Aktion »Rose« – 2 (Lage an der Grenze)
13. August 1961
2. [Einzel-Information] Nr. 414/61 über die Durchführung der Aktion »Rose«
Nach der bisherigen Übersicht ist die Lage an den Grenzübergängen als ruhig einzuschätzen. Es ist sogar auffällig, dass bis zu diesem Zeitpunkt noch keine oder kaum Neugierige Passanten sich von den eingeleiteten Maßnahmen überzeugten.
Dies trifft im Wesentlichen auch für die S- und U-Bahnhöfe zu. Bisher wurden wenige Personen festgestellt, die von den Bahnhöfen aus angeblich nach Westberlin fahren wollten. Es muss dazu angenommen werden, zumal diese Annahme durch Telefongespräche in Einzelfällen bestätigt wird, dass zurzeit noch eine abwartende Haltung vorhanden ist, wie die eingeleiteten Maßnahmen sich praktisch auswirken werden.
Zur Charakterisierung einige Äußerungen dieser Art:
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»Fahren wir lieber nicht raus heute, sondern warten am besten ab, wie sich die Lage weiter entwickelt.«
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»Verfolgst Du wie ich die Meldungen im Rundfunk; es ist ja über Nacht eine ganz neue Lage eingetreten, und so wird aus dem Besuch heute nichts werden.«
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»Es ist bloß gut, dass meine Frau gestern Nachmittag schon aus Westberlin zurückkam, sonst wäre sie in die Absperrung gelaufen, registriert und evtl. belangt worden. Wir bleiben heute zu Haus.«
An den Straßen- und S-Bahnübergängen im Randgebiet von Berlin ist die Lage ebenfalls als normal einzuschätzen. Bisher wurden keine größeren Personenkonzentrationen festgestellt, die die Absicht äußerten, nach Westberlin einzureisen. Es wird eingeschätzt, dass die gegenwärtige Sicherung durch die Deutsche Grenzpolizei in diesen Gebieten ausreichend ist und die Aufrechterhaltung der Ordnung gewährleistet ist.
Die Durchführung der Aktion bei der Deutschen Reichsbahn verlief ohne Komplikationen. Die Übergabe der Befehle an die Fahrdienstleiter und Dienstvorsteher bis 13.8.1961, 1.00 Uhr, war gewährleistet. Bereits bis gegen 2.00 Uhr waren auf allen Einsatzbahnhöfen die erforderlichen technischen Arbeiten durchgeführt und der S-Bahnverkehr unterbunden. Bis 1.40 Uhr befanden sich alle Hilfszüge auf der Fahrt zu ihren Einsatzpunkten, und bis gegen 3.00 Uhr hatten alle Hilfszüge auch die Arbeit aufgenommen. Zurzeit sind auf vier Bahnhöfen die Arbeiten beendet und die Schienen unterbrochen. Auf den anderen Bahnhöfen wird noch daran gearbeitet.
Der Einsatz der Trapo erfolgte auf mehreren Bahnhöfen später als der Einsatz des MfS, wodurch die Maßnahmen in den meisten Fällen vom MfS allein durchgeführt wurden.1 Auf den Bahnhöfen Friedrichstraße und Potsdam gab es lediglich […]2
Die näheren Ermittlungen zu dem Vorkommnis auf dem Industriebahnhof Velten/Oranienburg, worüber schon im Bericht Nr. 1 berichtet wurde, ergaben Folgendes:3
Am 12.8.1961, gegen 23.00 Uhr ging der Direktor der Transport-Güterbahn in Velten, Erich Wiese, wohnhaft in Velten, Am Hafen, am Gelände des Benzinlagers der dortigen sowjetischen Einheit vorbei. Er wurde vom sowjetischen Posten angesprochen, und da er nicht stehen blieb, legte der Soldat auf Wiese an. Der Schuss traf Wiese, und er war sofort tot. Nach Angaben des KD-Leiters war Wiese Mitglied unserer Partei, Parteisekretär. Er wurde vor einigen Wochen zur Zusammenarbeit mit den Freunden vom MfS diesen übergeben.
Am Übergang Brunnenstraße wurde gegen 5.00 Uhr der [Name], wohnhaft Berlin N 54, [Straße, Nr.] von der VP festgenommen. Der Täter ist Rückkehrer und hat in der Brunnenstraße gegenüber 20 dort versammelten Personen hetzerische Äußerungen gegen den Genossen Ulbricht und über die eingeleiteten Maßnahmen gemacht.
Gegen 5.00 Uhr wurde am Übergang Sonnenallee ein Provokateur festgenommen, der mit dem Fahrrad sich dort in der Gegend aufhielt und im Vorbeifahren unsere Volkspolizisten provozierte.
Am Grenzübergang Wollankstraße gab es eine Auseinandersetzung zwischen der Volkspolizei und zwei angetrunkenen Personen, die Westberlin betreten wollten und mit Gewalt daran gehindert werden mussten. Diese Personen wurden vorläufig festgenommen. Vorübergehende Passanten verhielten sich zu diesem Vorkommnis ruhig und enthielten sich jeder Diskussion.
Durch die Freunde wurde bekannt, dass in der Nähe der Stadt Zossen ein sowjetischer Soldat von zwei Personen in Zivil durch Abgabe von drei Schüssen angegriffen worden sein soll. Die Verfolgung der zwei Personen, die sofort durch die Freunde und Angehörigen der Grenzpolizei aufgenommen wurde, verlief ohne Erfolg. Weitere Untersuchungen werden geführt.