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RIAS-Sendung »Jugend spricht zur Jugend« vom 18. Juli

25. Juli 1956
Information Nr. 93/56 – Betrifft: RIAS-Sendung »Jugend spricht zur Jugend« vom 18. Juli 1956

Die oben genannte Sendung1 befasst sich mit dem »Thomas Müntzer«-Film2 und prophezeit, dass dieser Film bald nicht mehr öffentlich zu sehen sein wird, weil ihn die Menschen »als Aufruf zur Solidarität aller Unterdrückten« und die auf der Leinwand dargestellten Personen als »Funktionäre des heutigen Regimes und Beauftragte des Staatssicherheitsdienstes« sehen könnten, besonders nach den Ereignissen in Poznan.3 In diesem Zusammenhang wird festgestellt: »Beim ›Beil von Wandsbek‹4 dachten die Besucher an die Methoden des SSD5 und das ›Verurteilte Dorf‹6 drängte die Parallele zur Handlungsweise der sowjetischen Besatzungsmacht förmlich auf.« Am Schluss der Sendung wird aufgefordert, sich diesen Film schnell anzusehen und den RIAS über die »Richtigkeit der Argumente« wissen zu lassen. [sic!]

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    25. Juli 1956
    Information Nr. 92/56 – Betrifft: Ostbüro der SPD

  1. Die Sendung »Jugend spricht zur Jugend« war eine tägliche Sendung des RIAS, die sich an Jugendliche in der DDR richtete. Sie wurde seit 1951 jeweils am frühen Morgen gesendet.

  2. Gemeint ist der von der DEFA produzierte Film »Thomas Müntzer – Ein Film deutscher Geschichte«. Regie: Martin Hellberg, Drehbuch: Martin Hellberg, Horst Reinecke und Friedrich Wolf. Der Film schildert vor dem Hintergrund des Bauernkrieges das Leben und Wirken des Pfarrers Thomas Müntzer. Die Uraufführung fand am 17.5.1956 statt.

  3. Gemeint ist der Posener Arbeiteraufstand, eine sich aus einem Arbeiterstreik entwickelnde gewaltsame Auseinandersetzung von Demonstranten mit der polnischen Armee im Juni 1956. Nachdem es bereits in den Wochen zuvor zu Streiks und Protesten gekommen war, demonstrierten am 28. Juni über 125 000 Menschen für bessere Löhne und Preissenkungen; im Verlauf der Proteste entwaffneten Demonstranten Polizisten und besetzten Verwaltungsgebäude sowie den Rundfunk. Die Situation eskalierte, als aus dem Gebäude der Staatssicherheit auf die Demonstranten geschossen wurde und diese mit aus staatlichen Depots erbeuteten Waffen zurückschossen. Am Nachmittag griff das polnische Militär ein – motiviert durch den Vorwand, es ginge gegen pro-deutsche Kräfte – und schlug den Aufstand bis zum Morgen des 30. Juni nieder. 73 Menschen wurden bei den Kämpfen getötet, über 700 verletzt und mehr als 800 verhaftet. Vgl. dazu Kramer, Mark: Soviet-Polish Relations and the Crises of 1956. Brinkmanship and Intra-Bloc Politics. In: Engelmann, Roger; Großbölting, Thomas; Wentker, Hermann (Hg.): Kommunismus in der Krise. Die Entstalinisierung 1956 und die Folgen. Göttingen 2008, S. 61–126, hier 81–89.

  4. »Das Beil von Wandsbek« (1951) ist ein von der DEFA produzierter Spielfilm. Regie: Falk Harnack, Drehbuch: Hans-Robert Bortfeldt, Falk Harnack und Wolfgang Staudte nach dem gleichnamigen Roman von Arnold Zweig. Der Film spielt im Hamburg des Jahres 1934. Vor dem Besuch Adolf Hitlers sollen in der Stadt vier bereits zum Tode verurteilte Kommunisten hingerichtet werden. Da gerade ein Henker fehlt, bietet ein SS-Funktionär dem Schlachter Teetjen, dessen Laden schlecht läuft und der deshalb kürzlich der NSDAP beigetreten ist, 2 000 Mark für die Ausführung der Hinrichtung. Teetjen sagt unter der Bedingung zu, dass seine Identität geheim bleibt – doch die Tat spricht sich herum; die Menschen aus seinem Bezirk reagieren mit Ablehnung und bleiben zunehmend seinem Laden fern. Der Film endet mit dem Suizid von Teetjen und seiner Frau. Der Film war umstritten und wurde nach einem Monat mit der Begründung abgesetzt, er wecke Mitleid mit dem Täter und nicht mit dessen Opfern. 1962 kam eine um 20 Minuten gekürzte Fassung in die Kinos, 1981 wurde der komplette Film wieder gezeigt. Regisseur Falk Harnack verließ nach den Auseinandersetzungen 1952 die DDR.

  5. Die Abkürzung »SSD« für Staatssicherheitsdienst war nur im Westen und in SED-fernen Personenkreisen gebräuchlich.

  6. »Das verurteilte Dorf« (1952) ist ein von der DEFA produzierter Spielfilm. Regie: Martin Hellberg, Drehbuch: Jeanne und Kurt Stern. In dem Film geht es um die Bewohner eines bayerischen Dorfes, die sich erfolgreich gegen den Abbruch ihres Dorfes zugunsten eines US-amerikanischen Militärflugplatzes wehren. Der als Propagandafilm zu kennzeichnende Streifen zählt zu den erfolgreichsten Filmen der DEFA. Vgl. auch Lindenberger, Thomas: Hoam soiz gåhn, Ami, hoam soiz gåhn! Heimat-Exploitation und Antiamerikanismus in frühen DEFA-Filmen. In: Behrends, Jan C.; Klimó, Árpád von; Poutrus, Patrice G. (Hg.): Antiamerikanismus im 20. Jahrhundert. Studien zu Ost- und Westeuropa. Bonn 2005, S. 187–202.