Ursachen der Explosion, Farbenfabrik Wolfen
9. November 1959
Information Nr. 803/59 – [Bericht über] die Ursachen der am 6. November 1959 in der Farbenfabrik Wolfen erfolgten Explosion
Zu den Ursachen der am 6.11.1959 im VEB Farbenfabrik Wolfen erfolgten Explosion wurde aufgrund der Untersuchungen Folgendes bekannt:
In der ersten Schicht am 5.11.1959 wurde der Autoklave 7 des Nitrolbetriebes vom Brigadier sowie vom Autoklavenfahrer gefüllt. Zur ordnungsgemäßen Füllung muss der am Messbehälter befindliche Ablasshahn verschlossen sein, um eine genaue Messung vornehmen zu können.
An diesem Tage wurde der Messbehälter mit Paranitrochlorbenzol gefüllt. Erst nach einer gewissen Zeit bemerkten die beiden Arbeiter, dass der Ablasshahn offen stand und 1 000 kg Paranitrochlorbenzol in den Autoklaven geflossen waren, obwohl nur 610 kg zulässig sind.
Sie verständigten daraufhin den Meister und unterbreiteten den Vorschlag, die Reaktion trotzdem durchzuführen. Der Meister erklärte sich einverstanden, gab aber Anweisung, an Stelle der vorgesehenen 2 200 Liter nur 1 800 Liter 25%iges Ammoniak-Wasser in den Autoklaven zu füllen und beim Anheizen sehr vorsichtig zu sein.
Am gleichen Tage unterrichtete der Meister noch den Betriebsleiter von der falschen Füllung des Autoklaven. Der Betriebsleiter veranlasste jedoch ebenfalls keine weiteren Maßnahmen.
Durch eine unsachgemäße Zusammensetzung der Füllung trat die maximale Reaktion nicht wie normal nach zwei Stunden ein, (40 atü Druck und ca. 180 °C Temperatur), sondern betrug zu diesem Zeitpunkt nur 32 atü Druck, dagegen jedoch eine Temperatur von 196 °C.
Erst nach acht Stunden war ein Druck von 40 atü vorhanden.
Obwohl dem Meister am 6.11.1959, 7.00 Uhr, das Ergebnis der Reaktion bekannt war und er die mögliche Gefahr einer Explosion und deren Auswirkung erkannte, unternahm er nichts, um einer Katastrophe vorzubeugen.
Durch die falsche Beschickung und die dadurch später eingetretene maximale Reaktion des Autoklaven, kam es am 6.11.1959, gegen 9.00 Uhr, zu einem zur Explosion führenden Überdruck. Durch die Explosion wurden drei Arbeiter tödlich, zwei schwer und 15 leicht verletzt.
Der Sachschaden beträgt nach vorläufigen Schätzungen 500 000 DM, wozu noch monatlich 70 000 DM Produktionsausfall kommen.