CDU-Parteitag in Weimar (2)
10. Oktober 1956
Information Nr. 244/56 – Betrifft: CDU-Parteitag in Weimar (2. Bericht)
Von den ausländischen Vertretern wurde am meisten der Diskussionsbeitrag des Ministers Plojhar der ČSR begrüßt.1 Plojhar ging auf die Rede Adenauers2 während des Katholikentages in Köln3 ein und sagte u. a. »Der gemeinsame Kampf während des Faschismus und der Zusammenbruch des Faschismus hat uns mit den Menschen in der DDR verbunden. Es gibt also keinen lokalen Krieg – und das muss Adenauer wissen – auf das Bestehen der DDR legen wir alle großen Wert.« Das Verbleiben des Genossen Matern4 auf dem Parteitag wurde besonders anerkannt. Es wurde für gut empfunden, dass Genosse Matern nicht nur während des Referates von O. Nuschke,5 sondern auch während der Diskussion anwesend war.
Der größte Teil der Delegierten ist der Meinung, dass die Referate Dr. Nuschkes und Göttings die Situation richtig charakterisiert haben. In den Pausen wurde immer wieder über das Verhältnis zwischen Staat und Kirche und die Ausführungen Nuschkes: »Wir begrüßen, dass die SED in dem Beschluss des 28. Plenums aufgefordert hat, jede Verletzung der religiösen Gefühle der christlichen Bevölkerung und Jugend zu vermeiden« diskutiert.6 Das dreistündige Referat des Generalsekretärs Götting7 wurde teilweise als oberflächlich, zu lang in den einzelnen politischen Fragen und zu kurz in der Parteiarbeit bezeichnet.8
Die meisten Diskussionsbeiträge wurden von ausländischen und westdeutschen Gästen gehalten. Diesen Beiträgen wurde aufmerksam zugehört. Viele Delegierte brachten zum Ausdruck, dass es besser gewesen wäre, wenn mehr Delegierte des Parteitages zu Wort gekommen wären, die aus der praktischen Arbeit hätten berichten können. Vielfach wurde auch erklärt, dass sie bezüglich der praktischen Parteiarbeit mehr erwartet hätten. So erklärten z. B. einige Delegierte aus dem Bezirk Dresden, dass sie nicht wissen, was sie den Mitgliedern berichten sollen, weil keine Beschlüsse für die Verbesserung der Arbeit gefasst wurden. Einige Delegierte aus dem Bezirk Rostock erwarteten ebenfalls Ausführungen über die praktische Parteiarbeit. Sie sind der Meinung, dass in dieser Beziehung die CDU viel von den SED-Parteitagen lernen kann.
Der meiste Applaus wurde gespendet, wenn kritische Bemerkungen an unserer Entwicklung sich notwendig machten. Demgegenüber wurde bei aufgezeigten Erfolgen nur schleppend applaudiert. Bei der Zusammensetzung des neuen Vorstandes wurde stark bemängelt, dass kein einziger Arbeiter im neuen Vorstand ist.9
Die Ausstellung des MfS in der Weimarhalle wurde von den Delegierten und auch von den Gästen während der Pausen ununterbrochen und mit großem Interesse besucht.10 Anziehungspunkt war der amerikanische Ballon mit Fernsehanlage.
Über die Verpflegung während des CDU-Parteitages erklärte ein westdeutscher Gast: »Wenn sie eine christliche, soziale Partei sein wollen, dürfte man keine Unterschiede in der Verpflegung machen, zwischen den Gästen und den Delegierten. Die westdeutschen Gäste lassen sich durch den im Hotel ›Elefant‹ gebotenen Aufwand nicht täuschen.« Zur Aufführung des Theaterstücks »Winterschlacht« wurde gesagt, dass für die Teilnehmer an einem christlichen Parteitag ein anderes Theaterstück hätte gewählt werden können.11