Berichtigung zur Information vom 1.6. über die Heinrich-Mann-Schule
11. Juni 1956
Berichtigung zur Sonderinformation vom 1. Juni 1956 über Vorkommnisse am 30. Mai 1956 an der Heinrich-Mann-Oberschule in Erfurt (6. Bericht) [Information Nr. M130/56]
Nach nochmaliger Überprüfung wurde Folgendes festgestellt: Am 30.5.1956 wurde wie jedes Jahr ein Freudenfeuer durchgeführt. Von den Schülern wurde schon lange darüber gesprochen, dass man in diesem Jahr ebenfalls so etwas machen will. Die Schüler haben sich gefreut, dass nun endlich die vier Jahre vorbei sind und sie ihre Prüfung bestanden haben. Das war der Anlass zu dieser Veranstaltung, wobei es allerdings zu Überspitzungen kam.
Die Äußerungen, die vor den Wohnungen der Lehrer [Name 5] und [Name 6] getätigt wurden und auch beim Parteisekretär, Genossen [Name 4], sind stehende Redensarten derselben. Überspitzungen kamen nur vor dem Hause des Genossen [Name 4] vor. Die vorhandene Stimmung wurde von einigen Schülern (Kinder von Intelligenzlern, die keine fortschrittliche Einstellung der DDR gegenüber haben) ausgenutzt. Die Äußerung wie z. B. »Mambo am Galgen« fand Widerstand bei einem großen Teil der noch anwesenden Schüler, welche durch Pfuirufe zum Ausdruck brachten, dass sie mit diesen Äußerungen nicht einverstanden sind.
Da das Vorkommnis überprüft wurde, haben die negativ eingestellten Personen, welche als Hauptschreier fungierten, wie [Name 10, Vorname], [Name 11, Vorname] und [Name 12, Vorname], sich freiwillig gestellt und auch zugegeben, dass sie diese Äußerungen gebrauchten. Für ihr Verhalten entschuldigten sie sich bei den einzelnen Personen. Die Klasse 12a beschloss von sich aus bei den Bewohnern der Häuser, wo sie ruhestörenden Lärm verursachten, sich für ihr Benehmen zu entschuldigen.
Dieser ganze Vorfall hätte durch den Parteisekretär, Genossen [Name 4], verhindert werden können. Er hat selbst an dem Freudenfeuer teilgenommen und konnte aufgrund seiner Autorität als Lehrer dasselbe in bestimmte Bahnen lenken oder zumindest Überspitzungen, welche vorkamen, verhindern. Genosse [Name 4] hat die ganze Sache anfangs ebenfalls als Scherz angesehen. In einem Gespräch mit ihm gab er zu, dass er eine gewisse Schuld daran hat. Einige Schüler, in den meisten Fällen Kinder von den Intelligenzlern, treten an der Schule etwas frech auf, weil sie wissen, dass in gewisser Hinsicht etwas Nachsicht bei ihnen geübt wird.
Zusammenfassend kann man sagen, dass es sich bei diesem Vorfall um keine vorbereitete organisierte Feindtätigkeit handelt. Die Verbrennung von Schmierheften ist eine Tradition an manchen Oberschulen. Die fröhliche Stimmung wurde von einzelnen Personen, welche eine negative Einstellung haben, ausgenutzt. Die FDJ-Organisation hat es nicht verstanden, so etwas zu organisieren bzw. dies in die Hand zu nehmen.
Ergänzend zur Lage an der Heinrich-Mann-Oberschule ist zu sagen, dass sich die Schüler nur aus ca. 30 % Arbeiter- und Bauernkindern zusammensetzt und die übrigen 70 % sind Kinder aus kleinbürgerlichen Kreisen. Unter dem Lehrkörper gibt es drei bürgerliche Lehrer, welche eine negative Einstellung zur DDR haben und einige negative Äußerungen im Unterricht verwenden. Der Lehrer [Name 13] (parteilos) äußerte zur Situation, dass sie als Junglehrer mit sehr viel Prüfungen überlastet wären und dass sie keine Zeit finden, sich um die Erziehung der Schüler zu kümmern und die »alten« Lehrer kein Interesse daran haben.
An der Heinrich-Mann-Oberschule gibt es eine Parteigruppe, welche sechs Mitglieder umfasst. Diese setzt sich zusammen aus vier Lehrern und zwei Schülerinnen. Es fehlt die Verbindung zu den Parteilosen. Die FDJ-Organisation ist schwach und kümmert sich wenig um die Jugendlichen. Der hauptamtliche FDJ-Sekretär ist durch die Atmosphäre an der Schule verbürgerlicht.