Fernseh-Interview mit einem zurückgekehrten Republikflüchtling
22. Dezember 1956
Information Nr. 393/56 – Betrifft: Fernseh-Interview »Goldenbogen – Schomburg« am 13. Dezember 1956
Am 13.12.1956 fand im Fernsehstudio Berlin-Adlershof, Rudower Chaussee, ein Fernseh-Interview mit dem ehemaligen Chefkonstrukteur für Schifffahrt, Ingenieur Goldenbogen,1 der, nachdem er republikflüchtig wurde, wieder in die DDR zurückkehrte, und dem Stellvertretenden Minister für Schwerindustrie Schomburg2 statt. Dieses Interview wurde vor allem in den Kreisen der technischen und wissenschaftlichen Intelligenz begrüßt. Eine Reihe von Ingenieuren (Ingenieur Kramer, VEB IKA Annaberg, Diplom-Ingenieur Künzel,3 wissenschaftlich-technischer Leiter des Schiffbaues u. a.) äußerten, dass es einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat. Sie hätten nie geglaubt, dass in Westdeutschland mit solchen verbrecherischen Methoden gegen die DDR gearbeitet wird. Der Hauptdirektor des Mansfeld-Kombinates Eisleben, Matthes,4 ist der Meinung, dass derartige Gespräche öfters und für größere Kreise publiziert werden müssten.
Ein Oberreferent im Ministerium für Allgemeinen Maschinenbau und der Lehrer [Name 1] von der Ernst-Thälmann-Schule in Oelsnitz,5 beide parteilos, haben den Eindruck, dass diese Menschen, die zurückkehren, nicht ganz ihre ehrliche Meinung zum Ausdruck bringen. Diese Leute sollten nicht gleich an verantwortlichen Stellen eingesetzt werden, da man nicht weiß, ob sie zurückgeschickt wurden. Die Mitarbeiter vom Entwicklungsbüro für Hochbau II,6 [Name 2], [Name 3] und [Name 4] sowie der Diplom-Ingenieur [Name 5] sind der Meinung, dass man die Gründe zur Flucht eingehender hätte darlegen müssen. Es wurde bezweifelt, dass Agenten die Hauptschuld an der Republikflucht haben, sondern der Umgang mit der Intelligenz – oft so, wie Ingenieur Goldenbogen aufzeigt – schuld sei.
Ein Hauptverwaltungsleiter des Ministeriums für Maschinenbau ist der Meinung, dass man dieses Interview in der Tagespresse hätte auswerten können. Dieses gute Beispiel über die verbrecherischen Methoden westlicher Geheimdienste müsste überall in den Vordergrund gerückt werden. Mehrfach wurde zum Ausdruck gebracht, dass der Stellvertretende Minister Schomburg vor der Kamera einen befangenen Eindruck machte; es wäre besser gewesen, wenn er einige konkrete Fragen an Goldenbogen gestellt hätte. Von vielen wurde die Sendung als glaubhaft und überzeugend beurteilt, nicht aufdringlich und abstoßend, wie es bisher öfters der Fall gewesen sei. Im Zusammenhang mit dem Fernseh-Interview wurde das Fernsehspiel »Am Ende hilft dir keiner mehr«7 lobend hervorgehoben.