Neue Flugschriften (6)
14. August 1956
Information Nr. 151/56 – Betrifft: Neue Hetzschriften
In einem umseitig beschriebenen Flugblatt mit der Überschrift »Kritisch-Unabhängige Genossen« wird in übler Weise gegen das Politbüro der SED gehetzt. Bei dem Ganzen geht es darum, die Mitglieder gegen die Parteiführung zu beeinflussen, was in der Endkonsequenz zu einer Änderung der Politik des Politbüros zugunsten des Gegners führen soll. Einleitend heißt es zum Beispiel: »Die Parteiführung ist nicht gewillt, die Lehren aus der veränderten Situation nach dem XX. Parteitag zu ziehen.«1 Nicht gewillt deshalb, »weil sie zittern, bei dem Gedanken, dass eines Tages dem ausgebeuteten Arbeiter wieder einmal der Kragen platzen könnte, dass ein zweites Mal die überschäumende Wut des Volkes sie aus ihren Sesseln scheuchen und womöglich ganz verjagen könnte«. Es fehlt auch nicht an einem Hinweis auf die Ereignisse am 17. Juni 1953, verbunden mit der Behauptung, dass »jetzt eine immer weiter um sich greifende Unruhe den Tag der Abrechnung näher bringt«. Abschließend werden die Mitglieder unserer Partei darauf aufmerksam gemacht, dass sie es in der Hand haben vom Politbüro eine Selbstkritik zu fordern und eine Änderung der Politik der Partei zu bestimmen.
Eine unbekannte Herausgeberzentrale wendet sich mit einem »Gründungsaufruf der Vereinigung der kommunistischen Opfer des Stalinismus in der DDR«2 an die »alten Genossen der alten KPD«. Als Begründung für die »Notwendigkeit« der Gründung oben genannter »Vereinigung« wird angegeben: »Zur Verhinderung einer neuen unmenschlichen und verbrecherischen Stalinschen Epoche rufen wir alle Genossen auf zum Eintritt in unsere Vereinigung.« Aus »Sicherheitsgründen«, so heißt es dann weiter, »haben wir es vorgezogen, unsere Zentrale in der weniger gefährlichen Bundesrepublik einzurichten.« Des Weiteren wird aufgefordert, Nachricht unter Postschließfach Nr. 101 Göttingen zu geben und sich einer Deckanschrift im Bundesgebiet zu bedienen.