Arbeitsorganisation in den Werften
7. Juni 1956
Sonderinformation – Betrifft: Arbeitsorganisation in den Werften [Information Nr. M121/56]
Da die Arbeitsorganisation in den Werften nicht funktioniert, machen sich die bewussten und fortschrittlichen Kräfte in den Werften Gedanken, wie man eine Veränderung durchführen kann. Unverkennbar herrscht über den schlechten Zustand in dieser Hinsicht Missstimmung oder Gleichgültigkeit und Verantwortungslosigkeit, die wiederum eine Folge der vorhandenen Zustände ist [sic!].
In der Warnow-Werft in Warnemünde gibt es im Schiffbau unter Meistern und Brigadieren solche Überlegungen wie z. B. Kommissionen einzusetzen zur Überprüfung und Veränderung des vorhandenen Zustandes, besonders zur schlechten Arbeitsorganisation. Brigadiere erklärten: »Was nützt uns der schönste Brigadeplan, wenn die Realität durch schlechte Arbeitsorganisation nicht gewährleistet ist.« Sie machen sich Gedanken darüber, wo die Unfähigkeit von Wirtschaftsfunktionären aufhört und die Sabotage beginnt. Es werden Abteilungsleiter, wie z. B. Bentfeld, parteilos, aus der Schiffsbauhalle, kritisch beobachtet und es wird von ihm gesagt, dass er wohl gute theoretische Kenntnisse habe, er aber praktisch eine Null sei, weil er keine Übersicht über laufende Arbeitsaufträge in seiner Abteilung hat und deshalb die Arbeit nicht steuern kann.
Andererseits wirkt sich der mangelnde Materialfluss und überhaupt die fehlende Initiative und das Verantwortungsgefühl, diesen Zustand zu verändern, erschwerend auf den gesamten Arbeitsprozess aus. In der Schiffsbauhalle existieren ein Ingenieur, zwei Abteilungsleiter und drei Meister, die keinerlei Brigaden zu leiten haben, also vollkommen für sich arbeiten und monatlich über 700 DM mit nach Hause nehmen und nicht wissen, wofür sie das bekommen, aber der Zustand in der Arbeitsorganisation verschlechtert sich immer mehr. Das alles wirkt sich auf die gesellschaftliche Arbeit im Betrieb schlecht aus. Die Schlosser und Schiffbauer sagen immer wieder: »Seht man erst zu, dass ihr dieses Wirrwarr beseitigt bekommt, damit wir einer geregelten Arbeit nachgehen können.«
Unter den Brigaden besteht oftmals der Wunsch nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Von den Brigadieren [Name 1] und [Name 2], beide Mitglied der SED, wurde der Wunsch geäußert, einmal bis zu höchsten Stellen zu fahren und dort diesen Zustand vor[zu]bringen, weil der »Wasserkopf« in der Werft nicht dazu fähig ist. An einem Beispiel (gelinde Ausdrücke Verschwendung) wird charakterisiert, wohin das alles führt.
Am 16.5.1956 musste ein Brenner der Abteilung Kleinteilbau kleine Bleche (15 mm stark) in [der] Größe von 30 × 40 cm schneiden. In der Halle liegen genügend solche Stücke herum, jedoch wurde eine Platte von 2 × 3 m verwendet, um diese Teilchen herauszuschneiden. Diese Beispiele können beliebig erweitert werden, wo die kostbaren Außenplatten zerschnitten werden und halb in den Schrott wandern. Der Meister [Name 3] äußerte auf die Frage nur: »Ich habe keine Zeit, mir derartige Abfälle zusammenzusuchen und übrigens ist der Auftrag dringend und mir wurde das Material zugewiesen, so wird es eben daraus gemacht.« Der Meister [Name 4] aus der Schiffbauschlosserei der Warnow-Werft äußerte sich zu demselben Problem, indem er sagte: »Mir kommt es manchmal so vor, als wenn diese schlechte Arbeitsorganisation bewusst von bestimmten Leuten organisiert wird und von irgendeiner Stelle, ich sage es offen, Sabotage verursacht wird, um die Arbeiter unzufrieden zu machen. Es ist an der Zeit, dass eine Kommission gebildet wird, die genau überprüft, wo die Ursache für solche Schwächen und Fehler liegen. Es ist eine bewusste Sache, so muss man diese Leute öffentlich vor der Belegschaft entblößen und bestrafen.«