Auswertung der Publikation »SED-Opposition« des SPD-Ostbüros
13. April 1956
Auswertung der »Hetzschrift SED-Opposition« Brief 16 (Märzausgabe 1956) [Information Nr. M85/56]
(Umfang der Verbreitung dieser Hetzschrift noch nicht bekannt.) Diese Hetzbroschüre mit der Überschrift: »XX. Parteitag der KPdSU und die SED«1 verfolgt offensichtlich das Ziel:
- 1.)
Das Vertrauen zum Genossen Walter Ulbricht und dem Zentralkomitee zu unterminieren und
- 2.)
einen Keil zwischen die Mitglieder und die Führung unserer Partei zu treiben.
Dazu benutzen sie die auf dem XX. Parteitag geübte Kritik des Personenkults gegenüber dem Genossen Stalin sowie anderer festgestellter Mängel und Fehler, die auf dem XX. Parteitag Gegenstand der Diskussionen waren.2 Diese Kritik wird in entstellter Form wiedergegeben und mit folgenden hetzerischen Argumenten verbunden:
- –
Die Organisatoren und Inspiratoren dieser Führerverherrlichung – es dürfte bekannt sein, dass dies meist von Walter Ulbricht selbst in Szene gesetzt worden ist – müssen angesichts der auf dem XX. Parteitag erfolgten Verurteilung des Personenkults wegen parteischädigenden Verhaltens zur Verantwortung gezogen werden.
- –
Wir fordern ein Parteiverfahren gegen die Verantwortlichen, die in sechs Beschlüssen und offiziellen Erklärungen der Partei die fehlerhafte Schrift Stalins »Ökonomische Probleme des Sozialismus« in höchsten Tönen priesen und die Partei und Massenorganisationen zu ihrem Studium verpflichteten.3
- –
Es ist von Walter Ulbricht und den anderen Einpeitschern des »Kurzen Lehrgangs« öffentlich Rechenschaft zu fordern über die fehlerhafte Schulungspolitik der letzten sechs Jahre und die Propagierung eines Lehrbuches, das, wie jetzt öffentlich zugegeben wird, nicht auf historischen Tatsachen beruht.4 Wir erwarten, dass Walter Ulbricht selbstkritisch eingesteht, diese entscheidenden Fehler aus kriecherischer Unterwürfigkeit gegenüber Stalin begangen zu haben.
- –
Die Entwicklung stellt die Führer unserer Partei vor die gebieterische Notwendigkeit, eine sofortige Überprüfung aller in den Jahren 1945 bis 1956 ausgeschlossenen und verhafteten Funktionäre und Mitglieder unserer Partei vorzunehmen und alle unschuldig ausgeschlossenen und verhafteten Genossen zu rehabilitieren.
- –
Im Sinne der neuen Erklärungen auf dem XX. Parteitag halten wir es für unbedingt erforderlich, die sofortige Veröffentlichung des Leninschen Testamentes über die Nachfolgerschaft in der Parteiführung … Die wichtigsten Parteidokumente der KPD, vor allem aus der Zeit 1918 bis 1930, sofort zu veröffentlichen.
- –
Walter Ulbricht hat im September 1948 A. Ackermann5 gezwungen, seine völlig richtige These zurückzunehmen und eine demütigende Selbstkritik zu üben.6 Ulbricht und die Ulbricht-Einpeitscher haben somit viele Jahre lang die Anhänger einer richtigen These diffamiert, beschimpft und zur Selbstkritik gezwungen … Dafür müssen sie zur Verantwortung gezogen werden.