Analyse (Nr. 1/56) über Tätigkeit und Einfluss von SPD und SPD-Ostbüro
3. März 1956
Analyse über die Tätigkeit und den Einfluss der SPD und des SPD-Ostbüros in der DDR [Nr. 1/56]
[Faksimiles der Inhaltsübersicht und des Verteilers]
Mit der fortschreitenden Stärkung der DDR und den auf der Grundlage der Beschlüsse der Partei errungenen Erfolgen sowie der Verwirklichung der Forderung auf Reinheit und Einheit in den Reihen der Partei1 verstärkt die SPD, insbesondere durch ihr Ostbüro,2 die Feindtätigkeit gegen die Partei und die DDR, um die Erfolge zu schmälern und die Partei zu zersetzen.
I. Die Tätigkeit der SPD und des SPD-Ostbüros gegen die Partei und die DDR
Die Tätigkeit der SPD und ihrer Verbrecherzentrale des SPD-Ostbüros ist darauf gerichtet, insbesondere die Parteiorganisationen der SED als der führenden und leitenden Partei in der Deutschen Demokratischen Republik zu zersetzen und darüber hinaus durch Sabotage, Diversion3 und Schädlingstätigkeit die ökonomische Basis der DDR zu untergraben. Diese Machenschaften finden ihren Ausdruck in: 1. der Hetze gegen die Partei und die DDR; 2. der direkten Feindtätigkeit und den besonderen Methoden der Feindtätigkeit des SPD-Ostbüros mittels Agenten in der DDR.
1. Die Hetze gegen die Partei und die DDR
Die Hetze gegen die Partei und die DDR durch die SPD wird besonders durch Flugblätter und Hetzschriften des »Ostbüros der SPD« sowie durch Kommentare rechter SPD-Führer über die Feindsender RIAS und »Freies Berlin«4 unter den Mitgliedern der SED und der übrigen Bevölkerung in der DDR betrieben. So wurde durch das SPD-Ostbüro in den Hetzschriften eine vollkommen falsche Darstellung der geschichtlichen Entwicklung der SED gegeben, um die Partei zu spalten und die ehemaligen SPD-Mitglieder gegen die Partei aufzuhetzen und zum Handeln gegen die Partei »anzuleiten«. Die SPD wird darin als einzige Massenpartei hingestellt und die KPD als »Sektierer«, als Organ der sowjetischen »Besatzungsbehörden«. Trotzdem sei die SPD von Anfang an »unterdrückt worden«, vor wie auch nach der Vereinigung, die als »Angliederung der SPD an die KPD« bezeichnet wird.
Um zu »beweisen«, dass die SED keine Massenpartei ist und auch keine Unterstützung durch die Massen erfahren würde, führt das »Ostbüro der SPD« in den Hetzschriften ständig den faschistischen Putsch vom 17.6.1953 an. Neben der Hetze, dass alle Menschen Deutschlands »dieses Tages gedenken und auch der Toten«, stellt man weiterhin die »Forderungen des Juniaufstandes: Die Beseitigung des SED-Regimes; Die Durchführung freier Wahlen; Die Wiedervereinigung des Vaterlandes …« Dazu wird in den Hetzschriften wie auch Rundfunkreden rechter SPD-Führer immer wieder betont, dass »der Widerstand der Bevölkerung« in der DDR ständig wächst, um den Eindruck zu erwecken, als existiere tatsächlich eine breite Widerstandsbewegung.
Gleichzeitig wird damit verbunden aufgefordert, gegen die Partei und die DDR zu arbeiten, was der Wiedervereinigung dienen würde, indem gehetzt wird: »Zum Kampf um die Wiedervereinigung gehört aber ebenso der Widerstand gegen die ausbeuterische und militaristische SED-Diktatur, die ein Haupthindernis für die Wiedervereinigung darstellt und gerade durch ihre totale Aufrüstung die Spaltung zu vertiefen sucht.« In diesem Zusammenhang wendet sich die SPD besonders an die Gewerkschafter, indem sie durch Scharnowski5 verbreiten ließ, »das erfordert eine stärkere Aktivität der echten Gewerkschafter in der sowjetischen Besatzungszone. Hier gibt es Möglichkeiten der Gegenwirkung für die Betriebsgewerkschaftsleitungen und diese müssen genutzt werden.«
Immer wieder wird betont, dass »die deutsche Arbeiterschaft gegen den Kommunismus« sei und dass »mit kommunistischen Methoden die sozialen Probleme unserer Zeit nicht gelöst werden können. Aus allem ergibt sich klar und deutlich, dass es für Sozialdemokraten keine Aktionseinheit oder überhaupt eine irgendwie geartete Gemeinschaft mit der ZK-Clique geben kann.«6 Die Hetze richtet sich besonders auch gegen die immer mehr um sich greifende Verständigung der Arbeiter ganz Deutschlands, indem behauptet wird, zu gesamtdeutschen Arbeiterkonferenzen würden nur »einige unbelehrbare KP-Anhänger fahren, was genügen würde, um diesen Konferenzen ein gesamtdeutsches Mäntelchen umzuhängen«.
In dieser Hetze wird die Forderung gestellt der »Nichtbeteiligung an Spenden für Solidaritätsmarken,7 da diese Gelder nur zu Propagandazwecken verwendet würden«. Um die Partei zu zersetzen wird durch Hetzschriften und Rundfunksendungen verbreitet, »dass sich viele Genossen von der Parteiarbeit zurückziehen, keine Abzeichen mehr tragen und sich in sektiererischen Grüppchen von der Masse absondern sollen, um sich ein Alibi für spätere Zeiten zu besorgen«. Weiter wird gehetzt, dass die Genossen »es müde sind, schlecht ausgerüstet in die Auseinandersetzungen mit der Bevölkerung kommandiert zu werden und sich nicht mehr mit falschen Meinungen auseinandersetzen würden«. An diese Hetze anschließend werden die Parolen verbreitet: »kurz treten, keinem wehtun, Schweigen ist Gold, Koexistenz statt Klassenkampf«.
Um die Mitglieder der Partei und die Arbeiter in den Betrieben von den Kampfgruppen abzuhalten,8 hetzt das Ostbüro der SPD: »Die Reorganisation der bewaffneten Kader der SED in den Betrieben dient einzig und allein dem Zweck, die rebellierenden Arbeiter in den VEB in Schach zu halten.« Um daran die Weisung anzuschließen, »den Arbeitern der Zone bleibt die Waffe der passiven Resistenz. Der Appell der SED an die linientreuen Elemente wird überall in den VEB zu einer weiteren Stärkung der Arbeiterschaft in ihrem Kampf gegen das Terrorregime führen.«
Um der DDR ökonomisch zu schaden, hetzt das SPD-Ostbüro ständig gegen die Neufestsetzung der Normen, da diese einer verstärkten »Ausbeutung der Arbeiter« dienen würden. Als Weisung für das Verhalten der Arbeiter bei Normenerhöhungen wird in den Hetzschriften von »angeblichen Warnstreiks in VEB« geschrieben, wodurch die Arbeiter dieser Betriebe »ihre Ablehnung ausgedrückt hätten«.
Die Hetze gegen die SED wird vom »Ostbüro der SPD« durch verstärkte Verbreitung von Hetzmaterial, wie »Einheit«9 und die Briefe der sogenannten SED-Opposition,10 organisiert. Dieses Hetzmaterial wird durch Ballons, Postsendungen und Agenten eingeschleust. So wird im Brief Nr. 14 der SED-Opposition11 aufgerufen, mit der Eroberung der Partei und Massenorganisationen zu beginnen. In der »Einheit« nimmt das »Ostbüro der SPD« dazu Stellung: »Wie das wiedervereinigte Deutschland aussehen soll«, mit der These: »Die SPD erkennt die volkseigenen Betriebe an und die Errungenschaften würden erhalten bleiben«, werden die Werktätigen der DDR bewusst irregeführt.
2. Direkte Feindtätigkeit und besondere Methoden der Feindtätigkeit des SPD-Ostbüros mittels Agenten in der DDR
Die direkte Feindtätigkeit des SPD-Ostbüros erfolgt durch die angeworbenen Agenturen in der DDR sowie durch eingeschleuste Agenten auf allen Gebieten des gesellschaftlichen und politischen Lebens, mit dem Ziel die Partei zu zersetzen und die Macht der Arbeiter und Bauern in der DDR zu untergraben. Im Bezirk Dresden wurde eine Person festgenommen, die seit 1952 mit dem SPD-Ostbüro in Verbindung stand. Sie überbrachte Spionageangaben über die Produktion des Betriebes und über die Stimmung der Arbeiter sowie über ehemalige Funktionäre der SPD. Vom Ostbüro der SPD erhielt diese Person den Auftrag, Untergrundgruppen innerhalb der Wohnparteiorganisation der SED zu bilden und systematisch Zersetzungsarbeit zu treiben. Im Thomas-Müntzer-Schacht im Kreis Sangerhausen wurde ein Zuwanderer aus Westdeutschland festgenommen. Es wurde festgestellt, dass dieser im Auftrage des SPD-Ostbüros die Aufgabe hatte, in den Erzbergbau zu gehen und von dort Gesteinsproben neuerschlossener Strecken in Form eines Geschenkpaketes an eine Adresse nach Westberlin zu schicken.
Außer diesen Beispielen, wo Agenten des Ostbüros der SPD der Spionage und Zersetzungstätigkeit überführt wurden, gibt es eine ganze Anzahl Hinweise auf Feindtätigkeit dieser Agenten mit anderen Methoden.
So sind Untergrundgruppen bekannt, die in direkter Verbindung zum SPD-Ostbüro stehen und solche Aufträge erhalten wie die aktive Flugblattverbreitung unter der Bevölkerung, die Schulung alter SPD-Mitglieder im Rahmen dieser Untergrundgruppen anhand der Hetzschriften der SPD und des SPD-Ostbüros sowie die Erschleichung von Wirtschaftsfunktionen wie Betriebsleiter und dergleichen, sobald diese Personen keinen Einfluss mehr im Parteiapparat haben.12 Außerdem gibt es Hinweise, dass diese Untergrundgruppen auch Aufträge erhalten, wie Sabotage in Betrieben zu treiben, Verwirrung und Unzufriedenheit unter den Belegschaften zu stiften, die Parteidisziplin nicht anzuerkennen, sich nicht an Parteiverfahren gegen Mitglieder zu beteiligen sowie Hetzschriften abzuschreiben, die Abschriften zu verteilen und danach die Originale der Hetzschriften der Volkspolizei zu übergeben. So wurden im Konsum Zeitz erst kürzlich zwei Personen festgenommen. Der Verkaufsinstrukteur [Name 1] hatte in Zeitz ein Flugblatt des SPD-Ostbüros gefunden und der Sekretärin zum Abschreiben gegeben. Das Original-Flugblatt wurde durch [Name 1] der Volkspolizei ausgehändigt. Die Abschriften jedoch wurden an die Familienangehörigen und an den Handelsvorstand verteilt.
Außerdem erhielten Agenten des Ostbüros der SPD den Auftrag, Personen, die zur DDR negativ eingestellt sind und in wichtigen wirtschaftlichen Objekten tätig sind, dem Ostbüro der SPD zwecks Anwerbung zuzuführen. Solche Aufträge wurden für die Objekte der Wismut AG, »Schwarze Pumpe« und Verkehrsbetriebe der Deutschen Reichsbahn erteilt. In Bezug auf die Zersetzung der Partei sind die Anweisungen an die Agenten darauf abgestimmt, bei Wahlen zu den Parteileitungen, ehemalige Sozialdemokraten in die Leitungen zu lancieren. Des Weiteren ist das Ostbüro daran interessiert, Informationen über Objekte der KVP sowie der Freunde13 zu erhalten.
Zur Qualifikation seiner Agenten und zur Verstärkung der Feindtätigkeit gegen die Partei und die DDR führt das »Ostbüro der SPD« Schulungen seiner Agenten in Hannover durch. Die Schulungen finden in zwei Etappen statt. Die erste Etappe soll zum Ziele haben, den »Ballast des Pseudo-Marxismus«, den die Genossen aus der »Ostzone« mitbringen, zu beseitigen. Die erste Etappe dient der ideologischen Vorbereitung zur Agententätigkeit, durch Studium antidemokratischer Hetzliteratur vertraut machen mit der Arbeit, der Organisation, der Struktur und Arbeitsweise der SPD. Die zweite Etappe der Schulung findet im Harz statt. Schulungsorte sind in Bad Harzburg, Goslar, Braunlage und Wieda. Diese Schulungen führt ausschließlich das »Ostbüro« durch. Sie werden mit jedem Mitarbeiter individuell durchgeführt, damit die Sicherheit gewährleistet ist. Die Arbeit der zweiten Etappe soll folgende Gebiete umfassen: 1. Erkundung örtlicher Begebenheiten (geographisch, politisch, militärisch, wirtschaftlich); 2. Auskünfte über bestimmte Personen, Funktionäre der SED usw.; 3. Arbeitsweise des MfS; 4. Persönliche Aneignung technischer Kenntnisse im Nachrichtenwesen.
Nach wie vor versucht das »Ostbüro der SPD« sein Agentur-Netz in der DDR und im demokratischen Sektor von Berlin zu vergrößern. Eine besondere Methode ist hierbei, dass über republikflüchtige Agenten des »Ostbüros« oder auch über andere republikflüchtige Personen versucht wird, neue Agenten zu werben. Die Flüchtlinge werden von den Hauptagenten des »SPD-Ostbüros« unter Druck gesetzt, dass ihre Anerkennung erst erfolgen würde, wenn sie aus ihrem alten Bekanntenkreis Personen aus der DDR dem »Ostbüro« zuführen. Zu diesem Zweck erhalten Republikflüchtige den Auftrag, ihnen persönlich bekannte Personen im Gebiet der DDR anzuschreiben und sie zu einem Besuch oder einer Aussprache nach Westberlin einzuladen. In den Fällen, wo die Personen der Aufforderung Folge leisten, werden sie in Westberlin mit Agenten vom »Ostbüro der SPD« zusammengebracht und von diesen als Agenten angeworben.
Die direkte Feindtätigkeit des »Ostbüros der SPD« geht aus Folgendem hervor: Der hauptamtliche Mitarbeiter des »SPD-Ostbüros« in Westberlin »Dr. Reinhardt«14 erteilte an eine Person den Auftrag, die Industrieanlagen im Wismut-Gebiet genau aufzuklären und festzulegen, aus welcher Richtung ein Flugzeug das Wismut-Gebiet am besten anfliegen kann, um Nachtaufnahmen tätigen zu können. Dabei erkundigte er sich, wie die Beleuchtung des Wismut-Gebietes nachts ist. Zur Erläuterung des Auftrages bemerkte »Dr. Reinhardt«, dass bei Ausbruch eines Krieges – wenn dieser um 4.00 Uhr beginnt – das Wismut-Gebiet 4.05 Uhr nicht mehr produktionsfähig sein wird. Des Weiteren gibt er an seine Agenturen Aufträge, Bohrproben aus dem Gebiet zu beschaffen, um die geologische Lage sowie die Güte der Proben feststellen zu können.
Der hauptamtliche Mitarbeiter des »SPD-Ostbüros« in Westberlin »Wallmann«15 erteilte an eine Agentur den Auftrag, Charakteristiken von verantwortlichen Funktionären anzufertigen, ferner sollte festgestellt werden: die Struktur des Parteiapparates, welche Funktion welcher Funktionär ausübt, Personalien, Adressen, Verhalten, welche Mitarbeiter des MfS bekannt sind usw. Dasselbe sollte über die Struktur der GST festgestellt werden. »Wallmann« interessierte sich besonders für die Wahlversammlungen der Partei, Diskussionen, Zusammensetzung der neuen Leitungen sowie für das Protokoll des 25. Plenums,16 parteiinternes Material. Einer anderen Agentur erteilte »Wallmann« den Auftrag, Bauern- und Dorfversammlungen zu besuchen, um die Stimmung zu erfahren. Diese Agentur soll später mit einer Technik ausgerüstet werden, damit der Ablauf der Diskussion wörtlich vorliegt. Des Weiteren ist »Wallmann« an Informationen aus VP-Dienststellen und Haftanstalten interessiert.
Der Resident »Müller«17 des »Ostbüros der SPD« unterhält Verbindung zu der Redaktion der Zeitung »Stars und Stripes«.18 Der Leiter des Ostbüros der SPD in Westberlin »Peter Wandel«19 unterhält Verbindung zu einem gewissen Herrn Fodor20 von der Zeitung »Time und Live«.21 Des Weiteren erhält »Wandel« zur weiteren Information Druckschriften vom »Untersuchungsausschuss freiheitlicher Juristen«.22
Die sogenannten »Heimkehrer«, die von Friedland nach Westberlin entlassen wurden,23 werden vom »Ostbüro der SPD« in Westberlin aufgefordert, nach dort zu kommen. Es handelt sich dabei um solche »Heimkehrer«, die beim »Ostbüro der SPD« schon registriert sind. D. h. diese sogenannten »Heimkehrer« hatten schon früher Verbindung zum »Ostbüro der SPD«. Sie erhalten dort Aufträge, über die Zeit, die sie in den Lagern in der SU verbrachten, ausführliche Berichte anzufertigen. Diese sogenannten »Heimkehrer« erhielten eine höhere Geldzuwendung aus dem IW-Fonds,24 welcher sich differenziert und sich nach dem Wert der ehemaligen V-Leute richtet. Er schwankt zwischen 30,00 und 100 DM-West. Die »Heimkehrer« müssen nach folgenden Schwerpunkten berichten: Stimmung, Beziehungen zu lettischen und baltischen Volksgruppen, wie weit bestehen Kontakte, organisatorische Fragen, allgemeine Berichte über Verkehr, Nachrichten und Militäranlagen in den einzelnen Gebieten. Diese Spionageberichte werden nicht in Westberlin, sondern in Bonn ausgewertet. Bei ihrem zukünftigen Einsatz in Westdeutschland soll davon ausgegangen werden, was sie früher beruflich waren. Aus den bisherigen Informationen ist zu ersehen, dass man versuchen wird, einen Teil für die Agententätigkeit in der DDR wieder zu gewinnen.
Obwohl das Ostbüro der SPD behauptet, nicht zu terroristischen Methoden und Mitteln aufzurufen, wie z. B. in »Aktuelle Fragen«, S. 5, »Wenn das ZK aber behauptet, das Ostbüro der SPD habe in irgendeiner Form die Anwendung terroristischer Methoden und Mittel im Widerstandskampf empfohlen oder angeordnet, dann ist das eine bewusste und infame Lüge!«,25 stehen demgegenüber folgende Tatsachen: »Der Sozialdemokrat« vom Juli 1953, Nr. 126 und andere Nummern schreiben: »Die drei Pfeile ›Einheit‹, ›Frieden‹, ›Freiheit‹ haben am 17. Juni die SED tödlich getroffen. Sie sollen künftig überall in Stadt und Land den Bütteln des SED-Regime ständig vor Augen halten, dass ihre Tage gezählt sind und die Stunde der Abrechnung bevorsteht.« Der »Freie Bauer« IX 1953,27 S. 4, schreibt: »Liebengabenpakete: Der SSD28 fahndet zzt. im ganzen Gebiet der Sowjetzone nach den Absendern von Paketen, die in immer stärker werdendem Maße an prominente SED-Funktionäre gesandt werden. Der einzige vielsagende Inhalt dieser Pakete besteht jeweils aus einem Strick.«
Zur Frage der Sabotage wird in »Aktuelle Fragen zur Wiedervereinigung Deutschlands«, S. 5, zum Ausdruck gebracht: »… lehnen wir jede Sabotagetätigkeit nach kommunistischem Muster ab … Wir wollen die Lebensbedingungen der arbeitenden Menschen in der Sowjetzone erleichtern … Es gibt auch tatsächlich in den vorgenannten zehn Jahren keinen einzigen Fall von Sabotage durch Mitarbeiter des Ostbüros der SPD.«29 Die Tatsachen zeigen aber, dass eine direkte Anweisung zur Sabotage gegeben wird. So schreibt z. B. »Der Telegraf Wochenspiegel« 6. Jahrgang Nr. 19, S. 7: »Die Saboteure werden prämiiert.« Hier rät der TWS allen seinen Lesern in den VEB die Wirtschaft unserer Republik auf eine besondere Art zu schädigen. »Die Form der Sabotage ist die Wirkungsvollste und gefahrloseste zugleich.« Bis ins Einzelne gehend gibt der TWS seine Empfehlungen: »1. Einreichung eines Verbesserungsvorschlages, der den letzten Forderungen irgendeiner Produktionssteigerung oder Einsparungskampagne entgegenspricht und geeignet ist, die Betriebsleitung später in Teufels Küche zu bringen. 2. Ideologische und patriotische Begründung des Vorschlages … 3. Als Prämie ausgezahlte Anerkennung … Dem Koreahilfsfonds oder der Finanzierung des FDJ-Pfingsttreffens zu stiften. 4. Bei der nächsten Betriebsversammlung irgendetwas zum Nationalen Aufbauwerk gegen die EVG oder die Wasserstoffbombe sagen …« Der TWS illustriert an einem Beispiel, was er sich von dieser Methode verspricht. Eine Schädigung der Wirtschaft der DDR und damit »der arbeitenden Menschen in der Sowjetzone«.30
Im Flugblatt zur Genfer Konferenz31 wird gehetzt: »Hauptziel bleibt Einheit in Freiheit«. (Am Schluss dieses Flugblattes ist die Rede von den »Formen des Kampfes« der Sozialdemokratie in der »Zone«.) »Die Formen dieses Kampfes haben sich in langen Jahren des Widerstandes herausgebildet und bewährt: Isolierung und Boykott der Staatspartei und ihrer Veranstaltungen. Kampf gegen die volksfeindlichen Wirtschaftspläne. Kampf gegen die im Zeichen des KVP-Militarismus durchgeführte Aufrüstung.«
Im Flugblatt des Ostbüros zum 1. Mai 1955 wird gehetzt: »Der Tag der Freiheit wird kommen. Übrigens ist in den volkseigenen Betrieben ein großer Teil der Arbeiterschaft bereits zur Parole des Langsamarbeitens übergangen, um dem Regime auch die letzte materielle Stütze zu entziehen.« Im Flugblatt des Ostbüros »Stoppt die Normenschraube« heißt es: »Wer für eine Prämie an der kommunistischen Normenschraube dreht, schadet also sich selbst und seinen Kollegen. Deshalb Kollegen, keine Normendurchbrüche bei den sogenannten Wettbewerben! Haltet Solidarität!«
Dass das SPD-Ostbüro auch zzt. seine Feindtätigkeit gegen die DDR durchführt, beweisen die im Februar 1956 erfolgten Festnahmen von 19 Agenten des SPD-Ostbüros wegen Spionage und Verbreitung von Hetzmaterial.32
II. Schwerpunkte ehemals starker SPD-Organisationen sowie des Einflusses der Hetze der SPD und des SPD-Ostbüros in der DDR
1.) Schwerpunkte ehemals starker SPD-Organisationen
Als Schwerpunkte ehemaliger starker SPD-Organisationen sind besonders die Industriebezirke der DDR zu nennen, wo in einzelnen Kreisen die SPD vor 1933 sowie nach 1945 die Mehrheit hatte und große Teile die Vereinigung ablehnten bzw. überhaupt nicht mitmachten, während in den ländlichen Bezirken sich diese Entwicklung mehr oder weniger auf die Bezirksstädte beschränkte.
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Im Bezirk Halle bestehen besonders starke Konzentrationen ehemaliger Mitglieder der SPD in den Kreisen Zeitz, Bitterfeld, Bernburg, Köthen, Weißenfels, Roßlau und Coswig.
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Im Bezirk Leipzig sind als Schwerpunkte besonders die Stadt Leipzig sowie die Kreise Altenburg, Schmölln und Döbeln zu nennen, in denen starke SPD-Organisationen bestanden.
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Im Bezirk Magdeburg war die SPD besonders stark in der Stadt Magdeburg selbst mit 25 000 SPD-Mitgliedern sowie in den Kreisen Zerbst, Haldensleben, Klötze und Gardelegen. Aus diesem Bezirk gingen hervor bzw. waren tätig die rechten SPD-Führer Ollenhauer,33 Reuter,34 Erfurt,35 Dux36 und Scharnowski, die heute in Westdeutschland in leitenden Funktionen stehen.
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Ähnlich verhält es sich im Bezirk Karl-Marx-Stadt, wo als Schwerpunkte die Kreise Karl-Marx-Stadt-Land, Klingenthal, Plauen, Oelsnitz, Reichenbach und Zwickau zu nennen sind.
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Im Bezirk Dresden sind als besondere Schwerpunkte ehemaliger starker SPD-Organisationen die Kreise Meißen, Freital, Riesa, Kamenz, Bischofswerda, Löbau, Görlitz, Niesky, Dippoldiswalde, Bautzen, Pirna und Dresden zu verzeichnen.
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Im Bezirk Suhl konzentrierte sich eine starke SPD-Organisation, besonders in den Kreisen Schmalkalden, Sonneberg, Neuhaus, Meiningen, Bad Salzungen sowie Hildburghausen.
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Im Bezirk Potsdam sind es insbesondere die Kreise Belzig, Oranienburg, Königs Wusterhausen, Kyritz, Neuruppin, Zossen, Brandenburg, Rathenow und Jüterbog, in denen die SPD stark organisiert war und heute noch starke Einflüsse zu verzeichnen sind.
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Im Bezirk Neubrandenburg sind die Schwerpunkte die Kreise Neubrandenburg, Malchin und Demmin, während es sich im Bezirk Erfurt besonders auf Erfurt, Sömmerda und Arnstadt konzentriert.
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Im Bezirk Rostock sind besonders die Schiffsbau- und Fischereibetriebe Schwerpunkte, in denen sich ehemalige SPD-Mitglieder konzentrieren.
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Im Bezirk Gera beschränkt sich die Konzentration ehemaliger SPD-Mitglieder auf die Kreise Gera und Lobenstein, während im Bezirk Frankfurt/O. Konzentrationen ehemaliger starker SPD-Organisationen noch im Kreis Angermünde, Bad Freienwalde, Fürstenwalde, Seelow, Strausberg sowie in der Bau-Union Frankfurt/O. vorhanden sind.
In diesen Industriebezirken sowie in einzelnen Gemeinden der Kreise in den ländlichen Bezirken, wo derartige Konzentrationen noch vorhanden sind, ist auch ein verstärkter Einfluss der Hetze der SPD und des SPD-Ostbüros zu verzeichnen.
2.) Der Einfluss der Hetze der SPD und des SPD-Ostbüros
Der Einfluss der Hetze der SPD sowie des SPD-Ostbüros kommt besonders in den Diskussionen ehemaliger Mitglieder der SPD in den genannten Schwerpunkten zum Ausdruck, indem diese Diskussionen gleiche oder ähnliche Argumente enthalten, wie sie durch Flugblätter und Feindsender von der SPD verbreitet werden.
Im Hinblick auf die gegenwärtige Lage und die auf der Genfer Konferenz eingebrachten Vorschläge der SU37 sowie der Erklärung der Regierung der DDR38 gibt es unter den ehemaligen Mitgliedern der SPD verstärkte Diskussionen und Meinungsäußerungen mit der Forderung, »freie gesamtdeutsche Wahlen sofort durchzuführen«. Diese Diskussion ist besonders stark in der Grube im Kombinat Gölzau, [Kreis] Köthen, zu verzeichnen, tritt jedoch ebenso stark auch in den Bezirken Leipzig, Magdeburg, Karl-Marx-Stadt, Dresden, Potsdam, Erfurt, Rostock und Frankfurt/O. auf.
Im gleichen Maße wie die Forderung nach »freien Wahlen« wird auch die Meinung vertreten, die in Genf erzielte Entspannung mache eine Aufstellung von Kampfgruppen nicht mehr notwendig. Entsprechend der in den Hetzschriften sowie durch die Feindsender verbreiteten Hetze, »sich passiv bei der Aufstellung von Kampfgruppen zu halten«, wird besonders von alten SPD-Mitgliedern den Ausbildungen mit den fadenscheinigsten Begründungen ferngeblieben. Diese Erscheinung tritt besonders stark in den Bezirken Neubrandenburg, Suhl, Karl-Marx-Stadt, Magdeburg, Leipzig und Halle zutage.
Die Parole des SPD-Ostbüros, »von der Parteiarbeit zurückziehen – keine politischen Auseinandersetzungen führen – sektiererische Gruppen bilden«, wird von alten SPD-Mitgliedern wie auch von aus der SED-ausgeschlossenen Personen in allen Bezirken verwirklicht. Bei einer Reihe der noch in der Partei verbliebenen alten SPD-Mitglieder erfolgt das, indem sie schlechte Parteiarbeit leisten, ablehnen Beiträge zu zahlen, nicht am Lehrjahr teilnehmen und ablehnen Parteiverfahren durchzuführen, mit dem Bemerken, »sie möchten sich als BPO später keine Vorwürfe machen lassen, dass sie Mitglieder ausgeschlossen hätten«, wie das die BPO der Fa. Fasold und Strauch in Lichte, [Bezirk] Suhl, getan hat. In diesem Zusammenhang werden auch die Argumente des SPD-Ostbüros, »die SED sei keine Arbeiterpartei mehr, – sie habe die Verbindung mit den Massen verloren, – nach der Vereinigung müssten wieder SPD und KPD zugelassen werden«, offen verbreitet.
Der Einfluss der Hetze der SPD und des Ostbüros kommt auch in den Diskussionen über die Normen sowie über die Steigerung der Arbeitsproduktivität und in der Haltung alter SPD-Mitglieder auf ökonomischen Konferenzen zum Ausdruck. Im Hydrierwerk Zeitz VEB erklärte ein altes SPD-Mitglied, »dass die bestehenden Normen oft Ursachen der Unglücksfälle wären« und verbreitete somit die Hetze des SPD-Ostbüros. Ähnliche Diskussionen werden auch in den Bezirken Potsdam, Rostock, Gera, Frankfurt/O., Schwerin und Halle geführt. Im Bezirk Halle ist außerdem noch zu verzeichnen, dass die Hetze des SPD-Ostbüros gegen die Aktionseinheit unterstützt wird, insbesondere die Parole »Nichtbeteiligung an Solidaritätssammlungen«. Besonders im EK Bitterfeld in der Farbenfabrik sowie Agfa-Wolfen ist zu verzeichnen, dass in den Abteilungen, wo alte SPD-Mitglieder arbeiten, bei Sammelaktionen für westdeutsche Streikende wenig oder gar keine Unterstützung gegeben wird. Ähnliche Erscheinungen gibt es auch in der Wismut.
Auch die Parole, dass Gewerkschaften »nur gewerkschaftliche Fragen klären und so gegen die Partei arbeiten sollten«, findet Unterstützung. So wurde im Werkzeugmaschinenwerk Zerbst der bisherige BGL-Vorsitzende, der das »Nurgewerkschaftlertum« propagierte, aufgrund des Einflusses alter SPD-Mitglieder und Anhänger entgegen dem Beschluss der Parteiorganisation wiedergewählt.
III. Anzeichen direkter, im Auftrage oder auf Weisung des SPD-Ostbüros durchgeführter Feindtätigkeit
Als Beweise der Feindtätigkeit folgende Beispiele: Ein im November 1955 aus [sic!] Neukirch festgenommener Agent sagt aus, dass er vom Ostbüro der SPD den Auftrag hatte, aufgrund seiner wirtschaftlichen Verbindungen, Informationen über die Wirtschaft der DDR zu beschaffen. Besonders sollte er feststellen, welche Betriebe in der DDR Exportaufträge durchführen, welche Materialschwierigkeiten bestehen und welche Betriebe mit Westdeutschland in Verbindung stehen.
Im »Ostbüro der SPD«, Langobardenallee 14,39 arbeitete ein Flüchtling, welcher früher Planungsleiter einer ganzen Industrieleitung bzw. Hauptverwaltung war. Dieser arbeitete eine Analyse über die Planungsmethoden [und die] Lenkungsmethodik in der Industrie der DDR aus. Das ist zum Teil eine theoretische Ausarbeitung, teilweise auch die Personalien und statistische Zahlen. Diese Arbeit wird für die Denkschrift über das Kfz-Wesen benötigt. Der Hauptteil dieser Arbeit wird in einem Kapitel zusammengefasst: »Leitungsmethodik sowjetzonaler Industrie-Planungsmethoden«. Für die von dem Agenten durchgeführte Feindtätigkeit für das SPD-Ostbüro erhielt er 50,00 DM West. Andere Agenten werden oftmals nur mit alter ausgebesserter Wäsche abgefertigt.
Anzeichen direkter, im Auftrage oder auf Weisung des SPD-Ostbüros durchgeführter Feindtätigkeit sind in allen Bezirken der DDR vorhanden, was auf eine illegale Organisation des SPD-Ostbüros schließen lässt. Dabei ist charakteristisch, dass sich die Anzeichen auf Feindtätigkeit auf alle wirtschaftlichen bzw. politischen Gebiete erstrecken.
SPD-Einfluss durch Flugblätter
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In der Gemeinde Wettin, Halle-Saalkreis,40 werden oft Flugblattfunde festgestellt. Dass eine entsprechende Beeinflussung vorliegt, zeigt sich z. B. in einer schlechten Wirtschaftsführung im Tierzuchtbetrieb Wettin, wo die Feldarbeiten nur langsam und schleppend durchgeführt werden und der Betrieb unrentabel arbeitet. Ein Arbeiter [Name 2] aus diesem Betrieb äußerte sich zur Verbesserung der Arbeit gegenüber einem Genossen, »dass er ein Arbeiterverräter wäre, vor dem man sich in Acht nehmen müsste, aber es käme ja auch mal anders«. Kurz nach diesem Vorfall setzte sich [Name 2] nach dem Westen ab.
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Im Braunkohlenwerk Profen, [Bezirk] Halle, wurden ebenfalls des Öfteren Flugblätter gefunden. Es gibt Beispiele, wo Flugblätter zusammengefaltet unter Schienen und Kabeln gefunden wurden. Außerdem wurde schon ein Paket mit 90 Flugblättern in einem Fahrradschuppen vorgefunden. Diese Flugblätter beinhalteten die Forderung des SPD-Ostbüros: »Isolierung und Zersetzung der SED«. In der folgenden Zeit war dann festzustellen, dass die Veranstaltungen und Versammlungen schlecht besucht wurden. Im Werk wurde beobachtet, dass die negativen Elemente seit einiger Zeit sich ruhig verhielten, was ebenfalls aus den Richtlinien des SPD-Ostbüros hervorging, indem sie schreiben, dass die eigene »Sicherheit der Widerstandskämpfer« vorrangig wäre.
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In Riestedt, [Kreis] Sangerhausen, werden Funktionäre der SED des Öfteren durch Flugblätter belästigt, welche vor das Haus gelegt werden oder durch die Post zugeschickt werden. So bekam der Genosse [Name 3] drei Exemplare »Der Sozialdemokrat« vor die Tür gelegt. Dabei lag ein Zettel mit der Aufschrift, »Otto – Kopf hoch – es lebe die SPD«.41
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In der Gemeinde Braunschwende, [Kreis] Hettstedt, wurden wiederholt Hetzflugblätter vom SPD-Ostbüro am Schwarzen Bekanntmachungsbrett der Gemeinde angeheftet.
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Im VEB Motorradwerk Zschopau wurden in den Toiletten Losungen wie »SPD – stärkste Arbeiterpartei« angeschmiert.
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In den Kreisen Karl-Marx-Stadt[-Land] und Schwarzenberg wurde eine neue Methode bekannt, indem Zigarettenpapier mit Hetzlosungen bedruckt wurde mit der Aufschrift: »Die Arbeit geht weiter« – Unterschrift: »SPD-Filiale Chemnitz«. In diesen Kreisen wurden auch Hetzlosungen an Schaufenstern des genossenschaftlichen und staatlichen Handels angebracht. Auf Straßen wurden selbstgefertigte Hetzschriften, mit Matrize abgezogen, mittels Pkw verstreut.
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In Fürstenwalde wurden vor dem Betrieb Kjellberg42 und in der Heinstraße selbstgefertigte Flugblätter mit der Aufschrift »Kampf gegen SED und KPD« gefunden.
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Im BKW Plessa, Kreis [Bad] Liebenwerda, sind ebenfalls Anzeichen einer SPD-Ostbüro-Feindtätigkeit vorhanden. In den Betriebsteilen wurden vereinzelt bis zu zehn Flugblätter gefunden und nachts beim Kaderleiter und Fahrer des Betriebsleiters des Öfteren Flugblätter des »Ostbüros« der SPD gelegt.
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In mehreren volkseigenen Betrieben des Bezirkes Karl-Marx-Stadt war zu verzeichnen, dass die Genossen der SED, welche für die Wahlen zur BGL vorgeschlagen wurden, von den Belegschaften nicht gewählt wurden. Es ist zu verzeichnen gewesen, dass ehemalige Mitglieder und Funktionäre der SPD in die BGL gewählt wurden.
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Im Kreis Karl-Marx-Stadt[-Land] wird eine aktive Flugblatt-Tätigkeit vonseiten des SPD-Ostbüros durchgeführt. Es besteht eine Untergrund-Gruppe, die diese Feindtätigkeit durchführt. Der Leiter dieser Gruppe ist ein Verwandter eines ehemaligen hauptamtlichen Mitarbeiters des SPD-Ostbüros.
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Im Kreis Meißen, [Bezirk] Dresden, wurde in diesem Jahre ein ehemaliger Funktionär der SPD beerdigt. Daran nahmen ca. 35 ehemalige SPD-Mitglieder teil. Nach der Beerdigung führten sie eine Zusammenkunft in einer Gaststätte durch, wo äußerst negative Diskussionen geführt wurden. Interessant dabei ist, dass vordem am Grabe ein ehemaliger SPD-Funktionär, bis vor wenigen Jahren leitender SED-Funktionär, eine Ansprache hielt, in der kein Wort über die Kämpfe der Arbeiterklasse gesprochen wurde. Seine Aussprache beinhaltete im Gegenteil, dass mit dem Tode der »Alten« auch die deutsche Arbeiterklasse sterbe.
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Im Glaswerk Großbreitenbach, [Bezirk] Suhl, wurden an der Tür des BPO-Sekretärs Flugblätter angebracht. In einer Versammlung wurde dort über die Normfrage diskutiert und es gab dabei kein Übereinkommen. Am anderen Tage wurde dann das Flugblatt »Stoppt die Normschraube« in den Türspalt des Sekretärs der BPO gesteckt. Außerdem wurden auch Flugblätter des SPD-Ostbüros bei Funktionären vor die Haustür gelegt, die sie dann früh fanden, wenn sie zur Arbeit gingen.
SPD-Einfluss gegen die Kampfgruppen
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In der Schmiede des VEB Schwermaschinenbau »Heinrich Rau« Wildau, [Bezirk] Potsdam, wurde bekannt, dass eine »Widerstandsgruppe« der SPD besteht, die sich das Ziel gesteckt hat, Sabotage und Zersetzungsarbeit unter den Arbeitern innerhalb des Werkes durchzuführen. Außerdem wurde bekannt, dass Mitglieder dieser Gruppe SPD-Versammlungen in Westberlin besuchen. In der Schmiede sind auch die Republikfluchten stärker als in den anderen Abteilungen. Bei der Rücksprache mit drei Bohrwerkdrehern und einem Anbinder über die Frage der Wettbewerbe und Normen lehnten die Arbeiter jeden Wettbewerb und jede Normenerhöhung ab und erklärten: »Wenn wir streiken könnten, hätten wir es schon längst getan.« Bei dieser Aussprache waren weitere acht Arbeiter zugegen, die die gleiche ablehnende Stellung zeigten. Es ist bekannt, dass sie von älteren, ehemaligen SPD-Mitgliedern dementsprechend beeinflusst werden. In der Schmiede diskutieren die ehemaligen SPD-Mitglieder hauptsächlich gegen die Nationale Volksarmee43 und die Kampfgruppen, die sie mit dem faschistischen Volkssturm vergleichen.
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Im VEB Förderungsanlagenbau Köthen44 brachten ehemalige SPD-Mitglieder zum Ausdruck, dass bewaffnete Zivilpersonen laut Genfer Beschlüsse als unreguläre Truppen bezeichnet werden und bei Gefangennahme auch dementsprechend behandelt würden.45 Sie äußerten sich zu der Ausbildung der Kampfgruppen, dass sie kein Gewehr in die Hand nehmen.
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Im VEB Chemische Werke Buna ist zu verzeichnen, dass besonders unter den Lehrausbildern zur Kampfgruppenausbildung Stellung genommen wird. Der größte Teil erscheint nicht zu den Ausbildungsstunden. Der Meister [Name 4] äußerte, er werde niemals mehr ein Gewehr in die Hand nehmen und rate dies auch anderen.
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Eine ablehnende Haltung zu den Kampfgruppen tritt vor allem im Kreis Neuruppin in Erscheinung. Die Beteiligung an der Ausbildung im Kreis liegt bei 28 %. Der überwiegende Teil der Genossen – vornehmlich alte SPD-Mitglieder – bleiben den Ausbildungsstunden fern.
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Besonders treten pazifistische Tendenzen in [sic!] der Aufstellung einer Nationalen Volksarmee auch im RAW Brandenburg und VEB Bastfaser Fehrbellin im Bezirk Potsdam auf.
SPD-Einfluss zur Ablehnung von Beitragszahlung
In verschiedenen VEB macht sich der SPD-Einfluss dahingehend bemerkbar, dass ein großer Teil der Genossen die Beitragszahlung ablehnt, mit der Begründung, dass sie den Beitrag finanziell nicht tragen könnten. Aber auch andere Begründungen treten auf, die eine gewisse Methode erkennen lassen. Der Genosse [Name 5] im Werk 536 Zwickau46 lehnt die Zahlung des Beitrages ab mit der Begründung, dass sein Schwager in Bautzen in Haft wäre. Im VEB Braunkohlenwerk Profen sind die gleichen Erscheinungen.47 Der Genosse [Name 6, Vorname] brachte zum Ausdruck, dass er keine Beiträge mehr bezahlen will, da sein Sohn wegen einer Schlägerei mit einem Sowjetsoldaten verhaftet wurde und bis jetzt noch nicht zurückkehrte.
Als besonderes Beispiel sei hier das Werk 536 Zwickau erwähnt. So nahmen in diesem Werk nur 40 % an der Kampfgruppenausbildung teil. Am 12.1.1956 waren nur acht Personen (Genossen) vom gesamten Betrieb zur Ausbildung anwesend. In der mechanischen Werkstatt und Werkzeugbau des gleichen Betriebes lehnten von 80 Genossen 30 die Zahlung der Parteibeiträge ab. Der Besuch der Parteiveranstaltungen und Versammlungen im Werk 536 Zwickau beläuft sich auf 30 % der Genossen. 28 Genossen verweigern die Teilnahme am Parteilehrjahr. Der Genosse [Name 6] und der Genosse [Name 7] von der mechanischen Werkstatt des Werkes 536 erklärten: »Ich lebe auch ohne Partei gut.« »Es ist nicht notwendig, dass wir in der Partei so viele Funktionäre haben.« In diesem Werk arbeitet noch ein großer Teil von Arbeitern aus den ehemaligen Konzernbetrieben (Horch-Audi),48 und der überwiegende Teil der Genossen war früher in der SPD organisiert.
SPD-Einfluss gegen die Deutsch-Sowjetische Freundschaft
Im Bezirk Gera macht sich ein verstärkter Austritt aus der DSF bemerkbar. Im VEB Jutewerk und Lederwerk49 wollten zahlreiche ehemalige SPD-Mitglieder aus der DSF austreten. Nur durch sofortigen Einsatz der Partei und DSF bleib die Mehrzahl Mitglied. In der Konsumbrauerei Watzdorf,50 Kreis Rudolstadt, wo früher eine starke SPD-Gruppe bestand, traten von den 30 Mitgliedern der BPO 21 aus der DSF aus. Sie gaben als Begründung an, dass sie so lange nicht wieder der DSF beitreten würden, bis die »Russen« gezeigt hätten, dass sie wirkliche Freunde seien.
SPD-Einfluss zur Durchführung »Freier Wahlen« und Einführung der 40-Stunden-Woche
In der Brikettfabrik Witznitz des VEB Großzössen,51 [Kreis] Borna, werden negative Diskussionen über die Durchführung von »freien Wahlen« geführt. Dieser Betrieb war früher eine Hochburg der SPD. Im Kreisverband der Konsumgenossenschaft Eilenburg macht sich der Einfluss des Ostbüros der SPD wie folgt bemerkbar: So wurden verschiedene Personen mit Hetzschriften vom SPD-Ostbüro angeschrieben, die nicht abgegeben wurden.
Der Konsum erfüllte den Jahresplan für 1955 nicht und der Jahresplan für 1956 wird erst im März 1956 fertiggestellt. Die bevorstehenden Aufgaben werden nur schleppend durchgeführt. Des Weiteren gibt es Diskussionen über die 40-Stunden-Woche.52 So erklärte der Arbeiter [Name 8]: »In der DDR müsste die 40-Stunden-Woche auch eingeführt werden. In der DDR wird doch nichts für die Arbeiter getan.«
SPD-Einfluss zur Bildung der SPD in der DDR
Das LPG-Mitglied [Name 9] aus Holzhausen, [Kreis] Leipzig[-Land], äußerte: »Die Kommunisten können sich hier nie halten. Eine Einheit Deutschlands unter Kommunisten wird es nie geben. Walter Ulbricht ist verhasst, in den Leuna-Werken wäre er bald gesteinigt worden. Der einzige, der sich von der Regierung eventuell halten kann, wäre Grotewohl, weil er ein alter SPDer ist. Die SPD wird siegen.« Der Generatorenarbeiter [Name 10, Vorname] vom VEB Silikatwerke Bad Lausick, [Kreis] Geithain, vertritt folgende Ansicht: »Die jetzige Regierung der DDR muss abtreten. Es muss eine neue Regierung gebildet werden unter Führung der SPD und des Vorsitzes Ollenhauer.«
Beim Rat des Kreises Quedlinburg sowie beim Rat des Kreises Thale53 kommt der Einfluss der SPD in der Form zum Ausdruck, dass versucht wird, besonders treu zur Partei stehende Genossen, die aus der KPD kommen, mit der Begründung, dass sie nicht fachlich qualifiziert wären, aus der Verwaltung abzuschieben. So erklärte u. a. der Leiter der Abteilung Wohnraumlenkung, Genosse [Name 11]: »Bei einer kommenden Wahl wird die SPD als Sieger hervorgehen. Man müsste eine SPD gründen mit W. Wolf54 an der Spitze, er habe das dortige Vertrauen der Bevölkerung und stehe auf dem Boden von Marx und Engels.« Wolf ist Leiter der Abteilung Arbeit und ehemaliger Spitzenfunktionär der SPD.
Gruppenbildung ehemaliger SPD-Mitglieder
In Bautzen wurde 1950 ein ehemaliges SPD-Mitglied als Parteifeind ausgeschlossen. Er unterhält noch Verbindung zu ehemaligen SPD-Mitgliedern, die früher seine engsten Mitarbeiter waren, republikflüchtig wurden und heute in Westdeutschland in verantwortlichen Funktionen im Staatsapparat tätig sind. Er äußerte, dass nach dem Sturz des jetzigen Regimes genügend Funktionäre vorhanden wären, die jetzt ausharren und dann Funktionen eines Staates in Freiheit übernehmen könnten.
In der Gemeinde Großthiemig,55 Bezirk Cottbus, besteht eine Gruppe ehemaliger SPD-Mitglieder, welche sich zeitweilig bei einem ehemaligen SPD-Mitglied treffen und negativ über Maßnahmen der Partei und Regierung sprechen. Im VEB Vereinigte Hutwerke Guben ist es ebenfalls einer Gruppe ehemaliger SPDer unter Ausnutzung ihrer fachlichen Kenntnisse gelungen, Einfluss in der Belegschaft und Verwaltung zu erlangen.
Im Bahnbetriebswerk Saßnitz, [Bezirk] Rostock, war der große Teil der Eisenbahner vor 1933 Mitglied der SPD und ging 1933 zur NSDAP. Nach 1945 organisierten sie sich zum Teil in der SPD, wobei beim Zusammenschluss der beiden Arbeiterparteien verschiedene die Zugehörigkeit zur SED ablehnten. Diese traten besonders am 17.6.1953 negativ in Erscheinung. Die Einstellung dieser Personen hat sich auf den größten Teil der Eisenbahner von Saßnitz übertragen. Der größte Teil von ihnen hört Westsender. Zur Zeit der Rückkehr der Kriegsverurteilten stellte ein Eisenbahner sein Radio auf das Fensterbrett eines geöffneten Fensters und ließ dieses so laut spielen, dass das »Deutschlandlied« weit über die Straße zu hören war.56 Als er von einem VP-See-Offizier auf die Schändlichkeit seiner Handlung hingewiesen wurde, sagte er Folgendes: »In meiner Wohnung kann ich machen was ich will, das geht keinen etwas an, – oder haben wir hier in der Ostzone keine Freiheit mehr?« Anschließend stellte er das Radio noch lauter.
Im Fischkombinat Saßnitz, [Kreis] Rügen, besteht ebenfalls eine Konzentration von alten SPD-Mitgliedern, die zum großen Teil aus der SED wegen Verbreitung sozialdemokratischer Tendenzen ausgeschlossen wurden. Von diesen werden besonders Lohnfragen und die »Verschlechterung« des Lebensstandards in der DDR seit 1953 diskutiert. Zum anderen werden von dieser Gruppe Diskussionen über folgende Fragen geführt: 1. Wer sind überhaupt Walter Ulbricht und Otto Grotewohl? 2. Die Oder-Neiße-Grenze ist nicht rechtmäßig und außerdem wurde sie ja auch nur für die Dauer von zehn Jahren festgelegt.57 3. Es steht fest, dass die Regierung der DDR vor dem 17.6.1953 Fehler gemacht hat. Warum wurde sie nicht auch, wie es in Frankreich der Fall ist,58 abgelöst? Diese Fragen wurden u. a. auch zu einer Gewerkschaftsversammlung von Obengenannten aufgeworfen, sodass das Thema, Auswertung der Beschlüsse des 25. Plenums des ZK der SED, kaum diskutiert wurde.
Weitere Gruppen bestehen im MTS-Bezirk Gademow, [Kreis] Rügen, Rambin, Trent, Zingst, Sagard und Zirkow:
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In Gademow gibt es drei Genossen, die aus der SPD kamen und die weitere ehemalige SPD-Mitglieder um sich scharen. Ihre Argumente richten sich gegen die Jugendweihe.59 Weiterhin treten sie propagandistisch für »freie Wahlen« ein. Ihre Meinung vertraten sie auch in einer öffentlichen Versammlung, wo sie auch zum Ausdruck brachten, lieber bei einem Privatunternehmer als in einem volkseigenen oder genossenschaftlichen Betrieb zu arbeiten.
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In der Gemeinde Rambin, [Kreis] Rügen, besteht eine Gruppe alter SPDer, die offen gegen die Bildung von LPG auftritt und die Großbauern unterstützt. Der Großbauer [Name 12] aus Rambin hat eine Pachtwirtschaft, deren Pacht vor einiger Zeit abgelaufen ist. Das Land sollte der LPG Rothenkirchen,60 [Kreis] Rügen, angegliedert werden. So fuhr der Genosse [Name 13], ehemalig SPD, mit den Großbauern zum Rat des Bezirkes, Abteilung Landwirtschaft, um für ihn zu bürgen, dass er das Land weiterhin behalten konnte.
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In der Gemeinde Gingst, [Kreis] Rügen, unterhält [sic!] der Bürgermeister, ehemaliger 1. Vorsitzender der SPD, und zwei weitere ehemalige SPD-Vorstandsmitglieder, die heute Mitglied der SED sind, enge Verbindung zu bürgerlichen Kreisen. Fast alle führenden Positionen sind von ehemaligen SPD-Mitgliedern besetzt. Die Parteiarbeit ist sehr schlecht und wird, wie es im Volksmund heißt, von der SPD gemacht. Diese alten SPD-Mitglieder treffen sich des Öfteren zum »Skatspielen«.
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In Zirkow, [Kreis] Rügen, besteht eine Gruppe ehemaliger SPDer, die versucht, Genossen, die eine aktive Arbeit leisten, zu beeinflussen.
Der Aufbauleiter beim Rat des Kreises Rostock äußerte: »Ich bin ein alter Sozialdemokrat und bleibe auch einer.« In Halberstadt wurde eine Gruppe von sieben ehemaligen SPD-Mitgliedern festgestellt, die mit Agenten des Ostbüros der SPD, die ehemals in Halberstadt wohnhaft waren, in Verbindung stehen. Die Tätigkeit dieser Personen besteht vor allem in der Sammlung von Material über Stimmung und Lage, welches an die Agentenzentrale durch Kurier übermittelt wird. Im Rathaus Eichwalde, [Bezirk] Potsdam, ist eine Konzentration von ehemaligen SPD-Mitgliedern zu verzeichnen, die heute Mitglied der SED sind. Diese Personen erkennen die Parteidisziplin nicht an, nehmen nicht am Parteilehrjahr teil, suchen laufend Westberlin auf und tätigen da selbst Einkäufe. Der Genosse [Name 14] verkehrt sogar mit einer republikflüchtig gewordenen weiblichen Person, die Mitglied der CDU ist.
In Gielow, [Bezirk] Neubrandenburg, sind ca. 60 Personen aus der CDU ausgeschlossen worden, die sich mit einem Teil der SPD-Mitglieder in negativer Hinsicht verschmelzen. Unter diesen SPD-Mitgliedern gibt es eine Reihe von Personen, die direkte Verbindung nach Westberlin und Westdeutschland unterhalten. In Weida, [Kreis] Gera[-Land], wurde bekannt, dass sich in einer Gaststätte Personen treffen, welche früher zum größten Teil Mitglieder der SPD waren. Der Wirt dieser Gaststätte war früher ebenfalls Mitglied der SED. In Tiefensee, [Bezirk] Frankfurt/O., wandten sich alle republikflüchtigen Personen an den Lehrer [Name 15], der heute noch stolz darauf ist, dass er vor 1933 Ortsvorsitzender der SPD war, und ließen ihre Angelegenheit durch ihn erledigen. Es ist bisher in dieser Gemeinde nicht gelungen, eine LPG zu gründen.
SPD-Einfluss zum XX. Parteitag der KPdSU61
Am 24.2.1956 fand die 2. Kreisfunktionärskonferenz der SPD des Kreises Berlin-Friedrichshain statt.62 Hier führte der Referent Neubauer63 zum XX. Parteitag Folgendes aus: »Interessant erscheint, was Ulbricht nun tun wird, nachdem ihm in Moskau beim Parteikongress seine Felle weggeschwommen sind. Was in Moskau geschah, ist eine sensationelle Wendung in der Geschichte der KPdSU. Auffällig ist vor allem, dass aus den Buchhandlungen der Ostzone und Ostberlins die Werke Stalins verschwunden sind. Dies seien nach Meinung Chruschtschows plumpe Geschichtsfälschungen. Der Initiator der Revolution war weder Stalin noch Lenin, sondern Trotzki.64 Aber trotzdem sind viele Trotzkisten hingerichtet worden und diese Hinrichtungen müssen nach Ansicht der sowjetischen Partei rehabilitiert worden.«
In den Bezirken treten folgende Äußerungen von ehemaligen SPD-Mitgliedern in Erscheinung:
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Genossen aus Neustadt, [Kreis] Kyritz, äußerten: »Die SPD hat doch recht behalten, weil sie schon seit Jahrzehnten der Meinung ist, dass durch einen parlamentarischen Kampf der Sozialismus auch in einem kapitalistischen Land aufgebaut werden kann.«65
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Ein Genosse vom Rat des Bezirkes Dresden sagte: »Da haben die von uns (SPD) doch recht gehabt, dass der Sozialismus über das Parlament zu erreichen ist.«
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Der Angestellte [Name 16] (SED) von der Kreisgeschäftsstelle der Industrie- und Handelskammer Rostock erklärte: »Der XX. Parteitag gibt der Politik der SPD vollkommen recht, denn jetzt hat man erkannt, dass man auch auf dem parlamentarischen Wege zum Sozialismus kommt. Ich bin gespannt, wie man sich nun Ollenhauer gegenüber verhalten wird. Unter meinen bekannten Genossen sind jetzt viele Unklarheiten entstanden, – keiner weiß, was er überhaupt noch glauben soll.«
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Ein ehemaliges Mitglied der SPD aus Zeulenroda, [Bezirk] Gera, äußerte: »Auf dem Parteitag in Moskau wurde von Chruschtschow über neue ökonomische Veränderungen in der SU gesprochen. Auch die Politik Stalins wurde einer scharfen Kritik unterworfen. Aus diesem Grunde sind auch die geschriebenen Werke Stalins überflüssig und der Stalinismus wird durch den Leninismus ersetzt.«
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Ein Genosse im VEB Glaswerk Schwepnitz,66 [Kreis] Kamenz, sagte zum XX. Parteitag: »Man hört auf dem XX. Parteitag gar nichts von Stalin, es muss doch von Stalin etwas falsch gemacht worden sein. Ich hatte schon immer eine leise Ahnung, dass in der Parteipolitik viele Fehler gemacht werden.«
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Der Fahrdienstleiter vom Bahnhof Annaberg erklärte: »Der XX. Parteitag der KPdSU wird auch eine neue Linie für unsere Partei bringen, denn Genosse Chruschtschow hat erklärt, dass man auf parlamentarischem Wege zum Sozialismus kommen kann.«
IV. Methoden der Tarnung dieser Feindtätigkeit sowie der Einflussnahme auf die Bevölkerung
Die alten SPD-Mitglieder, die nicht aus Überzeugung Mitglied der SED geworden sind, insbesondere aber die wegen parteifeindlichen Verhaltens aus der SED ausgeschlossenen Personen, bedienen sich verschiedener Methoden ihre Feindtätigkeit zu tarnen und Einfluss auf die Bevölkerung zu erlangen.
Aus dem Bezirk Magdeburg wurde bekannt, dass sich die alten SPD-Mitglieder sowie auch ausgeschlossene Personen, insbesondere in den Baugenossenschaften, Konsum und Siedlergenossenschaften, dem Verband der Kleingärtner und Kleintierzüchter sowie besonders in Gardelegen im Geflügelzuchtverein konzentrieren und von da aus ihren Einfluss auf die Bevölkerung geltend machen.
Aus dem Bezirk Leipzig wird bekannt, dass sich ehemalige SPD-Mitglieder in der NDPD organisiert haben und dort ihren Einfluss auf die Mitglieder ausüben. Insbesondere tritt dies in den Kreisen Altenburg und Grimma in Erscheinung. Im Bezirk Dresden ist zu verzeichnen, dass sich die aus der Partei ausgeschlossenen Personen in Privat- und Handwerksbetrieben konzentrieren, wobei es sich in der Mehrzahl um alte SPD-Mitglieder handelt. Außerdem gibt es besonders im Kreise Bischofswerda, [Bezirk] Dresden, Anzeichen, indem sich alte SPD-Mitglieder in Skatklubs und Gesangsvereinen zusammenfinden und so ihren Einfluss auf die Bevölkerung geltend machen. Weiter wird aus Freital, [Bezirk] Dresden, berichtet, dass in einem Betrieb ein Toto-Klub besteht, in dem sich vor allem alte SPD-Angehörige zusammenfinden.
In Zepernick, [Kreis] Bernau, besteht der Gesangsverein »Liederfreunde«, wovon 23 Mitglieder neun ehemalige SPDer und jetzt Genossen der Partei sind. Diese Genossen leisten aber keine Parteiarbeit und diskutieren negativ. Im Bezirk Neubrandenburg ist zu verzeichnen, dass sich alte SPD-Mitglieder in Stadt- und Gemeindeverwaltungen sowie ehemalige aus der SED ausgeschlossene SPD-Mitglieder sich in der DBD organisieren. Im Bezirk Frankfurt/O. wurde bekannt, dass Konzentrationen alter SPD-Mitglieder auch in Sportgemeinschaften erfolgen.
Ähnliche Methoden der Tarnung sowie der Einflussnahme auf die Bevölkerung gibt es auch in anderen Bezirken, wodurch diese Personen die Möglichkeit erhalten, auf legalem Wege ihre feindlichen Ansichten zu verbreiten. Der hauptamtliche Mitarbeiter des »Ostbüros der SPD« »Wallmann« erklärte einer zuverlässigen Agentur Folgendes: »Sie haben in der letzten Zeit einen großen Stimmenzuwachs erhalten und haben selbst in der ›Ostzone‹ 750 000 ›Genossen‹ und Nichtparteimitglieder, die für sie arbeiten und in Wirklichkeit die Ziele der SPD vertreten. Sie schätzen in drei bis vier Jahren soweit zu sein, um öffentlich aufzutreten. Das wird folgendermaßen vor sich gehen: Ein von ihnen beauftragter Genosse wird auf einem Bezirkstag der SED öffentlich für die SPD sprechen. Man wird dann eine Entschließung annehmen, die rein den Zielen der SPD entspricht. Daraufhin wird vom ZK ein neuer Bezirkstag einberufen werden, die SPD wird aber so stark sein, dass sie wieder durchkommen. Das wird dann der Anlass zu einem außerordentlichen Parteitag sein. Auf diesem Parteitag wird die SPD so stark vertreten sein, dass das ZK der SED weggefegt wird und sie ihre Ziele durchsetzen können. Die Arbeit in dem Bezirkstag kann sogar auf einmal drei Stellen erfolgen. [sic!] Jedoch werden alle anderen Bezirke und Kreise ruhig bleiben und erst zum Parteitag, wenn das alte ZK abgelöst ist, öffentlich auftreten. Damit, wenn irgendetwas nicht klappen sollte, nicht alle verraten werden.« In seinen weiteren Ausführungen sprach er davon, dass Altenburg und Magdeburg als Hochburgen der SPD anzusehen sind und dass sie dort ihre meisten Leute haben. Ebenfalls erklärte er noch, dass sie auch in jedem Staatssekretariat, Ministerium, im ZK und im Büro des ZK ihre Leute haben.
V. Einige Ursachen der negativen und feindlichen Haltung alter SPD-Mitglieder
Die Ursache der feindlichen Haltung alter SPD-Mitglieder ist darin begründet, dass ein Teil dieser Mitglieder die Vereinigung 1946 nicht aus Überzeugung mitmachte, sondern teilweise nur um ihre Funktionen zu halten bzw. in der Hoffnung, die SED würde den alten Weg der SPD fortsetzen. Diese Erscheinung tritt in allen Bezirken zutage. Eine weitere Ursache für die feindliche und ablehnende Haltung ist die Verbindung, die alte Funktionäre der SPD, welche 1946 und nachdem [sic!] nach Westdeutschland flüchteten, heute noch zu ehemaligen SPD-Mitgliedern in der DDR unterhalten. Diese Erscheinung ist besonders stark in den Bezirken Magdeburg und Dresden zu verzeichnen.
VI. Die Situation im Landesverband der SPD im demokratischen Sektor Berlins und der Einfluss des Ostbüros auf diesen Verband
Nach dem Jahrbuch 1954 des SPD-Landesverbandes Berlin67 beläuft sich die Mitgliederzahl im demokratischen Sektor auf 6 932. Im Einzelnen gliedern diese sich auf die Kreise wie folgt auf:
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Mitte 603,
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Prenzlauer Berg 1 580,
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Friedrichshain 909,
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Treptow 603,
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Köpenick 737,
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Lichtenberg 1 050,
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Weißensee 476,
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Pankow 974.
Die Zahl der Mitglieder in ganz Berlin hat sich bis 1.1.1955 auf etwa 39 000 erhöht. Bei der Einschätzung muss jedoch berücksichtigt werden, dass eine Überalterung der Mitgliedschaft im demokratischen Sektor zu verzeichnen ist.
Die Tatsache, dass die Kreisvorsitzenden von Weißensee und Friedrichshain Mitglied des Bonner Bundestages sind, bleibt nicht ohne Auswirkungen auf den politischen Zustand ihrer Kreisorganisationen. Insbesondere in deren Wohnbereichen befindet sich der größte Teil der SPD-Mitglieder dieser Bezirke. Von der Vorsitzenden in Weißensee, Gretel Heise,68 wurden bisher alle Vorschläge der SED für eine Zusammenarbeit strikt abgelehnt. Die Heise unterhält engen Kontakt zu den rechten SPD-Führern Suhr,69 Brandt70 und Lipschitz71 in Westberlin. Gegenwärtig hat sich die SPD im demokratischen Sektor Berlins als Hauptaufgabe die Gewinnung neuer Mitglieder gestellt.
Im Durchschnitt führt die SPD innerhalb von zwei Monaten zwei Abteilungsversammlungen durch. Während diese im demokratischen Sektor stattfinden, werden die Mitgliederversammlungen der genannten Kreisorganisationen in Westberlin durchgeführt. Darüber hinaus finden in Westberlin öffentliche Versammlungen der Kreisorganisationen des demokratischen Sektors statt, die teilweise mit Filmvorführungen verbunden sind. Zu diesen Versammlungen werden sympathisierende Bürger des demokratischen Sektors eingeladen. In fast allen Referaten auf diesen Versammlungen kommt die feindliche Einstellung zur SU und DDR zum Ausdruck. Bei einer am 20.12.1955 in Friedrichshagen stattgefundenen Weihnachtsfeier der SPD äußerte sich ein Funktionär dahingehend, dass es im nächsten Jahr sowieso andersherum kommt. Die DDR wird wirtschaftlich z. B. dadurch kaputtgemacht werden, dass man den Wechselkurs auf einmal ganz niedrig hält. Man wird ihn vielleicht auf 1 : 2 oder 1 : 3 bringen, damit unsere Bevölkerung in Westberlin einkaufen geht. Durch diese beabsichtigte Maßnahme würde man die DDR zu einer Preissenkung zwingen.
Im Mitteilungsblatt des SPD-Kreisvorstandes Köpenick, das jedes SPD-Mitglied des Kreises erhält, wird in der Dezember-Ausgabe u. a. ein Kommentar »Sind die volkseigenen Betriebe eine Errungenschaft« gegeben. In diesem Kommentar wird in aggressiver Form die Feststellung getroffen, dass die volkseigenen Betriebe nach sogenannten staatskapitalistischen Grundsätzen aufgebaut sind und nicht einmal als ein Fortschritt angesehen werden können. Zum Schluss wird in diesem Kommentar wörtlich Folgendes gesagt: »Aus dieser Charakterisierung der sowjetzonalen VEB ergibt sich, dass bei einer Wiedervereinigung entscheidende Veränderungen an der Struktur und im Wesen der VEB notwendig sein werden. Trotzdem wäre eine Reprivatisierung nicht zu verantworten. Allerdings entbehren die sogenannten VEB bis heute einer echten gesetzlichen Grundlage, die ein zukünftiges gesamtdeutsches Parlament erst schaffen müsste.«72
Vor einiger Zeit wurden in Berlin-Wannsee Wochenendschulungen durchgeführt, an denen aus jedem Kreis des demokratischen Sektors ca. 30 Mitglieder und Funktionäre teilgenommen haben. Dabei soll es sich um Kommunalpolitische Lehrgänge handeln. Außerdem werden vom Landesvorstand Berlin der SPD für Mitglieder aus dem demokratischen Sektor Fahrten nach Westdeutschland organisiert, die z. T. vom Kaiser-Ministerium73 finanziert werden.
Bei dem 1. Kommunalpolitischen Lehrgang der SPD des Kreises Weißensee wurde von einem SPD-Funktionär des Kreises Weißensee erklärt, »dass wir uns trotz fehlgeschlagener Konferenz auf den Tag X74 vorbereiten müssen, damit wir dann in der Lage sind, die Verwaltung des Ostens mit zu übernehmen«.
Auf Kosten des Landesvorstandes der SPD wurden in den letzten Monaten weiterhin Jungsozialisten nach Westdeutschland, Jugoslawien, Italien und Frankreich delegiert, um sich mit den Verhältnissen in diesen Ländern vertraut zu machen. Das August-Bebel-Institut Berlin W 35, Zietenstraße 18,75 führt mit Herbstbeginn 1955 wiederum Kurse durch, in denen u. a. auch Themen behandelt werden, die einen negativen Inhalt gegenüber der SU und DDR haben. Dabei ist vorgesehen, diese Lehrgänge in mehreren Stadtteilen, besonders in der Nähe der Sektorengrenzen, durchzuführen, um den »Mitbürgern im Ostsektor« die Teilnahme zu erleichtern.
Eine starke Konzentration von SPD-Mitgliedern gibt es im Straßenbahnhof Lichtenberg, wo die Zahl zwischen 80 und 100 Mitgliedern liegt. Schwerpunkte in der Besetzung mit SPD-Mitgliedern sind die verschiedenen Abspannwerke, wo in einigen die Zahl der SPD-Mitglieder höher als die der SED-Mitglieder ist. In den übrigen Betrieben des demokratischen Sektors ist zu verzeichnen, dass der Einfluss der SPD besonders in den Fragen der Norm- und Lebensverhältnisse zum Ausdruck kommt sowie in der Forderung nach »freien Wahlen«.
Im Allgemeinen übt die SPD auf die Bevölkerung keinen großen Einfluss aus. Die Schwerpunkte besonders starker Konzentrationen in den Wohngebieten sind:
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der Bezirk Prenzlauer Berg, insbesondere die Lychener und Glenirstraße,76
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der Bezirk Weißensee, besonders die Stadtrandsiedlung und die Niles-Siedlung in Malchow,
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der Bezirk Lichtenberg, besonders die Ortsteile Biesdorf, Kaulsdorf und Mahlsdorf.
Finanziell wird die SPD durch Geschäfts- und Handwerkerkreise unterstützt.
Um Masseneinfluss zu gewinnen, werden von der SPD Eintrittskarten für Veranstaltungen in der Waldbühne in Westberlin verkauft. In letzter Zeit wurden die Kreisvorstände vom Landesvorstand der SPD angewiesen, Ermittlungen über republikflüchtige Personen im demokratischen Sektor einzuholen.
Der aktivste Teil der SPD-Mitglieder im demokratischen Sektor sind die gewählten Funktionäre. Sie nehmen im Allgemeinen regelmäßig an den Versammlungen und Funktionärsbesprechungen teil. Bei den Neuwahlen tritt in Erscheinung, dass ein großer Teil der bisherigen Funktionäre wieder aufgestellt wird und dadurch schon seit Jahren die gleichen Mitglieder zum Funktionärskörper gehören. An den Abteilungsversammlungen nehmen durchschnittlich 30 bis 50 % der Mitgliedschaft teil.
Die Mitglieder der SPD im demokratischen Sektor erhielten von ihren Kreisvorständen die Anweisung, bei Diskussionen, die SED-Mitglieder mit ihnen führen wollen, sich passiv zu verhalten und die Personen an das betreffende Kreisbüro der SPD zu verweisen. Der Kreis Friedrichshain wirkt in der Form auf seine Mitglieder ein, dass diese bei Diskussionen zwischen »SED- und SSD-Mann« unterscheiden sollen. Wenn sie durch letztere angesprochen werden, dann haben sie dies sofort dem Kreisvorstand mitzuteilen.
Die an den öffentlichen Versammlungen in Westberlin als Gäste teilnehmenden Personen aus dem demokratischen Sektor erhalten beim Einlass einen Zettel, auf dem an sie die Frage gerichtet wird, wie ihnen die Versammlung gefallen hat und ob sie wünschen, zu den nächsten Versammlungen wieder eingeladen zu werden.
Über die Arbeiterwohlfahrt gibt die SPD weiterhin Gutscheine für Lebensmittelpakete an Rentner und minderbemittelte Personen aus, die dann im Haus der Arbeiterwohlfahrt in der Möckernstraße in Westberlin abgeholt werden müssen. Durch diese Maßnahme schafft sich die SPD einen großen Kreis mit ihr sympathisierender Personen.
Zur Gewinnung der Jugend werden Jugendveranstaltungen wie »Jugend-Revue« durchgeführt, bei deren Gestaltung den Interessen der Jugend Rechnung getragen wird und die einen regen Zuspruch finden. Durch SPD-, DGB- und DAG-Mitglieder wurden zu jeder Veranstaltung ca. 22 000 Karten im demokratischen Sektor umgesetzt. Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass dieser Einfluss auch auf eine ganze Reihe von Kollegen in den Betrieben ausgeübt wird. So ist die Tatsache zu verzeichnen, dass im VEB TRO »Karl Liebknecht« allein zu einer Veranstaltung in der »Waldbühne« 1 800 Karten verkauft werden konnten.
Um ihren politischen Einfluss zu verstärken, plant die SPD für das Jahr 1956 die Durchführung weiterer Veranstaltungen in Westberlin für Bewohner des demokratischen Sektors. Außer vier »Waldbühnen«-Veranstaltungen im nächsten Jahr 1956 [sic!] sind bereits jetzt für Monat Februar acht Veranstaltungen für Bürger des demokratischen Sektors vorgesehen, bei denen ein Politisches Kabarett gezeigt und leitende Funktionäre der SPD mit den anwesenden Personen sprechen werden. Die Verteilung der Karten erfolgt durch die Kreisvorstände der SPD im demokratischen Sektor. Der Preis der Karte beträgt 1,00 DM. Sechs Veranstaltungen finden im Konzertsaal der Grünthaler Straße statt.
Am 15.1.1956 fand eine außerordentliche Delegiertenkonferenz der »Jungsozialisten«77 und »Falken«78 statt. Die Teilnehmer der Konferenz nahmen eine Resolution an, in der die Forderung erhoben wird, Berlin zum Auffanglager aller jungen Menschen zu machen, die den Kriegsdienst in Ost- und Westdeutschland verweigern.79 Diese Resolution soll, als Flugblatt gedruckt, über das Gebiet der DDR abgeworfen werden.
Aus dem Kreis Prenzlauer Berg wird uns mitgeteilt, dass gegen die SPD-Mitglieder, die im Dezember v[origen] Jahres an einer Versammlung der SED in der Schule Dunckerstraße, zu der auch der Kreisvorsitzende der SPD eingeladen war, teilgenommen haben, ein Parteiverfahren eingeleitet wird. Die Mitgliedsbücher wurden ihnen bereits abgenommen. Es handelt sich hierbei um acht bis zehn SPD-Mitglieder.
Nach vorliegenden Meldungen wird der 13. Landesparteitag der SPD in Berlin voraussichtlich am 7./8.4.1956 in der »Freien Universität« durchgeführt.80 Der Landesparteitag soll den Charakter einer Arbeitstagung tragen. Neue Wahlen werden nicht durchgeführt, es werden nur Delegierte zum Parteitag der SPD, der im Mai 1956 in München stattfindet,81 gewählt.