Meinungen zur verhinderten PEN-Tagung in Hamburg
2. Januar 1961
Einzel-Information Nr. 4/61 über das Verhalten Hamburger PEN-Mitglieder nach der verhinderten PEN-Tagung
Dem MfS liegen zuverlässige Informationen vor, aus denen Einzelheiten über die Reaktion und das weitere Verhalten verschiedener Hamburger Schriftsteller und PEN-Mitglieder nach der verhinderten PEN-Tagung in Hamburg und den damit in Zusammenhang stehenden Vorkommnisxsen ersichtlich sind.1
So wurden zwar das Einschreiten des Polizeisenators und die Begleitumstände, die zu dieser Aktion führten, im Wesentlichen einmütig verurteilt und auch entsprechende Beschwerde bei der Senatskanzlei in Hamburg eingelegt und Untersuchungen in dieser Angelegenheit gefordert, aber »man müsse sich hüten, den dadurch möglich gewordenen ›propagandistischen Erfolg für die SED‹ auch zu einem Erfolg für den PEN umzumünzen, wie es von bestimmten Kreisen (Frau Kretzschmar2 und ihren Anhängern) offensichtlich versucht wird. Im Gegenteil müsse man aufgrund einiger Andeutungen sogar mit einer evtl. Isolierung rechnen.« Zum Beispiel trägt man sich mit dem Gedanken, geschlossen auszutreten bzw. sich durch sehr reserviertes Verhalten die Hände freizuhalten.
Als maßgebliche Ursache für diese Resignation wird auch besonders noch das diktatorische Verhalten der Kretzschmar angeführt und festgestellt, dass sämtliche westdeutschen Mitglieder des PEN in starkem Maße erbittert seien, weil ihre Meinung bei allen entscheidenden Fragen von der Kretzschmar ignoriert würde. Ebenso nehmen sie die Einseitigkeit der Plakate (nur Schriftsteller aus der DDR) mit zum Anlass ihrer Resignation.
Die neuesten Versuche der CDU in Hamburg, durch ihren Abgeordneten Bucerius und dessen Blatt »Die Zeit« abermals die PEN-Mitglieder aus dem »Osten« nach Hamburg einzuladen, werden von den westdeutschen Mitgliedern als taktischer Versuch eingeschätzt, die »Ostmitglieder« in formale Fehler zu verstricken, um eine Handhabe für einen evtl. Ausschluss dieser Kreise aus dem internationalen PEN zu konstruieren.
Die Annahme dieser Einladung habe bei ihnen großes Befremden ausgelöst, weil sie erwartet hätten, dass man sie vorher in dieser Angelegenheit zumindest konsultiert, zumal sich das Mitgliedergremium gegen solche oder ähnliche zukünftige Zusammentreffen in Hamburg, als mit der Würde des PEN nicht zu vereinbaren, wandte. Durch diese Handlungsweise seien sie erneut in ihrer Ansicht bestärkt worden, dass man sie bei entscheidenden Fragen zu übergehen versucht.