Stimmung zum Verbot der KPD (1)
20. August 1956
Information Nr. 161/56 – Betrifft: Stimmung zum Verbot der KPD (1. Bericht)
Wie aus allen Bezirken unserer Republik bekannt wurde, wird das Verbot der KPD in Westdeutschland gegenwärtig unter allen Bevölkerungsschichten stark diskutiert.1 Dabei wird fast ausschließlich zum Ausdruck gebracht, dass man über derartige Machenschaften empört ist und kein Verständnis dafür aufbringen kann. Dabei zieht man vielfach Vergleiche mit den Ereignissen 1933 und erklärt, dass besonders die SPD nichts aus der Vergangenheit gelernt hat und durch ihr passives Verhalten jetzt wiederum der KPD in den Rücken fällt.
Folgende Argumente, welche sehr verbreitet sind und in fast allen Bezirken auftraten, sind für das Verbot der KPD charakteristisch:
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Warum tritt nicht die SPD und der DGB in Aktion? In den Betrieben in Westdeutschland müsste zum Generalstreik aufgerufen werden.
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Erst Verbot der KPD, dann SPD und dann die Gewerkschaften.
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Mit dem Verbot der KPD will Adenauer2 den Weg frei haben für seine Remilitarisierung.3
Charakteristisch dazu sind folgende Beispiele welche in allen Bezirken auftreten:
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Ein parteiloser Arbeiter aus dem VEB Eisenmanganerzbau Schmalkalden, [Bezirk] Suhl, äußerte sich wie folgt: »Es wäre höchste Zeit, dass die SPD-Führung in Westdeutschland endlich zur Tat übergehen und Aktionen einleiten müsste, damit es nicht noch einmal so weit kommt, wie es nach 1933 bis Ende des Krieges gekommen ist und viele friedliebende Menschen sinnlos ermordet würden.«
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Eine Hausfrau aus Auerbach, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, sagte: »Das ist einer der schwärzesten Tage der Geschichte. Das Verbot der KPD zeigt die Schwäche der Adenauer-Regierung. Aber trotz des Verbotes kann man die KPD nicht zum Schweigen bringen, sondern sie wird gestärkt daraus hervorgehen. Weil dies immer mehr Menschen erkennen, wird man dieses Verbot eines Tages wieder aufheben müssen.«
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Eine Arbeiterin aus dem VEB Maxhütte: »Heute Verbot der KPD, morgen SPD und übermorgen die Gewerkschaften und anschließend kommt der Krieg. Es ist eine Schande, dass solche Menschen in der Regierung sind (Westdeutschland), die doch nur den Krieg im Auge haben.«
Neben den positiven Stellungnahmen zum Verbot der KPD zeigt sich auch die geschlossene Haltung der Arbeiterschaft in der DDR an den stark besuchten Protestkundgebungen in allen Bezirken sowie VE-Betrieben und Verwaltungen. Die verfassten Protestresolutionen bei den Kundgebungen wurden von den Teilnehmern einstimmig unterstützt. Gleichzeitig kam es noch in einigen Betrieben des Bezirkes Frankfurt/O. und Dresden zu Solidaritätsaktionen und Verpflichtungen in der Produktion. Außerdem baten einige fortschrittliche Arbeiter, als Antwort auf das Verbot der KPD, um Aufnahme als Kandidat in die Partei. (Bauunion Küste Strausberg, [Bezirk] Frankfurt/O., VEB IKA Sebnitz und VPKA Sebnitz, [Bezirk] Dresden.)
Die negativen Stimmen zum KPD-Verbot treten nur im geringen Maße in Erscheinung und sind nur als Einzelstimmen zu werten. Die Ursachen, die dazu führen, sind einmal in der feindlichen Einstellung sowie in der Uninteressiertheit am politischen Geschehen zu suchen.
Charakteristisch dazu sind folgende Beispiele:
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So äußerte sich ein Angestellter und ehemaliger Leutnant der faschistischen Wehrmacht, beschäftigt im VEB Rheinmetall Sömmerda, [Bezirk] Erfurt, zur Verkündung des Urteils gegen die KPD, dass diese Maßnahme in Ordnung wäre und er sich darüber freue.
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Ein Angestellter im staatlichen Kreiskontor Kölleda, [Kreis] Sömmerda, [Bezirk] Erfurt, Mitglied der SED, sagte: »Ich finde das richtig, dass die KPD verboten ist.«
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Unter einem Teil von Jugendlichen des VEB Bagger- und Förderarbeiten Berlin herrscht die Auffassung, es habe doch keinen Zweck, gegen das Verbot der KPD zu protestieren. Diese Auffassung wird damit begründet, dass doch in der DDR das Gleiche passieren würde, wenn hier eine Partei sich gegen den Staat stellt.
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Ein Rentner, Mitglied der CDU, aus Brüssow, [Kreis] Pasewalk, [Bezirk] Neubrandenburg, sagte: »Das habe er schon vorausgesehen, was kommt, denn die KPD hat sich eben nicht so betragen, wie es von der Bonner Regierung verlangt wurde. Das wäre hier bei uns nicht anders, wenn sich eine Partei nicht den Beschlüssen der Regierung füge.«
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Ein Arbeiter aus dem VEB Schädlingsbekämpfungswerk Rochlitz,4 [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, äußerte: »Wenn bei uns in der DDR eine Partei bestehen würde, die gegen die Regierung arbeitet, würde man sie auch verbieten, das ist doch ganz logisch.«
Ähnliche Einzeldiskussionen wurden noch aus den Bezirken Schwerin, Frankfurt/O. und Gera bekannt.