Vermutliche Tiervergiftungen im Tierpark Berlin-Friedrichsfelde
1. Juli 1959
Infrmation Nr. 453/59 – Bericht über vermutliche Tiervergiftungen im Tierpark Berlin-Friedrichsfelde
In der letzten Zeit – besonders seit Mitte des Jahres 1958 – treten im Tierpark Berlin-Friedrichsfelde zunehmend Tierverendungen auf. Allein in der Zeit von April 1958 bis Mai 1959 sind insgesamt 18 Tiere verendet, eine Reihe weiterer, die mit ähnlichen Anzeichen erkrankt waren, konnten gerettet werden.
In der Hauptsache treten diese Verendungen unter Tieren des international bekannten österreichischen Großtierhändlers Demmer1 auf, dessen Tiertransporte im Transitverkehr von Moskau nach dem westlichen Ausland über das Quarantänelager im Tierpark Berlin-Friedrichsfelde geleitet werden.2
Es handelt sich vorwiegend um Saigaantilopen, Sibirische Rehe und Zwergsumpfhirsche; in Einzelfällen sind ein Rentier, ein Eisbär und eine asiatische Wildkatze verendet.
Durch die bisherigen Ermittlungen konnte die Todesursache noch nicht endgültig geklärt werden. Die Untersuchungen durch das Gerichtsmedizinische Institut ergaben, dass die Tiere vermutlich mit Hexachlorcyclohexan (HCC) vergiftet wurden. Die davon im Tierkadaver aufgefundene Menge ist jedoch sehr gering, sodass die Möglichkeit besteht, dass der Tod der Tiere nicht durch das HCC, sondern durch ein in der DDR bisher noch unbekanntes Gift hervorgerufen wurde.
Dabei ist noch zu beachten, dass die Zeitspanne zwischen dem Eintreffen der Tiere und dem Verenden zwischen 6 und 29 Tagen liegt und andererseits nur einzelne Tiere Krankheitserscheinungen zeigen bzw. verenden, obwohl immer eine größere Anzahl von Tieren gleiches Futter erhält. Da der österreichische Tierhändler Demmer ein erheblicher Konkurrent des gleichartigen Unternehmens Ruhe,3 Hannover, ist, besteht die Möglichkeit, dass die Vergiftungen ihre Ursache in dem Konkurrenzkampf zwischen diesen Firmen haben. Über die Tierparks in Moskau und Prag sollen ebenfalls Tiertransporte des Demmer geleitet werden.