Schwierigkeiten in der Fischindustrie des Bezirkes Rostock
17. Juni 1959
Information Nr. 407/59 – Bericht über Schwierigkeiten in der Fischindustrie des Bezirkes Rostock
Nach vorliegenden Informationen halten trotz der kritischen Hinweise in der demokratischen Presse in der letzten Zeit die in der Fischindustrie des Bezirkes Rostock aufgetretenen Schwierigkeiten an.1
Aufgrund der außerordentlich guten Fangergebnisse – besonders bei Sprotten – reicht die vorhandene Kapazität zur Verarbeitung nicht mehr aus. Da auch die Fischmehlfabrik durch die Abfälle aus den Kombinaten voll ausgelastet ist, war sie nicht in der Lage, zusätzlich Sprotten zu verarbeiten. Durch diese Verarbeitungsschwierigkeiten kam es im Fischkombinat Rostock2 bereits dazu, dass aus hygienischen Gründen Sprotten verbrannt werden mussten, an einem Tag allein 15 Waggonladungen und andererseits der überwiegende Teil der gefangenen Sprotten der Landwirtschaft als Futtermittel zugeführt wurde. Dabei wurden besonders die VEG und LPG des Bezirkes mit größeren Mengen Sprotten als Schweinefutter beliefert, wobei die Zuteilungen zum Teil so hoch sind, dass sie nicht gleich verwertet werden können und verderben.
In der LPG Bretwisch, [Kreis] Grimmen, sind bereits drei Schweine und in der LPG Grabow, [Kreis] Grimmen, vier Läufer an den Folgen der Sprottenverfütterung verendet. Diese Maßnahme hat unter der Landbevölkerung – besonders unter den Arbeitern der VEG und LPG – zu negativen Diskussionen geführt, wobei kritisiert wird, dass es bisher in den Dörfern keinen Fisch zu kaufen gab und jetzt die Schweine damit gefüttert werden sollen.
In der LPG Gustow, [Kreis] Rügen,3 wurde das Einsilieren von Sprotten als Schweinefutter vor Vertretern der VEG, MTS und LPG vorgeführt. Da die Fische noch frisch waren, kam es zu erregten Diskussionen, wobei die Meinung vertreten wurde, die Fische doch lieber der Bevölkerung kostenlos abzugeben, als sie an Tiere zu verfüttern.
Bezeichnend ist auch die Lage in den Kühlhäusern des Bezirkes, wo zzt. 112 t Sprotten aus den Vorjahren lagern, die für die menschliche Ernährung nicht mehr verwendbar sind (ausgefroren). Dazu wird berichtet, dass eine Neueinfrostung von Sprotten die Kapazität der Kühlhäuser beengt und außerdem wesentlich mehr Kühlraumfläche benötigt würde.
Es wäre notwendig, umgehend die Lage in der Fischindustrie des Bezirkes Rostock zu untersuchen und Maßnahmen einzuleiten, die zur Überwindung dieser Missstände und Schwierigkeiten führen.