Zweiwochenbericht
21. August 1956
Informationsdienst Nr. 16 zur Beurteilung der Situation in der DDR
Zur Lage in Industrie und Verkehr
Politische Diskussionen
Im Vordergrund der politischen Diskussionen unter den Beschäftigten der Industrie, wie auch der Landwirtschaft und der übrigen Bevölkerung, standen Stellungnahmen zu folgenden Problemen: Zum 28. Plenum des ZK der SED,1 zum Verbot der KPD2 und zur Verstaatlichung des Sues-Kanals.3 Über erstere Probleme erfolgten Informationen.4
Die Diskussionen über die Verstaatlichung des Sues-Kanals sind in ihrer Mehrzahl weiterhin positiv. Jedoch ist festzustellen, dass in größerem Umfang Unklarheiten zu dieser Frage unter allen Schichten der Bevölkerung bestehen. Neben der vorbehaltlosen Unterstützung der Maßnahme der Ägyptischen Regierung wird in den positiven Stellungnahmen auch die Erkenntnis zum Ausdruck gebracht, dass die Völker heute selbst über ihr Schicksal entscheiden.
So erklärte ein Arbeiter aus dem BKW Heide, [Bezirk] Cottbus: »Es ist an der Zeit, dass der Engländer dieses Gebiet verlässt, denn Ägypten will seine volle Selbstbestimmung über sein Land haben. Es ist richtig, wenn Nasser5 den Sues-Kanal nationalisiert hat, denn die Kapitalisten haben dort genügend Geld verdient. Es sollten die Kapitalisten in allen Ländern rausgeworfen werden, dann wäre es richtig.«
Im VEB Gelenkwellenwerk Stadtilm, [Bezirk] Erfurt, äußerte ein Ingenieur: »Die politische Lage hat sich in der letzten Zeit wesentlich verändert, das ist zu erkennen, dass [sic!] die Engländer aus der Sues-Kanal-Zone abziehen mussten und heute die Ägyptische Regierung die Sues-Kanal-Gesellschaften nationalisierte. Natürlich sind die englischen und französischen Kapitalisten sehr verärgert, aber sie können daran nichts ändern. Der Kanal wurde von den Ägyptern gebaut und gehört auch demzufolge ihnen. Daran wird keine Macht der Welt etwas ändern können. Heute entscheiden die Völker selbst und nicht eine handvoll Kapitalisten.« Diskussionen dieser und ähnlicher Art liegen aus allen Bezirken vor.
Die auf Unklarheiten beruhenden Diskussionen lassen erkennen, dass sich diese Personen nicht mit der Vorgeschichte der Nationalisierung des Sues-Kanals beschäftigt haben. Aus diesem Grunde, zum Teil auch durch Beeinflussung westlicher Sender, kommt es zu Ansichten wie: England und Frankreich seien die Erbauer, Nasser handelt wie Hitler und ähnlichen. Außerdem wird weiterhin die Befürchtung eines Kriegsausbruches geäußert. Dafür folgende Beispiele: In der Rohrlegerei der Volkswerft »Ernst Thälmann« in Brandenburg, [Bezirk] Potsdam, brachten die Arbeiter sinngemäß zum Ausdruck: »Nun wird es wohl doch zu einem Krieg kommen, aber das berührt uns nicht, denn es ist ja weit weg von uns.« Im VEB Röhrenwerk Neuhaus, [Bezirk] Suhl, äußerte ein Teil der Arbeiter der Rohr-Zieherei, »dass dieser Kanal denen gehört, die ihn gebaut haben und es so sei, dass sich die Kapitalisten Englands und Amerikas nichts wegnehmen lassen würden«. Im wissenschaftlichen Institut Leipzig erklärte ein Diplom-Physiker: »Die Handlungen von Nasser haben Ähnlichkeiten mit den Handlungen eines Hitler. Die Verstaatlichung des Sues-Kanals ist ein Vertragsbruch und muss als solcher geahndet werden. Unsere Regierung sollte vorsichtiger mit ihrer Zustimmung sein, wir könnten dabei bei einer militärischen Auseinandersetzung mit hineingezogen werden.« Ähnliche Stellungnahmen liegen aus allen Bezirken und Bevölkerungsschichten vor.
Ökonomische Probleme
Wie schon mehrfach berichtet, hielten auch in dieser Berichtsperiode in gleicher Weise die Materialschwierigkeiten an. Am stärksten traten diese Schwierigkeiten in der Metall- und baumwollverarbeitenden Industrie in Erscheinung. Dies führt dazu, dass ein Teil von Betrieben ihre Exportaufträge sowie ihre Pläne nicht erfüllen können. [sic!] Die ständig auftretenden Materialschwierigkeiten führten unter den Beschäftigten zur Unzufriedenheit und Missstimmung, da sie zum Teil durch Wartestunden und unproduktive Arbeit nicht ihren vollen Lohn erhielten.
Dazu einige Beispiele aus der Metallindustrie:
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Aus dem Stahlwerk Riesa, [Bezirk] Dresden, wird bekannt, dass dem Stahlbau von Blechwalzwerk Kirchmöser im Monat August 6 000 t Blech 9 mm für die Ferngasleitung gekündigt wurden. Das vorhandene Material reicht noch ca. bis 25.8.1956, dann muss die Produktion eingestellt werden.
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Dem VEB Elektrowärme Altenburg, [Bezirk] Leipzig, fehlen ca. 17 000 Motoren für Staubsauger. Der Lieferbetrieb ist der VEB Motorenwerk Hartha,6 [Kreis] Döbeln. Aufgrund dieser Schwierigkeiten mussten im Betrieb bereits die Arbeiten am Fließband eingestellt werden.
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Im VEB Plasta Sonneberg III, [Bezirk] Suhl, bestehen Schwierigkeiten, weil nicht genügend legierter Stahl für den Werkzeugbau vorhanden ist. Es wurden für 1956 18 t eingeplant. Der Betrieb erhielt aber nur eine Freigabe von 6 t. Davon wurden bis jetzt aber nur 3 t ausgeliefert. Die DHZ Metallurgie Poldi-Hütte in Leipzig teilte mit, dass das benötigte Material wohl dort auf Lager sei, es aber nicht ausgeliefert werden könne, da sie es mit anderem Material zugebaut hätten.
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Weiter wurden größere Materialschwierigkeiten noch aus folgenden VE Metall verarbeitenden Betrieben bekannt:
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Schwerarmaturenwerk »Erich Weinert« Magdeburg,
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Elektrowärme Sörnewitz, [Kreis] Meißen, [Bezirk] Dresden,
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Waggonbau Görlitz, [Bezirk] Dresden,
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Elbetalwerk Heidenau, [Kreis] Pirna, [Bezirk] Dresden,
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Tewa Neustadt, [Kreis] Pößneck, [Bezirk] Gera,
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Spezialmaschinenwerk Kamenz, [Bezirk] Dresden,
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Feuerungs- und Behälterbau Köthen, [Bezirk] Halle,
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Kirow-Werk Leipzig,
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Verlade- und Transportanlagenbau Leipzig,
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Bodenbearbeitungsgeräte Leipzig,
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Sternradiogehäusebau Sonneberg,7 [Bezirk] Suhl,
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Horch und Audi Zwickau,8 [Bezirk] Karl-Marx-Stadt,
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IFA Felgenwerk Ronneburg, [Bezirk] Gera.
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Für die Lage in der baumwollverarbeitenden Industrie wurden folgende Beispiele bekannt: Im VEB »Edela« Hohenkirchen,9 [Kreis] Rochlitz, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, herrscht zurzeit ein erheblicher Mangel an Baumwolle, was dazu führte, dass einige Strumpfwirkmaschinen stillgelegt werden mussten. Die Arbeiter wurden für Aufräumungsarbeiten im Betrieb eingesetzt. Im VEB Baumwollspinnerei Riesa, [Bezirk] Dresden, reicht das Material nur noch bis Ende August, sodass dann die Produktion gedrosselt bzw. eingestellt werden muss. Die zzt. verwendeten Rohstoffe sind minderwertiger Qualität, sodass dadurch ein Planrückstand entsteht. Ähnliche Beispiele sind noch aus anderen Betrieben der Bezirke Karl-Marx-Stadt und Dresden bekannt.
Wiederum wurden aus einigen Betrieben verschiedener Industriezweige Absatzschwierigkeiten bzw. Arbeitsmangel bekannt. Dadurch entstehen größere Überplanbestände bzw. können die Arbeiter zum Teil nicht voll beschäftigt werden, was ebenfalls zur Unzufriedenheit und Missstimmung führt und eine Ursache der Fluktuation ist.
Dazu folgende Beispiele:
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Der VEB Hartmetallwerk Immelborn, [Kreis] Bad Salzungen, [Bezirk] Suhl, hat Fertigwaren (Drehstähle, Fräser) im Werte von 4 Millionen DM infolge Absatzschwierigkeiten lagern.
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Im VEB Bekleidungswerk Wittenberge, [Kreis] Perleberg, [Bezirk] Schwerin, liegen zzt. Fertigwaren für über 100 000 DM am Lager, die nicht abgesetzt werden können, da Verträge mit dem Privathandel noch nicht genehmigt wurden.
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Im VEB Zeiss, Fertigungsstätte Saalfeld, [Bezirk] Gera, herrscht gegenwärtig Arbeitsmangel, sodass ca. 85 Arbeiter nicht voll beschäftigt werden können. Man bemüht sich, diese für die Erntehilfe zu gewinnen, was bei zehn Arbeitern auch gelungen ist.
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Aus dem VEB Textilia Glauchau, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, wird bekannt, dass in Kürze ca. 230 Arbeitskräfte überfällig werden. Diese Lage entsteht dadurch, dass die Staatsauflage nicht durch entsprechende Verträge gebunden ist. Die Abteilung Spulerei wurde am 28.7. und am 11.8.1956 ganztägig infolge Arbeitsmangels geschlossen. Dadurch mussten 82 Arbeiter zu Hause bleiben, die aber eine 90%ige Ausgleichszahlung erhielten.
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Weitere Absatzschwierigkeiten und Arbeitsmangel traten noch in folgenden VE-Betrieben auf:
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IKA Lengefeld, [Kreis] Marienberg, [Bezirk] Karl-Max-Stadt,
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Sanitas (K) Görlitz,10 [Bezirk] Dresden,
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Turbowerk Meißen, [Bezirk] Dresden,
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Waggonbau Niesky, [Bezirk] Dresden,
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Kema Görlitz, [Bezirk] Dresden,
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Zeiss Ikon Dresden,
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Fortschrittwerk Loburg, [Bezirk] Magdeburg.
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Produktionsstörungen in der Zeit vom 7.8. bis 20.8.1956
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Durch Ausfall von Baggern, Störungen im Zugverkehr und Witterungseinflüsse entstanden in den Braunkohlenwerken der Kreise Altenburg und Borna, [Bezirk] Leipzig, und Görlitz, [Bezirk] Dresden, folgende Ausfälle: 86 420 cbm Abraum, 21 600 t Rohkohle, 7 672 t Brikett. Der finanzielle Schaden an Geräten, Maschinen und Produktionsausfall beträgt insgesamt 111 275 DM. Die größten Störungen und Schäden wurden aus den BKW Witznitz, Deutzen, Espenhain, Thräna,11 [Kreis] Borna, und Rositz, [Kreis] Altenburg, bekannt.
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Vom 8.8. bis 9.8.1956 musste die Brikettfabrik Völpke, [Kreis] Oschersleben, [Bezirk] Magdeburg, die Produktion einstellen. Die Ursache dafür war, dass das BKW Nachterstedt, [Bezirk] Halle, keine Kohle lieferte. Dadurch entstand ein Schaden von 1 655 t Kohle = 28 000 DM.
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Am 10.8.1956 trat im VEB Kaliwerk »Glückauf« Sondershausen, [Bezirk] Erfurt, eine Betriebsstörung ein. Die Ursache dazu war ein Schaden am Obermantel des Tragseiles auf dem Schuh der Seilbahnstütze 15. Produktionsausfall 600 t Kali.
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Am 13.8.1956 fiel der Flammenrohrkessel im VEB Rohpappenwerk Zwintschöna,12 [Bezirk] Halle, durch Fahrlässigkeit eines Heizers aus. Der Betrieb kann voraussichtlich am 16.8.1956 zu 80 % wieder arbeiten. Der vorläufige Schaden beträgt ca. 80 000 DM.
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Im VEB Filmfabrik Wolfen, [Bezirk] Halle, löste sich am 15.8.1956 die automatische Regenanlage im Zellhornlager13 selbstständig aus. Die sich im Lager befindlichen Rollfilmbahnen wurden dadurch beschädigt. Schaden ca. 50 000 bis 70 000 DM.
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Am 11.8.1956 wurde der VEB Stoffdruckerei Großenhain, [Bezirk] Dresden, wegen Kesselschaden stillgelegt. Die Arbeiter wurden mit anderen Arbeiten betraut.
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Am 10.8.1956 kam die Anlage in der Tempergießerei des VEB »Ferdinand Kuhnert« Schmiedeberg, [Kreis] Dippoldiswalde, [Bezirk] Dresden, zum Stehen, da durch Eisenteile, welche beim Gießen in den Formsand gefallen sind, der Kollergang betriebsunfähig wurde.
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Im VEB Farbenglaswerk Reichenbach, [Kreis] Görlitz, [Bezirk] Dresden, entstand durch Unachtsamkeit der Heizer am 12.8.1956 ein Produktionsausfall am Glasschmelzofen. Der Schaden beträgt insgesamt ca. 9 000 DM.
Brände entstanden
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Am 4.8.1956 durch Fahrlässigkeit eines Lehrausbilders im Umkleideraum des VEB »Georgi Dimitroff«, Magdeburg.14 Schaden ca. 500 DM.
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Am 10.8.1956 im Textilveredelungswerk Robert Scharf, Meerane,15 [Kreis] Glauchau, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, infolge Heißlaufens einer ungeölten Rauhmaschine. Schaden 30 000 DM.
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Am 15.8.1956 in der Reithalle Quedlinburg, [Bezirk] Halle, durch Schweißarbeiten. Schaden 60 000 DM. In der Halle waren Lkw der Firma Schwarz16 untergestellt.
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Am 18.8.1956 vermutlich durch Explosion eines Gasbehälters im VEB Tabakfabrik Zepernick,17 [Bezirk] Frankfurt/O., Schaden 50 000 bis 70 000 DM.
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Am 19.8.1956 infolge fahrlässiger Handhabung eines Teerofens im VEB IKA Leuchtenbau Lengefeld.18 Der Brand griff auf den VEB Möbelstoffweberei Lengefeld, [Kreis] Marienberg, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, und eine Baracke der BHG Lengefeld über. Schaden ca. 60 000 bis 80 000 DM.
Versorgung der Bevölkerung
Die Schwierigkeiten in der Versorgung der Bevölkerung mit HO-Butter sind noch nicht behoben. Zu Ausschreitungen beim Verkauf kam es nicht.
Größere Schwierigkeiten gibt es beim Verkauf von Obst und Gemüse. Die Bevölkerung ist verärgert, dass von diesen Waren nicht genügend zur Verfügung steht. Dabei wird auch über die Preise bei Obst und Gemüse gesprochen und erklärt, dass sie viel zu hoch seien, sodass vor allem Rentner deshalb oftmals auf Gemüse verzichten müssten. Hierbei ist zu bemerken, dass die mangelhafte Versorgung mit Obst und Gemüse oftmals auf eine schlechte Warenstreuung zurückzuführen ist. Es gibt Beispiele dafür, dass in einem Kreis genügend Ware vorhanden ist, während in anderen Kreisen das Angebot ungenügend ist. Auch beim privaten Einzelhandel ist das Obst- und Gemüseangebot zum Teil besser und reichhaltiger. In den Grenzgemeinden des Kreises Lobenstein, [Bezirk] Gera, ist das Warenangebot an Obst und Gemüse sehr mangelhaft, was unter der Bevölkerung Verärgerung hervorruft. In den Kreisen Belzig, Neuruppin und Pritzwalk, [Bezirk] Potsdam, beschwert sich hauptsächlich die Landbevölkerung über die mangelhafte Belieferung mit Obst und Gemüse. So wurde z. B. die Gemeinde Dierberg, [Kreis] Neuruppin, innerhalb von vier Wochen nur zweimal mit Gemüse beliefert.
Verärgerung über Belieferung mit ranziger Butter
Aus den Bezirken Schwerin, Neubrandenburg, Potsdam und Gera wird berichtet, dass es unter der Bevölkerung Verärgerung über Belieferung mit ranziger Butter, die aus der UdSSR kommen soll, gibt. So gibt es z. B. im Kreisgebiet Wittstock, [Bezirk] Potsdam, darüber unzufriedene Diskussionen. Diese Butter wird nur in der HO und im Konsum verkauft, da die Privatgeschäfte ihre Butter nur aus der Molkerei beziehen. Im Kreis Neustrelitz, [Bezirk] Neubrandenburg, gibt es Diskussionen, »man wolle sich Butter aus Westdeutschland schicken lassen, um nicht diesen ›Dreck‹ essen zu müssen«.
Der Mangel an HO-Zucker hält besonders in den Landgemeinden weiterhin an. Die Landbevölkerung ist darüber verärgert, dass es gerade immer zur Einweckzeit nicht genügend HO-Zucker zu kaufen gibt.
Kartoffelversorgung
Aus den Bezirken Halle, Potsdam, Karl-Marx-Stadt und Gera wird berichtet, dass es in verschiedenen Kreisen noch nicht genügend Kartoffeln zu kaufen gibt. So ist z. B. in den Kreisen Schleiz und Saalfeld die Kartoffelversorgung noch unzureichend, weil die Zulieferbetriebe (VEAB) die vertraglich gebundenen Mengen nicht liefern. Die VEAB begründen die mangelhafte Belieferung mit Transportraummangel.
In Schmiedefeld und Frauenwald, [Kreis] Ilmenau, [Bezirk] Suhl, wurden 20 Waggon Kartoffeln für die KG geliefert. Diese wurden an die Bevölkerung pro Kilo laut Anweisung abgegeben. Als festgestellt wurde, dass die Kartoffeln schlecht abzusetzen sind, wurden sie frei verkauft. Sie wurden aber trotzdem schlecht gekauft, weil die Bevölkerung glaubte, dass ab 8.8.1956 die Kartoffeln um 3,00 DM pro Ztr. billiger seien. 2 100 Zentner mussten deshalb auf Lager gebracht werden und sind dem Verderb ausgesetzt, da die Kartoffeln aufgrund der Schlechtwetterperiode sehr schlammig geliefert wurden.
Überplanbestände
Im Kreisverband der Konsumgenossenschaft Potsdam-Land lagern zurzeit 12 t Mehl Typ 812, was nicht umgesetzt werden kann. Für das II. Quartal müssen nochmals 12 t abgenommen werden, sodass insgesamt ein Bestand von 24 t festliegt. Seit fast einem Jahr liegen beim gleichen Kreisverband 9 t Wasserteigwaren. Auch hier müssen für das II. Quartal noch 18 t übernommen werden, sodass sich der Bestand auf 27 t erhöht.
Zur Lage in der Landwirtschaft
Gegenwärtig ist die Landbevölkerung bemüht, die Ernte trotz der schlechten Witterungsverhältnisse möglichst verlustlos einzubringen. Dabei wird die Einbringung der Ernte noch durch eine ganze Reihe anderer Faktoren erschwert. Das sind vor allem Ersatzteilschwierigkeiten, schlechte Qualität der Maschinen, mangelhafte Arbeit der MTS, Arbeitskräftemangel und Schwierigkeiten beim Drusch.
Ersatzteilschwierigkeiten
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Die Schwierigkeiten diesbezüglich sind noch immer in vielen MTS vorhanden, sodass es unter den Arbeitern der MTS zur Verärgerung kommt, weil die vorhandenen Maschinen wegen Ersatzteilmangel nicht eingesetzt werden können. So sind z. B. in der LPG Jahna, [Kreis] Meißen, [Bezirk] Dresden, zurzeit zwei Binder nicht einsatzfähig, weil die Getriebe (zu weiche Zahnräder) defekt sind.
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Im MTS-Bereich Dessow, [Kreis] Kyritz, [Bezirk] Potsdam, steht seit April 1956 ein Raupenschlepper in der Werkstatt der MTS, weil dazu zwei Kegelrollenlager 30 × 312 fehlen.
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Im Bezirk Magdeburg sind zurzeit 80 Raupen (KS 62), das sind 17 %, wegen fehlender Kugellager nicht einsatzfähig.
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Im Kreis Oschersleben sind es elf Traktoren, die wegen Mangel an Kugellagern, Schrägrollenlagern und Glutketten nicht repariert werden können.
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In der MTS Penig, [Kreis] Rochlitz, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, steht seit einigen Wochen ein 4-t-Anhänger Wilsdruff,19 wofür dringend ein Bremsgestänge mit Anlaufbremse20 benötigt wird. Im Bezirkskontor Karl-Marx-Stadt in Waltershausen und Cottbus sind keine auf Lager.
Schlechte Qualität der Maschinen
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Aus einigen Bezirken, vor allem Potsdam und Dresden, wird berichtet, dass mitunter neugelieferte Maschinen, kurz nachdem sie eingesetzt wurden, wieder ausfallen bzw., dass diese Maschinen gar nicht eingesetzt werden können.
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Die meisten LPG des MTS-Bereiches Gerdshagen, [Kreis] Pritzwalk, [Bezirk] Potsdam, lehnen z. B. das Vorratsroden mit dem Kartoffelroder »Schrötzer«21 ab, weil dieser 50 % der gerodeten Kartoffeln wieder mit Sand zuschütten soll. Die Bezirksverwaltung der MTS wurde von der MTS Gerdshagen davon unterrichtet und versprach, Anbaukörbe zu beschaffen, was bis heute jedoch noch nicht geschehen ist.
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In der MTS Putlitz, [Kreis] Pritzwalk, wird beanstandet, dass bei dem 8-Fuß-Zapfwellen-Binder22 (Lieferung 1956) das Zahnrad für die Zapfwelle aus sehr schlechtem Material ist. Dadurch fiel bereits ein Binder beim ersten Einsatz aus.
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Im Kreis Pritzwalk lehnen die Bauern den Kartoffelroder »Olympia« (Lieferung 1955) ab, weil er einen großen Teil der gerodeten Kartoffeln wieder mit Erde beschüttet.
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Beim Rapsdrusch in der LPG Polenz, [Kreis] Sebnitz, [Bezirk] Dresden, fiel der neukonstruierte Mähdrescher Rambinus23 für mehrere Stunden aus. Ein Lager der Zapfwelle war festgelaufen und konnte nicht geschmiert werden, weil keine Schmierstellen vorhanden waren. Diese Mähdrescher sollen auch nach Ungarn und Bulgarien exportiert werden.
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Von der MTS des Kreises Sebnitz wird Klage geführt, dass das Material der Mähdrescher-Kombine24 (Neukonstruktion vom VEB Fortschrittwerk Neustadt)25 sehr schlecht ist. Die Antriebsräder sind statt aus Temperguss aus Grauguss und zerspringen deshalb. In der Gemeinde Niederebersbach, [Kreis] Großenhain, [Bezirk] Dresden, treten bei den Druschsätzen (Werk Fortschritt), besonders an dem Knüpfapparat, des Öfteren Schäden auf.
Mangelhafte Arbeit der MTS
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Von LPG und vor allem auch von Einzelbauern wird Klage geführt, dass die MTS die Feldarbeiten nicht immer zur Zufriedenheit ausführt. Zum Beispiel sind werktätige Bauern mit der Arbeit der MTS in Dessau-Kleinkühnau, [Bezirk] Halle, nicht zufrieden. Ein werktätiger Bauer wies einen Traktoristen mit seinem Mähbinder vom Felde, weil nur jede 10. Garbe gebunden war.
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Im MTS-Bereich Zettemin, [Kreis] Malchin, [Bezirk] Neubrandenburg, sind die Felder der LPG, die mit dem Mähdrescher abgeerntet werden sollten, noch nicht abgeerntet. Die Genossenschaftsbauern sagen, dass sie immer hinter den Einzelbauern nachhinken müssten.
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In Hohenmocker, [Kreis] Demmin, [Bezirk] Neubrandenburg, forderte ein werktätiger Bauer die Traktoristen auf, sein Feld zu verlassen, weil sie eine schlechte Arbeit leisteten. Die Bauern äußerten, sie wollten jetzt dazu übergehen, ihr Getreide ohne MTS zu mähen. Sie hätten dann wenigstens die Gewähr, ihre Ernte ohne Verlust einzubringen.
Arbeitskräftemangel
Vor allem in den MTS sind des Öfteren nicht genügend Arbeitskräfte vorhanden, sodass die Maschinen nicht voll ausgelastet werden. Es fehlt besonders an Schichtfahrern. So stehen z. B. in der MTS Brehen,26 [Bezirk] Neubrandenburg, zwölf Traktoren still, da die Traktoristen zur Bedienung der Mähdrescher eingesetzt wurden. Vier Traktoristen dieser MTS wollen in nächster Zeit kündigen. Sie sind der Meinung, dass sie in anderen Betrieben leichtere Arbeit und mehr Geld bekämen. In der MTS Trusum,27 [Bezirk] Halle, sind einige Traktoristen weggegangen, sodass keine Schichtarbeiten durchgeführt werden können. Im Kreis Perleberg, [Bezirk] Schwerin, wird von Genossenschaftsbauern und Traktoristen erklärt, sie wollen 14 bis 16 Stunden arbeiten, aber keine Nachtschicht machen.
Absatzschwierigkeiten
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Die Malzfabrik Dresden und VEAB Meißen nehmen von der LPG Löthain, [Kreis] Meißen, keine Braugerste ab. Die VEAB und die Malzfabrik wollen die Gerste nur gesackt abnehmen. Für die LPG ist das aber nicht möglich, da alles mit dem Mähdrescher abgeerntet und die Gerste mit Hängern abgefahren wird.
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Die DSG-HZ Großenhain, [Bezirk] Dresden, nimmt das Vermehrungssaatgut vom VEG Stroga nicht ab, weil das Saatgut einen Feuchtigkeitsgehalt von 18 % hat. Da die DSG-HZ keine Trocknungsanlage besitzt, nimmt sie nur Getreide ab, das weniger als 17 % Feuchtigkeit hat. Dadurch lagern im VEG ca. 900 dz Vermehrungsroggen.
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In der Gemeinde Niedergrundstedt, [Kreis] Weimar, [Bezirk] Erfurt, tragen sich einige Bauern mit dem Gedanken, ihre Wirtschaften flächenmäßig zu verkleinern. Sie versuchen, Felder an die LPG zu verpachten, um unter die 5-ha-Grenze zu kommen, Bauern, die bereits Land verpachtet haben, beginnen das »überflüssige« Vieh zu verkaufen, um sich finanziell zu verbessern.
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Im MTS-Bereich Heiligengrabe, [Kreis] Wittstock, [Bezirk] Potsdam, sind in verschiedenen Gemeinden große Flächen Kartoffeln mit Nematoden28 befallen. In der Gemeinde Blandikow sind es allein ca. 200 ha. Dadurch entstehen den LPG und Einzelbauern große Schäden. Der LPG in Blandikow sind z. B. 23 ha Elite-Saatkartoffeln deshalb nur noch als Futterkartoffeln verwendbar. Der Bürgermeister dieser Gemeinde erklärte, er wolle in diesem Jahr den Kartoffelanbauplan nicht anerkennen, weil durch diese Nematoden nicht alle vorgesehenen Flächen für den Kartoffelanbau bebaut werden können. Er verlangt deshalb, dass der Rat des Kreises den Kartoffelanbauplan reduziert.
Brände in der Zeit vom 6.8. bis 18.8.1956
In der Berichtszeit wurden insgesamt 17 Brände bekannt, davon fünf durch Blitzschlag, einer [durch] vermutlich schadhafte Starkstromleitung, vier [Mal] unbekannte Ursachen, eine vermutliche Fahrlässigkeit, ein vermutlicher Kaminbrand, zwei [Mal] vermutlicher Kurzschluss, eine vermutliche Brandstiftung, zwei durch Kinderhand.
Bezirk Karl-Marx-Stadt
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drei Scheunen: Zwei Kleinbauern, Blitzschlag; ein Mittelbauer, vermutlich schadhafte Starkstromleitung.
Bezirk Halle
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eine Scheune und Stallung, Großbauer, unbekannt.
Bezirk Schwerin
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eine Scheune, Mittelbauer, vermutliche Fahrlässigkeit;
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drei Stallgebäude, Groß- und Kleinbauern, Blitzschlag; ÖLB-Bauer,29 vermutlich Kurzschluss;
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zwei Wohnhäuser, Blitzschlag; vermutlich Kaminbrand.
Bezirk Dresden
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zwei Scheunen, Großbauer durch Kinderhand; werktätiger Einzelbauer, vermutlich Brandstiftung.
Bezirk Magdeburg
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eine Scheune, werktätiger Bauer, unbekannt.
Bezirk Leipzig
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ein Wohnhaus und Schuppen, LPG, durch Kinderhand;
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ein Stallgebäude, Mittelbauer, vermutlich Kurzschluss.
Bezirk Erfurt
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eine Scheune, VdgB/BHG, unbekannt.
Bezirk Suhl
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Eine Scheune mit Stall, unbekannt.
Ereignisse von besonderer Bedeutung
Übrige Bevölkerung
Erkrankungen
Die vor allem im Bezirk Magdeburg aufgetretene fieberhafte Gehirnhautentzündung hat ihren Höhepunkt erreicht. Im Bezirk Magdeburg wurden 550 gemeldete Fälle registriert. Die Zahl der tatsächlichen Erkrankungen wird aber auf ca. 1 500 geschätzt. Der Bezirkshygieniker von Magdeburg, Professor Harnack,30 äußerte seine Unzufriedenheit über das vom Berliner Rundfunk mit dem Leiter der staatlichen Hygiene, Professor Brekenfeld31 stattgefundene Interview. (Prof. Brekenfeld gab dabei bekannt, dass es sich bei dieser Krankheit nur um eine Art Schnupfen handelt.) Demzufolge wird diese Krankheit – nach Ansicht von Prof. Harnack – von der Bevölkerung sehr leicht genommen und nicht alle Vorsichtsnahmen beachtet. Ein Ergebnis aus Hamburg und Freiburg liegt noch nicht vor. Auch im Bezirk Potsdam ist die Gesamtzahl von 116 gemeldeten Fällen beträchtlich.32 In der Kinderkrippe Freienhufen, [Bezirk] Cottbus, ist ebenfalls eine fieberhafte Erkrankung aufgetreten, an der bereits zwei Kinder verstorben sind. Der Krankheitserreger konnte noch nicht festgestellt werden.
Weitere ernsthafte Erkrankungen
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Im Kinderferienlager des VEB Braunkohlenwerk Edderitz in Mittweida,33 [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, erkrankten 30 Kinder an Paratyphus, davon fünf positive Fälle. Sieben Kinder wurden als Bazillenträger ermittelt.
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Im Kreis Freiberg, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, sind sechs Kinder und drei Erwachsene an Spinaler Kinderlähmung erkrankt. Ein Erwachsener und ein Kind sind daran gestorben.
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Im Bezirk Potsdam gibt es elf Fälle von Spinaler Kinderlähmung, davon einer tödlich.
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In Berlin-Prenzlauer Berg wurden eine Erkrankung und ein Verdachtsfall festgestellt.
Unter der Bevölkerung des Kreises Aue wurde in den letzten Wochen davon gesprochen, dass das Sperrgebiet aufgelöst würde.34 In Sosa erklärte man, dass dies bereits im Rundfunk gemeldet worden sei, das Sperrgebiet aber nach wie vor besteht. Die Bevölkerung kann es nicht verstehen, dass es z. B. in Thüringen, wo ebenfalls die SDAG Wismut arbeitet, Sperrgebiete dieser Art nicht mehr gibt. Ähnliche Äußerungen gibt es im Kreis Auerbach, wo ein westdeutscher Besucher vor einigen Tagen im VPKA Auerbach erklärte: »Ihr sprecht so viel von Einheit, und habt noch Grenzen in Eurem eigenen Kreis.«
Anlage vom 20. August 1956 zum Informationsdienst Nr. 16
Feindtätigkeit in der Zeit vom 7.8. bis 20.8.1956
In der Berichtszeit wurden nur vereinzelt Hakenkreuze, Hetzlosungen und Gerüchte festgestellt.
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Hakenkreuze wurden auf der Straße nach Barnitz35 – Lenzen – Ludwigslust, [Bezirk] Schwerin, eingekratzt (3 Hakenkreuze, Größe 1 m); im Gelände des VEB Kombinat »Otto Grotewohl« in Böhlen, [Kreis] Borna, [Bezirk] Leipzig, an einem Baum (2 Hakenkreuze, Größe ca. 8 cm); im VEB Stahlwerk Riesa, [Bezirk] Dresden, ein Hakenkreuz in der Klosettanlage des Martinwerkes I.
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Hetzlosungen sind im Bezirk Leipzig, Dresden und Karl-Marx-Stadt festgestellt worden (Hetze gegen unsere Regierung). Des Weiteren wurde ein Emblem der SED im VEB Landmaschinenbau Torgau, [Bezirk] Leipzig, von der Tür des Parteisekretärs entfernt.
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An der Anschlagtafel der Gemeinde Gertenow,36 [Kreis] Hagenow, [Bezirk] Schwerin, war ein Totenkopf eingezeichnet. An dieser Tafel waren zzt. die besten und die schlechtesten Ablieferer der Gemeinde gegenübergestellt. Der Totenkopf wurde an der Seite der besten Ablieferer gezeichnet.
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In Felgeleben, [Ortsteil von] Schönebeck,37 [Bezirk] Magdeburg, in der Gnadauer Straße [Nr.] wurde von unbekannten Tätern ein Hitlerbild angebracht.
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2 km von Beeskow, [Bezirk] Frankfurt/O., entfernt wurde in einer Höhe von 4 m ein Telefonkabel, das zum Schießplatz der Freunde führt, zerschnitten. Des Weiteren wurden an der Schnittstelle Hetzschriften gefunden.
Gerüchte folgenden Inhalts wurden bekannt
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In bürgerlichen und kleinbürgerlichen Kreisen von Sonneberg, [Bezirk] Suhl, »dass demnächst eine Abwertung des Geldes stattfindet«.
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In der Gemeinde Frehne, [Kreis] Pritzwalk, [Bezirk] Potsdam: »Anfang des nächsten Jahres tritt bei uns eine Inflation ein.« Aufgrund dieses Gerüchtes erklärte eine Einwohnerin aus Frehne, dass sie krampfhaft nach einer Gelegenheit sucht, um ihre Gelder entsprechend anlegen zu können, damit diese nicht verfallen.
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Unter den Einwohnern des Kreises Plauen, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, »dass ab 1.8.1956 zum Übertritt nach Westdeutschland keine Bescheinigung mehr benötigt wird«.38 Daraufhin kamen bereits Bürger von Plauen ohne Lichtbild zum VPKA, Abteilung PM, um sich nach Westdeutschland abzumelden.
Vermutliche Feindtätigkeit
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Von einem Mähbinder des VEG Stöckigt,39 [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, wurden die beiden Transportbänder gestohlen. Der Mähbinder stand auf einem abgemähten Getreidefeld ca. 200 m von der Autobahn Gera – Karl-Marx-Stadt entfernt.
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Am 9.8.1956 sind in der MTS Schmölln, [Kreis] Bischofswerda, [Bezirk] Dresden, zwei Mähbinder ausgefallen, da im Kupplungsgetriebe des ersten Mähbinders Sand enthalten war, sodass die Ölpumpe ausgewechselt werden musste. Am zweiten Binder war eine Schraube am Knüpferantrieb überdreht, sodass beim Anfahren das Zahnrad abgebrochen wurde.
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Auf dem MTS-Stützpunkt Renzow, [Kreis] Gadebusch, [Bezirk] Schwerin, wurde am 6.8.1956 ein Binderlaufrad entwendet. Der Binder fiel dadurch zwei Tage aus.
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In der Nacht vom 9.8.1956 wurden von einem Mähbinder der MTS Cölpin, der auf einem Felde der LPG Eichhorst,40 [Kreis] Neubrandenburg[-Land], stand, der Keilriemen, die Spannrolle vom Stapelantrieb und 14 Schmiernippel entwendet. Zur gleichen Zeit wurden von einem Binder der MTS Chemnitz, [Kreis] Neubrandenburg[-Land], alle Schmiernippel entwendet.
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Im MTS-Stützpunkt Pinnow der MTS Kleeth, [Kreis] Altentreptow, [Bezirk] Neubrandenburg, fiel ein Binder aus, da sich im Knüpfer ein kleines Stück Eisen befand. Man nimmt an, dass das Stück Eisen in der MTS hineingekommen sein muss, da ca. eine halbe Stunde dazu benötigt wird, ein Stück Eisen in einen Knüpfer zu legen.
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Am 9.8.1956 wurde bei der Roggenmahd in der LPG Wildberg,41 [Kreis] Altentreptow, eine in die Erde gesteckte Eisenstange festgestellt. Da diese rechtzeitig bemerkt wurde, konnte größerer Schaden verhindert werden.
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Auf dem Roggenfeld eines Einzelbauern aus Alt-Teterin wurden auf der Seite zur Straße in Abständen von ca. 4,5 m drei Kinderwagenachsen mit Rädern in die Erde gesteckt aufgefunden. Dadurch gingen beim Binder von der Messerstange die Klinge und ein Messer entzwei. Der Bauer ist Mitglied der SED.
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Als in der LPG »Frieden« in Lindenberg, [Kreis] Bernau, [Bezirk] Frankfurt/O., ein Roggenschlag abgemäht wurde, fand man eine ca. 40 cm aus der Erde stehende Eisenstange. Dieser Roggenschlag sollte mit einem Mähdrescher abgemäht werden.
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In der Nacht zum 14.8.1956 wurde in der LPG Berthelsdorf,42 [Kreis] Sebnitz, [Bezirk] Dresden, der Koppeldraht zerschnitten. Über den Boden wurde in geringer Höhe ein Stolperdraht angebracht.
Vermutliche Feindtätigkeit in der Industrie
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Im VEB Arzneimittelwerk Dresden-Radebeul wurden am 7.8.1956 in der Penizillinabteilung im Depot Eleosium-Penizillin Schacht 18, Glassplitter gefunden. Durch rechtzeitiges Beachten konnte ein Schaden verhütet werden.
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Am 10.8.1956 fiel im Ölwerk Riesa, [Bezirk] Dresden, die Kohlenkrananlage aus. Die Ursache war, dass eine unbekannte Person ein Stück Draht über die vier Drähte der Hochspannungsschleifleitung geworfen hatte.
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Am 12.8.1956 wurde am Aussichtsturm, welcher sich in der Nähe des VEB Eisenerzgrube Schmiedefeld, [Kreis] Neuhaus, [Bezirk] Suhl, befindet und von den Kumpels in freiwilligen Aufbaustunden wieder instand gesetzt wird, festgestellt, dass die beiden dort befindlichen Leitern durchgesägt waren und auf jeder Leiter ein Flugblatt der NTS43 in russischer Schrift lag.