Lage und Vorkommnisse nach dem Verbot der KPD (3)
28. August 1956
Information Nr. 175/56 – Betrifft: Lage und Vorkommnisse nach dem Verbot der KPD (3. Bericht)
1.) Übertritte von KPD-Mitgliedern in die DDR
Am 22.8.1956 meldeten sich:1
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Hieronimus, Heinz, aus Hanau. H. war Kassierer. Gegen ihn lag Haftbefehl vor.
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[Name 1, Vorname] aus Bensheim, ohne Funktion;
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[Name 2, Vorname] aus Mannheim und
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[Name 3, Vorname] aus Tiefenbach [bei] Kassel. Beide waren ohne Funktion und flüchteten angeblich vor Festnahme.
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Wurm, Ludwig, aus Minden, Literaturobmann, wollte sich weiteren Verhören entziehen.
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[Name 4, Vorname] aus Staßfurt;2
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Semmler, Alfred, aus Pfauendorf,3 Redakteur der »Bayrischen Volkswehr«,4 gegen ihn soll Haftbefehl vorgelegen haben.
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[Name 5, Vorname] aus Eichat;5
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Erlerfeld, Hans, Kadersekretär der Kreisleitung Hagen/Westf. (Flucht vor Festnahme).
Am 23.8.1956 meldeten sich:
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[Name 6, männlicher Vorname];
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[Name 6, weiblicher Vorname], beide aus Fürth, ohne Funktion.
Am 24.8.1956 meldeten sich:
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[Name 7, Vorname] aus Oesede, ohne Funktion;
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Fürtner, Friedrich, Zehnergruppenleiter aus München.
Am 25.8.1956 meldeten sich:
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Sis, Werner, Nürnberg, Vorsitzender der FDJ;
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Wisanerki, Gerhard, Redakteur der »Tribüne der Arbeit« in Nürnberg.6 Beide waren vor einigen Wochen aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Das Verfahren sollte dem Bundesgerichtshof übergeben werden.
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Lindler, Peter,7 Chefredakteur »Deutsches Landecho«8 in Krefeld. Gegen L. läuft ein Prozess.
2.) Lage und Vorkommnisse an der Demarkationslinie9
Überall entlang der Demarkationslinie beobachten auf westlicher Seite Angehörige des Bundesgrenzschutzes, des Zolls und in zwei Fällen Angehörige der englischen Besatzungsmacht (GB Mühlhausen und Gardelegen) das Gebiet der DDR. Im Gebiet der GB Eisenach und Schönberg wurden Fußspuren von West nach Ost und wieder zurück festgestellt. In einem Falle wurde beobachtet, wie ein Jugendlicher von Angehörigen des westdeutschen Zolls veranlasst wurde, solche Spuren zu verursachen. Von der GB Hildburghausen wurde bekannt, dass seit einigen Tagen in den Inspektionen Königshofen,10 Schweinfurt und Hundbad-Neustadt11 Alarmbereitschaft besteht. Der Urlaub für Angehörige des Bundesgrenzschutzes und des Zolls ist gesperrt.
3.) Feindtätigkeit und Anzeichen von Feindtätigkeit im Zusammenhang mit dem KPD-Verbot
Von unbekannten Tätern wurde an die Stadtmauer in Wittstock die Hetzlosung »Wir fordern das Verbot der KPD« geschmiert. Am 17.8.1956 wurde in Halberstadt von einer männlichen Person ein Plakat (Aufruf gegen das Verbot der KPD und Aufforderung zur Demonstration) abgerissen. In Blankenburg wurden von unbekannten Tätern zwei Klebestreifen der Nationalen Front,12 die zur Großkundgebung aufforderten, abgerissen.
Einem Einwohner aus Leipzig wurde am 20.8.1956 durch die Post ein handgeschriebener Hetzzettel zugestellt, mit folgendem Text: »Na, Ihr 100%igen Kommunisten. Eure Stündchen sind gezählt. Bald ist es soweit, dann werdet Ihr aus dem Hause geschleppt und nach (Russland) Alaska verbannt. Dann werdet Ihr im Eise krepieren und das Volk ist sehr froh. Was Ihr an Häuserwände malt, wird Euch niemand verzeihen, aber eins merkt Euch: Spitzbart – Fettwanst – Brille | ist nicht des Volkes Wille.13 Lasst Euch zum letzten Male warnen. KgU14 – Ortsgruppe Sachsen | Leipzig W 33, Lützener Straße.«
Im Briefkasten des Hauptpostamtes in Torgau wurde am 18.8.1956 ein Zettel mit folgendem Text gefunden: »Alarm – Telegramm« | »An unsere Regierung in Berlin. Wir als Genossen fordern unsere Regierung auf, sofort zu handeln, denn mit Musik ist unseren Brüdern nicht zu helfen. Taten wollen wir sehen und handeln soll unsere Regierung. Wie viel Misshandlungen müssen sich die Genossen gefallen lassen, wollt Ihr als Regierung so tatenlos zusehen? Mit Sozialistischem Gruß | Eure Genossen der DDR«.
Am Gartenzaun des VEB Hausschuhwerk 2 in Hartha, [Kreis] Döbeln, wurde eine selbst angefertigte Hetzschrift mit einer Reißzwecke angeheftet. Der Text ist wie folgt: »Arbeiter weg mit der KPD, weg mit die KPD-Funktionäre. [sic!] Die Hunde, die Antreiber, Ausbeuter der Arbeiter, die Prämienschlucker.«