Unzufriedenheit über die Auszahlung von Weihnachtszuwendungen
6. Dezember 1956
Information Nr. 375/56 – Betrifft: Unzufriedenheit über die Auszahlung von Weihnachtszuwendungen und die Einarbeitung des 24. und 31. Dezember 1956
Weihnachtszuwendungen
Wie im Jahre 1955 treten auch dieses Jahr wieder ablehnende Stellungnahmen zur Auszahlung der Weihnachtszuwendungen unter Beschäftigten in Industrie- und Verkehrsbetrieben auf. Bekannt wurden diese Stellungnahmen, nachdem in der Presse der Beschluss über die Auszahlung von Weihnachtszuwendungen veröffentlicht wurde.1 Die bisher vorliegenden Stellungnahmen sind ausschließlich negativ. In erster Linie äußern sich jene Beschäftigten, deren Verdienst nicht wesentlich über 500 DM liegt oder lediglich aufgrund von Sonntagsarbeit bzw. durch Erschwerniszulagen diesen Betrag übersteigt. Von diesem Teil der Beschäftigten wird der Beschluss über die Zuwendung von Weihnachtsgeld als »große Ungerechtigkeit« betrachtet.
Derartige Unzufriedenheit wurde bekannt unter Eisenbahnern im Bezirk Schwerin und Dresden, unter Beschäftigten in der Braunkohlenindustrie des Bezirkes Leipzig sowie im VEB Chemische Fabrik Berlin-Grünau, Absatzkontor für Holz-und Kulturwaren, Berlin-Lichtenberg und unter Beschäftigten der Textilindustrie des Kreises Reichenbach, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt. In den Textilbetrieben, wo in der Mehrzahl Frauen beschäftigt sind, wird außerdem als »ungerecht« empfunden, dass bei der Auszahlung von Weihnachtszuwendungen »Unterschiede von 10,00 DM gemacht werden«. In diesen Stellungnahmen wurden auch Meinungen als Vorschläge zum Ausdruck gebracht, durch die nach Meinung der Beschäftigten »in Zukunft diese Unstimmigkeiten vermieden werden« könnten.
Die wesentlichsten dieser Meinungen sind, den Durchschnittsverdienst des letzten Vierteljahres als Grundlage zur Errechnung von Weihnachtszuwendungen zu benutzen, und Beschäftigten in lebenswichtigen Betrieben auch dann die Weihnachtszuwendung zu gewähren, wenn bei unbedingt notwendigen Mehrleistungen die Höchstgrenze von 500 DM überschritten wird.
Einarbeitung des 24. und 31.12.1956
Unzufriedenheit über die Einarbeitung des 24. und 31.12.1956 wurde in starkem Maße unter Beschäftigten der verschiedensten Industriebetriebe, Handelsorgane, Verwaltungen und Ministerien bekannt. Die dazu abgegebenen Stellungnahmen weisen in ihrem Inhalt auf zwei Grundtendenzen der Unzufriedenheit hin. In den Industriebetrieben ist die Tatsache, dass der 24.12. als auch der 31.12.1956 als volle Arbeitstage gezählt werden, Anlass zur Unzufriedenheit unter den Beschäftigten. In diesem Zusammenhang werden besonders Vergleiche zu Westdeutschland gezogen und betont, »dass es so etwas in Westdeutschland nicht geben würde, die Unternehmer würden dort den Arbeitern den halben Tag schenken. Daran erkennt man, dass bei uns in der DDR keine Demokratie herrsche.« Auffallend dabei ist, dass, obwohl diese und ähnliche Meinungen meist von negativen Elementen zum Ausdruck gebracht werden, diese doch Unterstützung bei größeren Teilen der Arbeiter finden. Derartige und ähnliche Diskussionen wurden bekannt aus Industriebetrieben des Bezirkes Gera, dem VEB Dieselmotorenwerk Leipzig, dem Stahl- und Walzwerk Brandenburg, der Kammgarnspinnerei Brandenburg und den Rathenower Optischen Werken im Bezirk Potsdam.
Unter den Beschäftigten in den Handelsorganen (Kontore), Verwaltungen und Ministerien kam es zur Unzufriedenheit nach Bekanntwerden der Anordnung des Ministerrates – unterzeichnet vom Staatssekretär Plenikowski2 – über die Einarbeitung der vorgenannten Tage.3 Unter den Beschäftigten dieser Verwaltungen erregt besonders die Tatsache Verärgerung, dass diese Anordnung vorschreibt, am Sonnabend den 22. und 29.12.1956 voll zu arbeiten, um die beiden Tage einzuarbeiten. In den Meinungen der Beschäftigten kommt dazu übereinstimmend zum Ausdruck, dass »man die Einarbeitung dieser beiden Tage den Betrieben und Verwaltungen selbst überlassen und nicht administrativ anweisen sollte«. Derartige Diskussionen wurden bekannt von Beschäftigten des Ministeriums für Handel und Versorgung, für Leichtindustrie, für allgemeinen Maschinenbau, aus Großhandelskontoren sowie aus dem Post- und Fernmeldewesen.