Westliche Flugschriften, Rundfunk- und Presseberichte zum 17. Juni (1)
15. Juni 1956
Information Nr. 17/56 – Betrifft: Feindpropaganda zum »17. Juni«
Der Gegner versucht in Hetzschriften, Streuzetteln und selbstgefertigten Flugblättern mit hetzerischen Losungen und Argumenten glaubhaft zu machen, dass der 17. Juni 1953 Ausdruck des »Unwillens der Bevölkerung« war und der Kampf weitergeführt werden müsste.
So verbreitet z. B. der NTS1 eine Hetzschrift in russischer und deutscher Sprache in der Aufmachung eines Briefes, in der wie folgt gehetzt wird: »… der 17. Juni 1953 ist durch den Einsatz der sowjetischen Panzer niedergeschlagen worden. Die Tragik besteht darin, dass es den Aufständigen [sic!] nicht gelungen ist, mit den sowjetischen Soldaten in nähere Verbindung zu treten, denn gerade in den Reihen dieser Soldaten gibt es mehr Feinde des Regimes, als man ahnt.« Des Weiteren wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Möglichkeiten »des Sturzes des Regimes« auch heute bei einer Zusammenarbeit gegeben sei. Aus dem Grunde wird zur Weitergabe des russisch geschriebenen Hetzblattes an »zuverlässige russische Bekannte« aufgefordert.
Ein anderes Hetzblatt – Herausgeber unbekannt – befasst sich mit unseren Sicherheitsmaßnahmen, die ein Beweis dafür seien, dass die DDR einen Bürgerkrieg vorbereite. Des Weiteren folgen Argumente wie:
- –
Pankow2 hat aus dem 17. Juni 1953 nichts gelernt;
- –
der Tag kommt, wo die Pankower … vom deutschen Volk zur Rechenschaft gezogen werden;
- –
wir fordern freie Wahlen.
Dies ist unterzeichnet mit: Komitee für Freiheit und Recht3 | Sitz: Frankfurt/O.
Mit der Überschrift: »Der Aufstand des deutschen Volkes am 17. Juni 1953« verbreitet die KgU4 ein Flugblatt, welches u. a. folgende Argumente enthält:
- –
der 17. Juni 1953 war nicht vergeblich;
- –
der 17. Juni war ein Ruf nach Freiheit;
- –
seit dem 17. Juni ist das Murren in der Partei gegen die Führung noch nicht zur Ruhe gekommen.
Auch verbreitet der Gegner Streuzettel mit der Drohung eines neuen 17. Juni, »wenn nicht kurzfristig freie Wahlen zugelassen werden«. Die Unterschrift lautet: »Freie deutsche Arbeiter- und Bauernbewegung in der Sowjetzone«.5
Neben den eingeschleusten Hetzschriften wurden in einigen Bezirken auch vereinzelt selbstgefertigte Flugblätter verbreitet. So z. B. wurden in der Stadt Meuselwitz, [Bezirk] Leipzig, drei selbstgefertigte Flugblätter sichergestellt, die u. a. folgende Hetze enthielten:
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kämpft mit uns für freie Wahlen;
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für Einheit und Freiheit;
- –
für die Freiheit der politischen Gefangenen;
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nieder mit der Regierung des nationalen Verrates u. a.m.
Mit ähnlichem Wortlaut und dem »Aufruf des Befreiungsrates zur Aktion am 17.6.1956« wurden auch einige selbstgefertigte Hetzblätter in den Städten Gera, Schleiz und Zeitz gefunden. Sie trugen die Unterschrift: »Befreiungsrat SPD«.6
Die Westpresse und Rundfunk beschränken sich in der Hauptsache auf die Ankündigung der »Feierlichkeiten und Veranstaltungen anlässlich des 17. Juni«. Außerdem nahm in einer Sendung des RIAS vom 6.6.1956 W. Brandt7 zum »17. Juni« Stellung und erklärte u. a.: »… Diesem Tag kommt diesmal eine besondere Bedeutung zu. Diejenigen, von denen unsere Zukunft mit abhängt, werden nämlich besonders genau beobachten, ob es einen wirklich entscheidenden Willen der Deutschen zur Wiedervereinigung gibt. Darauf dürfen wir die Antwort nicht schuldig bleiben, vor allem nicht in Berlin. Es gilt darum, sich schon jetzt darauf vorzubereiten, dass wir am 17. Juni ein machtvolles Bekenntnis ablegen zur Treue mit den Bauarbeitern der Stalinallee …«