Bericht über den Einsatz von Prof. Küntscher

Info Nr. 396/59

13. Juni 1959
Information Nr. 396/59 – Bericht über den Einsatz des ehemaligen Lehrstuhlinhabers für Eisen- und Hüttenwesen der Bergakademie Freiberg, Prof. Küntscher

Quelle
BArch, MfS, ZAIG 194, Bl. 1–2 (5. Expl.).

Serie
Informationen.

Verteiler
Kein Nachweis für externe oder interne Verteilung.

Vermerk
Im Dokumentenkopf: »Gen. E. Mielke. Prof. Küntscher ist als Stellv. Direktor im Eisenforschungsinstitut Hennigsdorf eingesetzt. Ab Jan. 1959 wird er nach Ausscheiden von Prof. Maurer Leiter dieses Institutes. Er ist absolut zufrieden mit dieser Aufgabe und wir auch! 24/6 [unleserliche Unterschrift].«

Bemerkungen
Für das Jahr 1959 ist eine Liste überliefert, die alle Bericht der ZIG und ihre Adressaten enthält Laut dieser Liste wurde der Bericht an Leuschner, Apel und Hager verteilt.

Dem Bericht wurde Beimaterial hinzugefügt. Am 8. Juni 1959 informierte demzufolge die Abteilung V der HV A in einem Schreiben an den Stellv. Leiter der ZIG, Werner Irmler, über den Fall des Prof. Küntscher, der unzufrieden sei, dass er keine Auskunft über eine adäquate Anstellung nach längerem Aufenthalt in China bekäme und damit drohe, »dass er seine Konsequenzen ziehen« müsse, »wenn ihm keine klare Perspektive aufgezeigt wird«. Dieses Schreiben wurde laut Vermerk im Briefkopf in der vorliegenden Information 396/59 »ausgewertet«. Am 25. Juni 1959 reagierte der Vorsitzende der Staatlichen Plankommission, Bruno Leuschner, auf die offenbar an ihn gesendete Information 396/59 mit einem Brief an Erich Mielke, dem er ein Schreiben des Leiters der Abteilung Berg- und Hüttenwesen der Staatlichen Plankommission, Rudolf Steinwand, beifügte. Daraus ging hervor, dass Prof. Küntschers Beschwerden völlig haltlos seien und dieser bereits seit dem 9. Juni 1959 als Stellvertreter des Direktors des Eisenforschungsinstitutes in Hennigsdorf arbeite. Am 18. Juli 1959 übersandte die Abteilung VII der HV A diesen Schriftverkehr an Werner Irmler mit der Bemerkung, dass die Frage der Verwendung Küntschers geklärt sei und der Einschätzung, dass »die übertriebene Unzufriedenheit von Prof. Küntscher auch daher [rühre], dass er entgegen seinen Absichten aus China zurückberufen wurde«.

Bericht über den Einsatz von Prof. Küntscher

13. Juni 1959
Information Nr. 396/59 – Bericht über den Einsatz des ehemaligen Lehrstuhlinhabers für Eisen- und Hüttenwesen der Bergakademie Freiberg, Prof. Küntscher

Wie uns bekannt wurde, ist Prof. Küntscher¹ nach zweijähriger Tätigkeit in der Volksrepublik China Ende Mai dieses Jahres in die DDR zurückgekehrt, da der abgeschlossene Beratungsvertrag zu diesem Zeitpunkt ablief und eine von der Regierung der Volksrepublik China geäußerte Bitte, ihn noch längere Zeit zur Unterstützung des Aufbaues der Metallurgie in China zu belassen, von den zuständigen Organen der DDR abgelehnt wurde.²

Obwohl aus diesen Gründen seit drei Monaten bekannt war, dass Prof. Küntscher Ende Mai nach Berlin zurückkehrt, ist nach einer uns vorliegenden Information bis jetzt noch keine Entscheidung über seinen weiteren Einsatz herbeigeführt worden und konnte ihm daher auch noch nicht mitgeteilt werden, welches Aufgabengebiet er in der DDR übernehmen soll. Angeblich soll an seiner vorhergehenden Wirkungsstätte, der Bergakademie Freiberg, keine Möglichkeit zur Übernahme eines Lehrauftrages bestehen. Bemühungen von Prof. Küntscher, bei der Staatlichen Plankommission³ und auch bei anderen Organen eine Auskunft über seine weitere Tätigkeit zu erhalten, sind bisher ebenfalls fehlgeschlagen.

Diese Behandlungsweise hat zu einer erheblichen Verärgerung von Prof. Küntscher geführt. Seinen Äußerungen ist dabei zu entnehmen, dass er nicht gewillt ist, diesen Zustand noch längere Zeit mitzumachen, sondern bereit ist, dann »entsprechende Konsequenzen« zu ziehen. In Anbetracht dieser Situation wäre es notwendig, sofort Klarheit über den weiteren Einsatz von Prof. Küntscher zu schaffen, um damit eventuellen Spekulationen hinsichtlich einer Republikflucht vorzubeugen.