Probleme beim Export von Energieanlagen nach China
17. Oktober 1961
Einzel-Information Nr. 648/61 über die Auswirkungen von Entscheidungen des Volkswirtschaftsrates und der VVB Energiemaschinen im Industriezweig Energiemaschinenbau
Nach vorliegenden Hinweisen wurde die VVB Energiemaschinenbau im August 1961 von den Organen des Außenhandels darüber informiert, dass die VR China die in der DDR bestellten Kraftwerksanlagen nicht abnimmt und deshalb die dafür vorgesehenen Exportaufträge in den entsprechenden Betrieben der VVB annulliert werden müssen.
Die VVB entschloss sich, die Produktion in den VEB vorerst zu stoppen, weil die für die VR China vorgesehenen Anlagen nur zu einem geringen Teil in der DDR Verwendung finden können. Ohne Informierung des Volkswirtschaftsrates traf die VVB von sich aus mit den betroffenen VEB folgende Vereinbarung:
- 1.
In den Betrieben, wo durch einen Fertigungsstopp keine Schwierigkeiten zu erwarten sind, sollte die für die VR China vorgesehene Produktion sofort eingestellt werden.
- 2.
In den Betrieben, wo es durch Einstellung der China-Produktion zu Schwierigkeiten und Nichtauslastung der Kapazität kommen würde, sollte weiter wie bisher produziert werden. Dies betrifft vor allem Betriebe, die solche Teile wie Turbinen und Generatoren herstellen, die auch für den DDR-Bedarf geeignet sind.
Im VEB Bergmann-Borsig Berlin, wo über die Hälfte der Kapazität mit China-Aufträgen ausgelastet ist, gab es über den Beschluss der VVB jedoch offensichtlich keine Klarheit. Dieser Betrieb informierte die SED-Bezirksleitung, dass es durch die Einstellung der Produktion im Betrieb zu größeren Schwierigkeiten kommen würde und die Arbeitskräfte nicht mehr voll beschäftigt werden könnten.
Diese Situation ist aber offensichtlich auch mit auf Unstimmigkeiten im Volkswirtschaftsrat zurückzuführen. Der Leiter der HA Maschinenbau des VWR, Genosse Schomburg, der ebenfalls davon Kenntnis hatte, dass die VR China die bestellten Kraftwerksanlagen nicht abnimmt, setzte sich zur Klärung dieser Angelegenheit nicht mit der VVB in Verbindung. Jetzt verhält sich der Genosse Schomburg jedoch so, als hätte er überhaupt keine Kenntnis von diesen Vorgängen gehabt, obwohl er u. a. anlässlich eines Gespräches vom Hauptdirektor der VVB Energiemaschinenbau, Genosse Dumke, selbst die Aktennotiz erhielt, aus der hervorging, dass er über diese Probleme informiert worden ist. Nach Beendigung des Gespräches hatte Genosse Dumke Schwierigkeiten, den Aktenvermerk wieder zurückzubekommen.
Aufgrund dieser Vorgänge stößt die jetzt getroffene Entscheidung des Volkswirtschaftsrates, die von der VVB verfügte teilweise Einstellung der Produktion wieder aufzuheben, obwohl die Anlagen der China-Produktion nur zu einem geringen Teil in der DDR Verwendung finden können, auf Unverständnis.
In diesem Zusammenhang wird bemerkt, dass bereits jetzt in den VEB Rohrleitungs- und Apparatebau, Finow, Vorwärmer- und Kesselbau, Köthen und Dampfkesselbau, Hohenthurm, hochwertige Teile dieser Produktion lagern würden, ohne dass dafür entsprechende Verwendungsmöglichkeiten vorhanden wären. In Anbetracht dieser Lage würden durch den Beschluss des Volkswirtschaftsrates diese Bestände noch weiter anwachsen.