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Tagesbericht

8. Oktober 1953
Informationsdienst Nr. 1088 zur Beurteilung der Situation

Vorläufiger Überblick über den Verlauf des 4. Jahrestages der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik

Berlin

An der Kundgebung auf dem Marx-Engels-Platz haben ungefähr 120 000 Menschen teilgenommen.1 Die Stimmung war gut. Besonders freudig wurde Wilhelm Pieck begrüßt. Allerdings konnte seine Rede durch das Tagesfeuerwerk nicht verstanden werden. Die Beteiligung an den betrieblichen Feiern war in vielen Fällen unerwartet hoch. Z. B. herrschte in der ABUS Gießerei und Maschinenfabrik unter den sehr zahlreich erschienenen Arbeitern eine solch gute Stimmung, wie sie dort selten zu verzeichnen war. Dagegen bei »Fortschritt«2 sehr mangelhaft. Beflaggung in Haupt- und Nebenstraßen war recht gut, auffallend bei vielen Geschäftsleuten und Handwerkern. Die Berliner Bevölkerung begrüßte besonders das reiche Warenangebot in HO und Konsum (Apfelsinen, Bananen, u. Ä.).

Bezirk Rostock

Die Beteiligung an öffentlichen Veranstaltungen im Bezirk war im Vergleich zum Vorjahr gering mit Ausnahme der Städte Stralsund, Greifswald und Wolgast, dort war eine bessere Beteiligung zu verzeichnen. Bei einer Kundgebung am Abend des 7. Oktober in Rostock wanderten viele Menschen vor Schluss der Veranstaltung ab.

Bezirk Schwerin

In der Mehrzahl der Städte und Dörfer waren die Beteiligung an den Veranstaltungen und auch die Stimmung gut. In der Bezirkshauptstadt nahmen 60 000 Menschen teil, in Güstrow und Parchim betrug die Teilnehmerzahl das Doppelte von der des Vorjahres, in Bützow das Dreifache, in Gadebusch das Siebenfache. Auch die Sichtwerbung war in der Regel recht gut. Lediglich im Kreis Sternberg fanden kaum Veranstaltungen statt. In Bützow beteiligten sich CDU und LDP nicht an den Veranstaltungen.

Bezirk Neubrandenburg

Neubrandenburg3 vergleicht im Bericht die Beteiligung der Bevölkerung an den Kundgebungen und Demonstrationen mit dem Maiaufmarsch und stellt in den Städten Neubrandenburg, Prenzlau und Demmin eine bessere Beteiligung fest. In den anderen Städten und in den Dörfern eine wesentlich geringere. Ausschmückung im gesamten Bezirk bis auf die Städte Pasewalk, Prenzlau und Teterow sehr mangelhaft (ausgenommen die öffentlichen Gebäude).

Bezirk Potsdam

Ausschmückung und Beflaggung war in fast allen Kreisstädten mangelhaft, in den ländlichen Gemeinden schlecht. Die Beteiligung an den Demonstrationen und Kundgebungen kann im Verhältnis zum Vorjahr als gut bezeichnet werden, ausgenommen davon sind die Kreise Nauen und Neuruppin. Die Stimmung war im Allgemeinen gut. Im Stahl- und Walzwerk Brandenburg wurde anlässlich des 4. Gründungstages der DDR eine Sonderschicht gefahren, die bisher noch nicht erreichte Leistungen aufwies.

Von der LPG Tremmen wurde die Selbstverpflichtung übernommen, 10 000 Liter Milch und 20 dz Rind auf freie Spitzen4 zu liefern sowie 200 Mastverträge abzuschließen.

Bezirk Frankfurt/Oder

Ausschmückung und Beflaggung mangelhaft, selbst in Stalinstadt. Beteiligung an Demonstrationen und Kundgebungen gering, teilweise annähernd dem Vorjahr. Die Beteiligung in Fürstenwalde mit ca. 5 000 Personen wird als gut angesehen. Circa 1 000 Personen verließen den Kundgebungsplatz. Feierstunden in den Betrieben zeigten zum größten Teil eine größere Beteiligung als in den Vorjahren. Die Stimmung war im Allgemeinen gut.

Bezirk Cottbus

Die Beteiligung an den Veranstaltungen des Bezirkes war unterschiedlich: In den Kreisen Finsterwalde, Hoyerswerda, Senftenberg, Spremberg und Weißwasser hat sich die Teilnehmerzahl gegenüber dem Vorjahre erhöht, in einigen anderen Kreisen allerdings erheblich reduziert. Gute Beteiligung auch in einigen Betrieben, z. B. Großkokerei Lauchhammer 70 %. In Bergbaubetrieben wurden vereinzelt Hochleistungsschichten gefahren. Auf dem Lande wurden Feierstunden am Vorabend befriedigend besucht. Am Festtag selbst wurden meist dringende Feldarbeiten verrichtet.

Bezirk Magdeburg

Beteiligung an Kundgebungen, Kranzniederlegungen und Feierstunden in den Städten zum großen Teil gering, in den Dörfern zwischen 1–5 % der Einwohnerschaft schwankend (teilweise bedingt durch ungünstiges Wetter). Beflaggung und Ausschmückung in der Regel mangelhaft, selbst in einigen volkseigenen Betrieben, in Magdeburger Arbeitersiedlungen sehr gut, in Intelligenzvierteln äußerst schlecht. Kreisvorstand der LDP Magdeburg hatte nur mit einer Parteifahne geflaggt.

Bezirk Halle

Beteiligung an öffentlichen Veranstaltungen im Vergleich zum Vorjahre gering (teilweise durch schlechtes Wetter bedingt): Kranzniederlegungen in Zeitz von 40 Personen besucht (1952: 2 000), in Merseburg 750 (1952: 3 000), Fackelzug in Quedlinburg 1 000 (1952: 5 000). In Wittenberg außerordentlich gute Beteiligung und Stimmung beim Demonstrationszug, gute Beteiligung auch in Köthen und Ballenstedt. Beflaggung und Ausschmückung der Häuser durchweg mangelhaft, auch in der Bezirkshauptstadt, in der Intelligenzsiedlung Leuna keine einzige Fahne.

Bezirk Erfurt

Bis auf Verwaltungsgebäude und VEB Beflaggung und Ausschmückung schlecht. In sechs Kreisen Fackelzüge, Teilnehmerzahl entspricht der des Jahres 1952 und zum Teil stärker. Ähnlich ist die Beteiligung in Erfurt und den Kreisstädten an der Feierstunde mit anschließender Kranzniederlegung. Besuch der Feierstunden in den Betrieben gegenüber dem Vorjahre mangelhaft. Z. B. Kalischacht »Thomas Müntzer« 120 von 1 500 Belegschaftsmitgliedern. Im Kaliwerk Volkenroda 300 von 1 300.

Bezirk Gera

Die Teilnahme der Bevölkerung an den Kundgebungen war im Verhältnis zum Vorjahre gering. So z. B. beteiligten sich in Gera 4 000 bis 5 000 Personen (besonders Jugendliche), in Stadtroda 1 000 Personen, in der Kreisstadt Pößneck, wo ein Friedensmarsch durchgeführt werden sollte, nur 20 Jugendliche.

Bezirk Suhl

Die Beflaggung in Suhl und den Kreisstädten kann als gut bezeichnet werden. Anders verhält es sich in den ländlichen Gemeinden, wo teilweise nur das Bürgermeisteramt geschmückt war. Teilnahme an der Demonstration und Kundgebung wird im Verhältnis zum Vorjahr als geringer bezeichnet. So z. B. beteiligten sich an der Demonstration in Suhl 8 000, an der Kundgebung 13 000 Personen (zum 1. Mai 18 000 Personen). In Sonneberg 7 000 Personen (1. Mai 14 000 Personen). Aus den größeren Betrieben des Kreises Suhl wird eine gute Teilnahme an den Feierstunden berichtet (60–80 % der Belegschaft).

Bezirk Leipzig

Aus dem Bezirk Leipzig wird lediglich von Kulturveranstaltungen berichtet, die in der Regel weniger gut besucht waren als bisher üblich. Auch bei den Kranzniederlegungen waren wenige Menschen zugegen. Wie uns berichtet wird, sind erst am 6. Oktober die Betriebe von den vorgesehenen Kranzniederlegungen informiert worden, sodass sie sich kaum noch darauf vorbereiten konnten.

Bezirk Dresden

Beflaggung außer öffentlichen Gebäuden und Betrieben gering. Beteiligung an der Demonstration, Kundgebung und Kranzniederlegung war in verschiedenen Kreisen besser als im Vorjahre. So z. B. beteiligten sich an der Kundgebung in Sebnitz ca. 3 000 bis 3 500 Personen (1952: 2 500 Personen). Die Stimmung war gut. An der Kranzniederlegung am sowjetischen Ehrenmal in Kamenz beteiligten sich 5 000 Personen (1952: 1 800 Personen).

Bezirk Karl-Marx-Stadt

Beflaggung und Ausschmückung in den Städten und Dörfern in der Regel mangelhaft: Bezirkshauptstadt mangelhaft, Innenstadt von Reichenbach elf Fahnen an 367 Häusern, in Brand-Erbisdorf sehr gut. Beteiligung an Kranzniederlegungen unterschiedlich: Auerbach besser als im Vorjahre, Freiberg 600 Personen (1952: 900). Beteiligung an den Feierlichkeiten in den Betrieben zum großen Teil gut: VEB Textima Spinnereimaschinenfabrik Karl-Marx-Stadt 800 von 1 200 Belegschaftsmitgliedern, Teilnehmer beschlossen, Jahresproduktionsplan bis 30.11.1953 zu erfüllen; im Schwerpunktbetrieb Halbzeugwerke Auerhammer 50%ige Beteiligung. Einige Privatbetriebe ignorierten den Festtag und arbeiteten.

Wismut

In den Klubhäusern der Wismut AG fanden bereits am Vorabend des 7. Oktober Feierstunden und Kulturveranstaltungen statt, die in der Mehrzahl schwach besucht waren. Bei vereinzelt guter Vorbereitung der Veranstaltungen waren diese jedoch besser besucht. Vereinzelt Sonderschichten in Wismut-Schächten.

Organisierte Feindtätigkeit

Vereinzelte Flugblatttätigkeit in den Bezirken Cottbus, Rostock, Dresden und Gera. Berlin: Während der Kundgebung am Nachmittag wurden Flugblätter mittels Ballon und Raketen über dem Marx-Engels-Platz und Unter den Linden geworfen. Gegen 20.30 Uhr nahm das Abwerfen von Flugblättern dermaßen zu, dass Aufräumkommandos eingesetzt werden mussten.

In Züllsdorf, [Kreis] Herzberg, [Bezirk] Cottbus, versuchte am Abend des 6. Oktober eine Bande, das Tanklager des dortigen KVP-Objektes zu stürmen. Die Banditen warfen mit Steinen nach dem KVP-Angehörigen. Die Posten eröffneten das Feuer. Der Anschlag wurde vereitelt.5

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