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Stimmung zur Schaffung der NVA (6)

25. Januar 1956
Nationale Volksarmee (6. Bericht) [Information Nr. M24/56]

I. Gesamteinschätzung

Die Stimmung zur Schaffung einer Nationalen Volksarmee zeigt weiterhin unter allen Bevölkerungsschichten in den meisten Bezirken eine positive Änderung.1 Am stärksten zeigt sich diese Änderung in der Industrie und Landwirtschaft. Es ist jedoch zu verzeichnen, dass in den jetzigen zustimmenden Diskussionen häufig die Frage gestellt wird, weshalb nicht gleich die Wehrpflicht eingeführt wurde.2 Diese Unklarheit ist auf mangelnde Kenntnis und Aufklärung über die gegenwärtige politische Lage zurückzuführen. Die negativen Diskussionen haben sich ihrem Inhalt nach nicht geändert. Am stärksten kommen diese besonders unter den Frauen zum Ausdruck. Von Jugendlichen werden weiterhin in der Mehrzahl pazifistische Diskussionen geführt, sodass Frauen und Jugendliche den Schwerpunkt negativer Schichten darstellen. Direkte feindliche Äußerungen wurden nur vereinzelt aus Industrie und Landwirtschaft bekannt. Die Feindtätigkeit kommt weiterhin im Anschmieren von Hetzlosungen sowie in der Zustellung von Hetzbriefen gegen die Nationale Volksarmee, an Funktionäre […]3

II. Hauptargumente

Stärker als bisher wurden wieder positive Argumente bekannt, die im Wesentlichen zum Inhalt haben, dass die verstärkte Aufrüstung Westdeutschlands es erforderlich macht,4 eine Nationale Volksarmee aufzubauen, um unsere Errungenschaften zu schützen und den Familien ein friedliches Leben zu sichern, was angesichts der wiederauferstehenden militaristischen und imperialistischen Kräfte in Westdeutschland anders nicht möglich wäre.

Die negativen Äußerungen haben sich im Inhalt nicht geändert und lassen folgende vier Meinungen erkennen:

a) Argumente mit feindlichem Einfluss

Einfluss von Hetzsendern und Feindzentralen5 kommt zum Ausdruck in den Argumenten, dass die DDR die Wiedervereinigung beiseite gedrängt habe und ein neuer Krieg bevorstehe, man sich jedoch nicht für »russische Interessen« opfern werde oder darin, dass man erklärt, dass der Westen nicht angreift, trotzdem jedoch »von oben« die Schaffung der Volksarmee bestimmt und die Vorbereitung dazu, »wie bei Hitler« vorgenommen wurde, da die Uniformen nach »faschistischem Muster« bereits am anderen Tage schon fertig waren.6

b) Pazifistische Argumente

Am stärksten sind pazifistische Argumente, besonders unter der Jugend, vorhanden. Im Wesentlichen beinhalten diese, dass die Volksarmee nicht notwendig wäre, da die KVP und VP zum Schutze genügt. 1945 wäre ihnen gesagt worden, kein Deutscher soll wieder Waffen tragen, deshalb würden sie auch kein Gewehr mehr anfassen und später die Gestellungsbefehle zerreißen.

c) Auf Unklarheiten beruhende Argumente

Unklarheiten über die politische Lage und politische Probleme zeigen sich besonders unter Angestellten, Jugendlichen und Angehörigen der Intelligenz, die argumentieren, dass der Aufbau der Volksarmee dem Potsdamer Abkommen widersprechen würde7 oder direkt die Wehrpflicht eingeführt werden müsste. Außerdem wird argumentiert, dass man »lieber in der Volksarmee kämpft, um in amerikanische Gefangenschaft zu kommen« sowie, dass »dadurch der Lebensstandard sinkt«.

d) Ablehnung aufgrund persönlicher Interessen

Neben pazifistischen Argumenten werden besonders ablehnende Argumente aufgrund persönlicher Interessen und Belange bekannt. Diese beinhalten im Wesentlichen, dass Bekannte in Westdeutschland sie haben [sic!], auf die sie nicht schießen wollen, dass sie nicht freiwillig zur Volksarmee gehen sondern erst, wenn es Pflicht wird, da es nur 1,00 DM Sold geben würde. Von den Frauen, besonders denen, deren Männer gefallen sind, wird aufgrund des persönlichen Verlustes argumentiert, dass sie nicht dazu da sind, Kinder zu gebären, damit diese eingezogen und wieder die Röcke tragen, in den bereits die Väter gefallen sind und wieder als »Kanonenfutter« verwendet werden. Auch aus diesen Argumenten sind große Unklarheiten über den Charakter der Volksarmee zu erkennen.

III. Charakteristische Beispiele

a) Industrie

In der Industrie ist weiterhin eine positive Veränderung festzustellen, sodass jetzt auch im Bezirk Halle die positiven Argumente überwiegen. In besonders negativer Hinsicht sind die Bezirke Karl-Marx-Stadt und Suhl noch zu nennen. Schwerpunkte in der Industrie stellen besonders die weiblichen Beschäftigten und Jugendliche dar.

Die weiblichen Beschäftigten in der Industrie führen überwiegend ablehnende Diskussionen, wobei sie sich davon leiten lassen, dass sie im Zweiten Weltkrieg ihre Männer verloren haben und aus Unkenntnis über den Charakter der Volksarmee von einem »neuen Krieg« sprechen, wozu sie ihre »Söhne und Männer nicht hergeben«. Dabei ist noch zu verzeichnen, dass sie bei Aufklärung durch die Partei oder Gewerkschaft anfangen zu weinen. Charakteristisch für die Argumente der Frauen ist die Stellungnahme aller Frauen im Gummiwerk Plastina Erfurt, die unter Tränen erklärten, dass sie niemals ihre Söhne für die Wehrmacht hergeben werden. Vereinzelt kommt es in Betrieben zu offenen provokatorischen Forderungen wie im VEB Delika Netzschkau,8 [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, wo eine Arbeiterin, deren Mann im Zweiten Weltkrieg gefallen ist, äußerte: »Das sollten wir uns nicht gefallen lassen, ganz gleich, wo die Armeen aufgestellt werden. Wir sollten Generalstreik durchführen.«

Unter den Jugendlichen in der Industrie werden in der Mehrzahl pazifistische Äußerungen bekannt. Die ablehnenden Argumente sind hauptsächlich auf persönliche Interessen und den Einfluss der Frauen auf die Jugendlichen zurückzuführen. Charakteristisch für die pazifistischen Argumente ist die Meinung von 60 % der Jugendlichen im VEB Ingenieur-Tiefbau Brandenburg: »Wozu brauchen wir noch eine Volksarmee, da machen wir nicht mit. Lieber wollen wir dann die DDR verlassen und nach Westdeutschland gehen.«

Für die aufgrund persönlicher Interessen sowie Einfluss von Frauen [an]geführten ablehnenden Argumente ist die Meinung eines großen Teiles Jugendlicher des »Thomas-Müntzer«-Schachtes Sangerhausen, [Bezirk] Halle [charakteristisch], »dass sie lieber arbeiten und verdienen als ein Gewehr in die Hand nehmen wollen« sowie die Meinung des Jugendlichen [Name 1] im Waggonbau Dessau, [Bezirk] Halle, »ich fasse kein Gewehr an, wir stehen sowieso mit einem Bein im Massengrab. Lasst darüber abstimmen, aber ohne mich, ich will arbeiten, ich lasse mich in keine Kaserne stecken« charakteristisch.

Von den Arbeitern, Angestellten und Angehörigen der Intelligenz wird in immer stärkerem Maße positiv argumentiert. Die negativen Äußerungen gleichen denen der Vortage.

b) Landwirtschaft

Die Diskussionen in der Landwirtschaft über die Aufstellung einer Volksarmee halten weiterhin an. Bezeichnend ist, dass immer mehr Klein- [und] Mittelbauern dazu Stellung nehmen.

Positiv diskutiert z. B. in Weischwitz,9 [Kreis] Saalfeld, [Bezirk] Gera, eine Gruppe Mittelbauern, dass die Schaffung einer Volksarmee richtig sei, da die DDR sich schützen müsse, zumal »in Westdeutschland schon lange aufgerüstet wird«.

In den vereinzelten negativen Diskussionen im sozialistischen sowie privaten Sektor der Landwirtschaft wird vor allem die neue Uniform abgelehnt, weil sie sich an die Uniform der Naziwehrmacht anlehnen würde, und weiterhin bestehen Unklarheiten über die Besoldungsfrage sowie über den Charakter einer Volksarmee. So wird z. B. von den Kleinbauern der Gemeinde Großgeschwenda, [Kreis] Saalfeld, diskutiert, dass die neue Uniform nicht angebracht sei. 1945 hätte man alle, die eine solche Uniform tragen, am liebsten umgebracht, und heute würde sie offiziell propagiert. Von zwei LPG-Mitgliedern aus dem Kreis Kyritz, [Bezirk] Potsdam, wird die Meinung vertreten, man sollte den Jugendlichen täglich 3,00 DM geben, sodass sie im Monat 100 DM haben, dann brauchte man nicht so viel Geld ausgeben wie jetzt bei der KVP. Drei Mittelbauern aus dem Kreis Sondershausen waren folgender Auffassung: »Die DDR hat schon früher Militär gehabt als in Westdeutschland und hatte auch schon 1950 dieselben Waffen wie heute. Die Aufstellung einer Volksarmee bedeutet Krieg« und der neue Krieg würde anfangen, wo der letzte aufgehört hat, nämlich mit Atombomben.

c) Übrige Bevölkerung

In der Stimmung der übrigen Bevölkerung treten die gleichen Argumente auf wie in der Industrie, lediglich wird in den einzelnen Schichten verschiedenartig diskutiert.

Unter den Angestellten der staatlichen Verwaltungen sowie Institutionen traten heftige Diskussionen auf, die in verschiedenen Objekten einen sehr negativen Charakter tragen und die positiven Stimmen verdrängen. Die Argumente dabei waren:

  • »Es ist schlimmer als 1933.«

  • »Man soll lieber das Geld für die Hebung des Lebensstandards ausgeben.«

  • »An dem Aufbau der Volksarmee sieht man, dass man überhaupt keinen Frieden will.«

  • »Die Volksarmee ist nichts anderes als das Heer in Westdeutschland.«

Diese negativen Äußerungen bzw. Erscheinungen traten besonders im

  • Ministerium für Chemische Industrie,

  • Ministerium für Leichtindustrie,

  • Bauakademie Berlin,

  • Deutsche Notenbank,

  • Großhandelskontor für Technik,

  • DIA-Kompensation und Entwurfsbüro für Industriebau Berlin I und II

auf.

Unter den Schülern der Fach- und Hochschulen sowie der ABF und Universitäten, sind zur Aufstellung der Volksarmee geteilte Meinungen vorhanden, wobei die positiven Stimmen überwiegen. Dies zeigt sich besonders in den freiwilligen Verpflichtungen.

  • Z. B. erklärten sich in der Fachschule für Landwirtschaft 21 Schüler bereit, nach Beendigung ihres Studiums in die Volksarmee beizutreten. Gleichfalls stellten aufgrund des Beschlusses zehn Fachschüler ihren Antrag, Kandidat der SED zu werden.

  • Ebenfalls erklärten sich in der Forstschule zu Ballenstedt,10 [Bezirk] Halle, 47 Schüler bereit, in die Volksarmee einzutreten.

  • In einer Klasse der Oberschule Frankfurt/O. meldeten sich 18 Schüler zum Eintritt in die Volksarmee.

  • Negative Diskussionen wurden besonders aus der ABF Berlin und Universität Rostock bekannt. Bei diesen Diskussionen handelt es sich hauptsächlich um pazifistische Erscheinungen sowie Ablehnungen der neuen Uniform. Sie gleichen sich den Diskussionen der Jugendlichen in der Industrie an.

Aus den örtlichen Verwaltungen sowie aus dem staatlichen Handel werden besonders Stimmen von weiblichen Beschäftigten bekannt, die den gleichen Charakter tragen wie der der weiblichen Beschäftigten in der Industrie. Ebenso ist die Stimmung unter den Hausfrauen.

IV. Forderung nach Volksabstimmung

Der Einfluss von Feindzentralen zeigt sich neben den Diskussionen auch weiterhin in den Forderungen nach Volksabstimmung. Diese Forderungen traten auf:

  • im VEB Kombinat Böhlen, [Bezirk] Leipzig;

  • im VEB Sanar Eisenberg,11 [Bezirk] Gera;

  • im VEB Armaturenwerk Gera;12

  • im Bahnbetriebswerk Wustermark, [Bezirk] Potsdam;

  • in der Stärkefabrik Scholten Brandenburg;

  • in einem Privatbetrieb in Birkenwerder, [Bezirk] Potsdam.

V. Objekte mit negativen Erscheinungen

Negative Erscheinungen wurden wiederum bei Abstimmungen und Unterschriftenleistungen in folgenden Betrieben bekannt:

  • Im VEB »Fritz Heckert« Karl-Marx-Stadt stimmten von 45 Arbeitern sieben dafür, sechs dagegen, 32 enthielten sich der Stimme.

  • Im VEB Blema Aue von 700 – 200 dafür, 20 dagegen, 480 Stimmenenthaltungen.

  • Im VEB Fewa-Werk Karl-Marx-Stadt von 133 Funktionären des Gewerkschaftsaktivs stimmten 50 dagegen.

  • Im RAW Eberswalde, [Bezirk] Neubrandenburg, von 100 Arbeitern stimmten 50 dagegen.

  • Im VEB Simson, Suhl,13 von 40 Arbeitern der Lackiererei14 stimmten 39 dagegen.

  • Im VEB Glaswerk Schönbrunn, [Bezirk] Suhl, von 110 Arbeitern 20 dafür, einer dagegen, 89 Stimmenenthaltungen.

  • Im VEB Möbelwerk Themar, [Bezirk] Suhl, von 50 Arbeitern stimmten 24 dagegen.

  • In der Werkzeugmaschinenfabrik Zerbst, [Bezirk] Magdeburg, gaben von 50 Anwesenden nur 21 ihre Unterschrift unter die Resolution.

  • In der Oberschule Ost Dresden15 stimmten von 30 Lehrern sechs dafür, 24 dagegen; von 18 Schülern sechs dafür, zwölf dagegen.

  • Im VEB Süßwaren Görlitz stimmten 95 % der Belegschaft gegen die Volksarmee.

  • Im RAW Dresden von 28 Mann einer Brigade stimmten sechs dafür, 22 dagegen. Im gleichen Werk stimmten in einer Versammlung die Jugendlichen einstimmig gegen die Volksarmee.

  • Im Güterbahnhof Gera, Verwaltung, stimmten von 32 Anwesenden 17 dafür, acht dagegen, sieben enthielten sich der Stimme.

  • RBD Berlin, Lochkartenstelle stimmten 21 dafür, neun dagegen, zwei enthielten sich der Stimme (17.1.1956). Am 18.1.1956 stimmten von den Frauen fünf dafür, 14 dagegen. Außerdem werden Einzelstellungnahmen abgegeben mit folgendem Inhalt: »Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit für den Frieden und die Einheit Deutschlands einzutreten, jedoch ohne Waffen, um einen Bruderkrieg zu verhindern.«

VI. Republikflucht Jugendlicher

In der Zeit vom 22. bis 23.1.1956 wurden 83 Jugendliche wegen Verdachtes der Republikflucht von den VP-Organen festgenommen. Das Durchschnittsalter der Jugendlichen beträgt 19 Jahre. Die meisten Jugendlichen kamen aus den Bezirken Magdeburg, Dresden und Erfurt.16

VII. Feindtätigkeit

Der Umfang der Feindtätigkeit hat sich gegenüber dem Vortage nicht wesentlich verändert. Im Kreis Pirna, [Bezirk] Dresden, erhielt ein Jugendlicher einen gefälschten Gestellungsbefehl durch die Post zugestellt. Näheres [ist] noch nicht bekannt.

Anbringen von Hetzlosungen

  • Am 21.1. und 23.1.1956 wurden auf der Männertoilette des VEB Elektrowärme Sörnewitz, [Bezirk] Dresden, die Losung »wir wollen freie Wahlen, wenn nicht – Streik« und im VEB Transformatoren-Röntgenwerk Dresden ebenfalls in der Toilette die Hetzlosung »das Massengrab in Eis und Schnee, das winkt dir bei der KVP, Forderung einer Volksarmee – nee« angeschmiert.

  • In Freital und Dresden wurden drei Hetzlosungen »KVP nee« angeschmiert.

  • Im VEB Archimedes Glashütte,17 [Kreis] Dippoldiswalde, haben zwei Kollegen persönliche Stellungnahmen zur Aufstellung der Volksarmee an der Wandzeitung angebracht. Daneben wurden die Worte geschmiert »Mensch, du bist wohl krank«.

  • Am 21.1.1956 wurde in Gröditz, [Bezirk] Dresden, in der Nähe der Kirche eine Hetzlosung über die Straße mit Sand gestreut. Sie richtete sich gegen die Volksarmee.

  • Im VEB Grobgarnwerk Kirschau, [Bezirk] Dresden, wurden zwei Plakate, welche die Bildung einer Volksarmee beinhalteten, abgerissen.

  • An einem Telefonmast in Gerisch,18 [Bezirk] Dresden, wurde ein Plakat »Volksarmee bedeutet Krieg, deshalb gegen Volksarmee, für Frieden« angebracht.

Gerüchte

  • In den Gemeinden Völpke und Sommersdorf, [Kreis] Oschersleben, [Bezirk] Magdeburg, wurde das Gerücht verbreitet, dass aufgrund der Schaffung einer Volksarmee an männliche Jugendliche keine PM 1219 mehr ausgegeben werden.

  • In Burg, [Bezirk] Magdeburg, verbreiten einige Jugendliche, dass alle Jugendlichen, die nach Berlin fahren, einen Stempel auf die Fahrkarte bekommen und fast hinter jeder Station kontrolliert werden.

  • Im Sprengstoffwerk Schönebeck, [Bezirk] Magdeburg, wird diskutiert, dass jetzt alle Männer bis zum 60. Lebensjahr zur Volksarmee eingezogen werden.

  • In der Gemeinde Dolle, [Kreis] Tangerhütte, [Bezirk] Magdeburg, wird das Gerücht verbreitet, dass die Ortschaft z. T. geräumt werden soll, weil dort Einheiten der Volksarmee stationiert würden.

  • In Leipzig wurde von einer Person über die angeblichen Methoden der KVP-Werbung Folgendes verbreitet: »VP-Offiziere holen sich die Jugendlichen aus der Wohnung in eine Gaststätte, wo sie ihnen Schnaps und Zigaretten geben, bis sie unterschrieben haben, in die KVP zu gehen.«

Hetzbriefe

Im Kreis Glauchau, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, wurden an verschiedene VEB sowie an den 1. Kreissekretär der SED Hetzbriefe gegen die Volksarmee verschickt. Diese beinhalten, dass angeblich 90 % der Bevölkerung gegen die Aufstellung einer Volksarmee sei, als Beispiel werden einige VEB angeführt: Weiter droht man: »Die Menschen sind über die Lügen erbittert. Ein 17. Juni wird folgen, gebt die Arbeiter [sic!] nur die Waffen in die Hand. Was haben die denn zu verteidigen: wohl die HO-Preise, die schlechten Straßen, die Normenschrauben, die Freizeitraubung? Man will an euer Gewissen rütteln und denken helfen, dass ihr einst gesagt habt ›ohne uns‹, ›zerreißt die Gestellungsbefehle‹. Ja, wundert euch nicht, wenn unsere Jugend jetzt so tut und nach dem Westen geht, denn da leben sie wenigstens und dort hat die Mark noch einen Mark wert [sic!]. Bei uns muss der Arbeiter vier Stunden für ein Stück Butter arbeiten. Eine Schande für einen Arbeiterstaat.« Diese Briefe wurden mit Schreibmaschine ohne Absender geschrieben und trugen als Aufgabe oft den Poststempel Glauchau. Einen ähnlichen Hetzbrief erhielt die Kreisleitung der SED Halle.

An den Bürgermeister der Stadt Halle wurde ein Drohbrief geschickt, der eine Warnung an alle, die für die Volksarmee sind, beinhaltete: »Das Volk versteht keinen Spaß, ca. 200 000 Hallenser Genossen aus allen Betrieben sind gegen eine Volksarmee. Hütet euch, ihr Kommunistenschweine.«

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    25. Januar 1956
    Verdacht der Republikflucht bei Jugendlichen (23.–24.1.1956) [Information Nr. M25/56]

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    25. Januar 1956
    Stimmung und Lage der Angestellten in den kommunalen Verwaltungen und im Staatsapparat [Information Nr. M23/56]