Stimmung unter den Fischern auf der Insel Poel
22. Oktober 1956
Information Nr. 262/56 – Betrifft: Stimmung unter den Fischern auf der Insel Poel, [Kreis] Wismar[-Land]
Unter den Fischern der Insel Poel, [Kreis] Wismar[-Land], gibt es zzt. besonders negative Diskussionen darüber, dass ihnen die Schleppnetzfischerei innerhalb der Dreimeilenzone nicht gestattet ist. Die Ursache hierfür war folgender Vorfall: Am 4.8.1956 wurde ein Fischer aus Poel mit seinem Boot innerhalb der Dreimeilenzone von der VP See Wismar gestellt, weil er dort fischte. Ihm wurden sämtliche Papiere abgenommen. Er bekam sie erst wieder zurück, nachdem er sich beim zuständigen Sekretär der Kreisparteileitung beschwerte. Er beschwerte sich in der Hauptsache darüber, dass zum gleichen Zeitpunkt noch mehrere Fischer in der Dreimeilenzone fischten, welche nicht von der VP See behindert wurden.
Trotz allem wurde [Name]1 aufgrund dieses Vorfalles mit einer Geldstrafe von 105 DM belegt. Diese Strafe wurde ihm später erlassen. Er musste jedoch die Gerichtskosten zahlen, die noch höher als 105 DM waren. Der Fischer erklärte sich hiermit nicht einverstanden und will nun im nächsten Monat sein Parteidokument abgeben. Auch die anderen Fischer der Insel Poel sprachen sich gegen diese Handlung der Staatsanwaltschaft aus und bringen zum Ausdruck, dass es nicht richtig sei, ihnen das Fischen in der Dreimeilenzone zu verbieten, da sie weiter draußen nicht den Fangerfolg hätten. Letzteres führen sie darauf zurück, dass die westdeutschen Kutter schneller sind, als die ihrigen und ihnen demzufolge den Fang wegnehmen.
Ein anderer Fischer (SED) erklärte: »Ich werde auch keinen Parteibeitrag mehr zahlen, wir haben als Genossen ja weniger Recht als andere Personen.« Ein Fischer, welcher als Kandidat für die SED geworben werden sollte und schon zugesagt hatte, lehnt jetzt seine Aufnahme ebenfalls ab. Er meint, dass die Partei ja nicht einmal in der Lage ist, die werktätigen Fischer in solchen kleinen Dingen zu unterstützen.
Unter den Fischern der Insel Poel waren gute Ansätze für die Bildung einer Fischereiproduktionsgenossenschaft vorhanden.2 Durch die entstandene Unzufriedenheit besteht nun die Gefahr, dass die bereits geleisteten Vorarbeiten der Genossen der Politleitung der zuständigen MTS Kirchdorf wieder zunichte gemacht sind.