Unfall mit tödlichen Folgen im VEB Glasebachschacht Straßberg (Ergänzung)
29. September 1956
Information Nr. 226/56 – Betrifft: Ergänzung zum Katastrophenunfall im VEB Glasebachschacht Straßberg, [Kreis] Quedlinburg, [Bezirk] Halle
Aus den Vernehmungen des verantwortlichen Steigers geht hervor, dass nach den Bohrungen am 26.9.1956 in der 6. Sohle Wasser austrat und er die Sprengungen trotzdem vornehmen ließ.
Vonseiten der Betriebsleitung und der Lenkungskräfte liegt eine große Fahrlässigkeit vor. Ihnen war bekannt, dass mit größeren Wassereinbrüchen zu rechnen ist. Aus diesem Grunde sollte ein Sicherheitspfeiler von 50 m Breite bestehen bleiben. Des Weiteren sollten vor jeder Sprengung fächerförmige Bohrlöcher bis zu 3 m Tiefe angelegt werden. Weiterhin muss vor jeder Sprengung die unterste Sohle von den Arbeitern geräumt werden. Diese Sicherheitsmaßnahmen wurden nicht eingehalten. Durch das eintretende Wasser von ca. 750 cbm pro Minute soff der Schacht in knapp zwei Stunden von der 6. bis zur 3. Sohle ab. Das Wasser erreichte einen Stand von 130 m. Nach bisherigen Schätzungen befinden sich ca. 25 000 cbm Wasser im Schacht. Das Wasser ist trotz Einsetzens einer Pumpe weiter im Steigen begriffen. In der Nähe des Schachtes befinden sich fünf Teiche mit 2 000 000 cbm Wasser, deren Wasserspiegel seit dem Wassereinbruch um 6 bis 8 cm gefallen ist.
Der Ort Straßberg und seine nähere Umgebung ist durch zahllose Stollen aus dem 16. Jahrhundert unterminiert. Über die Lage dieser Stollen ist kein Kartenmaterial vorhanden. Im Ort Straßberg befindet sich seit dem 26.9.1956 ein Trichter von 6 m Durchmesser und 8 m Tiefe. Vermutlich hat sich in den alten Stollen ein Sog gebildet, der an der schwächsten Stelle (eine ehemalige Schachtröhre) diesen Trichter herbeiführte.