Reaktion der Bevölkerung, Besuch der sowjetischen Delegation
12. Oktober 1959
Information Nr. 729/59 – [über] die Reaktion der Bevölkerung auf dem Besuch der sowjetischen Delegation in den Bezirken Halle und Magdeburg
Der Besuch hat unter allen Schichten der Bevölkerung dieser Bezirke eine große Begeisterung ausgelöst.
Überall, wo die sowjetische Delegation1 erschien, fanden sich tausende Menschen aus allen Bevölkerungskreisen ein, die in Diskussionen die große Bedeutung des Besuches würdigten.
Besonders begeistert war man von dem schlichten und herzlichen Auftreten der Delegationsmitglieder und von den persönlichen Gesprächen mit Bürgern der DDR.
So äußerte z. B. die Kollegin [Name] aus dem Leuna-Werk W. Ulbricht: »So oft ich eine sowjetische Delegation im Werk gesehen habe, so oft konnte ich feststellen, dass diese Menschen ein sehr volkstümliches Wesen an sich haben. Je höher die Persönlichkeit ist, umso besser gefällt einem der Mensch.«
Der Chefarzt des Kreiskrankenhauses Aschersleben, Dr. Lange,2 brachte zum Ausdruck, dass er und die anderen Ärzte den Genossen Koslow3 zwar nicht kennen, dass dieser Besuch jedoch die Freundschaft zwischen der DDR und der Sowjetunion vertiefe.
Der Sekretär des Stadtverbandes der CDU in Halle, Helmke,4 vertritt die Meinung, dass man den Besuch dieser Delegation gar nicht hoch genug einschätzen könne. Es sei eine besondere Auszeichnung für den Bezirk Halle, dass der stellvertretende sowjetische Ministerpräsident eine Besichtigungsreise durch den Bezirk Halle unternimmt. Dieser Besuch würde wesentlich mit dazu beitragen, die Freundschaft zwischen der SU und der DDR noch weiter zu festigen. Das zeige auch die herzliche Teilnahme der Bevölkerung bei der Ankunft und Begrüßung in Halle.
Eine große Anzahl solcher und ähnlicher Stimmen, in denen die politische Bedeutung des Besuches, die Unterstützung der DDR beim Aufbau des Sozialismus durch die SU und die freundschaftliche Verbundenheit zum Ausdruck kam, zeigen die große Aufgeschlossenheit der Bevölkerung gegenüber der Delegation. Bezeichnend ist, dass ausnahmslos positive Stellungnahmen bekannt wurden und auch die Veranstaltungen – wie Gespräche, Kundgebungen usw. – ohne Störungen verliefen.
Die Ausschmückung der Straßen und Häuser zu Ehren der Delegation war ebenfalls sehr gut.
In einzelnen Fällen wurde kritisiert, dass die Delegation mit Verspätung ankam (Halle und Schönebeck), doch wurde die gute Stimmung dadurch nicht nennenswert beeinträchtigt, was sich auch darin zeigte, dass die zu tausenden erschienenen Bürger fast ausnahmslos ausharrten, um die sowjetische Delegation zu sehen und zu begrüßen.
Verschiedentlich wurde zum Ausdruck gebracht, dass der Besuch in seiner Bedeutung für die Bevölkerung noch größer gewesen wäre, wenn Genosse Koslow bei seiner Ankunft in Halle auf dem Obermarkt eine kurze Ansprache zur Bevölkerung gehalten hätte.
So »… habe man von dem Besuch wenig gesehen«.
Mit der gleichen Begründung wurde auch erklärt, dass man etwas enttäuscht darüber war, weil Gen. Koslow im geschlossenen Wagen fuhr und er und die Delegationsmitglieder deshalb gar nicht richtig zu erkennen waren. Man hatte gehofft, dass er ebenso wie Genosse Chruschtschow5 im offenen Wagen fahren würde.
Derartige vereinzelte Stellungnahmen beeinträchtigten jedoch in keiner Weise ernsthaft die große Begeisterung der Bevölkerung.