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Stimmung zur III. Parteikonferenz der SED (1)

23. März 1956
III. Parteikonferenz der SED (1. Bericht) [Information Nr. M66/56]

Die Diskussionen zur III. Parteikonferenz der SED sind noch sehr gering.1 Vereinzelt wurde bekannt, dass man Beschlüsse in sozialer Hinsicht erwartet. Z. B. Preissenkung (Kreis Guben, [Bezirk] Cottbus, und Berlin);2 Rentenerhöhung (Mitgliederversammlung Postamt Guben).

Bisher wurden nachstehende Diskussionen (Einzelbeispiele) bekannt: Zu der III. Parteikonferenz sagte ein Genosse des Zentralamtes für Forschung und Technik: »Es wäre gut, wenn auf der Parteikonferenz zu dem Thema ›Aktionseinheit und Stellung zu den Sozialdemokraten auf der Grundlage der Erkenntnisse des XX. Parteitages‹3 und den bisherigen Ausführungen des Genossen Walter Ulbricht4 ein führender Funktionär sprechen würde, der ehemals Mitglied der SPD war. Das würde bei den Sozialdemokraten im Westen besser ansprechen, als wenn über dieses Thema ein ehemaliger Genosse der KPD spricht.«

Ein Angehöriger des Betriebsschutzes im VEB Ankerglas Bernsdorf, Kreis Hoyerswerda, äußerte sich zur III. Parteikonferenz wie folgt: »Wir hören schon genug durch den Rundfunk und in der Presse von der III. Parteikonferenz, das kostet schon genügend Geld. Jetzt bringt man noch Plakate sowie Abziehbilder heraus, die könnte man sich ersparen und das Geld für andere Zwecke verwenden. Bei so viel Propaganda reagieren die Werktätigen sowieso nicht darauf.« Der Student [Name], Studienjahr Medizin,5 äußerte: »… die werden jetzt sowieso wieder alles nachplappern, was man ihnen in Moskau vorgesprochen hat.«

Von Klein- und Mittelbauern in Oelsnitz, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, wurde die Frage diskutiert, was wird die III. Parteikonferenz in Bezug der sozialistischen Umgestaltung der Landwirtschaft für Beschlüsse fassen. Ein Mittelbauer sagte hierzu Folgendes: »Mit dem Kauf von Maschinen werde ich vorläufig kurztreten, ich will erst einmal sehen, was die III. Parteikonferenz bringt, ich glaube, dass dort Beschlüsse gefasst werden, worüber wir uns hinter den Ohren kratzen werden.« Skeptisch stehen zwei Großbauern aus Barleben, Kreis Wolmirstedt, [Bezirk] Magdeburg, der III. Parteikonferenz gegenüber. Sie meinten: »Hoffentlich wird auf der III. Parteikonferenz nicht beschlossen, dass es in Zukunft nur noch LPGen geben soll. Wir werden in der DDR doch sowieso langsam kaputtgemacht. Mit der Sollablieferung wird es in diesem Jahr wahrscheinlich auch wieder strenger genommen. Man wird seines Lebens nicht mehr froh.«

Bei einer Versammlung der jungen Physiker aus den Instituten von Adlershof, wo es um die Gehaltsfrage ging, wurde von einem Mitglied des ZK und dem Leiter des Labors für Kunststoffe die Frage angeschnitten, eine Delegation zusammenzustellen für die Begrüßung der III. Parteikonferenz. Nachdem dieses ausgesprochen wurde, zeigte sich bei allen Physikern sofort eine ablehnende Haltung, indem sie automatisch die Köpfe sinken ließen. Nach Beendigung dieser Versammlung griffen sich diese Physiker an den Kopf mit dem Bemerken: »Ihr könnt mir mal«.

Feindtätigkeit

In Potsdam wurden am 23.3.1956 im größeren Umfang Hetzschriften verbreitet. In den Kreisen Oranienburg und Gransee gingen die Hetzschriften in solch großen Mengen verstreut nieder, dass eine größere Anzahl in die Hände der Bevölkerung gelangte. Im Kreis Gransee handelt es sich um neue Flugzettel mit Hetze gegen die III. Parteikonferenz. Neben einer Karikatur enthalten diese den Text: »Berlin lacht über die III. Parteikonferenz. Nur die größten Kälber gehen zu ihrem Metzger selber.«

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    24. März 1956
    III. Parteikonferenz der SED (2. Bericht) [Information Nr. M67/56]

  2. Zum vorherigen Dokument Stimmung zum XX. Parteitag der KPdSU (6)

    23. März 1956
    Stimmung zum XX. Parteitag der KPdSU (6. Bericht) [Information Nr. M65/56]