Besuche der sowjetischen Delegation (2)
10. Januar 1956
2. Bericht über die Stimmung anlässlich der Besuche der sowjetischen Delegation [Information Nr. M4/56]
Der Besuch des Genossen Woroschilow1 hat im VEB Zeiss Jena einen positiven Eindruck hinterlassen. Unter den Wissenschaftlern der Hauptabteilung war ein wahrer Internationalismus festzustellen und besonders das schlichte und einfache Auftreten, trotz der hohen Staatsfunktion, welche er innehat, wurde bewundert.
Ein Werktätiger berichtete: »Ich habe mich während der Kundgebung zu verschiedenen Gruppen gestellt, um ein übersichtliches Bild zu bekommen. Überall konnte ich feststellen, dass die Menschen die Rede des Genossen Woroschilow aufmerksam verfolgten und ihre Verbundenheit zur Sowjetunion zum Ausdruck brachten. Ich hörte auch Diskussionen, wo die Kolleginnen und Kollegen die Meinung vertraten, dass sich unsere Funktionäre auch befleißigen müssten, in dieser Form zu den Arbeitern zu sprechen, wie es Genosse Woroschilow tat.«
Prof. Dr. Görlich2 sagte: »Ein Teil der Wissenschaftler hat zum Ausdruck gebracht, dass ihnen das Staatsoberhaupt der UdSSR Kraft gegeben hätte für ihre zukünftigen Ziele und Aufgaben und damit für die Erhaltung des Arbeitsplatzes. Als Beispiel möchte ich Dr. Tiedeken3 anführen, welcher mich am Sonnabend anrief und mitteilte, dass ihn der Besuch von Woroschilow sehr beeindruckt habe und ich nicht böse sein solle, wenn er heute mit Nebensächlichkeiten zu mir kommen müsse.«
Die Genossin [Name 1] (Angestellte in der Kaderabteilung) sagte: »Für mich war dieser Besuch ein ganz besonderes Erlebnis, diesen Genossen persönlich in unserem Werke begrüßen zu dürfen. Wenn ich mich an die Jahre der Arbeiterbewegung erinnere und daher schon viele Genossen der Sowjetunion sprechen gehört habe, so habe ich mir immer gewünscht, einmal einen solchen Genossen sehen zu dürfen. Und so sind mir heute bei diesem Besuch die Tränen vor Freude aus den Augen gekommen.«
Bezirk Leipzig
Aus dem VEB VTA Leipzig wird uns dazu Folgendes bekannt: An der Kundgebung beteiligten sich insgesamt ca. 2 000 Arbeiter und Angestellte. Die Stimmung der Kollegen kann als gut bezeichnet werden. Nur wenige Personen verließen den Demonstrationszug vom Werk bis zum Dimitroffplatz. Über die Ausführungen des Genossen Woroschilow wird von den Arbeitern und Angestellten positiv gesprochen.
Die Äußerung der Angestellten [Name 2] aus dem VTA ist für viele charakteristisch: »Unter den Teilnehmern an der Kundgebung auf dem Dimitroffplatz herrschte wirklich eine gute Stimmung. Viele der Teilnehmer waren darauf bedacht, dem Genossen Woroschilow in der Nähe zu sehen und wechselten ständig die Plätze. Es war festzustellen, dass von Arbeitern spontan vor Begeisterung ›Hurra‹ gerufen worden ist. Seine kurzen Ausführungen wurden mit Begeisterung aufgenommen.«
Der Genosse Helmig, 2. BGL-Vorsitzender, schätzt die Stimmung der Arbeiter und Angestellten zur Kundgebung wie folgt ein: »Ich habe selten so eine Begeisterung unter den Arbeitern und Angestellten des Werkes während der Kundgebung gesehen. Spontan wurden von den Arbeitern Hurrarufe ausgebracht und zur Begrüßung des Genossen Woroschilow die Hüte und Mützen geschwenkt. Negative und abfällige Bemerkungen sind mir nicht bekannt geworden. Ein Mangel bestand darin, dass wir bis zur Kundgebung nicht gewusst haben, wer eigentlich spricht. Während des Demonstrationszuges wurde von den Arbeitern laufend darüber diskutiert.«
Aus dem bisher vorliegenden Material ist ersichtlich, dass unter den Arbeitern und Angestellten dieses Betriebes eine Begeisterung über den Besuch des Genossen Woroschilow herrschte. Besonders wird in den Diskussionen von den Arbeitern und Angestellten zum Ausdruck gebracht, dass man an den Gesprächen und Auftreten des Genossen Woroschilow mit den Arbeitern gleich bemerkt hat, dass er aus der Arbeiterklasse stammt und trotz seiner hohen Funktion auch jetzt noch ein Arbeiter geblieben ist. Es muss gesagt werden, dass es dem Genossen Woroschilow sofort gelungen ist, einen engen Kontakt mit den Arbeitern herzustellen.
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Der Arbeiter [Name 3] erklärte: »Der Eindruck dieses Staatsmannes bei den Kollegen ist ein sehr guter. Viele Kollegen waren tief beeindruckt und wussten im Augenblick nicht, wie sie sich verhalten sollten. Die einfache Art, wie Genosse Woroschilow auftrat, hat mich begeistert. Man hat gleich gemerkt, dass er aus der Arbeiterklasse stammt und auch ein Arbeiter, trotz seiner Staatsfunktion, geblieben ist.«
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Der Arbeiter [Name 4] äußerte: »Ich habe zum ersten Mal so einen Staatsmann gesehen. Das Verhalten von Woroschilow gegenüber den Arbeitern zeigt doch klar, dass die SU eine wirkliche Arbeiter- und Bauernregierung ist. Man müsste noch öfters diese Gelegenheit haben, solche führenden Staatsmänner zu sehen.«
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Der Arbeiter [Name 5] aus der Wagenwerkstatt sagte: »Ich kann nicht verstehen, dass nicht der ganzen Belegschaft die Möglichkeit gegeben war, diesen hohen Gast zu begrüßen. Ich habe mich sehr gefreut und sehe diesen Besuch als einen großen Freundschaftsbeweis zwischen dem sowjetischen und deutschen Volk an.«
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Der Arbeiter [Name 6] brachte zum Ausdruck: »Genosse Woroschilow machte auf mich einen großen Eindruck. Er ist mehr Kumpel als ein großer Staatsmann. Er fand gleich den richtigen Kontakt zu uns Arbeitern.«
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Der Brigadier [Name 7] aus der Wagenwerkstatt sagte: »Ich habe mich sehr über diesen Besuch gefreut, aber mir gefiel nicht, dass keine Belegschaftsversammlung durchgeführt wurde, damit alle Kollegen diesen hohen Gast begrüßen konnten. Die Kollegen in der Werkstatt hätten z. B. diesen hohen Gast gerne begrüßt.«
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In der Abteilung Kesselschmiede erklärten einige Arbeiter und Genossen unserer Partei: »Ja man merkt es gleich, der ist einmal Arbeiter gewesen und hat es nicht vergessen. Leider ist es bei uns noch manchmal so, dass die, die etwas geworden sind, vergessen, was sie früher gewesen waren.«
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In der Abteilung Wagenwerkstatt brachten verschiedene Arbeiter zum Ausdruck: »Wir hätten gerne die ausgefallene Arbeitszeit nachgearbeitet, wenn wir bei der Begrüßung mit dabei sein konnten.«
Von der Partei sowie Gewerkschaft wurden Maßnahmen eingeleitet, diese positive Stimmung der Arbeiter zu festigen und neue Verpflichtungsbewegungen zu Ehren der III. Parteikonferenz unter den Arbeitern zu erreichen.4 Nachdem Genosse Woroschilow im Speisesaal ein paar Worte gesprochen hatte, geschah beim Verlassen desselben folgendes Beispiel, was von den Arbeitern sehr positiv aufgegriffen wurde. Vor dem Speisesaal hatte ein Arbeiter eine Leiter aufgestellt, um den Genossen Woroschilow beim Verlassen des Speisesaals zu fotografieren. Aufgrund der großen Menschenmenge war dies nur schlecht möglich. Der Genosse Woroschilow sah dieses, machte für den Arbeiter zum Fotografieren einen Platz frei und ließ sich mit dem Werkleiter Hand in Hand von dem Arbeiter fotografieren.
Negative Diskussionen wurden bisher nur bis auf einen Fall [sic!] bekannt: Der Arbeiter [Vorname Name 8] aus der Meisterei 51 erklärte zu dem Arbeiter [Name 9], als dieser erklärte, dass heute Genosse Woroschilow den Betrieb besucht, Folgendes: »Die können mich alle … Die bringen unser Geld doch nicht.« Besondere Vorkommnisse wurden nicht bekannt.
Stimmung von Arbeitern und Angestellten aus dem VEB zu der Kundgebung am 7.1.1956 auf dem Dimitroffplatz:
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Der parteilose Techniker [Name 10] aus der Abteilung Technologie des VEB Getriebewerk Leipzig erklärte, dass der Besuch der sowjetischen Regierungsdelegation und die Demonstration ein Ausdruck der festen Deutsch-Sowjetischen Freundschaft und gleichzeitig eine Stütze vonseiten der SU im Kampf um die Einheit Deutschlands sind.
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Der Jungingenieur [Name 11] aus dem gleichen Betrieb erklärte: »Die Worte vom Genossen Woroschilow haben guten Anklang gefunden. Das ist bisher die beste und größte Demonstration gewesen.«
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Der Angestellte [Name 12] – SED – aus dem VEB Kraftwerk »Dimitroff« brachte zum Ausdruck: »Die Menschenmenge war begeistert über die Reden der Staatsmänner. Hier war wirklich zu sehen, dass wirkliche Volksvertreter auf der Rednertribüne standen.«