Grenzdurchbruch mit einem Autokran (Berlin-Mitte)
3. Oktober 1961
[Einzel-Information] Nr. 615/61 über einen schweren Grenzdurchbruch am KP Heinrich-Heine-Straße
Am 3.10.1961, gegen 5.53 Uhr erfolgte in unmittelbarer Nähe des KP Heinrich-Heine-Straße ein schwerer Grenzdurchbruch mit einem Kranwagen (Typ »Tatra«) des VEB Volksbau Berlin. Das Fahrzeug kam auf der Heinrich-Heine-Straße in Richtung Kontrollpunkt gefahren, bog aber dann vor Erreichen der Balkonsperren in die Dresdner Straße ein. Dort war es zunächst der Beobachtung durch die Sicherungskräfte der VP entzogen. Von der Dresdner Straße aus fuhr das Fahrzeug in das dort befindliche Neubaugelände und durchbrach zwischen dem zweiten und dritten Neubaublock die Grenzsicherungsmauer. Nach dem Durchbruch fuhr das Fahrzeug in überhöhter Geschwindigkeit auf der Heinrich-Heine-Straße in Richtung Westberlin.
Die Durchbruchstelle ist ca. 50 m von der Staatsgrenze entfernt, wobei zu bemerken ist, dass dieser Teil der Heinrich-Heine-Straße nicht mehr besonders durch Straßensperren gesichert ist, da sich der KP und die Balkonsperren bereits vor der Durchbruchstelle befinden.
Die unmittelbar an der Grenze eingesetzten VP-Angehörigen liefen nach Feststellung des Durchbruchs dem Fahrzeug entgegen und eröffneten das Feuer. Nach der Abgabe von 19 Schuss aus der MPi trat bei dem Posten Owm. [Name 1] Ladehemmung auf. Der in der Nähe befindliche Posten Owm. [Name 2] gab ebenfalls fünf Schuss auf den Kranwagen ab, musste aber dann das Feuer einstellen, um Owm. [Name 1] nicht zu gefährden. Dem Fahrzeug gelang es dadurch, nach Westberlin zu entkommen, wobei lediglich noch festgestellt werden konnte, dass die Fenster des Fahrerhauses – offensichtlich durch Schusseinwirkung – zertrümmert waren.
Wie dem MfS bekannt wurde, ist der Kranwagen unmittelbar nach dem Durchbruch von der Stupo in die Oranienstraße eingewiesen worden. Dem Fahrzeug entstiegen drei Personen, von denen bisher nur eine männliche Person identifiziert werden konnte, die als Kraftfahrer beim VEB Volksbau beschäftigt war.
Weitere Untersuchungen werden gegenwärtig noch geführt. Zur Verhinderung weiterer Grenzdurchbrüche in diesem Gebiet wäre es aber unbedingt erforderlich, auf beiden Seiten der Heinrich-Heine-Straße Sicherungsgräben anzulegen.