Einführung der Ratenzahlung im Einzelhandel (3)
24. Oktober 1956
Information Nr. 269/56 – Betrifft: Ratenzahlung
Die Ratenzahlung findet unter der Bevölkerung weiterhin Anklang.1 Das beweisen die großen Umsätze an Möbeln, Radios, Teppichen und Staubsaugern. Die Nachfrage nach diesen Artikeln ist so groß, dass in verschiedenen Geschäften die Waren zeitweilig ausverkauft sind. So berichtete z. B. der Bezirk Cottbus, dass in fast allen Kreisstädten das Warenangebot nicht ausreichend sei. In Guben gibt es beispielweise zurzeit keine Staubsauger, Teppiche und andere Artikel. Im gesamten Bezirk Schwerin gibt es keine Staubsauger und Rundfunkgeräte (Allstrom).2 Im Wismutgebiet gibt es keine Radiogeräte »Undine II«.3 Im Bezirk Frankfurt/O. hält sich Angebot und Nachfrage ungefähr im Gleichgewicht.
Die Überplanbestände an Rundfunkgeräten sind stark zurückgegangen. Die Kreiskonsumgenossenschaft in Bernau hatte an Rundfunkgeräten für 150 000 DM Überplanbestände. Durch die Teilzahlung sind nur noch für 4 000 DM Rundfunkgeräte vorhanden. Die Verkaufsstelle Werneuchen, [Kreis] Bernau, hat für Oktober ein Umsatzsoll von 17 000 DM. Das wurde bereits am 1. Oktober erfüllt. Im Kreis Freiberg sind alle Radiogeräte über 500 DM vergriffen. Die starke Nachfrage kann zurzeit nicht befriedigt werden. Das trifft auch für Nähmaschinen in der mittleren Preislage und für verschiedene Möbelstücke zu. Im Konsum und in einigen HO-Geschäften in Templin, [Bezirk] Neubrandenburg, sind zurzeit nicht genügend Möbel vorhanden.
Neben diesen Schwierigkeiten bildet auch die Transportfrage ein Problem. Zum Teil wird darüber geklagt, dass nicht genügend Transportarbeiter zur Verfügung stehen. Es fehlen besonders geschulte Transportarbeiter. Z. B. wird aus Weißensee, Berlin, bekannt, dass die Fahrzeuge nicht ausreichen, um die Waren den Kunden auszuliefern. Vom »Deutschen Kraftverkehr« wurde zusätzlich ein Wagen angefordert. Jetzt fehlen aber qualifizierte Transportarbeiter. Außerdem wurde von den Transportarbeitern der Stundenlohn von 1,60 DM als zu niedrig empfunden und zurückgewiesen. Ähnliches wird auch aus anderen Bezirken berichtet.
Diskussionen über die Ratenzahlungen
In zahlreichen Diskussionen kommt zum Ausdruck, dass man sich durch die Ratenzahlung wenigstens etwas anschaffen könnte und eine große Hilfe für die Arbeiter ist. Neben solchen Diskussionen:
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»Es sind alles nur Ladenhüter.«
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»Man macht dem Westen alles nach.«
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»Bald sind die Waren ausverkauft.«
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»Man sollte auch Oberbekleidung in die Ratenzahlung mit einbeziehen.«
gibt es sehr viele Diskussionen, dass die Teilzahlung nur den Personen etwas nützt, die viel Geld verdienen. Typisch dafür ist folgende Diskussion: »Was nützt dem Arbeiter, der ca. 300 DM verdient und nur einen Kredit von 700 DM erhält, die Teilzahlung. Er kann sich kein größeres Stück kaufen. Also ist es weiter nur für diejenigen ein Vorteil, die einen höheren Verdienst haben.« oder »Bei 250 DM Monatsverdienst können wir nur einen Teilzahlungsvertrag von 500 DM abschließen. Davon können wir uns aber keine Küche oder Schlafzimmer kaufen. Da brauchen wir schon 1 000 bis 2 000 DM.«
In den Kreisen Bad Salzungen und Hildburghausen, [Bezirk] Suhl, bezeichnet die Bevölkerung es z. B. als Ungerechtigkeit, dass ein Betriebsleiter, der schon ein Gehalt von 1 000 DM monatlich hat, den höchsten Kreditsatz von 3 000 DM erhält. Über den Zinssatz wird im Kreis Bad Salzungen erklärt, dass es nicht richtig sei, dass sich der Zinssatz, wenn der Kredit früher als vereinbart zurückgezahlt wird, nicht verändert. Vonseiten der Bevölkerung wird dazu eine Änderung verlangt. Unter den Landarbeitern des Kreises Stendal, [Bezirk] Magdeburg, gibt es Unklarheiten, nach welchem Verdienst der Teilzahlungskredit bei den Bauern berechnet wird. Ähnliche Diskussionen gab es darüber auch im Kreis Klötze.
In der Möbelverkaufsstelle der HO Magdeburg, Karl-Marx-Stadt, wurde Invaliden kein Kredit gewährt. Im VEB Kupferwerk Ilsenburg4 wurde in einem Briefkasten für Anfragen zum Jugendforum von unbekannten Tätern ein Zettel mit der Aufschrift »sind das die ersten Krisenerscheinungen der DDR« eingeworfen. Einige Arbeiter vom VEB Frema, Magdeburg, diskutierten in ähnlicher Form: »Vorher hat man von Westdeutschland erklärt, dass der Kreditangelegenheit eine Krise vorausgeht und jetzt fängt man bei uns in der DDR mit dem Abzahlungsgeschäft an.«