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Zweiwochenbericht

21. Juni 1956
Informationsdienst Nr. 12 zur Beurteilung der Situation in der DDR

Zur Lage in Industrie und Verkehr

Politische Diskussionen

Im Vordergrund der Diskussionen stand in der Berichtszeit die Regierungserklärung vor der Volkskammer.1 Die Mehrzahl dieser in ziemlich großem Umfang geführten Diskussionen ist nach wie vor positiv und durch folgende Argumente bestimmt:

  • »Gelingt es, die vorgeschlagenen Punkte zu verwirklichen, dürfte die beste Voraussetzung zur Einheit Deutschlands geschaffen sein.«

  • »Wenn Bonn jetzt Verhandlungen ablehnt, hat es kein Interesse an der Wiedervereinigung.«

  • »Diese Vorschläge müssen die breite Unterstützung finden, da ihre Verwirklichung ein Schritt zur Erhaltung des Friedens und zur Einheit Deutschlands wäre.«

Neben diesen oder ähnlichen positiven Argumenten wurden jedoch auch in größerem Maße wieder unklare und zweifelnde Stellungnahmen bekannt. Bei einer Reihe dieser Diskussionen kommt offensichtlich der Einfluss der feindlichen Hetze mit zum Ausdruck. Die wesentlichsten, neu in Erscheinung getretenen Argumente sind folgende:

  • »Man soll doch nicht immer sagen, die Wiedervereinigung Deutschlands sei nur eine Sache der Deutschen selbst. Als man Deutschland teilte, hat man auch nicht die Deutschen danach gefragt, ob sie einverstanden sind oder nicht. Es sollen sich nur die Verantwortlichen für die Wiedervereinigung Deutschlands einsetzen und nicht die Dinge dem deutschen Volk überlassen!«

  • »Grotewohl soll nicht so viele Worte machen, es müssten Wahlen durchgeführt werden, dabei würde sich zeigen, auf welcher Seite die Leute stehen.« (Arbeiter, Einwohner und Großbauern in Brandenburg, [Bezirk] Potsdam, und Magdeburg)

  • »Es hat doch alles keinen Zweck. Die in Westdeutschland nehmen das 8-Punkte-Programm doch nicht an. Die führen drüben ihre Politik doch weiter durch und lassen sich von uns keine Vorschriften machen.« (Arbeiter im [sic!] Apparate- und Maschinenfabrik Teterow)

Letzteres Argument ist sehr verbreitet und taucht in dieser oder ähnlicher Form in fast allen Bezirken auf.

Ebenfalls einen ziemlichen Umfang nahmen die Diskussionen über den Rücktritt des Genossen Molotow2 ein. Neben der Meinung, dass die Presse Näheres über die Gründe hätte angeben müssen, werden zu dieser Frage die unmöglichsten Vermutungen und Diskussionen ausgesprochen. Auch aus diesen Diskussionen kommt in einer Reihe von Stellungnahmen offensichtlich der Einfluss feindlicher Hetze zum Ausdruck.

Die wesentlichsten Argumente dazu sind folgende:

  • »Tito3 habe den Rücktritt Molotows gefordert, weil er unter Stalin die Spaltung zwischen der Sowjetunion und Jugoslawien mit herbeigeführt habe.« (Arbeiter der Papierfabrik Antonsthal, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt. In ähnlicher Form wird in fast allen Bezirken diskutiert.).

  • »Die ehemaligen Mitarbeiter, welche Anhänger von Stalin waren, werden so nach und nach immer mehr auf das Abstellgleis geschoben. Das sieht man doch jetzt wieder bei Molotow.« (Bezirk Leipzig, Rostock, Erfurt, Suhl, Berlin.)

  • »Die Presse hat keine aufschlussreiche Erklärung über den Rücktritt Molotows abgegeben, also hat das damit seine eigene Bewandtnis und es ist etwas nicht in Ordnung.« (Arbeiter im VEB Bleierzgruben Halsbrücke, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt.)

Über die Diskussionen zur Preissenkung erfolgte bereits Sonderinformation.4

Ökonomische Probleme

Obwohl verschiedentlich geringe Verbesserungen in der Materialbelieferung festzustellen sind, treten nach wie vor noch Schwierigkeiten im Produktionsablauf und vor allem auch bei der Erfüllung der Finanz-und Selbstkostenpläne auf. Obwohl die Materiallage im VEB VTA Leipzig etwas besser geworden ist, fehlt es weiterhin an Getrieben, die meist mit großen Terminverzögerungen angeliefert werden. Dadurch entstehen vor allem in den Montage-Abteilungen B 75 und B 63 Stockungen im Produktionsablauf. Die Arbeiter müssen des Öfteren die Montagearbeiten abbrechen. Die vorgegebene Montagezeit reicht dadurch nicht aus, was dazu führt, dass der Selbstkosten- und auch der Finanzplan nicht eingehalten werden kann und zum anderen der Verdienst der Arbeiter dadurch geringer wird. Ähnlich ist es im VEB Kirow-Werk Leipzig.5 Dem Betrieb fehlen für das zweite Quartal noch 700 t Walzmaterial, 3 360 t Stahlguss sowie elektrische Ausrüstungen für Kräne und Aufzüge.

Weitere wesentliche Materialschwierigkeiten bestehen in folgenden VE-Betrieben:

  • Glashütter Uhrenbetriebe, Glashütte, [Bezirk] Dresden;

  • Polsterfabrik Bad Schandau, [Bezirk] Dresden;

  • Schuhfabrik »Banner des Friedens« Weißenfels, [Bezirk] Halle;

  • Hammerschuh Roßwein, [Bezirk] Leipzig;

  • Werkzeug- und Besteckfabriken Schmalkalden, [Bezirk] Suhl;

  • Walzwerk Burg, [Bezirk] Magdeburg;

  • Kunstseidenwerk Premnitz, [Bezirk] Potsdam.

Darüber hinaus besteht noch in einer Anzahl VE-Betriebe Materialschwierigkeiten durch Verzögerungen in der Anlieferung aus Zulieferbetrieben, die jedoch noch nicht die Produktion in dem Maße beeinträchtigen, wie in den vorgenannten Betrieben.

Aus einigen Betrieben der Bezirke Karl-Marx-Stadt und Dresden wurden in der Berichtszeit wieder Absatzschwierigkeiten bekannt. So hat z. B. der VEB Baumwolle Adorf,6 [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, einen hohen Produktionsausstoß und ist nicht in der Lage, die Erzeugnisse in vollem Umfang abzusetzen. So sind im 2. Quartal 160 t Garne nicht vertraglich gebunden werden können [sic!] und demzufolge im Betrieb lagern müssen. Im VEB Webstuhlbau Karl-Marx-Stadt stehen 30 Webstühle, die seit Oktober fertiggestellt, vom DIA bezahlt, jedoch nicht abgeholt werden.

Im VEB Paka Glashütte, [Bezirk] Dresden, bestehen Absatzschwierigkeiten in Kartonagen, da die einzelnen Firmen, mit denen Verträge abgeschlossen wurden, ihre Produktion umgestellt haben und diese Kartonagen nicht mehr benötigen. Der VEB Beleuchtungsglaswerk Bischofswerda, [Bezirk] Dresden, hat ebenfalls Absatzschwierigkeiten. Die Großhandelskontore wollen von ihren Verträgen zurücktreten, da die Lager voll wären. Zum anderen sei auch die Qualität der Erzeugnisse stark zurückgegangen, was sich vor allem im Export bemerkbar macht. So kamen in letzter Zeit Reklamationen aus Westdeutschland. Als Ursache der schlechteren Qualität wird zum Ausdruck gebracht, dass der Facharbeiter die Glasfehler mit 80 % bezahlt erhält, der FDGB jedoch keine Herabsetzung dieses Prozentsatzes zuließe, da dieser schon jahrelang gezahlt würde.

Produktionsstörungen in der Zeit vom 7.6. bis 20.6.1956

  • Durch schlechte Gleisanlagen, Ausfälle von Baggern und Absetzern sowie durch Erdschlüsse an den 10 000-kV-Leitungen entstanden in den Braunkohlenwerken der Kreise Altenburg und Borna, [Bezirk] Leipzig, folgende Ausfälle: 118 450 cbm Abraum, 12 500 t Rohkohle, 10 390 t Brikett, 18 000 kWh Strom. Der finanzielle Schaden an Geräten, Maschinen und Produktionsausfall beträgt insgesamt 101 773 DM.

  • Am 7.6.1956 entstand im VEB Kombinat Böhlen, [Kreis] Borna, ein Kurzschluss. Beim Einschrauben einer Sicherung fiel diese in den Schaltkasten, was zu einer Stichflamme führte. Der Ausfall beträgt ca. 50 000 cbm Gas/ca. 20 000 DM.

  • In Zipsendorf, [Kreis] Altenburg, fiel durch eine Störung im Netz der Energieversorgung West die gesamte Produktion des VEB Gummi- und Regenerierwerk aus. Der Ausfall beträgt 22 000 DM.

  • Wegen notwendiger Reparaturarbeiten musste am 13.6.1956 der Schacht III des Kali-Werkes »Ernst Thälmann« in Merkers, [Bezirk] Suhl, für 14 Tage stillgelegt werden. Der Ausfall wird täglich 14 000 t Rohsalz betragen.

  • Im VEB Papierfabrik Kriebstein, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, platzte am 4.6.1956, wie nachträglich bekannt wurde, ein Rohr des Überhitzers, sodass die gesamte Produktion für 15 Stunden zum Stillstand kam. Der Ausfall betrug 50 t Papier.

  • Am 7.6.1956 schlug der Blitz im VEB Baumwollspinnerei Mittweida, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, in die Stromzuführungsleitung [ein]. Der Produktionsausfall betrug 2 t Baumwolle.

Brände entstanden

  • Am 2.6.1956 durch fahrlässige Brandstiftung in der Zuckerfabrik Anklam, [Bezirk] Neubrandenburg. Schaden ca. 1 000 DM.

  • Am 6.6.1956 durch Selbstentzündung im VEB Glasfabrik Brockwitz, [Bezirk] Dresden. Schaden ca. 17 000 DM.

  • Am 7.6.1956 durch Selbstentzündung im VEB Möbelfabrik Eppendorf, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt. Schaden ca. 10 000 DM.

  • Am 11.6.1956 durch Gasbildung in den Trockenkammern vom VEB Fahlberg-List Magdeburg. Schaden insgesamt 13 000 DM.

  • An 15.6.1956 infolge undichter Schieber in der Trockenkammer der Firma Höpfner, Gera.7 Schaden ca. 2 000 DM.

  • Am 19.6.1956 im Kraftwerk Trattendorf, [Bezirk] Cottbus, aus bisher unbekannter Ursache in einer Gesellschaftsbaracke, in der die GST, [die] Bibliothek, ein Röntgenzimmer und das FDJ-Zimmer untergebracht waren. Der Schaden beträgt ca. 100 000 DM.

Versorgung der Bevölkerung

Wie in der letzten Berichtsperiode, so gibt es auch weiterhin Schwierigkeiten in der Versorgung der Bevölkerung mit HO-Butter und HO-Margarine. Durch die mangelhafte Anlieferung dieser Waren in den Verkaufsstellen kam es in verschiedenen Fällen zu Schlangenbildung, was unter der Bevölkerung Verärgerung hervorruft und zu negativen Diskussionen führt. Zu Schlangenbildung kam es z. B. in den Bezirken Karl-Marx-Stadt, Leipzig, Gera, Erfurt und Neubrandenburg.

In der Konsumverkaufsstelle Ziegelbergstraße in Neubrandenburg standen am 12.6.1956 ca. 40 Frauen nach HO-Butter und HO-Margarine an. Hierzu sagte eine Hausfrau: »Es erinnert uns an die Zeit 1946/47. Es ist eine Schande, dass unsere Männer heute noch mit Marmeladenstullen zur Arbeit gehen.« Im Allgemeinen wurde dort zum Ausdruck gebracht, dass die Versorgungslage mit Lebensmitteln vor zwei bis drei Jahren besser gewesen sei.

Kohlenversorgung

Aus den Bezirken Neubrandenburg, Schwerin, Magdeburg und Dresden werden einige Schwierigkeiten in der Kohleversorgung berichtet.

Aus dem Bezirk Neubrandenburg wird bekannt, dass die Qualität der Briketts nicht den Anforderungen entspricht und dadurch der Absatz an die Bevölkerung nicht vorangetrieben werden kann, weil die Bevölkerung die Abnahme solcher Kohlen verweigert. Z. B. erhalten auch die Zuckerfabriken Friedland, [Kreis] Neubrandenburg[-Land], und Anklam Lieferungen, die zum Oktober 1956 gelagert werden sollen, da aber sehr viel Bruch angeliefert wird, bedeutet das eine große Gefahrenquelle, sodass sich bereits Löschaktionen notwendig machten.

Im Bezirk Magdeburg gibt es unter der Bevölkerung Unstimmigkeiten über die Zuteilung von Rohbraunkohle. Nach den Kohlenkarten sollen pro Haushalt 25 Zentner Rohbraunkohle ausgegeben werden. Nach den Zuteilungen an die Kohlenhändler ist es in Magdeburg jedoch nur möglich, 15 Zentner pro Haushalt auszugeben. Durch die zuständigen Stellen wurde keine Erklärung für diese Kürzung abgegeben. Von der Bevölkerung wird eine klare Stellungnahme gefordert. Weiterhin wird bekannt, dass die Brikettfabrik Unterröblingen8 qualitätsmäßig schlechte Kohle liefert. Das Werk erklärt, dass dies auf veraltete Pressen und schlechte Brikettierkohle zurückzuführen ist.

Aus verschiedenen Betrieben, besonders aus Magdeburger Betrieben werden besorgte Diskussionen bekannt, weil ein Teil der Bevölkerung ihren Kohlenvorrat für den kommenden Winter bereits zu Anfang des Jahres verbraucht hat. Es wird verlangt, die Rohkohle frei zu verkaufen, da ein Haushalt mit 15 Zentner nicht reicht [sic!]. Aus diesem Grunde werden auch im Bezirk Dresden unter den Arbeitern des VEB Görlitzer Maschinenbau Diskussionen geführt, dass unsere Presse Lügen verbreite, da für das Jahr 1956/57 pro Haushalt nur 13 Zentner Rohbraunkohle zur Auslieferung kommen, obgleich laut Kohlenkarte 25 Zentner geliefert werden sollen. Diese Maßnahme wurde auf einer Tagung am 26.4.1956 in Dresden und bei einer zentralen Planertagung am 15.5.1956 in Leipzig durch einen Genossen vom Ministerium bekannt gegeben, der mitteilte, dass diese Maßnahme der breiten Bevölkerung nicht mitgeteilt werden soll. Nur die Kohlenhändler sollen schriftlich davon in Kenntnis gesetzt werden, wobei aber betont werden soll, dass es sich um eine Teillieferung handelt.

Die Abteilung Handel und Versorgung beim Rat der Stadt Görlitz hat einen Plan zur Auslieferung von 25 Zentner pro Haushalt aufgestellt. Insgesamt werden 37 300 t benötigt. Es werden jedoch nur 25 000 t geliefert, sodass pro Haushalt nur 13 Zentner ausgeliefert werden können. Um sämtliche Haushalte mit 13 Zentner Rohkohle zu beliefern, fehlen noch 2 000 t. Erschwerend kommt noch hinzu, dass während der Kälteperiode schon ein Teil Rohkohle auf den Kohlenkarten abgeholt wurde.

Stimmung der Bevölkerung zur Versorgungslage

Unter der Bevölkerung werden, wenn auch nicht mehr so zahlreich, noch immer Diskussionen über die 17. Preissenkung geführt.9 Auch jetzt sind die wesentlichsten Äußerungen dazu:

  • »Die Preissenkung ist zu begrüßen.«

  • »Die Preissenkung bedeutet Ausverkauf von Ladenhütern.«

  • »Bald werden die Preise den alten Stand wieder erreicht haben.«

  • »Besser wäre gewesen, wenn die Lebensmittelpreise zuerst gesenkt worden wären.«

Größeren Umfang nehmen die Diskussionen über die Änderung der Preise für Arbeitsbekleidung ein. Da der Bevölkerung nur bekannt ist, dass die Bezugscheine für Arbeitsbekleidung wegfallen und die Waren zum gleichen Preis verkauft werden,10 kann diese die Änderung der Preise nicht verstehen. Die Bevölkerung ist deshalb mit dieser Maßnahme nicht einverstanden und erklärt, dass Änderungen bekannt gegeben werden müssten.

Warenverderb

Der Kreis Glauchau, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, erhielt vom Großhandelskontor Karl-Marx-Stadt Importschmalz, wovon 16 t dem Handel als ungenießbar wieder entzogen werden mussten. Ursache hierfür ist, dass die Ware, ehe sie zur Auslieferung kommt, über verschiedene Stellen geht.

Der kommunale Großhandelsbetrieb Aue erhielt am 2.6.1956 von dem VEAB Weimar, Erfassungsstelle Apolda, einen Waggon Kartoffeln als Bezirksreserve. Die Kartoffeln waren jedoch nur für Futterzwecke geeignet.

Die Lage in der Landwirtschaft

In der Landwirtschaft sind folgende Probleme von besonderer Bedeutung:

  • 1.)

    Vorbereitung zur Ernte

  • 2.)

    Wildschweinplage

  • 3.)

    Entwicklung der Viehbestände

1.) Vorbereitung zur Ernte

Nachdem nun die Frühjahrsbestellung im Großen und Ganzen abgeschlossen ist, bereiten sich die MTS sowie die Bauern im sozialistischen und privaten Sektor auf die Einbringung der Ernte vor. Dabei besteht in einer großen Anzahl von MT-Stationen ein Mangel an Ersatzteilen für die Erntegeräte. Hauptsächlich fehlen Ersatzteile für Mähdrescher, Binder sowie Anbaugeräte für die Mahd. Außerdem besteht weiterhin ein ernster Mangel an Ersatzteilen für Traktoren, besonders für den RS 15 und 30.

So sind z. B. im Bezirk Schwerin von 200 Mähdreschern 65 nicht einsatzfähig. In der MTS Königsborn, [Kreis] Burg, [Bezirk] Magdeburg, fehlen für fünf Stahllanzdreschmaschinen die Ersatzteile. Außerdem ist von sieben vorhandenen Mähdreschern dieser Station erst einer einsatzfähig. In der MTS Nostitz, [Kreis] Bautzen, [Bezirk] Dresden, sind von 15 Dreschmaschinen nur zehn einsatzfähig. In der MTS Winningen, [Kreis] Aschersleben, [Bezirk] Halle, können wegen Ersatzteilmangels vier sowjetische Mähdrescher nicht zum Einsatz kommen. Derartige Beispiele können noch aus anderen Bezirken und Kreisen angeführt werden.

Nachteilig auf das Reparaturprogramm sowie auf die verlustlose Einbringung der Ernte wirkt sich der Vorschlag des Bezirkes Magdeburg aus. So sollen in der MTS Ostingersleben,11 [Kreis] Haldensleben, 60 000 DM für Ersatzteile und Reparaturen eingespart werden. Dies hat zur Folge, dass geplante Ersatzteile vom Bezirkskontor nicht abgenommen werden, und die MTS-Spezialwerkstätten können die im Plan festgelegten Aufträge nicht erfüllen.

Im Bezirk Magdeburg und Halle macht sich ein starker Mangel an Ersatzteilen für die Puck-uff-Presse12 bemerkbar, dabei wird [sic!] hauptsächlich benötigt: Excenterwellen, Kreuzgelenke für Zapfenwellenbinder, Bindefinger, Ketten, Holzlager, Sperrklinken usw.

2.) Wildschweinplage

Über die ständig zunehmende Wildschweinplage wird immer wieder aus den Bezirken Gera, Suhl, Dresden und Potsdam berichtet. Besonders wird unter der Landbevölkerung über die mangelhafte Bekämpfung der Wildschweine und deren verursachten Schaden in einer unzufriedenen Form diskutiert. So wird z. B. von den Bauern zum Ausdruck gebracht, dass es zwecklos sei, die Kartoffeln zu legen, da sie wieder herausgewühlt werden. Weiterhin wird eine Veränderung des Jagdgesetzes verlangt, indem Maßnahmen eingeleitet werden, die eine ernsthafte Bekämpfung der Wildschweine vorsehen.

Besonders schwer betroffen sind im Bezirk Gera die Kreise Pößneck, Saalfeld und Lobenstein sowie im Bezirk Suhl die westlichen Grenzkreise. So musste z. B. die LPG Marktgölitz,13 [Kreis] Saalfeld, aufgrund von Wildschweinschaden nochmals 40 Zentner Kartoffeln neu legen. In der Gemeinde Remptendorf, [Kreis] Lobenstein, wurden 80 % der ausgelegten Kartoffeln von den Wildschweinen herausgewühlt und zum Teil gefressen, ähnliche solcher Fälle werden noch aus acht weiteren Gemeinden dieses Kreises berichtet. In der LPG »Rotes Banner« in Neunhofen, [Kreis] Pößneck, ist eine Fläche von 3 ha Mais zerwühlt, und in der LPG Heutten des selben Kreises wurden 2 ha Kartoffeln zerwühlt.

3.) Entwicklung der Viehbestände

Aus verschiedenen Bezirken wird ein ständiger Rückgang in der Viehhaltung gemeldet.

Bezirk Neubrandenburg

Der Rinderbestand zeigt seit 1954 einen ständigen Rückgang. So zeigte sich in den letzten Jahren folgendes Bild: 1954: 319 964 Rinder, 1955: 315 502 Rinder, 1956: 312 216 Rinder. Das ergibt eine Verringerung des Rinderbestandes von 1954 bis zum heutigen Tage um 7 703 Stück.

Der Schweinebestand ist ebenfalls stark zurückgegangen. So waren am 3.12.1954 804 274 und am 3.12.1955 795 326 Schweine vorhanden. Die Sauenbestände sind von 71 557 – 1954 auf 62 126 – 1955 gesunken. In den Monaten September/Oktober 1955 wurden gegenüber 1954 im gleichen Zeitraum 5 600 Sauen weniger gedeckt. Das ist ein Verlust von ca. 41 000 Ferkel, die im I. und II. Quartal 1956 als absetzbare Läufer fehlen, die in Mastbetrieben der VEG gebraucht werden. Die Ursachen liegen einmal in der mangelhaften Aufzucht sowie in der ungenügenden Sauendeckung.

Bezirk Magdeburg

Im Kreisgebiet Kalbe (Milde) ist im II. Quartal 1956 der Viehbestand gegenüber dem I. Quartal 1956 um 1 676 Rinder und 2 668 Schweine zurückgegangen. Der Rückgang beim Schweinebestand ist auf die schlechte Sauenbedeckung zurückzuführen. Der Sauenbedeckungsplan wurde von Februar bis April 1956 nur mit 63 % erfüllt. Unter den Rindern befanden sich ca. 500 Milchkühe. Das bedeutet einen Verlust von ca. 1 Mio. Liter Vollmilch = 35 t Butter.

Bezirk Gera

In diesem Bezirk wurde bei der letzten Viehzählung festgestellt, dass ungefähr 400 Muttersauen für die Ferkelaufzucht fehlen.

Brände in der Zeit vom 6.6.1956 bis 19.6.1956

In der Berichtszeit wurden insgesamt 18 Brände bekannt, davon zwei [Mal] vermutliche Brandstiftungen, vier durch Fahrlässigkeit, einer durch Kinderhand, drei [Mal] Brandursache unbekannt, acht durch Blitzschlag. Die zwei vermutlichen Brandstiftungen sind noch nicht aufgeklärt und werden nach Klärung im nächsten Bericht gemeldet.

Bezirk Potsdam

  • ein Strohmietenbrand, VEG, vermutliche Brandstiftung;

  • ein Gebäudebrand, MTS, vermutliche Brandstiftung;

  • ein Stallbrand, LPG, Brandursache unbekannt;

  • ein Scheunenbrand, LPG, Brandursache unbekannt;

  • ein Scheunenbrand, Kleinbauer, durch Blitzschlag.

Bezirk Magdeburg

  • ein Strohmietenbrand, Großbauer, durch Fahrlässigkeit;

  • ein Scheunenbrand, Mittelbauer, durch Fahrlässigkeit;

  • ein Stallbrand, durch Blitzschlag, Kleinbauer.

Bezirk Karl-Marx-Stadt

  • zwei Scheunenbrände bei Einzelbauern, durch Blitzschlag;

  • ein Stall- und Scheunenbrand, Mittelbauer, durch Kinderhand;

  • ein Scheunenbrand, LPG, Brandursache unbekannt.

Bezirk Schwerin

  • ein Stallbrand, LPG, durch Fahrlässigkeit;

  • ein Scheunenbrand, Kleinbauer, durch Blitzschlag.

Bezirk Gera

  • ein Stall- und Scheunenbrand, Mittelbauer, durch Blitzschlag;

  • ein Transformatorenhausbrand, durch Blitzschlag.

Bezirk Leipzig

  • ein Strohmietenbrand, LPG, durch Blitzschlag.

Bezirk Dresden

  • ein Brand eines Kükenaufzuchthauses, LPG, durch Fahrlässigkeit.

Ergänzungsmeldung zum Bericht vom 7.6.195614

Die in der Berichtszeit vom 20.5. bis 5.6.1956 gemeldeten sechs vermutlichen Brandstiftungen konnten als vorsätzliche Brandstiftungen aufgeklärt werden. Die sechs Lehmfachwerkscheunen in Stadtroda, [Bezirk] Gera, welche Einzelbauern gehören, wurden durch den 16 Jahre alten Bauhilfsarbeiter angesteckt, da er seit ca. sechs Wochen bei der freiwilligen Feuerwehr ist, wie er sagte, wollte er ein richtiges Feuer sehen.

Ereignisse von besonderer Bedeutung

Industrie und Verkehr

  • Am 12.6.1956 wurde im VEB Stahl- und Walzwerk Brandenburg, [Bezirk] Potsdam, festgestellt, dass sich Sand in dem Hubgetriebe einer Laufkatze befand. Da der Sand bei einem Probelauf festgestellt wurde, entstand kein Schaden. Die Laufkatze wurde vom VEB Kranbau Eberswalde angeliefert und bis jetzt in einer Halle des Stahl- und Walzwerkes gelagert. Vermutlich wurde der Sand in Eberswalde dem Hubgetriebe beigefügt.

  • Am 12.6.1956 erhielt die GST-Segelfliegerschule Schönhagen, [Bezirk] Potsdam, 15 Fallschirme von den Bekleidungswerken Seifhennersdorf, Abteilung T, [Kreis] Zittau, [Bezirk] Dresden, geliefert. Bei der Überprüfung der Fallschirme wurde festgestellt, dass die Auslösevorrichtung der Fallschirme nicht einwandfrei arbeitet, was bei einem Sprung den sicheren Tod der Piloten bedeutet. Die Abnahme sollte durch das MdI in Schönhagen erfolgen.

  • In der Nacht vom 15. zum 16.6.1956 wurde im VEB Lokomotivbau »Karl Marx« Potsdam-Babelsberg von einer Plantafel der Sollzeiger der Planuhr abgebrochen.

  • Eine Privatfirma aus Porschdorf,15 [Kreis] Pirna, [Bezirk] Dresden, hat eine Einladung für zwölf Kinder zur Ferienaktion nach Westdeutschland von einem Zweigbetrieb aus Westdeutschland erhalten.

  • Vom VEB Waggonbau Görlitz, [Bezirk] Dresden, wurden über das VPKA Görlitz zwei Pässe nach der Volksrepublik Polen zur Genehmigung an das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten eingeschickt. Als die Zeit der Abreise näher rückte und die Pässe zur Reise benötigt wurden, wurde dem Vertreter des VEB Waggonbau bei einer Nachfrage erklärt, dass keine Pässe dieses Betriebes im Ministerium vorliegen und sie demzufolge nicht in die Volksrepublik Polen fahren könnten. Vonseiten des VEB Waggonbau Görlitz wird vermutet, dass diese Pässe absichtlich abhandengekommen sind. Charakteristisch dabei ist, dass das LEW Hennigsdorf seine Vertreter in Polen hat, während das beim Waggonbau Görlitz nicht der Fall ist.

  • Am 7.6.1956 ereignete sich im VEB Ankerwerk in Rudolstadt, [Bezirk] Gera, ein schwerer Betriebsunfall mit Personen- und Sachschaden. Eine Dampflock, welche sich selbstständig in Betrieb setzte, verletzte zwei Arbeiter zum Teil schwer und führte einen Sachschaden von ca. 10 000 DM herbei. Der Lokführer hatte beim Verlassen der Lok die Sicherheitsmaßnahmen außer Acht gelassen.

  • Im VEB Sprengstoffwerk Schönebeck, [Bezirk] Magdeburg, laufen in letzter Zeit verstärkt Reklamationen an Jagdpatronen ein. Es wird besonders über Versager geklagt. Ein großer Teil der Reklamationen kam von Beirut, Libanon. Dem Betrieb wurde erklärt, dass bei weiteren Reklamationen mit der Annullierung der Verträge zu rechnen ist. Zzt. werden im Werk Ermittlungen über die Ursachen angestellt.

  • Im Faserplattenwerk Tangermünde, [Bezirk] Magdeburg, fiel Anfang Juni 1956 der Defibrator aus. Im Werk des Defibrators befand sich eine 10 cm lange und 2 cm starke Schraube. In der gleichen Maschine wurden in letzter Zeit schon mehrere Fremdkörper gefunden.

  • Im BKW Gräfenhainichen, [Bezirk] Halle, sind durch Überfahren eines Signals ein Leer- und ein Vollzug zusammengefahren. Der Schaden beträgt 150 000 DM.

Übrige Bevölkerung

Am 6.6.1956 wurden die Transportpolizisten Wachtmeister [Name 1] und Wachtmeister [Name 2] gegen 9.15 Uhr durch Stummpolizisten16 auf dem S-Bahnhof Wannsee verhaftet.17 Und zwar betraten gegen 9.05 Uhr zwei Stummpolizisten den Dienstraum und forderten die beiden Transportpolizisten auf, mit dem nächsten Zug den Bahnhof in Richtung Berlin zu verlassen. Zeuge dieses Gesprächs war der Aufsichter [Name 3]. Die beiden Transportpolizisten erwiderten auf die Aufforderung der Stummpolizei, den Bahnhof zu verlassen, dass sie rechtmäßig ihren Dienst auf Bahngelände versehen und die Stummpolizei ihnen nichts zu sagen hat. Daraufhin verließ der eine Stummpolizist den Bahnhof und erschien mit zwei weiteren Stummpolizei-Angehörigen, wo dann gegen 9.15 Uhr die beiden Transportpolizisten zur Wache der Stummpolizei in Nähe des Bahnhofs zugeführt wurden. Die beiden Transportpolizisten wurden erst am 19.6.1956 gegen 17.00 Uhr aus dem Untersuchungsgefängnis Moabit ohne Angabe des Grundes der Festnahme entlassen.

Im Bezirk Leipzig erkrankten Anfang Juni 39 Personen an Typhus. Die Ursache der Erkrankung ist auf den Genuss von Stangeneis zurückzuführen. Im Kindergarten der Gemeinde Papitz, [Kreis] Cottbus[-Land], sind 13 Kinder erkrankt (Typhusverdacht).

Als am 10.6.1956 gegen 20.10 Uhr eine Straßenbahn in Potsdam eine Behelfsweiche überfuhr, gab es eine Detonation. Es wurde festgestellt, dass ein Stück, ca. 8 bis 10 cm, von der Behelfsweiche abgerissen worden ist. Des Weiteren wurden auf dem Schienenkopf zwei lackierte Blechplättchen 5 × 7 cm gefunden. Vermutlich handelt es sich um Knallkörper, die von der Eisenbahn zum Anhalten von Zügen im Gefahrfalle verwendet werden. An der Straßenbahn entstand kein Schaden, der Straßenbahnverkehr wurde ebenfalls nicht behindert. Als Täter wurde ein 12-jähriger Schüler aus Potsdam ermittelt, dieser hatte den Knallkörper von seinem Vater, der bei der Eisenbahn tätig ist, gestohlen.

Straßensperren

Am 8.6.1956, gegen 1.00 Uhr, wurde in Dresden auf der Straße Mockritz – Kaitz18 eine Straßensperre vorgefunden. Ein Wagen war quer über die Straße gefahren [worden] und in Abständen von 20 bis 30 m Zaunfelder aufgestellt. Als Täter wurden drei Jugendliche ermittelt.

Am 11.5.1956, um 1.15 Uhr, ereignete sich im Kreis Stralsund auf der Straße zwischen Bad-Sülze und Tribsees19 ein schwerer Verkehrsunfall, durch welchen zwei Personen getötet und zwei Personen verletzt wurden. Ein bis jetzt unbekannter Täter legte über die Straße einen Telefonmast. Zwei Motorräder mit insgesamt vier Personen haben die Straßensperre zu spät erkannt und den Mast überfahren. Eine Person steht in Verdacht, da sie zehn Minuten vor dem Unfall an der Unfallstelle gesehen wurde. Der Aufenthalt dieser Person ist zzt. unbekannt.

Vom 27. zum 28.5.1956 wurde in der Nähe der Stadt Stralsund ebenfalls eine Straßensperre entdeckt. Es waren zwei Baumstämme über die Straße gelegt und ein Koppeldraht gespannt. An dieser Straßensperre entstand kein Unfall. Als Täter wurde ein Angehöriger der Seepolizei ermittelt.

Anlage vom 21. Juni 1956 zum Informationsdienst Nr. 12

Feindtätigkeit in der Zeit vom 7.6. bis 20.6.1956

In der Berichtszeit trat vorwiegend Gerüchteverbreitung und Anschmieren von Hetzlosungen zum 17.6. in Erscheinung. Vereinzelt wurden Hakenkreuze angeschmiert und Plakate abgerissen. Nachträglich wurde uns bekannt, dass in Delitzsch, [Bezirk] Leipzig, in zwölf Fällen Hetzlosungen zum 17.6. angeschmiert wurden. Alle Hetzlosungen waren mit weißer Kreide in Blockschrift geschrieben. Einige Hetzlosungen stammen aus dem Flugblatt des Ostbüros der SPD.20 Unter anderem enthielten die Hetzlosungen folgende Forderungen:

  • »Nieder mit der Regierung – 17. Juni!«

  • »Stürzt den totalitären Staat – 17. Juni!«

  • »Schluss mit der Unterdrückung des Volkes!«

  • »Spitzbart, Backe und Brille ist nicht des Volkes Wille.«21

  • »Nieder mit der Polizeiknüppelregierung!«

In Lengenfeld, Kreis Reichenbach, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, wurde ebenfalls an fünf verschiedenen Stellen die Hetzlosung »17. Juni 1953 unvergessen« angeschmiert. Hakenkreuze wurden in der Gaststätte »Mätzschkers Festsäle«22 in Leipzig und in Friedland, [Kreis] Neubrandenburg[-Land], angeschmiert. In Fahrenwalde, [Bezirk] Neubrandenburg, wurde eine schwarz-rot-goldene Fahne23 von einem Fahnenmast abgerissen. In Zossen, [Bezirk] Potsdam, wurden zwei Plakate abgerissen.

Gerüchte

  • In Meißen, [Bezirk] Dresden, kursiert das Gerücht, dass Gustav-Adolf Schur24 illegal die DDR verlassen habe und nach Westdeutschland verzogen sei. Schur sei mit dem Sportbetrieb in der DDR nicht mehr einverstanden und außerdem wäre er verärgert über den Sturz während der Friedensfahrt in Cottbus.25

  • In der Gaststätte »Wilder Mann« in Erfurt wurde das Gerücht verbreitet, dass man jetzt den Leiter der Instrumentalgruppe »Roth«26 aus der DDR entfernen wolle. Seine musikalischen Werke würden Eisler27 nicht gefallen. Einige Beteiligten an der Diskussion sagten: »Die Rennsteiglieder werden sogar in Moskau gespielt. Auch in Westdeutschland trat der Roth auf. Warum will man unsere Thüringer Lieder verbieten. Hat Eisler kein Herz für Deutsche oder hat er lieber, dass sich der Roth nach dem Westen absetzt.«

  • Im ABV-Bereich Zinnwald,28 [Kreis] Dippoldiswalde, [Bezirk] Dresden, wird das Gerücht verbreitet, dass ab 15.6.1956 die technische Sicherung der Staatsgrenze zwischen der DDR und ČSR entfernt und der kleine Grenzverkehr eröffnet würde.

  • In der Gemeinde Schöneiche, [Kreis] Fürstenwalde, [Bezirk] Frankfurt/O., wird das Gerücht verbreitet, dass dem ehemaligen Minister Fechner29 vonseiten der Partei und Regierung Unrecht getan wurde. Über Fechner sei das letzte Wort noch nicht gesprochen worden und es würde die Zeit kommen, wo er vor aller Öffentlichkeit wieder in Amt und Würden eingesetzt wird. Fechner hätte niemals gegen die Disziplin der Partei und der Regierung verstoßen. Diese Diskussionen wurden durch eine Hausfrau verbreitet, die dem DFD angehört und deren Mann im ZK tätig ist.

  • Der Lehrer [Name 4] aus Schulpforta, [Kreis] Naumburg, setzt das Gerücht in Umlauf, dass die Umsiedler noch in diesem Jahr wieder in die ČSR zurückkehren können.

Aufforderung zur Republikflucht

Ein Boxtrainer der BSG Chemie aus Premnitz, [Kreis] Rathenow, [Bezirk] Potsdam, fand am 17.6.1956 vor seiner Wohnungstür einen Zettel, auf dem folgende Worte standen: »Walter, verschwinde!«. Am 16.6.1956 wurde die Ehefrau des Trainers von einem unbekannten Mann angesprochen, der sie über ihren Ehemann ausfragte. Ermittlungen führt die VP.

Einen anonymen Anruf erhielt am 9.6.1956 der Bürgermeister der Stadt Jeßnitz, [Kreis] Bitterfeld, [Bezirk] Halle. Eine Männerstimme beschimpfte den Bürgermeister und verleumdete seine Arbeit. Dies wiederholte sich zweimal in Abständen von fünf Minuten.

Feindtätigkeit in der Industrie

Die Feindtätigkeit in der Industrie erstreckte sich in der Berichtszeit hauptsächlich auf Schmierereien, Beschädigung von Bildern und Verbreitung von Gerüchten.

Schmierereien in Form von Losungen und faschistischen Symbolen sowie Beschädigungen von Bildern wurden aus folgenden VE-Betrieben bekannt:

  • Stahlwerk Riesa, [Bezirk] Dresden;

  • Waggonbau Bautzen, [Bezirk] Dresden;

  • Westglas Schönbrunn,30 [Bezirk] Suhl;

  • Simson-Werk Suhl;

  • Kraftwerk I Espenhain, [Bezirk] Leipzig;

  • Filmfabrik Wolfen, [Bezirk] Halle;

  • DHW Rodleben, [Kreis] Roßlau, [Bezirk] Halle;

  • Karl-Liebknecht-Werk Oelsnitz, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt.

In letzterem Betrieb wurde an einen Hunt31 die Losung »Freiheit für politische Häftlinge in der DDR« angeschmiert.

Gerüchteverbreitung

  • Der Hauptbuchhalter der Mitropa-Gaststätte Torgau, [Bezirk] Leipzig, verbreitete das Gerücht, dass Genosse Bulganin32 neue Vorschläge unterbreitet habe, aus denen hervorgehe, dass die alten Grenzen von 1936 wieder hergestellt werden sollen.

  • Im VEB »Joliot Curie« Leipzig33 kursiert das Gerücht, dass die im Sportforum34 aufgewandte Arbeit umsonst gewesen sei, da Verschiedenes schon wieder zusammengebrochen sei. Aufgrund dessen ist die Bereitschaft zur Ableistung freiwilliger Einsatzstunden in diesem Betrieb zurückgegangen.

  • Im Funkwerk Leipzig und im Blechformungswerk Leipzig wurde weiterhin das Gerücht verbreitet, dass Gustav-Adolf Schur nach Westdeutschland bzw. nach der Schweiz geflüchtet sei.

  1. Zum nächsten Dokument Ministerium für Gesundheitswesen

    21. Juni 1956
    Information Nr. 27/56 – Betrifft: Ministerium für Gesundheitswesen

  2. Zum vorherigen Dokument Export von Kühlschränken in die Türkei

    20. Juni 1956
    Information Nr. 27a/56 – Betrifft: Export von Kühlschränken in die Türkei