Grenzvorfälle an der Berliner Mauer (1)
28. Dezember 1961
Einzel-Information Nr. 794/61 über von den Westsektoren Berlins ausgehende Grenzprovokationen
In den vergangenen Wochen hielten die Provokationen von Westberliner Gebiet aus entlang der Staatsgrenze der DDR weiterhin an. Sie gehen nach wie vor von allen Westberliner Sektoren aus, wobei sich in der letzten Zeit die feindlichen Handlungen vom französischen Sektor aus verstärkt haben und sich besonders Angehörige der Westberliner Polizei aktiv an den Provokationen beteiligen.
Neben den provokatorischen Aufforderungen zur Fahnenflucht, Kontaktaufnahmeversuchen und Überwerfen von Gegenständen über die Grenze, wurden unsere Sicherungskräfte aus Waffen, mit Brandflaschen und Steinen beschossen und die Sicherungseinrichtungen durch Zerschneiden der Drähte und Entfernen von Mauersteinen beschädigt und zerstört. Diese schwerwiegenden Provokationen wurden z. T. durch die Besatzer selbst oder mit ihrer Beteiligung durchgeführt, indem sie gegen die Täter nicht einschritten.
Bemerkenswert ist dabei, dass an der Grenze nach allen Sektoren, die meisten Provokationen durch Angehörige der Westberliner Polizei oder unter ihrer Duldung und ihrem Schutz erfolgten.
An der Grenze nach dem amerikanischen Sektor kam es in der letzten Zeit zu folgenden schwerwiegenden Provokationen gegen die Sicherungseinrichtungen und Sicherungskräfte der DDR:
Am 7.12.1961, gegen 22.00 Uhr, wurde in der Heidelbergerstraße (Treptow) die hinter der Grenzmauer befindliche Drahtsicherung von Westberlin aus in einer Länge von ca. 200 m zerschnitten.
Am 4.12.1961, 22.00 Uhr, wurden unsere Posten in der Stallschreiberstraße aus einem auf Westberliner Seite vorbeifahrenden Autor mittels KK-Waffe beschossen.
Am 3.12.1961, gegen 1.00 Uhr, wurde die Sicherungsmauer in der Wilhelmstraße von Westberliner Seite aus auf einer Länge von ca. 20 m bis auf die unteren Platten eingerissen.
Am 16.11.1961, 0.45 Uhr, schossen in der Rudower Chaussee (Altglienicke) Westberliner Rowdys mittels Luftgewehr nach den Lampen unserer Grenzbeleuchtung.
Im Bezirk Potsdam kam es an der Grenze nach dem amerikanischen Sektor in der letzten Zeit zu folgenden schweren Provokationen:
Am 17.12.1961, gegen 13.45 Uhr, versuchten im Bereich von Mahlow fünf Stupo mit Stangen die Spann- und Signaldrähte der Grenzsicherung zu zerstören.
Am 7.12.1961, gegen 17.30 Uhr, versuchten sechs Stupo die Grenzsicherungsanlagen im Bereich Mahlow zu beschädigen.
Am 14.11.1961, gegen 5.30 Uhr, feuerte ein US-Besatzer am Bahnübergang Steinstraße (Steinstücken) zwei Schüsse aus einer MPi auf das im Gebiet der DDR stehende Bahnhofsgebäude. Kurze Zeit später bewarf er gemeinsam mit einem weiteren US-Besatzer das auf dem Gebiet der DDR stehende Bahnwärterhaus mit Steinen und Knüppeln, wodurch mehrere Scheiben zerstört wurden.
Vom englischen Sektor aus wurden neben den bereits in der Information Nr. 771/61 ausführlich mitgeteilten Provokationen noch folgende schwere Provokationen durchgeführt, an denen u. a. auch englische Besatzungsangehörige und Angehörige der Westberliner Polizei beteiligt waren bzw. die mit ihrer Duldung geschahen.
Am 19.12.1961, 13.15 Uhr, wurden unsere Sicherungskräfte in der Clara-Zetkin-Str. von Westberliner Rowdys mit Stahlschrauben und Muttern beworfen.
Am 18.12.1961, gegen 6.30 Uhr, bewarfen fünf englische Soldaten unsere Posten in der Scharnhorststraße.
Am 13.12.1961, 21.15 Uhr, bewarf in der Reinhardtstraße die Besatzung eines englischen SPK unsere Posten mit Steinen.
Am 3.12.1961, 18.30 Uhr, erschien in der Reinhardtstraße ein Überfallwagen der Stupo, dessen Besatzung die Grenzsicherungsanlage beschädigte. Es wurden Steine aus der Mauer gebrochen und in das Wasser geworfen.
Vom französischen Sektor gingen in der letzten Zeit folgende schwerwiegende Provokationen aus:
Am 20.12.1961, 17.00 Uhr, beschädigten Westberliner Bereitschaftspolizisten in der Schwedterstraße die Grenzmauer in einer Länge von 30 m, indem sie zehn eingemauerte Stäbe für Abweiser aus der Mauer ausbrachen.
Gegen 21.00 Uhr des gleichen Tages wurde in der Gleimstraße durch einen Stupo ein Gegenstand über die Leitung der Grenzbeleuchtung geworfen, wodurch ein Kurzschluss entstand und die Grenzbeleuchtung von der Gleimstraße bis Helmut-Just-Brücke ausfiel.
Am 19.12.1961, 13.00 Uhr, wurden die in der Schwedterstraße zu Sicherungsarbeiten eingesetzten Bauarbeiter durch 10 Stupo mit der MPi bedroht und zur zeitweiligen Arbeitseinstellung gezwungen, sodass zur Fortsetzung der Arbeiten NVA-Angehörige eingesetzt werden mussten.
Am 13.12.1961, gegen 20.30 Uhr, wurden unsere Sicherungskräfte in der Schulzestraße (Pankow) von Westberlin aus mit drei Brandflaschen beworfen.
Auf dem Bahnhof Bornholmerstraße wurden am gleichen Tage gegen 20.35 Uhr aus dem aus Richtung Gesundbrunnen einfahrenden S-Bahnzug zwei Brandflaschen auf den Bahnsteig geworfen.
Am 12.12.1961, 22.20 Uhr, wurde auf dem Bahnhof Bornholmerstraße aus einem von Westberlin kommenden S-Bahnzug eine mit Benzin gefüllte brennende Flasche geworfen, die in den Warteraum des Bahnhofes fiel und dort einen Brand verursachte.
Am 8.12.1961, 22.20 Uhr, zogen in der Eberswalder- und Gleimstraße Gruppen Westberliner Jugendlicher an der Grenze entlang und warfen Fackeln und andere brennende Gegenstände auf unser Territorium. Die Stupo unterstützte die Rowdys und warf fünf Gaskörper auf unser Gebiet.
Am 6.12., 2.30 Uhr, wurden in der Nähe der Klemkestraße durch drei Westberliner Bereitschaftspolizisten mehrere Steine aus der Sicherungsmauer herausgebrochen.
Am 1.12.1961, 23.00 Uhr, beschädigten vier Stupo die Grenzmauer in der Kopenhagener Straße. Es entstand eine Lücke von 1 m Länge und 75 cm Breite.