Stimmung zum XX. Parteitag der KPdSU (2)
28. Februar 1956
Die Stimmung zum XX. Parteitag der KPdSU (2. Bericht für die Zeit vom 23.2. bis 28.2.1956) [Information Nr. M43/56]
[Faksimile des ersten Blattes]
In der Berichtszeit haben die Diskussionen über den XX. Parteitag der KPdSU unter allen Bevölkerungsschichten wesentlich an Umfang zugenommen.1 Der überwiegende Teil der Bevölkerung, besonders Arbeiter, Angestellte und die Intelligenz der Industrie sowie Beschäftigte des sozialistischen Sektors der Landwirtschaft und Angestellte der zentralen und örtlichen Verwaltungen, nehmen ausgehend von den wirtschaftlichen Erfolgen sowie der politischen und militärischen Stärke der Sowjetunion positiv zum XX. Parteitag Stellung. In diesen Stellungnahmen kommt zum Ausdruck, dass die Erfolge der Sowjetunion nicht nur ausschlaggebend für das eigene Land, sondern auch ein Ansporn für die Arbeiterklasse in allen Ländern der Welt sind und ihre Auswirkungen zugunsten des sozialistischen Lagers haben werden.
Neben diesen positiven Stellungnahmen gibt es jedoch eine ganze Anzahl Unklarheiten bzw. negative Diskussionen. Diese Unklarheiten kommen zum Ausdruck in den Diskussionen zu den Problemen der Vermeidbarkeit von Kriegen, der Übergangsmöglichkeiten vom Kapitalismus zum Sozialismus, der kollektiven Leitung sowie durch Zweifel und Unklarheiten über die sozialen Verbesserungen, die in der SU eingeführt werden.
Derartige Diskussionen werden in größerem Umfang unter Angestellten örtlicher und zentraler Verwaltungen, Mitgliedern der SED, Angehörigen der VP, Lehrern und Studenten sowie in geringerem Maße auch von Arbeitern in der Industrie geführt. Besonders stark im Vordergrund stehen dabei jedoch die Diskussionen zu den Ausführungen des Genossen Mikojan2 über die Verletzung des Prinzips der kollektiven Leitung.3 In den Diskussionen dazu kommt zum Ausdruck, dass Genosse Stalin jetzt nicht mehr gewürdigt bzw. seine Lehre nicht mehr anerkannt würde. Dabei ist offensichtlich, dass der größte Teil dieser Diskussionen auf den Einfluss von Feindpropaganda zurückzuführen ist.
Für die positiven Diskussionen unter allen Bevölkerungsschichten sind folgende Stellungnahmen charakteristisch:
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Ein Arbeiter des Kreisbauhofes Pasewalk, [Bezirk] Neubrandenburg, äußerte, »dass nicht nur der Parteitag für die Sowjetunion von großer Bedeutung ist, sondern für die ganze Welt. Alle Werktätigen müssen hieraus neue Kraft im Kampf um die Völkerverständigung und einen dauerhaften Frieden schöpfen.«
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Im VEB PWS Schmölln, [Bezirk] Leipzig, äußerte ein Arbeiter, Mitglied der SED: »Dies ist ein sehr gutes Zeichen des Fortschrittes für das sozialistische Lager und wird in allen Ländern der Welt Widerhall finden, auch bei den Arbeitern der kapitalistischen Ländern.«
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In der Papierfabrik Grünhainichen, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, erklärte ein Arbeiter: »In der Einführung des 7-Stunden-Tages sieht man wieder,4 dass die Sowjetunion den kapitalistischen Staaten voraus ist. Das war aufgrund ihrer Erfolge möglich.«
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In der MTS Kletzin, [Bezirk] Neubrandenburg, äußerte ein Werkstattmeister, »dass er der Meinung ist, dass nunmehr noch mehr Staaten aus dem kapitalistischen Block ausbrechen werden und somit die Welt in den nächsten Jahren ein anderes Bild bekommen wird«.
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In der LPG Penkun, [Kreis] Pasewalk, [Bezirk] Neubrandenburg, erklärten mehrere LPG-Bauern, »dass der XX. Parteitag besonders die Erfolge der Landwirtschaft in der SU aufzeigte und darüber hinaus auch zeigt, welche Perspektiven der Landwirtschaft in der SU noch offen stehen«. Gleichzeitig äußerten sie den Wunsch, einmal in die SU fahren zu können.
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Im VEB Zeiss Eisfeld, [Bezirk] Suhl, äußerte ein Ingenieur, Mitglied der CDU: »Ich als christlich organisierter Mensch schaue voll Zuversicht nach Moskau. Mich als Ingenieur beeindrucken vor allem die grandiosen Fünfjahrpläne der SU, was die Überlegenheit des sozialistischen Systems gegenüber dem Kapitalismus zum Ausdruck bringt. Ein solcher Staat, der solche Pläne aufstellt, kann nur für den Frieden sein.«
Unklarheiten über politische Probleme gibt es, wie bereits erwähnt, unter allen Bevölkerungsschichten, die sich im Wesentlichen in vier Gruppen zusammenfassen lassen:5
1.) Unklarheiten über die Vermeidbarkeiten von Kriegen6 wurden besonders unter Beschäftigten der Landwirtschaft sowie Angestellten in der Industrie bekannt. Charakteristisch dazu sind folgende Argumente:
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Im Kreis Pasewalk, [Bezirk] Neubrandenburg, vertreten einige Genossenschafts- und werktätige Bauern die Ansicht, »was können wir schon tun, um einen Krieg zu verhindern«.
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Im VEG Neustadt, [Bezirk] Potsdam, erklärte eine Angestellte: »Der XX. Parteitag der KPdSU ist zwar von großer Bedeutung, jedoch dass sich dieser nun so positiv auf die Weltpolitik auswirkt, kann man nicht sagen. Die Länder wie USA und England werden sich nicht von den Richtlinien des XX. Parteitages leiten lassen, sondern sie werden nach ihren Grundsätzen und Zielen ihre eigene Politik weiter verfolgen.«
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Im VEB »7. Oktober« Berlin7 äußerte eine Angestellte: »Wenn man die Weltpolitik im Ganzen betrachtet, so kann man zu der Überzeugung kommen, dass die SU doch die Überhand bekommen wird. Der Westen verliert doch eine Position nach der anderen. Man braucht sich nur die Unruhen überall anzusehen, wie z. B. in Marokko,8 das hat doch alles damit zu tun. Es kommt so, dass die SU letzten Endes doch die Weltherrschaft erringt.«
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In Klötze, [Bezirk] Magdeburg, taucht unter der Bevölkerung die Meinung auf, »Stalin habe nachgewiesen, dass im Imperialismus Kriege nicht zu vermeiden seien und nach der neuen Generallinie wäre es genau umgedreht«. Diese Diskussion ist auf den Einfluss alter Sozialdemokraten zurückzuführen.
2.) Unklarheiten über die Möglichkeiten des Überganges vom Kapitalismus zum Sozialismus9 wurden besonders unter Angestellten der Industrie und des Handels, der Intelligenz sowie unter parteilosen Arbeitern und Mitgliedern der SED, welche ehemals der SPD angehörten, bekannt. Unter diesen Schichten kommt es zu folgenden Argumenten:
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Im VEB Gubener Wolle, Guben, [Bezirk] Cottbus, äußerte ein Angestellter: »Im Rechenschaftsbericht wird jetzt behauptet, dass man auf parlamentarischem Wege zum Sozialismus gelangen kann. Das widerspricht dem, was wir bisher gelernt haben.«
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In der HO-Lebensmittel Berlin-Köpenick wird von einigen Angestellten die Auffassung vertreten, »dass die SPD mit ihrer Losung des friedlichen Hineinwachsens in den Sozialismus gar nicht unrecht hat«.10
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Im Amt für Technik,11 Abteilung Finanzen, Berlin, bringen die Angestellten zum Ausdruck, »dass man von der Lehre von Karl Marx, nach der die Erringung der Macht durch die Arbeiterklasse nur durch die proletarische Revolution möglich sei, abweiche und sich dem Standpunkt der Sozialdemokratie vom Hineinwachsen in den Sozialismus nähere«. In ähnlicher Weise diskutieren parteilose Arbeiter im Holzwerk Sternberg, [Bezirk] Schwerin, sowie Mitglieder der SED (»ehemalige Mitglieder SPD«) bei den Räten der Bezirke Dresden und Karl-Marx-Stadt, beim Rat des Kreises Brandenburg, in Neustadt, [Bezirk] Potsdam, im Industriebetrieb Zeulenroda,12 [Bezirk] Gera, sowie Angestellte der Industrie- und Handelskammer Rostock und Lehrer in Schwarzenberg, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt. Im Zusammenhang damit vertreten die Mitglieder der Partei im Industriebetrieb Zeulenroda die Meinung, »an dem Zerwürfnis mit Tito13 trug Stalin die Hauptschuld. Seit dem Ableben Stalins hat sich das bewiesen, da durch Bulganin14 und Chruschtschow Wege gefunden wurden, um wieder gute Beziehungen zu Jugoslawien aufzunehmen.«15
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Im VEB Zeiss Jena äußerte ein parteiloser Ingenieur: »Aus der Rede des 1. Sekretärs Chruschtschow habe ich entnommen, dass ein Sieg des Sozialismus auch ohne Durchführung einer Revolution möglich ist, so auf parlamentarischem Wege. Daraus möchte ich schlussfolgern, dass die Kampfgruppen bei uns bald wieder aufgelöst werden.«16
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Im VEB Galvanotechnik Leipzig erklärte ein parteiloser Ingenieur: »Wenn ich vor einem Jahr auf der Hochschule diese Frage mit der Formulierung des Genossen Chruschtschow beantwortet hätte, wäre ich bei der Prüfung durchgefallen.« Jedoch ist zu bemerken, dass die Intelligenz letzteren Betriebes erkannt hat, dass die Ausführungen des Genossen Chruschtschow nicht mit den Auffassungen der rechten SPD-Führer gleichzusetzen sind.
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In Bad Sulza/Suhl17 äußerte ein Lehrer, Mitglied der NDPD: »Jetzt endlich ist durch die Ausführungen bewiesen, dass man auch ohne Revolution zum Sozialismus kommen kann. Dieser Ansicht bin ich schon immer gewesen. Dadurch rückt auch die geschichtliche Betrachtung der sozialistischen Oktoberrevolution in ein anderes Licht. Man sagt immer, die Arbeiter hätten die Oktoberrevolution durchgeführt. Das stimmt gar nicht, sie ist von den Bauern, die in Russland damals die überwiegende Mehrheit darstellten, gemacht worden. Wenn die Revolution zum Sozialismus nicht notwendig ist, dann ist auch der Klassenkampf nicht mehr notwendig. Für die Errichtung des Sozialismus wird auch der Arbeiter nie am geeignetsten sein. Am besten eignet sich dazu der Mittelstand, der das beste Gefühl für alle hat und auch geschickt vorgehen wird bei der Ausführung von neuen Dingen.«
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In der Verwaltung für Vermessungs- und Kartenwesen Berlin äußerte ein Mitglied der SED, »dass ja damals Ackermann18 Recht hatte und dass man sich wohl jetzt bei ihm sozusagen entschuldigen müsste«.19
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In ähnlicher Weise sprach sich ein Angestellter des Deutschen Bauernverlages Berlin, Mitglied der SED, aus, der erklärte: »Vielleicht muss man die Frage der KPO20 und der Lenin-Bündler21 von ganz anderen Gesichtspunkten gesehen werden [sic!]. Auch werden einige Genossen, die in der Versenkung waren, wieder rehabilitiert werden müssen, wie z. B. Dahlem.«22
3.) Unklarheiten zu Fragen der kollektiven Leitung treten von allen Diskussionen am stärksten in den Vordergrund. Besonders die Ausführungen des Genossen Mikojan über einige ungenügend dargestellte Geschichts- und theoretische Fragen führen unter allen Bevölkerungsschichten zu den Diskussionen, dass die Lehren des Genossen Stalin nicht mehr »aktuell wären« und ähnlichen Auffassungen. Gemutmaßt werden diese Auffassungen noch aus der Tatsache, dass zu den theoretischen Fragen nur Lehren des Genossen Lenin angeführt wurden zur Begründung, und außerdem die Kritik an der Arbeit der Leitung ausschließlich nur auf den Genossen Stalin bezogen wird. Derartige Diskussionen werden in besonders starkem Maße von Angestellten der Industrie, der zentralen und örtlichen Verwaltungen, der Intelligenz, Mitgliedern bürgerlicher Parteien sowie Arbeitern und Mitgliedern der SED in den Betrieben und unter Lehrern geführt. Charakteristisch dafür sind folgende Diskussionen:
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In der elektrischen Werkstatt des VEB ECW Eilenburg, [Bezirk] Leipzig, erklärte ein Meister, »man kann annehmen, dass mit dem Persönlichkeitskult in den vergangenen 20 Jahren Stalin in Verbindung zu bringen ist. Auf den Bildern zum XX. Parteitag, welche in unseren Zeitungen abgebildet waren, sieht man keine Bilder von Stalin. Auch im Rechenschaftsbericht wurde der Name Stalin wenig erwähnt.«
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Im VEB Gerätewerk Waldau, [Kreis] Hildburghausen, [Bezirk] Suhl, äußerte ein Oberbuchhalter, »auf dem XX. Parteitag der KPdSU wurde beschlossen, dass einige Bände von Stalin herausgezogen würden, da vieles nicht in Ordnung sei. Man wolle in Zukunft nur noch die Lehren von Lenin verbreiten.«
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Ähnliche Meinungen wie die bereits aufgeführten bestehen im VEB Landmaschinenbau Falkensee, [Bezirk] Potsdam, RAW Brandenburg, der UMF Ruhla, [Bezirk] Erfurt, im VEB Gubener Wolle, Guben, [Bezirk] Cottbus, VEB Bergmann-Borsig Berlin sowie im VEB Papierfabrik Greiz, [Bezirk] Gera.
Charakteristisch für die Meinungen großer Teile der Angestellten in zentralen und örtlichen Verwaltungen aller Bezirke sind folgende Diskussionen:
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Im Hauptpostamt Jena diskutieren Angestellte: »Die Bücher und Bilder vom Genossen Stalin kann man vernichten.«
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Im Rat des Stadtbezirkes Prenzlauer Berg äußerte ein Angestellter: »Während man teilweise schon vom Stalinismus gesprochen hat, wird er heute kritisiert und zur Seite geschoben.«
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Gleiche Ansichten vertreten Studenten der medizinischen Fakultät Leipzig. Im Zusammenhang damit bringen die Studenten zum Ausdruck: »Es ist notwendig, aus dem Diskussionsbeitrag des Genossen Mikojan Schlussfolgerungen für Deutschland zu ziehen, denn Walter Ulbricht war ja der beste Freund Stalins.«
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Für die Intelligenz ist die Meinung zutreffend, die im Entwurfsbüro für Industriebau Berlin vertreten wird, »dass man auf dem XX. Parteitag Stalin totgemacht habe«.
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Zutreffend für die Diskussionen von Mitgliedern der bürgerlichen Parteien ist die Meinung des Geschäftsführers der NDPD in Apolda, [Bezirk] Erfurt, der erklärte: »Meiner Ansicht nach hat Mikojan, wenn er vom Personenkult sprach, lediglich die Person Stalins gemeint. Man merkte ja auch schon, dass Jahr für Jahr weniger zum Todestag Stalins gesprochen wurde. Deshalb hat man in diesem Jahre auch keine Feiern veranstaltet.«
Am stärksten treten derartige Unklarheiten unter Arbeitern und Mitgliedern der SED in den Ortsparteiorganisationen und BPO auf. Charakteristisch dafür sind folgende Beispiele:
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Im VEB Steinkohlenwerk »August Bebel« Zwickau äußerte der 1. Sekretär der BPO: »Bei uns im Werk ist die Hauptdiskussion, dass Stalin revidiert werden muss. Man versteht nicht, wie man jetzt zu dieser Auffassung kommt. Man bezieht sich hierbei auf das Referat des Genossen Mikojan, welches in der Zeitung stand und auch durch den Rundfunk kommentiert wurde. Also diskutieren die Arbeiter gar nicht einmal negativ.«
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Im VEB Gummi- [und] Textilwerk Bad Blankenburg, [Bezirk] Gera, diskutieren Arbeiter und Mitglieder der SED: »Als Stalin noch lebte, wurde eine ganz andere Politik durchgeführt, die nach seinem Tode geändert wurde. Wie ist es mit den Stalinbänden, werden diese eingezogen?«
Derartige Auffassungen führten auch schon dazu, dass in einigen Bezirken Mitglieder der SED, die zur Kreisparteischule delegiert wurden, sich bei der Kreisleitung erkundigten, ob sie die Stalinbände und den kurzen Lehrgang der Geschichte der KPdSU23 noch mitbringen müssen.
Für die Meinung unter den Lehrern ist folgende Diskussion charakteristisch, die ein Lehrer in Flöha führte: »Mikojan hat Stalin schwer angegriffen, seine Ein-Mann-Politik war schlecht und hat wahrscheinlich auch zum Abfall Jugoslawiens geführt.« Schwerpunkte derartiger Diskussionen unter Angestellten und Lehrern sind: Das Hauptpostamt Jena, Ministerium für Schwermaschinenbau, Zentralvorstand der VdgB, Ministerium für Chemische Industrie, Entwurfsbüro für Typung, Institut [für] Medizin und Biologie Berlin-Buch, Akademie der Wissenschaften Berlin, Amt für Technik Berlin.
Diskussionen ähnlicher Art wie unter den Angestellten gibt es auch unter Angehörigen der VP. Schwerpunkte solcher Diskussionen sind die VPI Berlin-Friedrichshain, Mitte und Prenzlauer Berg, die VP-Bereitschaften Berlin, Geschwister-Scholl-Straße, sowie Frankfurt/O. und die BDVP Dresden, [Abt.] PM.
4.) Zweifel und Unklarheiten über die Erfolge und die Einführung der sozialen Verbesserungen in der SU wurden nur in geringem Maße unter Arbeitern, werktätigen Bauern und Mitgliedern bürgerlicher Parteien bekannt. Dabei ist zu erkennen, dass diese Zweifel von ehemaligen Kriegsgefangenen hineingetragen werden. Charakteristisch dafür sind folgende Diskussionen:
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Im VEB Transformatoren- und Röntgenwerk Dresden treten unter den Arbeitern im Zusammenhang mit der Einführung des 6- und 7-stündigen Arbeitstages Meinungen auf,24 »dass damit eine Verkürzung des Arbeitslohnes eintreten wird«.
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In der Fleischerei der Konsumgenossenschaft Neustrelitz vertritt ein Arbeiter, der in der SU in Kriegsgefangenschaft war, den Standpunkt, »dass er es nicht glauben kann, dass das Sowjetvolk in dieser Zeit zu so einer Bildungsstufe und zu solchem Wohlstand gekommen ist«.
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Im VEB Porzellanwerk Unterweißbach, [Bezirk] Suhl, sind einige Arbeiter der Ansicht, »dass die Automatisierung, Modernisierung sowie Kombinatsbildung zu Arbeitslosigkeit führen müsse. Außerdem wäre es doch auch so, dass sie bei 42 Arbeitsstunden weniger verdienen und wer soll dann den Ausgleich bezahlen.«
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In den Gemeinden Grambow25 und Krackow, [Bezirk] Neubrandenburg, vertreten werktätige Bauern die Ansicht, »dass durch die Einführung des 6- und 7-stündigen Arbeitstages die Planerfüllung nicht gewährleistet ist und die Arbeitsproduktivität nicht gesteigert werden kann«.
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In Kreisen der CDU in Delitzsch, [Bezirk] Leipzig, bestehen ebenfalls Zweifel an dem guten Lebensstandard der SU. In diesem Zusammenhang bringen sie zum Ausdruck, »dass in der SU der Übergang zum 7-Stunden-Arbeitstag erst getan werden könnte, wenn die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Bedarfsgütern restlos gesichert ist«.
5.) Ein offenes Auftreten feindlicher Elemente wurde im Zusammenhang mit dem XX. Parteitag nur vereinzelt bekannt.
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Ein selbstständiger Sattler aus Waldau, [Bezirk] Suhl, äußerte: »Man redet dort von Sozialisierung. Auch bei uns redet man davon. Man soll uns doch gleich sagen, dass man uns den Kopf herumdrehen will und soll nicht von Sozialisierung sprechen.«
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Ein Arbeiter im VEB Kaliwerk Bleicherode, Kreis Nordhausen, sagte, »dass man jetzt vonseiten der neuen Regierung eine andere Politik einschlägt und dass man dabei ist, die Werke von Stalin zu vernichten, dass man Straßen und Städte umbenennt und dass man überhaupt die Stalinische Politik vollkommen verwirft«. Dies hätte der Westsender in den Nachrichten gebracht. Dasselbe bekräftigte auch ein Hauer aus Bleicherode.
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Ein werktätiger Einzelbauer, Mitglied der SED, aus Burg Stargard, Kreis Neubrandenburg, äußerte über den XX. Parteitag: »Die SU hat vor, die Ernteerträge für den nächsten Fünfjahrplan um 1,6 Milliarden t Getreide zu erhöhen. Da wollen sie steigern, aber sieh dir mal die Großraumwirtschaften an, es steht bloß alles zu Papier.« Übergehend zu unseren Verhältnissen sagte er: »Wenn wir Neubauern nicht da wären, läge doch alles unbewirtschaftet. 1950 hatten wir wohl den Höhepunkt erreicht. Aber jetzt geht es laufend bergab.«
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In der LPG Krögis,26 [Kreis] Meissen, wird das Feindargument verbreitet, dass der Genosse Stalin daran schuld sei, dass Thälmann27 umgebracht wurde. Diese beiden wären Feinde gewesen. Die Ursache wäre darin zu suchen, dass Stalin den Bolschewismus gelehrt hätte und Thälmann den wahren Kommunismus gewollt habe. Aufgrund dieser Auseinandersetzung hätte man Thälmann nicht aus dem KZ befreit.