Erneute Grenzprovokationen an der Staatsgrenze West
5. September 1959
Information Nr. 644/59 – [Bericht über] erneute Grenzprovokationen an der Staatsgrenze West
Am 4.9. 1959 gegen 21.30 Uhr rotteten sich in der Nähe von Braunroth Kreis Eschwege (WD)1 – dem Kreis Mühlhausen gegenüberliegend – einige hundert Personen zusammen. Außerdem waren vier Mannschaftstransportwagen des Bundesgrenzschutzes aufgefahren, von denen aus mit sechs Scheinwerfern das Gebiet der DDR beleuchtet wurde. Offensichtlich dienten diese Wagen aber auch zum Transport der an der Provokation Beteiligten. Von einem Stadtverordneten aus Eschwege wurden in einer provokatorischen Rede die Grenzsoldaten zum Überlaufen aufgefordert. (Es befände sich schon ein ganzes Bataillon in WD, denen es gut ginge.) Die Bevölkerung wurde zum »Ausharren« aufgerufen, weil »der Tag der Befreiung nahe« sei. Gegen 22.30 Uhr zogen sich die Provokateure, bei denen es sich mit Sicherheit um Teilnehmer des Treffens der »Gemeinschaft junger Föderalisten«, vom 4. bis 6.9.1959 in Eschwege handeln muss, zurück.2
Am 4.9.1959 gegen 17.20 Uhr zerstörten im Gebiet Branderode, [Kreis] Nordhausen, drei Zivilpersonen, die mit einem westdeutschen Pkw kommend bis an die Grenzsicherungsanlagen vordrangen, ca. 1 m der Grenzsicherung, indem sie die beiden obersten Drähte durchschnitten. Danach fuhren sie sofort wieder zurück. Im Hintergrund standen ein westlicher Zollbeamter und zehn weitere Zivilpersonen. Die Posten der Deutschen Grenzpolizei3 befanden sich ca. 300 bis 400 m vom Ort der Provokation entfernt und konnten deshalb nicht sofort eingreifen.4
Weitere Untersuchungen über diese neuerlichen Provokationen sind noch im Gange.
Am 6.9.1959 soll um 17.00 Uhr im Gebiet von Tettenborn5/Mackenrode, dem Kreis Nordhausen angrenzend, eine Hetzkundgebung des »Nordhäuserbundes« (es handelt sich dabei um Republikflüchtige aus dem Kreis Nordhausen) unmittelbar an der Staatsgrenze stattfinden. Dort soll der ehemalige Bürgermeister von Nordhausen, Sting,6 sprechen.