Kritik des albanischen Frauenbundes am DFD
18. November 1961
Einzel-Information Nr. 718/61 über ein Telegramm des albanischen Frauenbundes an den DFD und Versuche der Beeinflussung von DDR-Bürgern vonseiten Albaniens
Aus Anlass des Gründungstages des albanischen Frauenbundes sandte der Bundesvorstand des DFD ein Telegramm, in dem die Verdienste der albanischen Frauen im Kampf gegen den Faschismus sowie ihr heutiger Kampf im Geiste des proletarischen Internationalismus und der Freundschaft zur Sowjetunion gewürdigt wurden. Gleichzeitig heißt es darin, der DFD bedaure zutiefst, dass der albanische Frauenbund »unter dem Einfluss der kleinbürgerlich-nationalistischen Politik der gegenwärtigen Führer Albaniens von diesen Prinzipien abgewichen ist«. (Das Telegramm wurde am 4.11.1961 aufgegeben.)
In einem Antwortfernschreiben vom 15.11.1961 bezeichnete die Führung des albanischen Frauenbundes dieses Telegramm als eine »niederträchtige Provokation«. In dem Fernschreiben, das uns zur Kenntnis gelangte, wird der DFD des Versuchs bezichtigt, zu einem konterrevolutionären Putsch in Albanien aufzurufen, und es wird erklärt, dass sich die Verfasser des Telegramms des DFD »die opportunistischen Ansichten der heutigen Führer der DDR« zu eigen gemacht und sich auf den Standpunkt der imperialistischen Reaktion gestellt hätten. Dem DFD wird vorgeworfen, dass keine Vertreter des albanischen Frauenbundes zur Berliner Konferenz der Frauen Europas für die friedliche Lösung der deutschen Frage eingeladen wurden, und gleichzeitig wird betont, dass die Frauen Albaniens an der Seite der Frauen der DDR im Kampf um den baldigen Abschluss eines deutschen Friedensvertrags und die Regelung der Westberlin-Frage stehen.
Dazu wird bekannt, dass in der jüngsten Zeit eine Reihe ähnlicher Schreiben von Albanien an Persönlichkeiten und Organisationen der DDR gesandt wurden, die bisher mit Albanien in Verbindung standen. Es wurde ebenfalls bekannt, dass die albanische Botschaft in Berlin Bürger der DDR zu beeinflussen versucht. So wurde kürzlich ein Bürger der DDR bei einem Besuch in der Botschaft in ein Gespräch mit dem albanischen Presseattaché über den XXII. Parteitag der KPdSU verwickelt.1 Der Attaché versuchte dabei, die Politik der Albanischen Partei der Arbeit zu rechtfertigen und erklärte dazu, die »kleine Gruppe um Chruschtschow« könne sich »nicht ewig halten«. Auf albanischer Seite sei man fest davon überzeugt, dass »die alte Freundschaft mit der DDR und der UdSSR wiedererstehen wird«.
Dem Besucher wurden in der Botschaft mehrere Materialien mit der Bitte zur Verfügung gestellt, sie in der DDR weiterzugeben. Es handelt sich dabei neben Veröffentlichungen über die albanische Landwirtschaft und den albanischen Außenhandel vor allem um den Wortlaut der Rede Hodschas auf dem IV. Parteitag der Albanischen Partei der Arbeit,2 eine Erklärung des Zentralkomitees dieser Partei zu den Äußerungen Chruschtschows über Albanien auf dem XXII. Parteitag der KPdSU3 und eine weitere Erklärung zur Frage des Abschlusses eines deutschen Friedensvertrags. (Da die Gefahr besteht, dass von Albanien bzw. vonseiten der albanischen Botschaft in der DDR weitere Schriften ähnlichen Inhalts in die DDR gesandt werden, wird gebeten zu entscheiden, ob derartige Dinge mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln unterbunden werden sollen.)