Situation in den Außenhandelsorganen
12. April 1961
Bericht Nr. 191/61 über einige Missstände und Schwächen in der Tätigkeit des Ministeriums für Außenhandel und Innerdeutschen Handel (MAI) und der ihm unterstellten Außenhandelsorgane
Aus einigen vom MfS abgeschlossenen Untersuchungsvorgängen und aus verschiedenen anderen dem MfS vorliegenden Materialien und Hinweisen geht übereinstimmend hervor, dass die Tätigkeit des MAI eine Reihe ernsthafter Schwächen aufweist, die sich auf die gesamte Außenhandelstätigkeit der DDR schädlich auswirken und die neben beträchtlichen finanziellen Verlusten zum Teil auch politischen Schaden verursachen.
Im nachfolgenden Bericht soll auf die wesentlichsten hemmenden Erscheinungen hingewiesen werden, die unbedingt einer Veränderung bedürfen, ohne in jedem Falle auf alle Einzelheiten und Zusammenhänge einzugehen.
In immer wiederkehrenden Fällen handelt es sich dabei vor allem um:
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Duldung und teilweise direkte Sanktionierung von Verletzungen des staatlichen Außenhandelsmonopols und damit indirekte Förderung des kapitalistischen Einflusses im Handelsgeschehen,
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Vertragsabschlüsse zum Schaden der DDR.
So wurden die gesetzlichen Bestimmungen über das staatliche Außenhandelsmonopol der DDR ständig mit Duldung und zum Teil mit Zustimmung der staatlichen Außenhandelsunternehmen durch die westdeutschen und ausländischen Konzerne und ihre Vertreter durchbrochen. Das führte dazu, dass die Konzerne unmittelbar auf bestimmte Industriezweige der Volkswirtschaft der DDR durch die verschiedensten Methoden Einfluss nehmen konnten. So gelang es dem Didier-Konzern, die Steigerung der Produktion der Feuerfest-Industrie der DDR über einen bestimmten Zeitraum zu hemmen und die Stahl-, die Glas-, die Gas- sowie die Erzeugung von Massenbedarfsartikeln wie Fernsehkolben von Importen aus Westdeutschland abhängig zu machen. Vom VEB PKM Kohleveredlung Leipzig mussten zeitweise sogar bis zu 3 000 Ingenieure und Facharbeiter des Gasofenbaues wegen Nichtauslastung der Kapazität zugunsten des Didier-Konzerns entlassen werden. Gleichzeitig verschafften sich die Konzerne durch Anlegen von Karteien einen Überblick über die Kader der volkseigenen Industrie sowie der Projektierung und Konstruktionsbüros, der Binnen- und Außenhandelsorgane auf die sie durch verschiedene Mittel versuchten, ideologischen Einfluss zu nehmen, diese auf Erzeugnisse der kapitalistischen Industrie zu orientieren und eine eigene Entwicklung und Produktion in der DDR sowie den Austausch mit den RGW-Ländern zu verhindern.
Durch das MAI wird nichts Entscheidendes unternommen, um den Konzerneinfluss auf den Außenhandel und Projektierungs-, Konstruktions- und Produktionsbetriebe der volkseigenen Wirtschaft zurückzudrängen, sodass die kapitalistischen Handelsvertreter zzt. noch sämtliche Handelsmethoden, wie sie im Kapitalismus üblich sind, in der DDR in Anwendung bringen. Insbesondere handelt es sich dabei um Konzernpropaganda in breitestem Umfange durch Vorträge, Verteilung von Zeitschriften und Prospekten, Gespräche, Betriebsbesichtigungen und verschiedene Arten der Gewährung materieller Vorteile. Bezeichnend dabei ist, dass das MAI selbst nicht mehr in der Lage ist, festzustellen, welche und wie viele Konzernvertreter sich zzt. in der DDR unter Umgehung des staatlichen Außenhandelsmonopols aufhalten.
So haben z. B. bis zum Jahre 1960 leitende Mitarbeiter, darunter Direktoren und Kontorleiter des DIA Maschinenexport, Vertretern westlicher Firmen Bescheinigungen oder Bestätigungen ausgestellt bzw. mündliche Genehmigungen erteilt, die besagten, dass bestimmte Vertreter das Vertrauen der Außenhandelsorgane besitzen und berechtigt sind, Verbindungen mit VVB und VEB der Textilindustrie aufzunehmen, weil sie angeblich in der Vergangenheit ständig im Interesse des DIA gearbeitet hätten. Bei der Ausstellung derartiger Bescheinigungen bzw. Genehmigungen wird außer Acht gelassen, dass es sich um Vertreter westdeutscher Firmen handelt, deren Provisionen von der Höhe der jeweiligen Importe und der von ihnen im Interesse der Firma erreichten Vertragspreise abhängen. Zahlreiche Feststellungen, wie sie insbesondere in der letzten Zeit wieder getroffen wurden, beweisen, dass durch die Verbindungsaufnahme der Westvertreter zu VVB und VEB großer materieller Schaden für die Volkswirtschaft entsteht. Die Vertreter nutzen derartige »legale« Verbindungen dazu aus, Mitarbeiter der Betriebe und Institute zu korrumpieren und von ihnen Informationen über den Importbedarf der jeweiligen Industriezweige zu erhalten.
Eine wesentliche Methode ist dabei die Unterhaltung ingenieurtechnischer und kaufmännischer Vertretungen in der DDR durch fast sämtliche westdeutschen Konzerne, zum Beispiel durch den Didier-Konzern in Halle (Babben), durch Hartmann & Braun in Leipzig und Erfurt und durch verschiedene größere Textilmaschinenwerke der Westzone. Diese Büros und der Vertreter halten unmittelbaren Kontakt zu den leitenden und ingenieurtechnischen Kadern der entsprechenden Branchen der volkseigenen Betriebe, die vor oder nach 1945 Maschinen und Ausrüstungen von westdeutschen Konzernen erhalten haben.
Unter Ausnutzung dieser Verbindungen betreiben die Vertreter Propaganda über die angebliche Überlegenheit der kapitalistischen Industrie und verüben Werkspionage. So hat z. B. der Vertreter verschiedener großer Textilmaschinenwerke, [Name 1], in der Nähe von Leipzig ein derartiges Büro unterhalten. Von dort aus schuf er sich in der Zeit von 1952 bis 1960 Stützpunkte in allen VVB, VEB und Instituten der Textilindustrie. Durch Anwendung der verschiedensten Methoden, insbesondere der Korruption, verschaffte er sich einen lückenlosen Überblick über die Textilindustrie der DDR, deren Produktionspläne, Investvorhaben, Importjahrespläne und Importperspektivpläne. Aufgrund seiner Kenntnisse konnte er z. B. den Importbedarf er DDR vorzeitiger als es dem Außenhandel bekannt war, an die von ihm vertretenen Werke liefern. Die Werke waren dadurch in der Lage, Maßnahmen zur Ausschaltung der Konkurrenz einzuleiten und dem Deutschen Innen- und Außenhandel die Preise ihrer Maschinen mit teilweise bis zu 20 %igen Aufschlag zu diktieren.
Diese Beispiele sind keine Einzelerscheinungen und könnten fortgesetzt werden, z. B. dass unter Ausnutzung systematischer Reisetätigkeit ingenieurtechnischer und kaufmännischer Vertreter von Westberlin und Westdeutschland aus, durch Fachvorträge im Rahmen der Kammer der Technik, durch Verbreitung vielfältigster Fachzeitschriften, durch systematische Bestechung und durch Organisierung von Konzern- und Betriebsbesichtigungen und Konzerntagungen in WD und andere Methoden versucht wurde, die kapitalistische Handelspraxis durchzusetzen, die Vertreter der DDR von der »Überlegenheit des Kapitalismus« zu überzeugen und auf dieser Grundlage für sich vorteilhafte Vertragsabschlüsse zu erreichen, was in einer Vielzahl von Fällen – wie die später folgenden Beispiele eindeutig bestätigen – gelang.
Eine der hauptsächlichsten Erscheinungen, die diese Manipulationen ermöglichen, ist die ungenügende Koordinierung auf den verschiedensten Gebieten der Handelspraxis in der DDR. Das betrifft vor allem die ungenügende Koordinierung mit den Bedarfsträgern. In den VVB und VEB der Textilindustrie der DDR liegen z. B. keine konkreten Unterlagen (wie technische Daten und Spezifikationen) der von der volkseigenen Industrie und anderen sozialistischen Ländern produzierten Textilmaschinen vor. Dadurch entwickelte sich bei den Leitern und verantwortlichen Investbearbeitern die Tendenz, sich auf die Produktion von Westdeutschland und anderen kapitalistischen Ländern zu orientieren.
Der Verkaufsdirektor Lohde vom DIA Transportmaschinen gab einer finnischen Werft, die Aufträge für die SU durchführt, feste Lieferzusagen in Schiffsmotoren, ohne vorher die Zustimmung des Lieferwerkes erhalten zu haben. Durch Sonderwünsche der finnischen Schiffswerft ist der Produktionsbetrieb gezwungen, einige Konstruktionsveränderungen durchzuführen. Außerdem muss eine westdeutsche Firma als Unterlieferant eingeschaltet werden, wodurch die Motoren erst acht Monate später, als im Vertrag festgelegt, geliefert werden können. Das hat zur Folge, dass erstens aufgrund der Bedingungen des Vertrages eine Konventionalstrafe von 36 000 US-$ gezahlt werden muss und zweitens darüber hinaus auftretender Schadenersatz zu leisten ist. Hinzu kommt noch, dass das Ansehen der Deutschen Demokratischen Republik in Finnland diskriminiert wird, da das gesamte Schiffsbauprogramm der betreffenden Werft eine Störung erfährt und die Schiffe nur mit erheblicher Verspätung an die Sowjetunion übergeben werden können. Außerdem gefährdet diese Situation zukünftige Motorenlieferungen der DDR nach Finnland.
Ungenügende Koordinierung besteht auch innerhalb der Außenhandelsorgane. So erhält die HPA des DIA Maschinenexport ständig Unterlagen, die für den Import wichtig sind, die aber an die Importbearbeiter nicht herausgegeben werden.
In Anbetracht der nicht genügenden Koordinierung des Exports mit dem Import kommt es vor, dass Erzeugnisse der DDR zu einem unter dem Weltmarktpreis liegenden Preis an ein- und dasselbe Unternehmen verkauft werden, während der Einkauf von diesen Unternehmen zu einem weit darüberliegenden Preis geschieht. So verkaufte ein englisches kapitalistisches Unternehmen an die DDR Erzeugnisse zu einem Preis der acht bis zehn US-$ über dem Weltmarktpreis lag, während auf der anderen Seite seine Bestrebungen dahin gingen, das von der DDR exportierte Roheisen bis zu zehn US-$ unter dem Weltmarktpreis zu erhalten.
Durch ungenügende Koordinierung der Außenhandelsorgane mit den Binnenhandelsorganen konnte es sogar vorkommen, dass vom DIA Maschinenexport und vom AHU DSM Maschinen und Rohstoffe nach dem kapitalistischen Wirtschaftsgebiet ausgeführt und gleichartige Maschinen und Rohstoffe teurer aus Westdeutschland und anderen NATO-Staaten eingekauft worden sind.
Außerdem wurden in der Vergangenheit Lizenzverträge von Seiten des Außenhandels mit kapitalistischen Firmen abgeschlossen, die keinen oder nur sehr geringen Nutzen für die DDR brachten. So wurde z. B. ein Vertrag über den Lizenzbau von Tonfrequenzrundsteuerrelais über eine Zeit von zehn Jahren mit der französischen Firma CdC abgeschlossen, wofür die DDR 10 US-$ Millionen zahlen muss. Dieser Betrag ist laut Festlegung des Vertrages auch zu entrichten, wenn diese Relais nicht produziert werden. Obwohl von Experten festgestellt wurde, dass der Lizenzbau der Relais keinen volkswirtschaftlichen Nutzen bringt, kann von dem Vertrag nicht zurückgetreten werden, da er keine konkreten Garantien oder Rücktrittsrechte im Falle der Unwirtschaftlichkeit enthält.
Neben der oft mangelhaften Koordinierung erscheint es auch ungünstig, wenn in keiner gesetzlichen Bestimmung – so auch nicht in der Anordnung über die Verfahrensregelung für den Import vom 24.1.1958 – ganz klar gesagt wird, dass die Einholung von Angeboten und Führung von Verhandlungen ausschließlich von den Außenhandelsunternehmen erfolgen darf und dass dies den Bestellern – das heißt den VVB und VEB – verboten ist.
Das führte dazu, dass z. B. Projektierungs- und andere Betriebe der DDR sich für die Projektierung neuer Industriebetriebe, für Ausrüstung, Umstellung u. a. produktionstechnischer Maßnahmen, Informationen, Prospekte, Spezifikationen, technische Daten usw. bei den westdeutschen bzw. ausländischen kapitalistischen Unternehmen einholten und diese Unterlagen dazu benutzten, bestimmte Maschinen in die von ihnen erarbeiteten Projekte einzubauen, sodass die Ausführung des Projektes von der Einfuhr dieser Maschinen abhängig wurde. Dadurch war es den kapitalistischen Unternehmen möglich, bei den Verhandlungen mit den Außenhandelsorganen die Preise zu ihren Vorteilen zu gestalten und sich günstigste Vertragsbedingungen auszuhandeln. So erhielten westdeutsche kapitalistische Unternehmen von dem Institut für Textilindustrie der DDR in Leipzig Einblick in die Perspektivpläne, sodass sie wussten, wann bestimmte Maschinen in Projekte aufgenommen worden sind und dass die Ausführung dieser Projekte von der Einfuhr dieser Maschinen abhängig war. Auf diese Weise war es ihnen möglich, Einfluss auf die Abschlüsse der Verträge auszuüben.
Auch auf dem Gebiet der Vertragsabschlüsse selbst gibt es eine Reihe Erscheinungen, wo Verträge mit Benachteiligung der DDR abgeschlossen werden oder oft in leichtfertiger Weise auf bestimmte Garantien, Klauseln, Vergünstigungen usw. verzichtet wird. Wie zahlreiche Beispiele beweisen, liegen dieser Haltung – abgesehen von korrupten Elementen – oft Unkenntnis bestimmter Handelsgepflogenheiten (Liefer- und Garantieklauseln, Rabattvergünstigungen) aber auch offensichtliche Versäumnisse auf dem Gebiet der Preisforschung- und Preiskontrolle zu Grunde.
Außerdem zeigt diese Haltung, dass bei vielen Mitarbeitern nicht die notwendige politische Klarheit und der unbedingte Wille, so günstig wie möglich zum Nutzen der DDR Verträge abzuschließen, vorhanden ist.
Allein in drei vom MfS untersuchten Vorgängen führten die oben angeführten Mängel zur Vergeudung von Devisen in einem Größenverhältnis von mehreren Millionen Schweizer Franken und anderen kapitalistischen Währungen.
In der DIA-Fachanstalt Nahrung und Genuss wurden vonseiten des Kontors Südfrüchte ständig Importe zu stark überhöhten Preisen eingeführt. Diese Überhöhung der Preise war möglich, weil die Abteilung Märkte und Preise einen ungenügenden Überblick über die Preisentwicklung verschiedener Südfrüchte in bestimmten Zeiträumen hatte. Vonseiten dieser Abteilung wurde an den Börsen der kapitalistischen Länder keine Preisforschung durchgeführt und entsprechende Unterlagen der kapitalistischen Wirtschaft ausgewertet. Weiterhin bestand keine Zusammenarbeit zwischen dieser Abteilung und dem Institut für Marktforschung. Durch diese ungenügende Preisforschung gelang es einer Reihe von Mitarbeitern, im Interesse kapitalistischer Firmen Verträge mit stark überhöhten Preisen abzuschließen.
Von anderer Seite wird versucht, Preisinformationen mit solchen Methoden zu beschaffen, die den Vertretern kapitalistischer Firmen die Möglichkeit geben, für sie besonders günstige Preise zu benennen, bzw. Desinformationen zu geben oder Absprachen mit den Konkurrenzfirmen herbeizuführen, um gemeinsam hohe Preise festzulegen. Z. B. wurden durch das Kontor Südfrüchte direkt von kapitalistischen Firmen Preisinformationen auch über andere kapitalistische Firmen der gleichen Branche eingeholt, was diese Firmen zu entsprechenden Preismanipulationen ausnutzen konnten. Außerdem wurden von Seiten dieses Kontors die Informationen über Importabschlüsse anderer sozialistischer Länder, insbesondere der Sowjetunion, auf den gleichen Gebieten nicht ausgewertet, wodurch es verschiedenen Mitarbeitern möglich war, weit höhere Preise in die Verträge aufzunehmen.
Obwohl die vorgesetzten Kontorleiter und Säulendirektoren sowie die Abteilung Märkte und Preise durch Gegenzeichnung der einzelnen Verträge für die Kontrolle der festgelegten Preise verantwortlich waren, wurden jahrelang ständig überhöhte Preise vonseiten bestimmter Einkäufer eingesetzt.
Vom DIA WMW-Export wurden in den vergangenen Jahren ständig Textilmaschinen von den verschiedensten westdeutschen Firmen mit stark überhöhten Preisen importiert.
Die in diesem DIA bestehende Abteilung Märkte und Preise hatte ebenfalls ungenügende Kenntnis über die zur jeweiligen Zeit vorhandenen realen Weltmarktpreise. Der zuständige Einkäufer für Textilmaschinen konnte jahrelang ohne Einholung von Angeboten von Konkurrenzfirmen Preise zum Vorteil westdeutscher Werke festsetzen, die teilweise bis zu 15 % höher lagen, als diese Werke für ihre Erzeugnisse von anderen kapitalistischen Ländern erhielten. Vonseiten der Vorgesetzten sowie der Abteilung Märkte und Preise wurde diese Preisfestsetzung nicht kontrolliert.
Von der Leitung der Deutschen Stahl- und Metallhandelsgesellschaft (DSM) wurde bei der Realisierung des Außenhandelsplanes die Methode der »Verteilung« der Importquoten auf die einzelnen Westfirmen angewandt, die ohne Rücksicht auf die später evtl. veränderten handelspolitischen Gesichtspunkte sowie der Marktlage, dem einzelnen Einkäufer vorschreibt, welche Importquoten auf die einzelnen kapitalistischen Unternehmen entfallen. Da die Quoten dann auch den kapitalistischen Unternehmen bekannt wurden, wurde es aufgrund der von ihnen abgegebenen einheitlichen Angebote unmöglich, die günstigsten Preise herauszuholen.
Bei der Methode der »Verteilung« wurden in besonderem Maße westdeutsche Konzernunternehmen berücksichtigt. So erfolgten beispielsweise bei Schwierigkeiten zur Erlangung der Ausfuhrgenehmigung, die von der Adenauer-Regierung bereitet wurden, die Stahllieferungen der westdeutschen kapitalistischen Unternehmen über andere kapitalistische Länder, obwohl die Bezahlung in harten Devisen erfolgte, sodass damit die Möglichkeit bestand, diese Waren entweder direkt aus anderen kapitalistischen Ländern wie England einzuführen, um sich so günstige Voraussetzungen für Exporte zu schaffen, oder die Einfuhr dieser Waren aus diesen kapitalistischen Ländern den westdeutschen Konzernen zumindest anzudrohen, um sie zur Ausübung eines Druckes auf die Adenauer-Regierung zu veranlassen und auf diese Weise die Politik der Regierung der DDR zu unterstützen.
Ernsthafte Schwächen des Außenhandels zeigten sich auch in der internationalen Zusammenarbeit bei gemeinsamen Schwerpunktprojekten der sozialistischen Länder. Z. B. bemühten sich beim Bau des Schilf-Zellstoff-Kombinats Braila/Rumänische Volksrepublik MAI und DIA ungenügend darum, die mit den anderen Ländern gemeinsam festgelegten Termine für den Bau dieses Projektes einzuhalten. Die Angebote des Außenhandelsunternehmens waren oftmals unkonkret. Gegenüber dem ursprünglichen Voranschlag trat eine Verteuerung der DDR-Lieferungen ein. Einige Angebote des DIA Invest-Import waren preislich unreal und mussten nach Einholung von Konkurrenzangeboten der rumänischen Volksrepublik im kapitalistischen Ausland um 40–50 % im Preis gesenkt werden. Bei der Errichtung der zweiten Ausbaustufe dieses Projektes wurden in Abkommen einige Klauseln aufgenommen, wonach die DDR Maschinen und Ausrüstungen zu liefern hat, die dem neuesten Stand der Welttechnik entsprechen müssen. Dadurch hat sich die DDR praktisch vertraglich verpflichtet, aus Westdeutschland bzw. dem kapitalistischen Ausland Maschinen für die rumänische Volksrepublik einzukaufen. Der Umfang der dazu notwendigen Devisen ist noch nicht abzusehen und wird die bereits angespannte Devisenlage noch zusätzlich belasten.
In weiteren Fällen wurden Verträge unvollständig formuliert und entsprechende Sicherungen und Garantien im Interesse der DDR vielfach nicht aufgenommen. So sind z. B. bei den Verträgen, die von Seiten des DIA Maschinenexport abgeschlossen wurden, in den seltensten Fällen die konkreten technischen Anforderungen enthalten, die man an die einzelnen Maschinen von Seiten der volkseigenen Betriebe stellt. Auch werden keine Funktionsproben und Abnahmen über die ordnungsgemäße Aufstellung der Maschinen vertraglich festgelegt. Die Garantiezeiten werden schematisch eingetragen, ohne zu berücksichtigen, dass die Maschinen teilweise noch längere Zeit lagern. Auch wird dem Drängen der kapitalistischen Unternehmen nachgegeben, die gesetzlich festgelegte Garantiezeit von sechs Monaten zu verkürzen. Diese Verkürzung der Garantiezeiten wurde besonders bei Maschinen festgestellt, die an VEB geliefert wurden, die dreischichtig arbeiten.
Von der Firma Henriksen, Kopenhagen z. B. wurde eine Färbereimaschine für den VEB Garnveredlungswerk Sehma geliefert. Obwohl es feststand, dass die Maschine aufgrund besonderer Umstände erst ein Jahr später aufgestellt werden kann, wurde eine sechsmonatige Garantiezeit im Vertrag festgehalten. Nach Aufstellung der Maschine ergaben sich eine Reihe technischer Unzulänglichkeiten, die aufgrund der verflossenen Garantiezeit nur mit großen Schwierigkeiten beseitig werden konnten. Im Vertrag hätte festgelegt werden müssen, dass die Garantiezeit von der ersten Funktionsprobe an in Kraft tritt.
Von dem DIA Maschinenexport wurde ein Färbe-Foulard von der westdeutschen Firma Benteler für den VEB Gardinenfabrik Plauen geliefert. Die Maschine sollte spezielle Färbungen auf der ganzen Breite der Gewebe durchführen. Im Vertrag waren jedoch keinerlei konkrete Forderungen für die Funktionstüchtigkeit für die Maschine festgelegt. Aus diesem Grunde konnte nach der Feststellung, dass die Maschine die Forderungen in keiner Weise erfüllt, nichts unternommen werden, um die Benteler-Werke regresspflichtig zu machen.
In der Vergangenheit wurden beim DIA Nahrung häufig keine genauen Qualitätsfestlegungen in die Verträge aufgenommen. Dadurch lieferten kapitalistische Handelsfirmen mangelhafte Südfrüchte wie Apfelsinen, Bananen u. Ä., ohne dass sie regresspflichtig gemacht werden konnten. Weitere Beispiele, auch aus anderen Außenhandelszweigen, liegen vor.
Verschiedentlich wurde in den Verträgen keine Regelung von Transportfragen getroffen. Obwohl es möglich wäre, sämtliche Transporte aus Westdeutschland von dem VEB Deutrans durchführen zu lassen, wird diesem Transportproblem keine Beachtung geschenkt, sodass die westdeutschen Firmen Transporteure oder die Bundesbahn mit dem Transport beauftragen, wodurch erhebliche Devisenverluste für die DDR eintreten.
Ebenfalls vom DIA Nahrung wurde bei der Abwicklung der Importgeschäfte zum Teil jahrelang keine Kontrolle über die Einhaltung der vertraglich festgelegten Liefertermine vorgenommen. Außerdem wurden keine ordnungsgemäßen Analysen über die gelieferten Qualitäten angefertigt. Berechtigte Reklamationen des Binnenhandels wurden nicht oder schleppend bearbeitet, sodass die Garantiezeiten überschritten wurden und keine Regressansprüche geltend gemacht werden konnten.
Typisch für die Nichtinanspruchnahme verschiedenster Rabatte sind einige Vertragsabschlüsse mit der Schweizer Firma Steiner. So schloss der DIA WMW im Jahre 1959 einen Vertrag über zehn Sechsspindel-Drehautomaten Cyromatie STA 25 der Schweizer Firma Tavannes mit dem Handelsunternehmer Steiner, Schweiz, zu einem Preis von 125 000 sfrs pro Automat ab, bei einer Abnahme von zwei Automaten pro Jahr. In diesem konkreten Falle hätte der DIA WMW einen Mengenrabatt von 15 Prozent (zehn Prozent auf Kosten von Provisionen von Steiner und fünf Prozent von Tavannes), das sind 175 000 sfrs, erzielen können, wozu die Schweizer Firmen bereit waren, was aber vom DIA WMW nicht wahrgenommen wurde. Durch entsprechende Klauseln im Vertrag hätte die Möglichkeit eines Rücktritts vereinbart werden können, da der Gesamt-Mengenrabatt erst bei Lieferung der letzten beiden Maschinen in Anrechnung gebracht wird.
Ebenfalls im Jahre 1959 verkaufte die Schweizer Firma Steiner Werkzeugmaschinen als Messeexponate in Höhe von 1,8 Mio. sfrs in Leipzig an DIA WMW. Obwohl Steiner bereit war, 2 bis 3 % Messerabatt (etwa 50 000 sfrs) zu gewähren, wurde diese Möglichkeit vom DIA WMW nicht in Anspruch genommen.
Ebenfalls hätte in diesem Falle 4 % Sonderrabatt erzielt werden können, da Steiner diesen gewährt, wenn durch DIA Anzahlung geleistet und Akkreditiv gestellt wird. Das Gleiche gilt für Exponate, die sofort nach Übernahme bezahlt werden. Obwohl es in den Zahlungsbedingungen im Vertrag mit DIA WMW heißt, Zahlung »nach Erhalt der Ware«, wurde der Sonderrabatt von 4 % nicht gefordert. Dem DIA entstand ein Verlust von 72 000 sfrs.
Typisch für die ungenügende Erforschung des Weltmarktes ist, dass es keine Kataloge oder Karteien gibt, die nach diesen Gesichtspunkten gestaffelt sind, unter Berücksichtigung der Warengattungen, je Warengattung nach Länder, je Land nach Herstellern, Preisen, Lieferbedingungen, Qualität (technische Daten).
So gibt es im DIA WMW keine Kartei, die nach Maschinengattungen eingestellt ist und aus der z. B. hervorgeht, welche Länder und Firmen Präszisions-Langdrehautomaten herstellen, zu welchen Preisen (einschließlich Preis pro Kilogramm), Leistung, Lieferbedingungen.
Auf dem Gebiet der Farbstoffe existiert zwar ein solcher Katalog. Dieser wurde aber falsch aufgestellt und berücksichtigt nicht, dass die DIN-Normen Westdeutschlands und die TGL-Normen der DDR unterschiedlich sind und dass die Werte der DDR-Normen wesentlich über denen Westdeutschlands liegen. So sind z. B. die Werte über die Echtheitsgrade von Halbwollfarbstoffen (Cuprantin) der Wolfener Fabrikate im Gegensatz zu den westdeutschen niedriger angegeben und deshalb mit den Produkten von IG-Farben als nicht für austauschbar erklärt.
Außer dem unmittelbaren finanziellen und politischen Schaden wirken die angeführten Faktoren auch stark hemmend auf eine Unabhängigmachung besonders gegenüber Westdeutschland.
Außerdem gibt es Anzeichen, dass diese Schwächen in der Tätigkeit verschiedener Außenhandels- und Betriebsfunktionäre von feindlichen Geheimdienst- und Agentenzentralen zu Versuchen der Anwerbung, Spionage und Störung der Volkswirtschaft ausgenutzt werden.
Der ehem. Mitarbeiter des DIA Maschinen-Export, [Name 2], wurde während seiner Tätigkeit im Außenhandel mit Geldbeträgen und Geschenken im Werte von 15 000 DM DN und 15 000 DM DBB, die er auf ein Westkonto einzahlen ließ, bestochen. [Name 2] kaufte deshalb wertvolle Textilmaschinen zu überhöhten Preisen bei einem westdeutschen Konzern ein. Die umfangreichen Geldmittel benutzte er, um selbst wieder Wirtschaftsfunktionäre der VVB und der Staatlichen Plankommission zu korrumpieren. [Name 2], der Agent des amerikanischen Geheimdienstes war, hatte dabei den Auftrag, diese bestochenen Elemente dem Geheimdienst zu charakterisieren, damit dieser in die Lage versetzt würde, seine Agentur zu erweitern. (Das Eindringen des westdeutschen Konzerns in unsere Wirtschaft wurde noch dadurch begünstigt, dass der Vertreter dieses Monopols von Außenhandelsunternehmen eine schriftliche Bestätigung erhielt, wonach er zeitweise als technischer Berater beim Außenhandel tätig ist und deshalb bestens zu empfehlen sei.)
Ein westdeutscher Chemiker und gleichzeitig Vertragspartner einer Hamburger Maklerfirma bot im direkten Auftrage des Bundesnachrichtendienstes der DDR die Übergabe zweier wichtiger chemischer Verfahren an, die durch Options- und Nutzungsverträge des VEB Inex übernommen wurden. Die westdeutschen Vertragspartner belegten die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben durch das Gutachten zweier international anerkannter westdeutscher Chemiker und erhielten 1,75 Mio. DM als Vorauszahlung von der DDR, ohne weitere Prüfung durch DDR-Spezialisten. Im Verlaufe vierjähriger Verhandlungen erwiesen sich die Gutachten als falsch und es stellte sich heraus, dass die westdeutschen Partner nicht im Besitz der Verfahren sind, sondern 1956 lediglich einige fehlgeschlagene Laborversuche durchführten. Durch diesen Betrug waren der DDR ein unmittelbarer materieller Schaden von 1,75 Mio. DM, zuzüglich 400 000 DM Zinsen und Kosten für Akkreditive entstanden. Der Schaden, der durch die zeitweilige Zurücksetzung der Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet entstand, ist für die Volkswirtschaft der DDR evtl. noch erheblicher.
Wie aus den bisher angeführten Beispielen teilweise schon hervorgeht, und wie es auch noch zahlreiche andere Hinweise bestätigen, liegen die Ursachen für einen großen Teil dieser schädlichen Erscheinungen in der ungenügenden Führungs- und Leitungstätigkeit des MAI sowohl in politisch-ideologischer als auch in rein fachlicher Hinsicht. Das zeigt sich z. B. in der sehr mangelhaften Kollektivität der Leitung, in dem oft schwach entwickelten Verantwortungsbewusstsein und in mangelnder Entscheidungsfreudigkeit vieler mittlerer Funktionäre bis hinauf zu den Bereichs-Ministern, die versuchten, wichtige Entscheidungen immer von andern treffen zu lassen bzw. alles dem Minister vorlegten.
So wurden z. B. während des Urlaubs des Genossen Rau solche wichtigen Entscheidungen, wie die Global-Entscheidung über die Valuta-Finanzierung nicht getroffen. Dadurch ist die Importfinanzierung in Höhe von 42 Mio. DM längere Zeit ungeklärt geblieben.
Bulgarien ist z. B. mit seinen vertraglichen Butterlieferungen an die DDR in Verzug. Daraufhin verfasste der stellv. Minister Genosse Kerber einen Brief, der die ultimative Forderung zum Inhalt hatte, »wenn ihr uns nicht sofort Butter liefert, stellen wir unsere Lieferungen an Chemikalien ein«. Dieser Brief ging zur Unterschrift an den Staatssekretär. Dieser wollte ihn nicht unterschreiben und gab ihn dem Minister. Der Minister gab den Brief erneut an den Staatssekretär zur Unterschrift, worauf sich der Genosse Hüttenrauh entschloss, zu unterschreiben. Am 10.1.1961 traf ein Antwortbrief des bulgarischen Außenhandelsministers mit einem Protest über die Art des Umganges zwischen sozialistischen Ländern ein.
Hinzu kommen bei zahlreichen Mitarbeitern eine Reihe Unklarheiten in methodischen Fragen der Außenhandelspraxis, die durch die mangelhafte Anleitung und Kontrolle seitens des MAI noch verstärkt werden. Es gibt keine wirklich kritischen Auseinandersetzungen über diese Schwächen im Arbeitsstil und über die Schwächen bei der Planerfüllung. Von vielen Mitarbeitern wird diese unkritische Atmosphäre damit begründet, dass es keinen Zweck habe, Kritik zu üben, weil sie durch die leitenden Genossen doch nicht berücksichtigt würde und weil sie für sich persönlichen Nachteil befürchten. Typisch dafür sind solche Äußerungen wie »Jeder stirbt für sich allein« oder – sobald irgendwelche Schwierigkeiten auftreten – »Die Sache ist doch ganz einfach zu lösen, hinter uns steht das ganze Weltfriedenslager, die SU ist doch kein Dreck!«, die im MAI ständig als geflügelte Worte gebraucht werden.
Diese Aussprüche beweisen, dass eine starke Unzufriedenheit über die gesamte Leitungstätigkeit im MAI besteht, die Mitarbeiter aber bereits einer gewissen Resignation verfallen sind. Einzelne Genossen, die sich mit diesem Zustand noch nicht abgefunden haben, bringen solche Probleme zwar immer wieder bei Leitungssitzungen, Parteiversammlungen und Delegiertenkonferenzen zur Sprache, doch war die Parteiorganisation im MAI bisher nicht in der Lage, eine Veränderung herbeizuführen.
Ein Hauptgegenstand der Delegiertenkonferenz der Parteiorganisation im MAI, die im Frühjahr 1960 durchgeführt wurde, war z. B. die Verbesserung der Arbeitsmethoden im gesamten Außenhandel durch die generelle Arbeit mit Ein- und Verkaufs-Länderprogrammen. Es wurde beschlossen, eine sozialistische Arbeitsgemeinschaft zu bilden, die sich mit diesen Problemen befassen und das Ergebnis in ungefähr sechs Wochen vorlegen sollte. Zu dieser sozialistischen Arbeitsgemeinschaft gehörten ausschließlich verantwortliche Mitarbeiter des MAI, stellv. Minister, HA-Leiter und Abteilungsleiter.
Diese Arbeitsgemeinschaft erarbeitete auch mehrere Entwürfe, aber bis heute ist den einzelnen Außenhandelsunternehmen noch nichts übergeben worden, sodass es bei ihnen dadurch bei der Aufstellung der Ein- und Verkaufs-Länderprogramme große Schwierigkeiten gab und in der praktischen Arbeit mit diesen Programmen ein Jahr Zeitverlust entstand.
Charakteristisch für die gesamte Arbeitsweise im MAI ist ferner, dass viele der mittleren und auch leitenden Funktionäre in ihren Maßnahmen, Vorschlägen, Berichten usw. nicht in erster Linie die tatsächlichen Gegebenheiten objektiv berücksichtigen, sondern versuchen, die Lage so darzustellen, dass sie bei ihren Vorgesetzten keine Schwierigkeiten haben. Dadurch und durch die anderen bereits angeführten Schwächen der Leitungstätigkeit haben verantwortliche Funktionäre des MAI einschließlich der Bereichsminister oft keine konkrete Übersicht über ihr Aufgabengebiet und sind teilweise sogar desinformiert, was wiederum zu falschen Entscheidungen führen kann.
Der stellv. Minister Genosse Eckloff begründet z. B. die mangelhafte Planerfüllung dem Genossen Rau gegenüber damit, dass die Westzone die von uns zu liefernden Braunkohlenbriketts nicht abnimmt, trotzdem er wusste, dass wir zu diesem Zeitpunkt gegenüber der Westzone einen Lieferrückstand von 50 Tt hatten.
Ähnliche Schwächen zeigen sich auch in der Durchführung der Kollegiumssitzungen. So werden in Kreisen des Außenhandels die Auffassungen vertreten, dass die behandelten Probleme zu einem großen Teil nicht die wirklichen Schwerpunkte der Arbeit des MAI darstellen, oder dass wesentliche Schwerpunkte in gleicher Form wie Probleme von minderer Bedeutung behandelt wurden. Das Sitzungsmaterial geht den Leitungsmitgliedern zu spät zu, weshalb eine gründliche Vorbereitung nicht gewährleistet ist. Die Diskussionen in den Leitungssitzungen sind nicht kritisch genug. Es herrscht keine offene und ehrliche Atmosphäre. Es würde vielfach abgewartet, in welcher Richtung sich der Genosse Rau äußerte. Die Mehrzahl der Bereichsminister legt darauf Wert, in den Diskussionen nicht »schief« zu liegen oder eine andere Meinung zu vertreten als sie vom Genosse Rau vertreten oder erwartet wurde. Es gibt keine echten Diskussionen über die Schwächen der Planerfüllung. So hat es z. B. auch keine Auseinandersetzungen darüber gegeben, wie und mit welchen Mitteln die gegenüber der Partei abgegebene Verpflichtung, den Exportplan per 30.6.1960 mit 50 % zu erfüllen, erreicht werden soll. Die gefassten Beschlüsse werden vom Kollegium nicht systematisch und zielstrebig kontrolliert.
In den letzten vier Jahren war das MAI niemals in der Lage, seinen Planvorschlag für das kommende Jahr termingemäß fertigzustellen und der Staatlichen Plankommission zu übergeben. Der Plan für 1960 hätte vom MAI bis zum 15.9.1959 eingereicht werden müssen. Übergeben wurde er aber erst am 15.4.1960. In all diesen Fällen sah sich die Abteilung Außenhandel der Staatlichen Plankommission gezwungen, den Plan selbst auszuarbeiten, wobei die Erfahrungen der 14 000 Beschäftigten des Außenhandels bei der Bearbeitung des Planvorschlages unberücksichtigt bleiben mussten. Die Folge davon ist, dass im Laufe der Planrealisierung zu den bereits vorhandenen ungelösten Problemen neue hinzukommen, die Pläne der Außenhandelsunternehmen große Disproportionen enthalten, mehrmals überarbeitet werden müssen und bei vielen Mitarbeitern des Außenhandels eine negative Einstellung zum Plan entsteht.
Nach Meinung verschiedener Fachleute, u. a. auch der Staatlichen Plankommission, ist eine der Ursachen für diesen Arbeitsstil darin begründet, dass sich das MAI mit zu vielen Fragen beschäftigt, die auch von den Außenhandelsunternehmen entschieden werden könnten. Auf dem Gebiet der Planung stellt sich das so dar, dass von der Hauptabteilung Planung des MAI ca. 5–6 000 Positionen geplant werden. (Die Abteilung Außenhandel der Staatlichen Plankommission dagegen kontrolliert nur 450 Positionen. Diese 450 Positionen sind aber gleich 80 % des gesamten Außenhandelsvolumens.) Diese ungenügende Arbeitsorganisation und die nicht klare Abgrenzung erstreckt sich auch auf die Planungsabteilungen in den Außenhandelsunternehmen.
Die Unorganisiertheit in der Planung bewirkt bei den leitenden Funktionären eine Unterschätzung der auf diesem Gebiet erarbeiteten Unterlagen. So ist es üblich, dass in verschiedenen Bereichen des MAI umfangreiche analytische Arbeiten durchgeführt werden, aber die Schlussfolgerungen aus den vorliegenden Dokumenten nicht zur Grundlage der ständigen Arbeit genommen werden.
Eine der vielen Ursachen besteht u. a. darin, dass der Leiter des Bereiches Planung nicht realisierend auf die Durchsetzung einmal gefasster Beschlüsse wirkt. Des Weiteren beschäftigt er sich in Besprechungen der leitenden Funktionäre seines Bereiches nur unvollkommen mit grundlegenden Problemen der Arbeit, obwohl vor einiger Zeit die Arbeitsweise dieser Funktionäre in einer gesonderten Leitungssitzung der Grundorganisation umfassend analysiert und als vollkommen ungenügend eingeschätzt wurde.
Eine weitere Ursache liegt in einer zu allgemeinen Abgrenzung der Tätigkeitsmerkmale der Mitarbeiter der Außenhandelsunternehmen, insbesondere der Kontorleiter, Einkäufer, Abwickler und Sachbearbeiter. Diese konkrete Abgrenzung müsste alle beim DIA notwendigen Arbeiten enthalten, was auch möglich wäre, weil sich in der Regel diese Arbeiten ständig wiederholen. Die Hinweise der Vertreter dieser Unternehmen im Ausland werden jedoch oft nicht genügend ausgewertet und berücksichtigt. Z. B. wurde einem Einkäufer des DIA Maschinenexport durch das MAI wiederholt verboten, Zwischenhändler und Konzernvertreter zum Vorteil der DDR aus dem Geschäft zu verdrängen und unmittelbar mit den Herstellerwerken günstige Verträge abzuschließen.
In einem anderen Falle wurde vom Außenhandelsunternehmen Holz und Papier, Verkaufsdirektor Grundwald und Stellvertreter Merkel, einer belgischen Firma, über die bekannt war, dass sie eine Monopolstellung im Handel mit der DDR anstrebt, Möbel zu einem 16–23 % niedrigeren Preis angeboten, als es dem entsprechenden Vertreter des Außenhandelsunternehmen in Belgien, der ständig mit dieser Firma verhandelte, erlaubt worden war. Dadurch büßte die DDR 170 000 belgische Franken ein, wurden die Bestrebungen dieser Firma auf ein Handelsmonopol mit der DDR gefördert und der Vertreter des AHU in Belgien derart verärgert, dass er seine Kündigung einreichte.
Einen nicht unwesentlichen Anteil an der gesamten Situation unter den leitenden Funktionären des MAI hat eine gewisse gegenseitige Konkurrenz, die verschiedentlich bis zum Intrigieren führte.
Das war besonders nach dem Ableben des Genossen Wilhelm Pieck der Fall,1 wo von diesen Genossen Spekulationen derart angestellt wurden, dass Genosse Grotewohl Präsident, Genosse Rau Ministerpräsident und demzufolge einer von ihnen Minister werden könnte.
Solches und ähnliches nicht parteimäßiges Verhalten leitender Genossen des MAI zeigt sich aber auch noch in zahlreichen anderen Fällen und lässt gleichzeitig auf eine Reihe politisch-ideologischer Unklarheiten schließen.
Auf die Frage seiner Mitarbeiter, was denn nun eigentlich aus der ökonomischen Hauptaufgabe würde, erklärte der stellv. Minister Genosse Weiß ironisch, Genosse Ulbricht habe darüber in seiner Neujahrsrede nichts gesagt und er werde sich hüten, dann etwas darüber zu äußern. Mit dieser Erklärung gab er negativen Diskussionen außerhalb der Versammlungen und Sitzungen freien Lauf.
Im Bereich Handelspolitik KA des MAI gibt es in dieser Hinsicht folgende Auffassungen: Man habe sich übernommen, als der Zeitpunkt der ökonomischen Hauptaufgabe festgelegt wurde. Warum bilanziert man nicht einmal die Ergebnisse, selbst die Bilanzierung des Genossen Ulbricht, die er auf einer Kundgebung in der DDR vornahm, gibt keine eindeutige Antwort, da nur ein Pro-Kopf-Vergleich angestellt wurde, der die wirkliche Lage in der Versorgung der Bevölkerung nicht real widerspiegelt. – Eine Bilanzierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt würde in jeden Fall für die DDR negativ ausgehen. – Man hat den ersten Fünfjahrplan nicht abgerechnet, der zweite Fünfjahrplan wurde durch den Siebenjahrplan2 ergänzt, sodass es auch hier keine Abrechnung gab. – Die Parteiführung würde durch die unteren Organe nicht immer richtig über die reale Lage informiert und dadurch entstehen dann Pläne und Aufgaben, die nicht immer der realen Lage entsprechen. Es hätte schon einmal eine solche Lage gegeben und man hätte einen Teil ihrer Ursachen schon wieder vergessen.
Von einigen anderen, auch leitenden Mitarbeitern werden pessimistische Ansichten vertreten, wobei sie besonders im Zusammenhang mit der Erfüllung des Exportplanes und den dabei geführten Auseinandersetzungen eine »ausweglose Situation« zu erkennen glauben. Z. B. vertritt der Bereichsleiter in der HA Planung, Grothe, die Meinung, dass eine kaum zu bewältigende Problematik vor der Wirtschaft stünde und dass eine äußerst schwierige Lage entstanden sei, weil viele Menschen kein Vertrauen in die sozialistische Entwicklung haben würden.
Der stellv. Generaldirektor des AHV Glas und Keramik, Rhode (SED), erklärte in einer Leitungssitzung des AHV, dass der Wirtschaftszweig Glas und Keramik infolge überalteter Produktionsmittel und Arbeitskräftemangel zum Erliegen komme und alles Bemühen um ein besseres ökonomisches Ergebnis deshalb sinnlos sei, weil er bald nichts mehr zu verkaufen habe. Diese Äußerungen blieben unwidersprochen.
Unklarheiten zeigen sich in der Haltung gegenüber den kapitalistischen Firmen und ihrer Korruptionsversuche.
So existiert bei vielen Mitarbeitern die Auffassung vom »guten Kapitalisten, der die verschiedensten Repressalien des Bonner Staates auf sich nimmt, um zur Messe zu kommen und mit der DDR Handel zu treiben«, ohne zu erkennen, dass die kapitalistischen Firmen an der Erreichung des Maximalprofits interessiert sind und jede Gelegenheit wahrnehmen, um ihre Waren so teuer wie möglich in die DDR zu exportieren. Die Auswirkung dieser falschen Ideologie zeigt sich dann deutlich an den Vertragsabschlüssen, die oft nicht zum Vorteil der DDR abgewickelt wurden.
Wie weit teilweise die falschen politischen Auffassungen der Mitarbeiter des Außenhandels gehen, ist daran ersichtlich, dass sie teilweise als Begründung für die Entgegennahme von Geschenken und Korruptionsgeldern anführen, »dass man die Kapitalisten schädigen muss, wo man nur kann.« Es wäre eben eine »Art Tradition im Handel, dass die kapitalistischen Unternehmen Geschenke und Zuwendungen machen, ohne dass sie dafür direkt eine Gegenleistung fordern.«
Auch hier zeigen sich die Auswirkungen in der großen Zahl von direkten oder indirekten Mitarbeitern der Außenhandelsunternehmen und Betreiben, die von kapitalistischen Firmen korrumpiert wurden. Allein in 3 vom MfS untersuchten Vorgängen wurden 127 mehr oder weniger korrumpierte Personen ermittelt.
Häufig konnte weiter festgestellt werden, dass es unter den Mitarbeitern der Außenhandelsorgane Bestrebungen gibt, unbedingt einmal nach Westdeutschland oder in das kapitalistische Ausland zu reisen, obwohl in einer Reihe von Fällen keine Notwendigkeit für Absprachen in den jeweiligen Exportländern vorliegt.
Auch wird aufgrund der mangelhaften politischen Arbeit das Verbot über das Aufsuchen der Westsektoren nicht ernst genommen und es gibt nach wie vor eine Reihe Mitarbeiter, die Westberlin zu Einkäufen oder Aussprachen mit Vertretern illegal aufsuchen.
Anlage zur Information Nr. 191/61
Aufstellung von korrumpierten Mitarbeitern der Außenhandelsorgane der DDR
Dem MfS liegen Untersuchungsergebnisse u. a. Hinweise vor, aus denen ersichtlich ist, dass neben den bereits erfolgten Festnahmen und Entlassungen von Mitarbeitern der Außenhandelsorgane auch gegenwärtig noch Mitarbeiter im Außenhandel tätig sind, die von kapitalistischen Kontrahenten in unterschiedlichem Umfange durch Geschenke, finanzielle Zuwendungen u. a. korrumpiert wurden. Da diese Mitarbeiter, die nachfolgend genannt werden, auch noch Verbindungen zu weiteren im Bericht nicht genannten kapitalistischen Firmen hatten, besteht der Verdacht einer noch umfangreicheren Korrumpierung als zunächst bekannt.
Sähmisch, Kurt
Generaldirektor der DSM (Deutsche Stahl- u. Metallhandelsgesellschaft). S. hatte zu [Name 3], Inhaber der Elektropa/Stockholm, ein sehr gutes Verhältnis und erhielt von diesem im Jahre 1958 einen Mantel und einen Anzugstoff. Weiterhin hat er mit [Name 4] von Transit-Commerz einen Vertrag über die Lieferung von Kobalt abgeschlossen, woraus der Volkswirtschaft der DDR ein Schaden von 10 000 Dollar entstand.
Bluhm, Walter
Handelsattaché in der VR Polen, ehem. stellv. Generaldirektor der DSM. Er nahm von kapitalistischen Vertretern Westdeutschlands Geschenke an. So erhielt er von [Name 5], Vertreter von Ruhreisen, Ende 1957 einen elektrischen Rasierapparat und 1958 eine »Mixette«, von [Name 6], Vertreter der Firma Fuchs, eine elektrische Schlagmühle und von [Name 7], Inhaber der Firma ERAG, ein japanisches Transistorengerät. Von [Name 8], Vertreter von Mannesmann, erhielt er eine Kollegmappe.
Knappe, Hugo
Kontordirektor des Kontors Devisenbonus im Deutschen Stahl- und Metallhandel (GmbH) – DSM. [Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben.]
[Name 9]
Einkäufer bei der DSM. Er unterhält einen guten Kontakt mit [Name 10], Vertreter verschiedener kapitalistischer Unternehmen, traf sich mit ihm in dessen Wohnung und informiert ihn in geschäftlichen Dingen seines Aufgabenbereiches. Die politische Haltung des [Name 9] ist unklar. Er war ehem. Mitglied der NSDAP. Als Gegenleistung für seine Information erhält [Name 9] von [Name 10] Repräsentationsgeschenke.
[Name 11]
Mitarbeiter der zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle, früher Angestellter im technischen Dienst der DSM. Weihnachten 1958, als von den westdeutschen Unternehmern wertvolle Geschenke bei der DSM abgegeben wurden, nahm sich [Name 11] von diesen einen beträchtlichen Teil mit nach Hause. [Name 11] unterhielt Verbindung zu [Name 10], Vertreter verschiedener kapitalistischer Unternehmen, und erhielt von diesem neben Sachgegenständen Geldzuwendungen in unbekannter Höhe.
Pörtner, Fritz
ehem. stellv. Generaldirektor der DSM, jetzt tätig im MAI, soll als Handelsattaché im Ausland eingesetzt werden. P. ist sehr eng mit dem Direktor der Handelsgesellschaft Ost/West befreundet. Von der Fa. Ruhreisen erhielt er 1957 einen elektr. Rasierapparat und 1958 eine Mixette. Von dem Vertreter der Firma ERAG erhielt P. ein japanisches Transistorengerät.
[Name 12]
ehem. Hauptbuchhalter bei der DSM, jetzt Hauptbuchhalter AHV Kamera. [Name 12] nahm von verschiedenen kapitalistischen Unternehmen Geschenke entgegen, so z. B. von [Name 7], Inhaber der Fa. ERAG, ein Transistorengerät, von [Name 5], Vertreter von Ruhreisen, zum Jahreswechsel 1957/58 einen elektrischen Rasierapparat und 1958 von der gleichen Firma eine Mixette. Außerdem erhielt er von [Name 8], Vertreter von Mannesmann, eine lederne Kollegmappe. Er ist im Besitz einer West-Armbanduhr, eines Reisenecessaires und anderer Geschenke. Da [Name 12] den ehem. Leiter von Transit-Commerz, [Name 4], durch schnelle Zahlungen unterstützt hat, besteht der Verdacht, dass er auch von ihm bestochen wurde.
Raabe
Prokurist und Leiter der Länderabteilung bei der DSM. R. besitzt ein gutes Verhältnis zu den leitenden Angestellten des Thyssen-Konzerns. In der Nazi-Zeit war er seit 1933 Mitglied der NSDAP und Reserveoffizier der Flieger und soll außerdem noch eine leitende Funktion in der SA inne gehabt haben.
R. begünstigte die westdeutschen Unternehmen Ferrostahl, Phönix, Rhein-Ruhr AG, ERAG und Krupp-Druckmüller, indem er sich für diese Unternehmen einsetzte und dementsprechend die Aufträge vergab. Dadurch erhielten diese Firmen die Spitze der Aufträge in Bezug auf die Einfuhr von Stahl- und Eisenerzeugnissen, und der »Ausschuss zur Förderung des deutschen Handels« wurde dagegen nur gering mit Aufträgen bedacht und war bis 1958 fast nicht mit der DSM im Geschäft. Von R. wurde der Termin der Lieferung bei der Auftragserteilung nicht berücksichtigt, dadurch traten infolge Verzugs der Liefertermine Stillstandzeiten in den Betreiben auf. Für diese Begünstigungen erhielt R. von Mannesmann Kollegmappen, von der Phönix Rhein/Ruhr AG einen Satz Wörterbücher, von der Firma ERAG ein Transistorengerät und von [Name 5], Vertreter von Ruhreisen, eine Mixette. Außerdem erhielt er von [Name 13], Vertreter von Krupp-Druckmüller, laufend Bohnenkaffee. Weiterhin besitzt er einen Lederkoffer, eine Uhr, einen elektrischen Rasierapparat und eine elektrische Kaffeemühle westlicher Herkunft.
Von Westdeutschland hat er viele Geschenke mitgebracht, darunter Unterwäsche und Blusen, die er vermutlich von [Name 13], Vertreter von Krupp-Druckmüller, auf der Messe in Hannover 1957 erhielt. Es besteht der begründete Verdacht, dass Raabe illegal die Westsektoren von Berlin aufsuchte. [Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben.]
Schlitzer, Werner
Kontorleiter im Kontor Rohre bei der DSM. Sch. erhielt Weihnachten 1958 von [Name 7], Inhaber der Firma ERAG, ein Transistorengerät, von der Firma Hoberg & Driesch ein Reisenecessaire, von Mannesmann oder Kronprinz Röhren AG eine Kollegmappe und von der Firma Ruhreisen oder Kronprinz einen elektrischen Rasierapparat.
Völkel, Alfred
Kontorleiter im Export bei der DSM. V. hat viele Geschenke von westdeutschen kapitalistischen Unternehmen erhalten. Da er zwei Jahre – von Anfang 1957 bis April 1959 – als Leiter des Büros der DSM in Düsseldorf war, hatte er mit vielen Kapitalisten Umgang. Die Geschenke hat er jeweils nach vier Wochen, wenn er nach Berlin zur Berichterstattung musste, im Wagen der DSM Düsseldorf, den er persönlich fuhr, mit nach Berlin genommen und in seiner Wohnung abgestellt.
[Name 14]
stellv. Kontorleiter der DSM. [Name 14] wird als Karrierist eingeschätzt, der nicht fest zur DDR steht. Von westdeutschen kapitalistischen Unternehmen nahm er Geschenke entgegen. So bekam er von [Name 8], Vertreter des Mannesmann-Konzerns, eine Kollegmappe, von [Name 7], Inhaber der Firma ERAG, ein Transistorengerät und ist im Besitz einer westdeutschen Armbanduhr. Während einer Dienstreise nach Westdeutschland erhielt er ein Reisenecessaire.
[Name 15]
Mitarbeiter der DIA Maschinen-Export. [Name 15] erhielt von [Name 16], Vertreter mehrerer kapitalistischer Monopolunternehmen, 500 DM in bar.
[Name 17]
Verkaufsgruppenleiter, DIA Maschinen-Export, Kontor M 50. 1957 beging [Name 17] eine Unterschlagung von 350 DM. Von dem inhaftierten Dr. [Name 18] nahm [Name 17] 3 000 DM DN an, von einer anderen westdeutschen Firma 300 DM und viele Sachwerte. Seinen in Westdeutschland lebenden Eltern sandten westdeutsche Firmen ca. 200 DM.
Heyer
stellv. Generaldirektor der Bergbau-Handel GmbH. Von der holländischen Fa. Roseimer erhält er für jede gelieferte Tonne Ammonsulfat 0,25 % auf ein Westkonto überwiesen.
[Name 19]
Angestellter DIA Holz und Papier. Er erhielt von Konzernunternehmen Steiner eine Schweizer Herrenarmbanduhr Marke Certina im Werte von etwa 300 DM der DNB. Die Uhr wurde mit dem Ziel übergeben, den Empfänger zum Bezug schweizerischer Werkzeugmaschinen zu gewinnen.
[Name 20]
Gutachter für Holz bei der Intercontroll GmbH. Über seine mangelhafte Abnahme von Importhölzern im kapitalistischen Ausland liegen eine Reihe Reklamationen vor. Von der Fa. Brandtstätter/Österreich wurde [Name 20] korrumpiert, indem er auf deren Kosten lebte und wohnte. Die dadurch eingesparten Devisenbeträge verwandte er für persönliche Zwecke (Kauf von Kleidung). Die persönlichen Ausgaben des [Name 20] übertreffen seinen normalen Verdienst.
[Name 21]
Befrachter im VEB Deutrans. [Name 21] hält gute Verbindung zur Person [Name 22], Vertreter mehrerer kapitalistischer Reedereien. [Name 22] erhält von [Name 21] bevorzugt Frachtaufträge. Ohne Wissen seiner Vorgesetzten versuchte [Name 21] dem [Name 22] eine Einreise nach Wismar zu verschaffen. [Name 21] verfügt ständig über größere Geldbeträge, die er vermutlich von [Name 22] bekommt.
Hindersin
Kontorleiter bis Januar 1959, zzt. Vertreter des DSM in London. H. hält guten Kontakt zu dem Vertreter der franz. Automobilwerke Renault, Dr. [Name 23]. Während einer Westdeutschland-Reise erhielt H. von Mannesmann eine Kollegmappe und von anderen Firmen eine Maniküre, einen elektrischen Rasierapparat und andere Geschenke. H. ist im Besitz einer französischen Armbanduhr.
Schmeiser
Handelsrat in Stockholm, früher Generaldirektor bei der DIA WMW. Sch. hat der Fa. Ernst Meier/Düsseldorf die Generalvertretung im Verkauf von Kränen, Förderbändern und anderen Transportmaschinen der DDR in die Bundesrepublik verschafft. Da Sch. die Lieferbedingungen an Meier nicht einhielt, wurde das Ansehen des Außenhandels der DDR geschädigt. Von Sch. wurden zur Frühjahrsmesse 1957 40–50 Techniker des Kranbaues der DDR nach Hannover geschickt, ohne jegliche Finanzmittel mitzugeben. Als die Firma Meier den Konkurs anmeldete, wurde von der DSM in Düsseldorf festgestellt, dass für Sch. in den Büchern größere Beträge verbucht waren.
[Name 24]
Vertreter von DIA-Maschinen in Brüssel. [Name 24] hielt einen guten Kontakt mit Meier, dem Inhaber der Fa. Ernst Meier/Düsseldorf, besuchte mit diesem die verschiedensten Bars und Nachtlokale. Dies wurde von Meier finanziert. Der DSM wurde bekannt, dass für [Name 24] in den Büchern von Meier größere Geldbeträge verbucht waren.
[Name 25]
Verbindungsmann zwischen DIA-Fachanstalten und VEB Kooperationszentrale der Luftfahrtindustrie Dresden. Er besuchte des Öfteren die Westberliner Filiale des Konzerns Steiner und in Begleitung von [Name 26] (Mitarbeiter des Konzernunternehmens Steiner) das Tanzlokal »Resi« in der Hasenheide Berlin-Neukölln. Er erhielt von [Name 26] eine Herrenarmbanduhr Marke Certina und während der Frühjahrsmesse 1959 300 DM der DNB. Dafür unterrichtete er die Vertreter des Unternehmens Steiner laufend über den jeweiligen Stand der Steiner-Aufträge, die bei der Luftfahrtindustrie, den DIA-Fachanstalten WMW und Elektrotechnik kurz vor Abschluss standen. Er teilte [Name 26] den Bedarf an weiteren Maschinen mit.
[Name 27]
Verbindungsmann zwischen Polygraph und dem DIA. Er erhielt vom Konzernunternehmen Steiner eine Schweizer Herrenarmbanduhr Marke Certina im Werte von etwa 300 DM. Die Uhr wurde mit dem Ziel übergeben, den Empfänger zum Bezug schweizerischer Werkzeugmaschinen zu gewinnen