, dass Diskussionen über die noch ungenügende Kohlenversorgung geführt werden.
Im Kreis Flöha/Karl-Marx-Stadt sowie Bergen/Rügen/Rostock5 und im Bezirk Gera werden teilweise negative Diskussionen über den Verkauf von ranziger Butter in der HO und Konsum geführt. Unzufriedenheit äußert ein Teil der Bevölkerung im Kreis Schwarzenberg/Karl-Marx-Stadt über die mangelnde Versorgung mit Frischfleisch und Kartoffeln.
Ereignisse von besonderer Bedeutung
Am 25.9.1953, gegen 1.00 Uhr, traf ein Kriegsgefangenentransport aus der SU in Frankfurt/Oder ein.6 Von den insgesamt 598 Personen (22 Frauen, 15 Kinder und 561 Männer) sind 463 nach Eisenach weitergefahren, 135 verblieben in Fürstenwalde/Frankfurt.7
Organisierte Feindtätigkeit
Verstärkte Flugblatttätigkeit wurde aus dem Bezirk Dresden gemeldet. Es handelt sich größtenteils um Flugblätter der NTS8. Vereinzelte Flugblatttätigkeit war in den Bezirken Potsdam, Leipzig, Cottbus, Frankfurt/Oder, Erfurt und Neubrandenburg festzustellen. Es handelt sich in der Hauptsache um Flugblätter der NTS, KgU,9 SPD-Ostbüro10 und des »Untersuchungsausschusses Freiheitlicher Juristen«.11
Der RIAS polemisiert gegen die Rede Walter Ulbrichts auf der 16. Tagung des ZK und sagt, Walter Ulbricht habe zu einer breiteren Unterstützung der Organe der Staatssicherheit durch zuverlässige Genossen aufgerufen. In diesem Zusammenhang konstruiert RIAS Folgendes: »Die Org.-Instrukteur-Abteilung bei den Räten der Kreise und Bezirke sind Spitzenapparate für die Staatssicherheit. Alle Abteilungsleiter in den Verwaltungen müssen täglich über Meinungsverschiedenheiten und Äußerungen des Publikums an diese Abteilungen berichten. Diese Berichte erhält die SED und der SSD.«
Die Bevölkerung wird also im üblichen RIAS-Pathos aufgefordert, auf den Verwaltungsstellen keine politischen Gespräche zu führen und keine unüberlegte Bemerkung fallen zu lassen, um der Gefahr der Denunziation zu entgehen. Auch die Abteilungsleiter werden gewarnt, denn Denunziation würde »später« nach § 245 StGB bestraft.12
In einem Schacht der Wismut AG in Schwarzenberg wurde am 24.9.1953 in einem Bohrgestänge (Muffe) eine große Pulvermenge festgestellt. Bei Nichtbemerken hätte dies zu einer Explosion geführt. Am 22.9.1953 wurde im Turbinenkesselhaus des Kraftwerkes Klingenberg/Berlin durch Lappen eine Ölleitung verstopft. Schaden entstand nicht. Im VEB Mörtelwerk/Berlin O 17 wurde in der Zeit vom 17. bis 24.9. in drei Fällen das Handförderungsband durch Einwerfen von Eisenteilen unbrauchbar gemacht.
Einschätzung der Situation
Die Lage hat keine besonderen Änderungen erfahren. In der oft festgestellten abwartenden Haltung zeigt sich ein gewisses Misstrauen der Werktätigen zur Partei und Regierung. Die Tendenz ist stark vorhanden, erst einmal die Durchführung der Beschlüsse der Regierung abzuwarten, statt die Durchführung aktiv zu unterstützen. An Beispielen wie im Bezirk Leipzig zeigt sich immer wieder, dass die Aufklärung der Werktätigen durch gute Parteiarbeit Erfolge bringt, die Menschen dadurch zuversichtlicher werden und das Vertrauen zur Partei und Regierung wiederfinden.
Anlage zur Information Nr. 1078
Äußerungen von Personen aus Westdeutschland, die sich zurzeit mit Interzonenpass in der Deutschen Demokratischen Republik befinden13
Ein Hamburger Geschäftsmann schreibt an den Rat der Stadt Leipzig u. a.: »Für Ihre freundliche Einladung zu der am 8.9.1953 stattfindenden Bezirksverordnetensitzung sage ich Ihnen zugleich im Namen meiner Frau meinen herzlichen Dank. Leider können wir ihr keine Folge leisten. Mein Urlaub ist zu Ende und wir müssen Leipzig bereits verlassen. Ich möchte die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, Ihnen zu sagen, dass ich eine Menge guter Erfahrungen mit in den Westen nehme. Wenn ich auch stets über die Aufwärtsentwicklung der Lebensverhältnisse der DDR auf dem Laufenden gehalten wurde, so ist es doch etwas ganz anderes, alles selbst mit eigenen Augen zu sehen. So bin ich heute in der glücklichen Lage, viele Irrtümer berichtigt und manche Zweifel beseitigt zu sehen. Ein Besuch in der Messe hat mich sehr beeindruckt. Leider ist bei uns im Westen im Vergleich zu früheren Jahren nur sehr wenig für den Besuch der Leipziger Messe geworben worden. Erwähnen möchte ich nochmals die unbürokratische und schnelle Erledigung der Einreiseformalitäten in der DDR, angefangen von der Beschaffung der Aufenthaltsgenehmigung bis über die Grenzkontrolle. Bis zur An- und Abmeldung sind wir von den ausführenden Organen stets höflich und zuvorkommend behandelt worden. Alles in allem können wir mit gutem Gewissen sagen, dass wir mit leichtem Herzen in die Westzone zurückkehren. Der einzige Schatten, der auf meinen Urlaub gefallen ist, ist der, dass wir am Wahltag nicht Herrn Adenauer die Quittung geben konnten für seine verräterische Politik. Aber das hat man wohlweislich schon so gemacht, denn Seeleute und andere Personen, die ins Ausland fahren, konnten ihre Stimme schon vorher abgeben. Ich hoffe, dass ich den nächsten Urlaub in einem freien, vereinigten Deutschland antreten kann.«
Eine Besucherin aus Westdeutschland, die zzt. in der DDR weilt, sagte: »Man ist hier in einer etwas anderen Welt, hier gibt es keine eingebildeten Beamten wie dort, sondern hier sieht man wieder bescheidene Arbeiter und Angestellte. Bei der Abfahrt im Westen habe ich nicht einmal einen Sitzplatz bekommen, dieser wurde mir aber in der Ostzone von der bei uns so verrufenen VP und von der Zugleitung verschafft. Auf jeden Fall habe ich die Gräuelmärchen, die man uns im rosigen Westen erzählt hat, jetzt sehr gut durchschaut und kann mich von allem selbst überzeugen und heute nach fünf Tagen bin ich der festen Überzeugung, dass hier alles getan wird, den Frieden und die Völkerfreundschaft zu erhalten. Ich bin auch zur Überzeugung gekommen, dass hier alles für die Jugend getan wird, hier findet man überall Grünanlagen und Sandkästen für die Kleinen, ja überall deutlich erkennbar, dass diese Regierung für die Arbeiterklasse alles tut, um der Bevölkerung Recht, Frieden und Freiheit zu gewährleisten.«
Ein Jugendlicher aus Westdeutschland, zzt. in Cottbus, äußerte Folgendes: »Am Donnerstag waren wir in Cottbus zur Stadtverordnetensitzung eingeladen. Es war prima mit ungezwungener Unterhaltung. Dann sind wir zur Leipziger Messe eingeladen worden und zur Stalinallee. Es war alles sehr schön. Wir sind heute mit wunderbaren Wagen, BMW, solche gibt es bei uns nicht, gefahren. Auch prima Kräder haben sie hier.«
Ein Arbeiter, der sich im Bezirk Schwerin aufhält: »Wir sind wirklich prima empfangen worden und waren auf das Angenehmste überrascht. Drüben hat man uns bange gemacht, dass man in der DDR alles abgenommen bekommt und dergleichen mehr, sodass wir mit gemischten Gefühlen losfuhren und deshalb so erstaunt waren. Wir durften ohne jede Bezahlung in Helmstedt bei der Solidarität übernachten und bekamen reichlich Abendbrot. Gestern Abend wurden wir [von] Interzonenreisenden, die sich zzt. hier befinden, zu einem lustigen Beisammensein beim Bürgermeister eingeladen, es war wirklich sehr gemütlich. Wir werden uns noch sehr überlegen, ob wir nicht gleich hier bleiben, in den Weg legt man uns nichts.«
Ein Arbeiter, der in den Bezirk Dresden einreiste: »Seit einer Woche sind wir nun bei meiner Schwiegermutter. Wir haben uns schon ganz schön eingelebt und es gefällt uns schon ganz gut hier. So schlimm, wie es drüben immer gemacht wird, ist es ja nun wirklich nicht. Davon konnten wir uns selbst überzeugen. Wir haben vor, ganz hierzubleiben.«
Eine Angestellte, die in Berlin weilt: »Ich bin ja angenehm überrascht von dem Aufbau hier im Allgemeinen. Arbeit gibt es hier so viel, für mich steht täglich mehr als eine Stellung in der Zeitung und auch Facharbeiter werden gesucht. Für die Jugend wird sehr viel getan, die bekommen sämtliche Bücher frei und wenn sie intelligent sind, können sie kostenlos studieren.«
Eine Angestellte, zzt. Magdeburg: »Zu kaufen bekommt man alles. Die HO-Preise sind fürchterlich: Milch 1,60 DM, Margarine 4,00 DM, viel schlechter als unsere zu 0,70 DM. Auf Marken ist es ja billiger, damit reichen doch die alten Leute nicht, für den Monat 300 g Butter und 300 g Margarine, Fleisch auf Marken, Brot ist frei.«
Eine Jugendliche, zzt. in Leipzig: »Morgen bin ich von der SED zu einer Teestunde eingeladen, alle westdeutschen Besucher sind eingeladen, um politische Aufklärung zu bekommen. Ich gehe da nicht hin.«