Grenzaktionen Westberliner Jugendlicher zu Silvester
29. Dezember 1961
Einzel-Information Nr. 805/61 über geplante Provokationen an der Staatsgrenze in Berlin in der Silvesternacht
Für die Silvesternacht liegen einzelne Hinweise auf geplante provokatorische Aktionen vor allem Westberliner Jugendlicher an der Staatsgrenze West in Berlin vor. Es handelt sich darum, dass Feuerwerks- und auch Sprengkörper an den Grenzsicherungsanlagen entzündet bzw. über die Anlagen geworfen werden sollen, um die Anlagen zu beschädigen. Genaue Angaben über Ort und Zeit der geplanten Provokationen liegen nicht vor.
Nach Mitteilung einer unüberprüften Quelle soll der Westberliner Bezirksbürgermeister Kressmann erklärt haben, er habe davon reden hören, dass in der Silvesternacht an der Grenze handelsübliche Feuerwerkskörper und auch Plastikbomben und ähnliche Sprengmittel mit dem Ziel entzündet werden sollen, der Weltöffentlichkeit zu »beweisen«, dass »die Mauer« durchlöchert werden kann. Brandt wolle diese provokatorischen Aktionen stillschweigend dulden, Kressmann soll dazu erklärt haben, an der Grenze zu seinem Bezirk Kreuzberg werde er derartige Aktionen zu vermeiden trachten und anstelle der Sprengkörper Apfelsinen über die Grenzsicherungsanlagen werfen lassen.
Ein Angehöriger der Stummpolizei,1 der bereits Meldungen lieferte, die sich später bestätigten, teilte mit, für die Silvesternacht würden Banden von Westberliner Jugendlichen mit scharfem Sprengstoff ausgerüstet, um an verschiedenen Stellen die Grenzsicherungsanlagen zu sprengen. Die Stummpolizei solle die Jugendlichen bei diesen Aktionen decken. Diese Mitteilung des Stummpolizisten stammt vom 14.12.1961.
Ein Westberliner Jugendlicher namens [Name], der im Ergebnis von Sicherheitsmaßnahmen gegen Grenzprovokationen auf dem S-Bahnhof Bornholmer Straße festgenommen wurde, teilte während seiner Vernehmung mit, dass er mit anderen Westberliner Jugendlichen in der Silvesternacht Provokationen an der Grenze plante. Er sagte aus, dass die Herstellung von Explosionskörpern vorbereitet wurde, die auf das Gebiet der DDR geschleudert werden sollten. Zusammen mit den anderen Westberliner Jugendlichen sei er von der Westberliner Polizei zu diesen provokatorischen Aktionen angeregt und es sei ihm Unterstützung versprochen worden.
Die Planung provokatorischer Aktionen in der Silvesternacht durch Westberliner Jugendliche geht auch aus einem Brief hervor, den eine namentlich nicht bekannte Jugendliche in Pankow an eine Westberliner Jugendliche aufgab. In dem Brief heißt es, dass die Westberliner Knallfrösche, von denen die Westberliner Jugendliche berichtet habe, bald in Aktion treten mögen.
Im Zusammenhang mit diesen geplanten provokatorischen Aktionen wurde ein noch unbestätigter Hinweis bekannt, dass einige Arbeiterinnen aus dem VEB Glühlampenwerk Berlin in der Silvesternacht beabsichtigen sollen, Grenzposten aufzusuchen, sie abzulenken und das zum Grenzdurchbruch zu benutzen.
(Bezüglich dieser Hinweise auf mögliche provokatorische Aktionen wurden mit den zuständigen Kommandeuren der Bereitschaftspolizei entsprechende Sicherungsmaßnahmen festgelegt.)