Erneuerung des Energienetzes, VEB (Z) Papierfabrik Greiz
1. Dezember 1959
Information Nr. 859/59 – [Bericht über] die notwendige Erneuerung des Energienetzes im VEB (Z) Papierfabrik Greiz, [Bezirk] Gera
Nach vorliegenden Unterlagen fand im Oktober 1959 eine Überprüfung des VEB Papierfabrik Greiz durch die Kommission für Brände und Arbeitsschutz der Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei Gera statt. Dabei stellte die Kommission fest, dass das elektrische Energienetz der Papierfabrik Greiz nicht der erforderlichen Betriebssicherheit entspricht und dringend einer Erneuerung bedarf.
Im Einzelnen wurden folgende Mängel festgestellt:
Die gesamte Anlage ist hoch- und niederspannungsseitig einschließlich der eingebauten Mess- und Schaltgeräte nicht kurzschlussfest. Bei einem durch äußere Einflüsse eingeleiteten Überschlag oder Sammelschienenkurzschluss würde die Anlage den auftretenden Kurzschlussströmen nicht standhalten und völlig deformiert werden.
Alle Generatoren arbeiten ohne Schutzeinrichtungen. Die technisch überalterten Überstromrelais können keinen wirklichen Schutz übernehmen.
Zur Verhinderung eines Katastrophenfalls und zur Aufrechterhaltung der Energieversorgung des Betriebes und des angeschlossenen Stadtnetzes ist der Einbau eines Generatorenschutzes (Differenzial- und Standartschlussschutz) dringend erforderlich.
Das Einfach-Sammelmaschinensystem gestattet keinen Parallelbetrieb und keine Umgehungsschaltungen. Die gesamte Kraftwerksleistung von 4,5 Mw liegt ohne Auftrennungsmöglichkeit auf einer Sammelschiene.
Aus diesem Grunde ist es auch nicht möglich, wichtige Betriebsanlagen im Inselbetrieb auf einem Generator isoliert zu fahren. Außerdem können dadurch Schäden eintreten, die die gesamte Anlage außer Betrieb setzen.
Die Schalter des Hauptverteilers sind so ungünstig hinter den Sammelschienen angeordnet, dass die erforderlichen Pflege- und Wartungsarbeiten, selbst im spannungslosen Zustand, nur bedingt möglich sind.
Die Schalträume der Krupp- und BBG-Turbine liegen in einem stark hochwassergefährdeten Keller.
Bereits bei einem Pegelstand der Göltzsch von 1,30 m dringt Wasser in diese Räume ein.
Die Umgebungstemperatur in diesen Räumen beträgt durchschnittlich + 32 bis +36° C.
Darüber hinaus besteht für die Schalträume keine natürliche Belüftung. Die künstliche Belüftung bringt starke Staubablagerungen in die elektrische Anlage, wodurch die Gefahr eines Überschlages wesentlich erhöht wird.
Auch die Trafo-Station befindet sich in einem hochwassergefährdeten Keller, der räumlich nicht den sicherheitstechnischen Anforderungen entspricht.
Von den in der elektrischen Anlage verlegten Erdkabeln ist der Jutemantel entgegen den gesetzlichen Bestimmungen (VDE 0100, § 27 Abs. b 2)1 bei Kabelanhäufungen nicht abgemantelt. Dies bedeutet eine erhöhte Brandgefahr.
Die elektrische Anlage wurde vor 47 Jahren in Betrieb genommen und entspricht durch den Einbau verschiedener vorschriftswidriger Anlagenteile in keiner Weise mehr den Erfordernissen der Betriebssicherheit. Eine schnelle Erneuerung des Energienetzes des VEB Papierfabrik Greiz ist auch deshalb erforderlich, weil noch folgende Betriebe durch diese Anlage mit versorgt werden:
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VEB Textilia Werk I
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VEB Kfz-Reparatur Greiz
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VEB Bau Greiz
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Hauptpostamt Greiz
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Bäckerei Konsum-Genossenschaft Greiz
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Weberei Oeser, Greiz
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Weberei Weber, Greiz
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Weberei Bittner, Greiz
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Weberei Feustel, Greiz
Die vorstehenden Betriebe sollen noch bis 1962/63 vom elektrischen Energienetz des VEB Papierfabrik Greiz versorgt werden, da erst zu diesem Zeitpunkt die Energieversorgung der Stadt Greiz aus dem 50 KV-Netz erfolgt.
Durch die Technische Überwachung beim Rat des Bezirkes Gera wird bereits seit Jahren auf die unzulänglichen Sicherheiten aufmerksam gemacht und aufgrund der Wichtigkeit des Objekts sowie der Notwendigkeit, die Produktion unbedingt aufrecht zu erhalten, der derzeitige Zustand der elektrischen Anlage bis 31.12.1960 befristet.
Ein Weiterbetrieb der Anlage nach diesem Zeitpunkt ist nicht mehr vertretbar.
Zur Erneuerung des Energienetzes war bereits im Plan 1958 ein derartiges Projekt vorhanden. Es wurde aber ohne Angabe der Gründe von der VVB gestrichen.
Wie ferner dazu bekannt wurde, wurde jetzt das Zentrale Projektierungsbüro entsprechend beauftragt, ist aber im Laufe des Jahres 1959 nicht über die Erstellung eines Grundprojektes hinausgekommen.
Nach den letzten Mitteilungen der VVB (23.9.1959) ist die Projektierung dieses Vorhabens für das Jahr 1960 und die Realisierung des Projektes – Erneuerung des Energienetzes – für 1961/62 vorgesehen.
Diese Terminverschiebung bis 1961/62 für die Erneuerung des Energienetzes ist aufgrund der Wichtigkeit und der aufgeführten Unzulänglichkeiten in keiner Weise vertretbar.
Zur Gewährleistung der Sicherheit ist die schnelle Durchführung der seit Langem geplanten Investitionen unbedingt zu prüfen!