Unzufriedenheit über Wohnungsfragen
9. November 1956
Information Nr. 325/56 – Betrifft: Unzufriedenheit über Wohnungsfragen
In Grünau und Karlshorst herrscht unter dem Personenkreis, dessen Wohnungen bzw. Häuser durch sowjetische Dienststellen belegt waren, eine große Verärgerung, nachdem bekannt wurde, dass dort Bürger eingewiesen worden sind bzw. noch eingewiesen werden. Auch bei den nicht betroffenen Einwohnern wurde dadurch eine starke Missstimmung hervorgerufen. Die Tatsache, dass die Häuser schon vor längerer Zeit geräumt wurden und seitdem leer stehen, hat diese Verärgerung noch verstärkt. Der Vorsitzende des Wirkungsbereichs1 der Nationalen Front2 in Grünau bemüht sich, von den infrage kommenden Stellen die Anweisung zu erwirken, dass ein Teil der freigegebenen Häuser für die Bevölkerung von Grünau zur Verfügung gestellt wird.
Bei einer Unterhaltung, die vor einigen Tagen in einem Lebensmittelgeschäft in Grünau geführt wurde, brachten die anwesenden Käufer zum Ausdruck, dass man einen Protestmarsch zum Rathaus organisieren müsste, um somit die Verwaltungsstellen zu zwingen, den Interessen der Bevölkerung zu entsprechen.
In Karlshorst herrscht dazu folgende Meinung: Es sei zwar seinerzeit nicht schön gewesen, dass sie ihre Wohnungen aufgeben mussten, aber doch immerhin verständlich, da ja die sowjetische Besatzungsmacht irgendwo untergebracht werden musste. Was sich aber jetzt abspielt, sei eine tolle Sache. Sie hätten jahrelang darauf gewartet, wieder in ihre Wohnungen und Häuser einziehen zu können, müssen aber nun nach Freigabe durch die sowjetischen Dienststellen sich davon überzeugen, dass andere Personen und nicht sie dort eingewiesen werden.