Schwierigkeiten bei der Errichtung von Funkobjekten
11. August 1956
Information Nr. 143/56 – Betrifft: Schwierigkeiten, Verzögerungen und finanzieller Schaden bei Errichtung von Funkobjekten
Der Ausbau des Fernsehnetzes in der DDR wurde in letzter Zeit stark durch die Arbeitsweise von Stellen der Deutschen Lufthansa1 und des MdI gehemmt. Nach Gründung der Deutschen Lufthansa wurden von der Hauptverwaltung Rundfunk- und Fernsehbetrieb des Ministeriums für Post- und Fernmeldewesen (HV RFB) alle in Vorbereitung befindlichen Objekte nochmals zur Überprüfung hinsichtlich der Flugsicherheit angemeldet, obwohl vom MdI die Standorte schon genehmigt waren. Bei der Überprüfung wurde außer dem Objekt Müggelberge nichts beanstandet.2
Zurzeit ist der Standort für den Fernsehsender Schwerin und die damit zusammenhängenden Fragen das aktuellste Problem. Am 22.3.1956 wurde vom Rat des Bezirkes Schwerin die Standortgenehmigung für den Bau des FS in Schwerin-Zippendorf erteilt. Diese wurde der Lufthansa zur Kenntnisnahme vorgelegt. Einwände erfolgten nicht. Aus terminlichen und wirtschaftlichen Gründen wurde eine Veränderung im technischen Aufbau der Station notwendig, sodass das vorgesehene Gelände nicht ausreicht. Ein neues Gelände, etwa 300 m vom alten Standort entfernt, wurde für gut befunden. Durch die Veränderung des Standortes machten sich Verhandlungen mit dem Rat der Stadt Schwerin erforderlich. Bei diesen Verhandlungen, bei denen die HV RFB durch den Kollegen [Name 1] vertreten wurde, war ein Verbindungsoffizier der Deutschen Volkspolizei namens [Name 2] (Dienstgrad unbekannt) anwesend. Im Verlauf der Besprechung wurde von diesem mitgeteilt, dass die Deutsche Lufthansa von dem bisher für den Bau eines Flugplatzes vorgesehenen Geländes (in Görries) abgegangen sei und diesen bei Buchholz, etwa 4,5 km von dem vorgesehenen Gelände, anlegen werde. Somit ist die Zustimmung der Hansa hinfällig und müsse neu eingeholt werden. Gegen diese Arbeitsweise wurde vom Kollegen [Name 1] sowie vom Oberbürgermeister der Stadt energisch protestiert. Der Genosse [Name 2] erklärte sodann, er habe dies nur mitzuteilen, aber keinen Einfluss auf die Vorgänge. Er schlug jedoch eine gemeinsame Besprechung mit der Lufthansa vor und bot sich an, diese vorzubereiten.
Zu der für den 25.7.1956 angesetzten Besprechung kam es jedoch nicht, stattdessen rief der Genosse [Name 2] den Kollegen [Name 1] an und teilte mit, dass eine Besprechung nicht für notwendig erachtet würde und die HV RFB ein neues Standortgutachten einholen solle. Im Anschluss daran bot er eine Besprechung in der HV RFB am 28.7.1956 an, zu der er mit Vorschlägen für einen neuen Standort des FD erscheinen wollte. Auch diese Besprechung fand nicht statt, da Genosse [Name 2] nicht erschien. Schon jetzt lässt sich erkennen, dass eine Einhaltung des Strahlungstermines (15.5.57) nicht möglich sein wird.
Weitere Vorkommnisse zur Einschätzung der Zusammenarbeit zwischen HV RFB, Deutsche Lufthansa und MdI:
Der Bau eines 90 m hohen Massivturmes bei Stülpe, [Bezirk] Potsdam, wurde von der Deutschen Lufthansa abgelehnt, da dies angeblich die Flugsicherheit gefährde. Es ist zu bemerken, dass etwa 25 m von der für den Bau vorgesehenen Stelle entfernt bereits seit 1943 ein 103 m hoher Stahlturm steht, welcher 1955 aus statischen Gründen auf 86 m verkürzt wurde. Mit dem Bau dieses Massivturmes steht und fällt der Programmaustausch mit der ČSR, die Doppelauslegung unserer Bild- und Tonzubringerstrecken (*) sowie die Durchführung der geforderten Verbindungen zwischen den Bezirksstädten im Süden der DDR.
(*) = Bisher war zum großen Teil lediglich ein einseitiger Betrieb der Strecken möglich, d. h., dass vom Fernsehzentrum Berlin-Adlershof die Sender der DDR mit Programm versorgt werden. Es ist aber zzt. unmöglich auch den Gegenbetrieb (z. B. von Dresden nach Berlin) durchzuführen. [Fußnote im Original]
Am 2.6.1956 wurde um eine weitere Standortgenehmigung für die Station Birkholzaue bei Bernau, [Bezirk] Frankfurt/O., ersucht. Da diese Station ein Glied des aufzubauenden Berliner Ringes ist und als Ausgangspunkt für die spätere Weststrecke dienen soll, wurde um schnellste Bearbeitung gebeten, um keinen Verzug in den Projektierungsarbeiten zu erhalten. Trotz mehrmaliger Nachfragen hat bis jetzt – außer Versprechungen von Direktor Heiland3 – keine Überprüfung stattgefunden. Durch diese Verzögerung kann keine Projektierung erfolgen, da ja immer noch mit einer Ablehnung zu rechnen ist. In diesem Falle müsste ein neuer Standort gesucht, überprüft und neu projektiert werden, was zu einer großen Terminverschiebung für die Fertigstellung der Weststrecke führen kann.
Durch die geschilderten Fälle entstand und entsteht auf dem Gebiete unseres Funkwesens hoher finanzieller Schaden und wird der Aufbau unseres Fernsehnetzes stark gebremst.