Telefonanlage bei Weihbischof Dr. A. Bengsch
18. September 1959
Information Nr. 672/59 – [Bericht über] die Telefonanlage bei Weihbischof Dr. A. Bengsch
Am 5.9.1959 gegen 9.10 Uhr wurde festgestellt, dass eine fremde Person an der Telefonanlage des Weihbischofs Dr. Bengsch,1 wohnhaft Berlin-Weißensee, [Straße, Nr.], gearbeitet hat und dadurch eine Störung im Telefonnetz der Deutschen Post hervorrief. Die sofortige Überprüfung ergab, dass von der ordnungsgemäßen Leitung der Telefonanlage eine Sonderleitung abgezweigt worden war, an der sich Geräte befanden, die Abhörzwecken dienen sollten. Teile dieser Geräte trugen die Bezeichnung »Made in USA« und »Siemens & Halske«.
Bei der Person, die die Arbeiten am Telefonnetz vorgenommen hatte, handelt es sich um den [Name, Vornamen], geb. [Tag, Monat] 1929 in Berlin, wohnhaft Berlin, [Straße, Nr.], (Westberlin), Beruf: technischer Fernmeldeinspektor (Westberlin). [Name] wurde durch die sofortige Kontrolle der Störung im Telefonnetz an einer weiteren Arbeit gehindert und versuchte deshalb auf schnellstem Wege nach Westberlin zurückzukehren. Weihbischof Dr. Bengsch versuchte zu diesem Zweck, [Name] selbst im kircheneigenen Fahrzeug nach Westberlin zu bringen. Das Fahrzeug wurde auf dem Weg nach Westberlin einer Kontrolle unterzogen. Dabei wurde festgestellt, dass [Name] fernmeldetechnische Werkzeuge und Geräte bei sich hatte. Bei der Vernehmung gab [Name] zu, an der Telefonanlage gearbeitet zu haben, weil Bischof Bengsch ihn darum bat. Diese Angaben [Name] wurden von Bischof Bengsch bestätigt, der behauptete, [Name] gebeten zu haben, vor der ersten Benutzung der Telefonanlage erst einmal zu überprüfen, ob alles in Ordnung sei. [Name] wurde auf die Versicherung von Bengsch hin freigelassen, dass er jederzeit zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes zur Verfügung stehe. Weihbischof Bengsch wurde dabei auf andere Fälle aufmerksam gemacht, wo ebenfalls Westberliner Bürger bzw. Dienststellen versucht hatten, in das Telefonnetz unserer Republik einzudringen. Der Bischof sagte seine volle Unterstützung bei Aufklärung der Angelegenheit zu. Trotzdem wurde am 14.9.1959 vom Vertreter der Fuldaer Bischofskonferenz,2 Prälat Zinke,3 ein Schreiben an das Ministerium für Post- und Fernmeldewesen gerichtet, worin die Postbehörde der DDR beschuldigt wird, eine Abhöranlage in das Telefonnetz des Weihbischofs Bengsch eingebaut zu haben.
Daraufhin wurde vom Ministerium für Post- und Fernmeldewesen wie folgt geantwortet: »Ihre Beschwerde über die Telefonanlage in der Dienstwohnung des Weihbischof Exzellenz Dr. A. Bengsch ist hier eingegangen. Ich möchte zu den Ausführungen in Ihrem Schreiben ausdrücklich bemerken, dass das in der Deutschen Demokratischen Republik verfassungsmäßig geschützte Fernmeldegeheimnis von der Deutschen Post gewährleistet wird. Ihrem Wunsch entsprechend wird ein Beauftragter der Deutschen Post in Kürze die betreffende Fernsprechanlage überprüfen.«
Am 18.9.1959 wurde die Telefonanlage nochmals vom Ministerium für Post- und Fernmeldewesen überprüft und dabei festgestellt, dass ein ordnungsgemäßer Einbau der Telefonanlage erfolgt war und dass eine fremde Person nach dem Einbau der Telefonanlage an der Leitung gearbeitet haben musste. Weihbischof Bengsch wurde die restlose Sicherheit seiner Anlage garantiert, wobei ihm auch erklärt wurde, dass die weitere Überprüfung den zuständigen Staatsorganen übergeben wurde.
Es ist nach der bisherigen Überprüfung anzunehmen, dass auf Anweisung des Geheimdienstes eines westlichen Staates diese Anlage zum Zwecke der Kontrolle der Gespräche des Weihbischof Dr. Bengsch, die er mit Stellen der Deutschen Demokratischen Republik im demokratischen Sektor führt, eingerichtet wurde.
Zu den Meldungen der Westpresse, wonach Weihbischof Dr. Bengsch zum Polizeipräsidium gebracht und verhaftet worden sei, ist zu bemerken, dass Dr. Bengsch in dem kircheneigenen Fahrzeug – selbst am Steuer sitzend – den [Name] unbemerkt nach Westberlin zurückbringen wollte. Er wurde deshalb – und auf eigene Bitte – zusammen mit [Name] zur Polizeiinspektion Mitte mitgenommen und zur Sache gehört.4