Flugschrift des UfJ
22. Juni 1956
Information Nr. 30/56
Aus Informationen und Berichten vom Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen1 wurde Nachstehendes bekannt:
»Der Staatssicherheitsdienst liest und hört mit«2
Die systematische Verletzung des Postgeheimnisses dauert weiter an. Gerade in der letzten Zeit ist das Netz der Briefkontrollstellen bei den Hauptpostämtern und bei wichtigen anderen Postämtern erweitert worden. Tag und Nacht sind dort Angestellte des Staatssicherheitsdienstes damit beschäftigt, Briefsendungen zu öffnen, durchzulesen und »belastende« politische Äußerungen zur weiteren Veranlassung an die zuständige operative Abteilung des Staatssicherheitsdienstes abzugeben.
Auch die Tätigkeit der Paketkontrollämter ist in keiner Weise eingeschränkt worden. Erst am 15.3.1956 ist zwischen dem Postministerium und dem Amt für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs (AZKW)3 eine Vereinbarung geschlossen worden, in der sich die Post verpflichtet, sämtliche Paketsendungen aus Westdeutschland, Westberlin und dem Ausland dem AZKW geöffnet vorzuführen. Folgerichtig finden auch heute noch unvermindert Beschlagnahmen statt, wenn der Inhalt der Pakete nicht den komplizierten und schikanösen Bestimmungen entspricht.
Schließlich bleibt noch festzustellen, dass auch die Überwachung des privaten Telefonverkehrs anhält – Die große Abhörzentrale beim Ostberliner Fernamt in der Dottistraße4 ist in voller Funktion. Auch bei den anderen großen Fernämtern in der Zone sind ständig Postangestellte mit der Überwachung privater Telefonanschlüsse beauftragt.