Diskussionen über die Versorgung mit Kohle
25. September 1956
Information Nr. 217/56 – Betrifft: Diskussionen über die Versorgung mit Kohle
Unter der Bevölkerung – vor allem der Bezirke Halle, Cottbus, Magdeburg, Leipzig, Potsdam, Dresden, Frankfurt/O., Gera und Suhl – herrscht gegenwärtig über die Kürzung der Zuteilung von Rohbraunkohle auf Kohlenkarten und die schlechte Belieferung mit Kohle große Verärgerung. Es wird erklärt, dass die Reduzierung nicht richtig sei, einmal, weil diese geringe Menge keinesfalls ausreicht, da bereits jetzt geheizt werden müsse, und zum anderen doch auch immer in den Zeitungen darüber geschrieben würde, dass die Pläne in der Braunkohlenindustrie übererfüllt werden würden. Weiterhin wird dazu gesagt, »wo denn der versprochene Lebensstandard bleibt« oder »ob die Bevölkerung im Winter frieren soll«.
In einigen Bezirken ist die Lage wie folgt:
Bezirk Halle
An den Kreis Weißenfels wurden bisher erst 28 000 t geliefert, obwohl zur Belieferung mit 25 Ztr. pro Haushalt 40 000 t Kohle benötigt werden. Außerdem gibt es zum Ausgleich Presslinge und Torfsteine auch nur begrenzt. Im Kreis Nebra ist die Situation ähnlich. Von 1 471 Haushalten haben erst 280 Haushalte die 25 Ztr. erhalten. In Bitterfeld fehlen noch 20 000 t. Die Bevölkerung diskutiert, dass im Kreis eine Kohlengrube an der anderen wäre, aber die Versorgung mit Kohle trotzdem nicht garantiert ist.
Bezirk Cottbus
Im Chemie- und Kraftwerk Lauta, [Kreis] Hoyerswerda, ist die Stimmung unter den Arbeitern wegen der Streichung der Deputatkohle sehr unzufrieden. Diese Stimmung wird noch dadurch gestärkt, dass sie nicht wie bisher auf ihre Kohlenkarten 25 Ztr. Rohbraunkohle erhalten. Die Reduzierung der Rohbraunkohle löst auch in allen Glasbetrieben in Weißwasser heftige Diskussionen aus.
Bezirk Magdeburg
Trotz der Kürzung erfolgt in allen Kreisen die Belieferung mit Kohle sehr schleppend. Im Kreis Osterburg wurden bisher erst 28 % der angeforderten Rohbraunkohle angeliefert. Im KG Kohlenlager Magdeburg-Südost fehlen Arbeitskräfte. Für 15 000 zu beliefernde Haushalte sind nur sieben Arbeitskräfte vorhanden. Bisher sind erst 2 000 Kunden mit Kohle beliefert worden. Der Rückstand bei Siebkohle beträgt im gesamten Bezirk im 1. Halbjahr 9 800 t, bei Rohbraunkohle beträgt der Rückstand im gleichen Zeitraum 47 000 t.
Bezirk Leipzig
Im Kreis Geithain wurden bisher von ca. 10 000 t Siebkohle 5 478 t an die Bevölkerung ausgeliefert. Um die restlichen Haushalte mit je 15 Ztr. zu beliefern, wurden ca. 6 889,5 t benötigt. Zur Verfügung stehen jedoch nur 2 521,6 t. Das würde bedeuten, dass die Haushalte nur mit 8,5 Ztr. beliefert werden können. Im Kreis Altenburg wurde das Jahreskontingent an Siebkohle von 29 000 t um 9 000 t gekürzt, sodass auf die Kohlenkarten nur 14,5 Ztr. ausgegeben werden können. Von den 29 000 t sind bereits 20 000 t an die Verbraucher ausgegeben worden. Im Kreis Grimma ist die Versorgung mit Siebkohle ungenügend. Der Kreis Torgau wurde erst zu 37 % mit Siebkohle beliefert.
Bezirk Potsdam
Die Schulen des Kreises Belzig fordern ihren Brennstoff laut Vergleichsmenge vom Vorjahr an. Da der Bedarf für die Schulen nach Norm und Wärmeeinheiten festgelegt wird, wurden sie mit weniger Kohle als benötigt beliefert. Hierbei muss damit gerechnet werden, dass die Schulen im Winterhalbjahr mit ihrer Zuteilung nicht auskommen.
Bezirk Dresden
Die Heil- und Pflegeanstalt Groß-Schweidnitz, [Kreis] Löbau, wird schlecht mit Kohlen beliefert. Es fehlen noch 800 t. Falls diese Menge nicht noch vor Einbruch des Winters geliefert wird, ist die Beheizung infrage gestellt. In Dresden ist die Bevölkerung sehr verärgert, dass sie keine Rohkohle erhält. Bei den Kohlenhändlern in Rossendorf1, [Kreis] Freital, gibt es bereits einige Wochen keine Rohkohle mehr. Viele Einwohner konnten deshalb noch nicht mit Rohkohle beliefert werden. Im Kreis Großenhain kann die vorgesehene Menge ebenfalls nicht geliefert werden. Die Rückstände sind nicht aufzuholen, da der Tagebau durch die lange Kälteperiode und durch Wasserschäden große Planrückstände hat.