Missstände und Schwierigkeiten in Braunkohlen-Tagebauen
3. April 1959
Information Nr. 171/59 – Bericht über Missstände und Schwierigkeiten in der Entwässerung von Braunkohlen-Tagebauen im Bezirk Cottbus
Nach vorliegenden Informationen bestehen bei der Entwässerung einzelner Tagebaue im Bezirk Cottbus immer noch erhebliche Missstände und Schwierigkeiten, die zu erneuten Katastrophen oder erheblichen Produktionshemmnissen führen können. Aus Meldungen ist ersichtlich, dass bei der VVB Braunkohle Senftenberg1 noch ungenügende Klarheit über das Problem der Entwässerung besteht, was mit auf ungenügende Koordinierung bei der Projektierung zurückgeführt wird.
Dazu folgende Beispiele:
Im Tagebau Scado2 – BKW »John Schehr« Hoyerswerda, [Bezirk] Cottbus,3 – wurde aufgrund der Gefährdung der Förderbrücke I bereits 1958 eine Kommission eingesetzt, die die Schwerpunkte feststellte und Maßnahmen zur Veränderung der Situation vorschlug. Diese Vorschläge wurden jedoch bisher von den Wirtschaftsfunktionären im Betrieb, der VVB und auch dem Sektor Kohle der Staatlichen Plankommission4 ungenügend beachtet, was mit dazu führte, dass am 9. und 12.2.1959 die bereits bekannten Setzungen an der Vorkippe5 auftraten.6
Der nach diesen Vorfällen von der VVB ausgearbeitete und dem Betrieb übergebene Maßnahmeplan verspricht zwar bei Realisierung eine Verbesserung der gegenwärtigen Situation, verändert aber nach unserer Einschätzung nicht grundlegend die Lage, da die Hauptursache – die schlechte Hangenden- und Kippenentwässerung – nicht beseitigt wird.7 So zeigen sich bereits wieder im Bereich der Förderbrücke I – am schwankenden Ende – starke Ausblutungen im Abraumschnitt. Die Pegel8 – die keinesfalls den Erfordernissen entsprechen – sind in der letzten Zeit erneut angestiegen. Der Entwässerungsgraben zwischen Kohlentiefschnitt9 und Vorkippe war verschüttet, sodass die Wassermassen nicht abfließen konnten. Obwohl zur Beseitigung dieser Situation zwei Pumpen eingesetzt wurden, ist jedoch keine grundlegende Änderung zu erwarten, da die Entwässerungsstrecke längs des Tagebaues liegt und somit eine ständige Zufuhr neuer Wassermassen erfolgt.
Ohne eine grundlegende Veränderung dieser Lage durch den Vortrieb10 von Entwässerungsgräben, Einsatz weiterer Pumpen, Verringerung des Abraumschnittes, konstruktive Änderungen an der Brücke u. a. Maßnahmen ist die bestehende Gefährdung der Förderbrücke nicht zu beseitigen. Dabei ist zu bemerken, dass zzt. für den Streckenvortrieb günstige Bodenverhältnisse bestehen, die sich aber 1960 ändern, da schwere Erdmassen anstehen und somit der Streckenvortrieb gegenüber dem Abbau noch mehr zurückgehen wird.
Im Tagebau-Neuaufschluss Meuro11 werden die geplanten Termine hinsichtlich Entwässerung, Absümpfung, Abteufung12 usw. ebenfalls nicht eingehalten. Dabei zeigt sich, dass offensichtlich durch ungenügende Koordinierung bei der Projektierung und mangelnder Klarheit über die Probleme der Abwässerung bei der VVB verschiedene Projekte geplant und zum Teil auch begonnen werden. Diese ungenügende Klarheit über die Grundfragen führte u. a. dazu, dass mit dem Bau einer Neutralisierungsanlage begonnen wurde, obwohl angeblich Materialschwierigkeiten und Arbeitskräftemangel des VEB Kohleanlagen Leipzig das Projekt von vornherein fragwürdig machten.
Bei dem Bau einer Holzrohrleitung vom Hörlitzer Teich13 zur Elster wurden nicht die Interessen des Synthesewerks Schwarzheide14 berücksichtigt, was dazu führte, dass sie wegen Zuführung aggressiver Wässer den Weiterbau ablehnten.
Im Tagebau-Neuaufschluss Burghammer15 sind bisher die Aufschließarbeiten ohne wesentliche Schwierigkeiten durchgeführt worden. Durch den Abschluss der Arbeiten ist jetzt jedoch die Lage entstanden, dass die Fremdbetriebe ihre Bohrgeräte abziehen und dem Tagebau alle anfallenden Bohrarbeiten selbst überlassen. Die Kapazität der werkeigenen Bohrgeräte ermöglicht aber nur eine etwa 50%ige Erfüllung der Bohraufgaben, wodurch eine planmäßige Entwässerung des Tagebaues nicht mehr gewährleistet ist. Hinzu kommt noch, dass an den einzelnen Uta-Pumpen16 Mängel auftreten, indem die Kabel an den Anschlussenden Wasser durchlassen. Nach einer vorliegenden Meldung wird außerdem das für Uta-Pumpen im Fünf-Jahrplan festgelegte Kontingent gegenüber den Aufgaben der Braunkohle im Bezirk Cottbus als zu niedrig eingeschätzt.
Als weiteres Problem wird in diesem Zusammenhang die Beschaffung einer Streckenvortriebsmaschine angesehen, da die Erledigung der jährlichen Streckenauffahrung mit Handarbeit als nicht mehr möglich bezeichnet wird.