Westliche Rundfunk- und Presseberichte zum XX. Parteitag der KPdSU (5)
21. März 1956
Feindpropaganda zum XX. Parteitag der KPdSU (5. Bericht) [Information Nr. M60/56]
Die Feindpropaganda zum XX. Parteitag der KPdSU1 konzentriert sich auf eine Verbindung der Probleme mit der III. Parteikonferenz der SED.2 Ziel ist nach wie vor die Beeinflussung der Mitglieder und Kandidaten der SED.
Die gegenwärtige Propaganda stieg in den letzten Tagen zahlenmäßig an,3 wobei drei Punkte von den Westberliner Zeitungen und Sendern in großer Aufmachung kommentiert wurden:
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Ausführungen des Genossen Walter Ulbricht auf der Delegiertenkonferenz in Berlin;4
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Angeblicher Geheimbericht des Genossen Chruschtschow über Stalin;5
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Unruhen in Georgien.6
Außer den bereits früher berichteten Argumenten treten folgende neu auf:
1. Hetze zu den Ausführungen des Genossen Walter Ulbricht
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»Walter Ulbricht hat den Chruschtschow-Kurs auch in der Sowjetzone offiziell verkündet.« (Der Tag – 20.3.1956)7
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»Warum hat Walter Ulbricht nicht früher gegen Stalin Stellung genommen?« (»Montagsecho« – 19.3.1956)8
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»Walter Ulbricht war der Stalin der Zone. Walter Ulbricht übertönte seine eigene Furcht, indem er jetzt der lauteste Wortführer zu sein versucht.« (London9 – 19.3.1956).
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»Ulbricht will abtreten, aber vorher wird gesäubert.« (Nachtdepesche – 19.3.1956)10
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»Die jetzt Stalin anklagen, klagen sich damit selbst an, denn sie sind mitschuldig. Die innere Unfreiheit der kommunistischen Parteien wird überzeugend bei der Auswertung des XX. Parteitages nachgewiesen.« (RIAS – 19.3.1956)11
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»Abkehr vom Stalinismus hat auch in der SED eine innere Revolution ausgelöst.« (»Telegraf« – 20.3.1956)12
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»SED übersteht die Wendung um 180 Grad nicht ohne innere Erschütterung.« (Sender Freies Berlin – 19.3.1956)
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»Walter Ulbricht gab zu, dass der SSD13 die Gesetze der DDR verletzt habe.« (Ullstein-BZ – 19.3.1956)14
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»Die KPD-Genossen haben den SPD-Genossen 1945 den Stalinkult aufgezwungen.« (RIAS – 16.3.1956)15
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»Zu den Angeboten Walter Ulbrichts an die SPD16 heißt es: Die SED biedert sich an.« (»Telegraf« – 20.3.1956)17
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»Westberlin soll unterwandert werden.« (Der Abend – 19.3.1956)18
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»Die Sozialdemokraten sollen sich mit der SED verbünden, damit sie besser überrumpelt werden können.« (RIAS – 19.3.1956)19
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»Walter Ulbricht überträgt selbst die neue These vom friedlichen Weg zum Sozialismus auf frühere Epochen, wenn er behauptet, dass in der DDR mithilfe von Parlamentsmehrheiten die Grundlagen des Imperialismus beseitigt wurden.« (RIAS – 15.3.1956)20
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»Die Frage der Westpolitik der SED nach dem XX. Parteitag blieb unbeantwortet.« (Der Tag – 20.3.1956)21
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»Bezirksleitung der SED Berlin bereitet Ausschluss zahlreicher Mitglieder und Funktionäre aus der Partei vor.« (Nachtdepesche – 13.3.1956)22
2. Hetze gegen die KPdSU
Am 17. und 18.3.1956 brachten sämtliche Westberliner Zeitungen Meldungen über eine angebliche Geheimsitzung während des XX. Parteitages, wo Genosse Chruschtschow Stalin als Mörder usw. bezeichnet habe. Geheimbericht soll angeblich in der UdSSR in 30 Mio. Exemplaren veröffentlicht werden. In der Sowjetunion hat eine große Aktion zur Aufklärung der Bevölkerung über die Abkehr von Stalin begonnen. Kritik an Stalin – ein Mittel, um den diplomatischen Kredit im Ausland zu erhöhen.
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»Schlag gegen die Stalinisten in der Sowjetunion.« (Der Abend – 20.3.1956)23
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»Der Kommunismus ohne Stalin kann dem Westen gefährlicher werden, als die Politik des toten Diktators.« (Die Welt – 19.3.1956)24
3. Forderungen
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»Jetzt ist der Augenblick gekommen, wo die Menschen unter dem Kommunismus etwas tun können … – Sie müssen es heute verstehen, bei aller Vorsicht die Diskussionen weiterzutreiben, als Ulbricht es will. – Der Stoß, von dem Walter Ulbricht spricht, soll sich gegen ihn selbst richten.« (London – 19.3.1956)
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»Auf der III. Parteikonferenz soll über diese Probleme diskutiert werden, denn die Delegierten sind die wahren Herren.« (RIAS – 16.3.1956)25
Fragestellung
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»Welche Schäden haben die Auswirkungen des Personenkultes in der DDR gebracht und wer ist daran schuld gewesen?« (RIAS – 15.3.1956)26