Einführung der Ratenzahlung im Einzelhandel (2)
6. Oktober 1956
Information Nr. 236/56 – Betrifft: Ratenzahlung
Wie bereits berichtet, wird die Ratenzahlung von der Bevölkerung begrüßt.1 Das kommt in den zahlreichen Diskussionen darüber zum Ausdruck. Im Wesentlichen haben diese Diskussionen folgenden Inhalt: »Die Ratenzahlung ist gut. Jetzt können sich wenigstens auch Menschen mit niedrigem Gehalt etwas kaufen.« »Jetzt kann ich mir wenigstens ein größeres Stück kaufen.« »Die Ratenzahlung ist ein großer Fortschritt, nur müsste diese auf mehr Waren, wie Textilien, Bettwäsche usw. erweitert werden.«
Oftmals werden auch pessimistische Diskussionen bekannt, worin vor allem erklärt wird, dass Ratenzahlungen zwar gut und schön seien, aber [über] kurz oder lang gar nicht mehr genügend Waren vorhanden sein würden. Verschiedentlich wird auch gesagt, dass das wieder mal eine Sache für solche sei, die genügend Geld verdienen. Diese Meinung wird noch dadurch verstärkt, weil diejenigen, die einen niedrigen Lohn haben, sich auch keine größeren Anschaffungen machen können. Ein Arbeiter der nur 350 DM verdient, erhält einen Kredit von 840 DM, sodass es ihm nicht möglich ist, z. B. ein Schlafzimmer für 1 300 DM zu kaufen.
Das erklärte z. B. ein Arbeiter aus dem VEB Minimax Neuruppin, [Bezirk] Potsdam, dass er sich am 27.9.1956 in einem Geschäft ein Schlafzimmer zurückstellen lies, was er am 1.10.1956 auf Raten kaufen wollte. An 1.10.1956 wurde ihm vom Verkäufer jedoch erklärt, dass er dieses Schlafzimmer nur auf Teilzahlung nicht erhalten könnte, da er nur ein Einkommen von 380 DM hätte. Ähnliches wurde auch aus anderen Kreisen bekannt, wo Personen aufgrund ihres niedrigen Einkommens keine Schlafzimmer usw. auf Raten kaufen konnten.
Nicht unbedeutend sind die Diskussionen, wo erklärt wird, »erst schimpft man über den Westen und jetzt wird bei uns dasselbe gemacht«.
Einige Beispiele über den Verlauf der Ratenzahlung
Bezirk Rostock
In der Konsumgenossenschaft Stralsund, [Bezirk] Rostock, wurde am 1. Tag ein Umsatz von 90 000 DM erzielt. Es wurden vor allem Polstermöbel, Nähmaschinen, Radioapparate und Teppiche verkauft. Aufgrund des hohen Umsatzes sind die vorhandenen Reserven in den Verkaufsstellen bereits ausverkauft. Die Anlieferung oben genannter Waren erfolgt sehr schleppend.
Karl-Marx-Stadt
Das HO-Warenhaus Zwickau hatte am 1.10.1956 einen Umsatz von 93 000 DM. Vorwiegend wurden Rundfunkgeräte, Möbel, Teppiche und Staubsauger gekauft. In Freiberg standen kurz vor Eröffnung der Geschäfte Menschenschlangen.
Halle
Im Kreis Bernburg war ein sehr starker Andrang vor den Geschäften. Die Nachfrage war so groß, dass jetzt bereits ein Engpass besonders an Küchen und Polstermöbeln besteht. Ebenfalls ist die Auswahl an Radiogeräten in höheren Preislagen nur noch gering. Nach Rücksprache mit dem Großhandelskontor wurde bekannt, dass dort die Küchen ebenfalls vergriffen sind. Im Kreis Gräfenhainichen bestand am 1. Tag ein Engpass an größeren Radiogeräten. Am nächsten Tag waren jedoch wieder genügend Geräte vorhanden.
Neubrandenburg
Im Kreis Templin sind bei der HO sämtliche Polstermöbel ausverkauft. Im Konsum-Kaufhaus Templin fehlen Kücheneinrichtungen.
Leipzig
Am 1.10.1956 wurden bereits sehr viele Teilzahlungsverträge besonders bei Radiogeräten und Möbeln abgeschlossen. In den drei HO-Warenhäusern in Leipzig wurden ca. 500 Verträge abgeschlossen, die einen Gesamtumsatz von 500 000 DM ergeben. Am 2. Tag wurden ca. 300 Verträge abgeschlossen. Im Konsumwarenhaus »des Friedens« in Leipzig wurden am 1. Verkaufstag durch Teilzahlungsverträge folgende Umsätze erzielt:
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Möbel 78 000 DM
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Radiogeräte 53 000 DM
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Teppiche 14 000 DM
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Nähmaschinen zwölf Stück
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Öfen fünf Stück
Frankfurt/O.
Bereits am 1.10.1956 war ein reger Verkauf festzustellen. Zum größten Teil wurden Möbel, Nähmaschinen und Radioapparate verkauft. In einigen Spezialverkaufsstellen waren bereits am Sonntag Wohnzimmer vorübergehend ausverkauft. In Stalinstadt gab es zeitweilig Schwierigkeiten beim Nachschub von Radiogeräten. Im HO-Geschäft »John-Schehr-Straße«2 wurden innerhalb einer halben Stunde acht Nähmaschinen gekauft. In Fürstenwalde betrug der Umsatz an einem Tage 40 000 DM.
Berlin
Im Stadtbezirk Prenzlauer Berg gibt es in der HO und im Konsum Schwierigkeiten in der Beschaffung von Möbeln, die in der DDR hergestellt und geliefert werden, weil es an Transportraum mangelt. Außerdem sind nicht genügend Fahrzeuge zur Auslieferung der gekauften Gegenstände vorhanden.